AW: Spielleiterregeln
Konntest du das schon, als du das Spiel zum ersten Mal geleitet hast? Nein? Siehste!
Ich mag Spiele, die ab der ersten Session funktionieren, ohne dass ich mich ein halbes Jahr lang einspielen muss.
Das ist tatsächlich der EINZIGE Anwendungsfall, bei dem ich eine striktere Spielleiter"führung" durch Regeln für sinnvoll halte: TOTALANFÄNGER im Rollenspiel.
Also Leute, die Rollenspiel "mit Stützrädern" als Einstiegshilfe brauchen können, weil sie nicht schnell selbst die Balance halten können.
Das mit "Spaß jetzt!" ist für mich auch ein guter Grund um SL-Regeln zu nutzen.
Solche "Stützräder-Rollenspiele" bieten tatsächlich "Spaß jetzt". - Aber eben nur den Spaß, den man MIT STÜTZRÄDERN haben kann.
Das ist wie Fahren in der Carrera-Bahn: man kann über bestimmte Elemente des Fahrens entscheiden, aber die Strecke ist FEST und jedes Verlassen ist ein Regelverstoß. - Wer gewohnt ist drahtlos im freien Gelände seine Automodelle zu fahren, der empfindet diese Art des Modellautofahrens einschränkend. - Und die Einschränkung gilt ja nicht etwa nur, um es den Fahrer leichter zu machen, sondern auch um den Wettbewerb zwischen den Fahrern leichter meßbar zu machen, um leichter den Sieger des Spiels zu bestimmen.
In diese Richtung, nämlich den Sieger des Spiels, den Spielleiter oder einen der Spieler, zu ermitteln, geht es bei dem hier oft als ein Beispiel für Spielleiterregeln genannten "Epos", welches sich ja an dem eher am extremen Brettspiel-/Computerspiel-Rand dessen, was man unter Abenteuerrollenspielen verstehen kann, befindlichen ARS-Manifest von Skyrock orientiert. - Hier hat man eine Extrempositon für Spielleiterregeln vorliegen, die nur noch knapp in die ARS-Schublade passt.
Nachdem aber hier in diesem Thread auch schon andere Rollenspiele mit Spielleiterregeln aufgeführt wurden, und nachdem Pyromancer insbesondere davon gesprochen hat, daß diese Spiele "keine Battlemap" bräuchten, haben wir es bei dem Thema "Spielleiterregeln" mit einem zu anderen Eigenschaften eines Rollenspiels wie der Ausrichtung auf taktisches Spiel, auf erzählerisches Spiel, auf charakterdarstellerisches Spiel orthogonalen Eigenschaft zu tun.
Dogs in the Vineyard geht persönliche Konflikte an, die aufgrund einer sehr rigiden Settingvorgabe auch sehr gut greifbar sind. Die Charaktere dort sind ebenfalls sehr eng eingeschränkt (man spielt AUSSCHLIESSLICH die "Dogs"). Somit ist DitV ein klassisches One-Trick-Pony.
DitV kann seinen EINZIGEN Trick ziemlich gut.
Und diesen einen Trick kann man als Spielleiter, weil es einfach nur genau eine Schublade gibt, aus der man sich bedienen KANN, mit ziemlich wenig Arbeitsaufwand als Szenario präsentieren. Die Regeln zur Vorbereitung eines Szenarios (einer Stadt, wie bei DitV üblich), sind recht straff, weil ja auch die entsprechend straff gebauten Charaktere darin nur ganz eng an der einen Core Story von DitV entlang spielen können sollen. - Das ist das grundsätzliche Entwurfskonzept von DitV. Als solches hat man hier die Carrera-Bahn, bei der man die Geraden und die Kurven und den Looping aus der Schublade mit den Bausteinen frei zusammenstecken kann. Aber eben nur aus den Teilen, die drin sein müssen und es können auch nur diese Teil drin sein. Die Fahrzeuge (SCs) werden nach den (regel-)technischen Vorgaben für diese Bahn erstellt. Und dann darf losgefahren werden. - Schneller Aufbau, schneller Spielbeginn, Spaß sofort.
Ähnlich bei InSpectres. Das ist wie auch DitV eines mit viel theoretischem Unterbau. - Man spielt NUR um Erzählrechte. Das ist somit totales Anti-ARS. - Es ist eigentlich mehr wie eine Geschichte mit mehreren Autoren zu schreiben, bei der man sich vorher auf die Zahl der Absätze geeinigt hat (Franchise-Würfel, die Resource, die einem zeigt, wann man "fertiggespielt" hat). Dann wird gelost, wer welchen Absatz schreiben darf. Und irgendwann ist man fertig. - Hier ist keine Bahn vorgegeben, sondern ein "Rundenzähler". Der MUSS eingesetzt werden. Die Wagen können frei auf beliebigem Gelände herumgesteuert werden, aber die Spieler müssen die Fernsteuerung immer mal wieder an den Spielleiter abgeben, oder anderen Spielern eine Sonderrunde (Spotlight) überlassen. - Das ist reines Ringen um das Steuerndürfen, ohne inhaltliche Vorgaben.
InSpectres-Runden sind auch SEHR schnell vorbereitet und gestartet, haben aber bis auf das FERTIGSPIELEN keine inhaltlichen Einschränkungen. - Klar sind auch hier Regeln für die Aufgabe des Spielleiters vorgesehen, aber diese Regeln sind total anders gelagert als die bei DitV oder bei "Epos".
Was sind denn nun DIE SPIELLEITERREGELN, die Skyrock mit seiner Umfrage hier MEINT?
Mein Anfangsverdacht: "Epos".
Denn NUR DA wird die Spielleiter-Vorbereitungs-Erbsenzählerei, die bei einem Computerspiel die Programmierung netterweise den Spielern abgenommen hat, dem Spielleiter aufgebürdet, der eigentlich ja auch ein gleichgestellter Spieler ist, der IMMER die GEGNER spielt, also ein GEGENSPIELER.
Ein InSpectres-Spielleiter hat diese Rumrechnerei, ob die aktuelle "Herausforderung" auch das richtige "Preisschild" hat, so daß sich die SCs auch die richtige Menge Schätze für ihre Fertigkeitsanwendungen einstecken können, nicht nötig. - Die Aufgabe, die Funktion der Spielleiterregeln bei InSpectres ist TOTAL anders.
Und der Spielleiter bei InSpectres versucht NICHT das Spiel gegen die anderen Spieler zu GEWINNEN und die Spielfiguren der anderen Spieler aus dem Spiel zu drängen.
Bei DitV versucht der Spielleiter auch NICHT die SCs in Grund und Boden zu zermahlen, um das Spiel zu GEWINNEN. Die Zielsetzung von DitV ist NICHT WETTBEWERB, auch wenn ausschließlich Konflikte regeltechnisch erfaßt sind.
Für mich ist es nicht möglich in dieser Umfrage meine Stimme abzugeben, weil eben unter den Titel "Spielleiterregeln" sowohl der Baukasten der Carrera-Bahn aus DitV fällt, als auch die "Seitenzahlenbegrenzung" für die zu schreibende Geschichte bei InSpectres, als auch die computerspielige Questen-Programmierrichtlinie und die Buchhaltung über Siegbestimmungs-Kennzahlen bei "Epos".
InSpectres hat Regeln für die besondere Rolle des Spielleiters, die für ein reines Erzählrechte-hin-und-her-schiebe-Spiel passend sind. - InSpectres ist ein erzählerisches One-Trick-Pony. Macht viel Spaß, hat gewissen Wiederspielwert, hat praktisch keine Kampagnentauglichkeit.
DitV kennt nur eine Geschichte. Für diese eine Geschichte gibt es aber viele Bausteine, die ein Spielleiter variieren kann, so daß der Spielablauf dieser einen Geschichte immer anders aussehen kann. - DitV ist ein One-Trick-Pony. Macht viel Spaß (ist das bessere Engel-System, wenn man bei Engel nur diese eine Art von möglicher Geschichte hätte), hat deutlichen Wiederspielwert, hat weniger Kampagnentauglichkeit als InSpectres.
"Epos" ist ein computerspieliges und brettspieliges Grenzprodukt. Noch gerade so ein Rollenspiel. Würde es mit festem Spielbrett kommen, hieße es HeroQuest. Würde es dem Spielleiter WIRKLICH die Arbeit abnehmen wollen, dann hätte es ein Softwarepaket mitgeliefert, wo der Spielleiter die Spielwerte der SCs und eine zufällige Zahl als "Saat" eingibt, und ihm nach den engen, harten Regeln die Queste automatisch passend für die SCs generiert würde. - "Epos" ist das Rollenspiel für Spielleiter, die gerne rechnen und zum Entwerfen von Szenarien "Stützräder" brauchen. - "Epos" krankt daran, daß das Weglassen von Stützrädern VERBOTEN ist. Somit wird jemand, der völlig neu zum Rollenspiel kommt, mit "Epos" nie souverän und selbstständig werden können, weil er ja nie ohne Stützräder leiten DARF. - Daher halte ich die Idee von "Epos" für Totalneulinge im Rollenspiel für möglicherweise interessant, aber auch nachteilig: Ein Spielleiter, der ständig im Korsett gehen muß, dem fehlt nachher das Rückgrat, wenn er sich an einem anderen Rollenspiel versucht.
Für mich ist die Fragestellung aus dem Eingangsbeitrag sehr irreführend.
Pyromancer hat z.B. die Stoßrichtung dieser Frage, die eindeutig nach "Epos" und ähnlichen ARS-Stützrad-Brett/Computer/Rollenspiel-Spielleiterregeln abzielte, meiner Auffassung nach, mißverstanden. Seine Beispiele mit DitV und InSpectres kommen aus eine GANZ anderen Ecke, in der es AUCH Spielleiter einschränkende Regeln gibt, aber eben total anders gelagerte. Wenn man sich den Eingangsbeitrag noch einmal anschaut:
In letzter Zeit gab es in Zusammenhang mit Epos und Mazeprowl (f.k.a. Cyberpunk-Fantasy-ARS) Diskussionen über Sinn und Unsinn von SL-Regeln, die den Spielleiter einschränken. Bei Epos beispielsweise hat der SL nur ein begrenztes Budget für Herausforderungen wie Monster und Hindernisse und eine Maximalstufe für einzelne Herausforderungen, um sicherzustellen dass die Questen ausgewogen und schaffbar sind ohne massiv zu über- oder unterfordern.
Wie sind eure Erfahrungen damit, und was denkt ihr darüber?
Die Frage war, so MEIN Eindruck, weniger, wie die Erfahrungen ÜBERHAUPT mit Regelteilen sind, die für den Spielleiter besondere Regelungen beinhalten, sondern ICH habe den Eingangsbeitrag so verstanden, daß es darum geht, wie die Erfahrunge mit diesen Resourcen-Beschränkungen zur Anpassung des Schwierigkeitsniveaus an das von den SCs Schaffbare aussehe bzw. was man generell von DIESER ART Spielleiterregeln (den Stützrädern) halten mag.
Somit kann ich Pyromancers Beiträge als am Thema "Spielleiterstützradregeln für Wettkampf-ARS 'jeder gegen jeden'" vorbeigehend einordnen.
@Pyromancer: Noch einmal so klar, daß ich es auch mitbekomme: Wie stehst Du EXPLIZIT zu den Spielleiterregeln, wie sie in "Epos" oder anderen "Wettkampf-ARS"-Rollenspielvorhaben vorkommen? - So, wie Du DitV vorstellst, scheinst Du bei Deinen Vorstellungen von Konflikten, von Opposition, etc. TOTAL anders zu denken, als es die "Wettkampf-ARS"-Leute tun und als Den Einzigen Weg (tm) vorstellen. - Wie stehst Du denn zum ARS-Manifest von Skyrock? Ist das die Art, wie DU gerne spielst? Hättest Du DIESE Regeln, wie sie bei "Epos" vorkommen, auch gerne in DitV gehabt?
Das ist ja die eigentliche Frage, und die ging mir in diesem Thread zu sehr unter vor lauter Beiträgen, die GÄNZLICH ANDERS GELAGERTE Spielleiterregeln behandelten.
Die Frage in der Umfrage selbst: "Habt ihr Erfahrung mit Regeln die den SL beschränken, und wie steht ihr zu so was?" kann ich klar mit "Ja. Und in den meisten Fällen, wo sie mir untergekommen sind, haben sie auch ihren Sinn ihren Platz und stellen eine Hilfe dar, das Spielziel des jeweiligen Rollenspiels zu erreichen." beantworten. - Nur eben bei "Epos" bzw. bei Abenteuerrollenspielen generell sind sie als ROLLENSPIELregeln ob ihrer Brettspieligkeit und Computerspieligkeit ohne Sinn.