AW: Spielleiterregeln
Ich lasse - noch zum Thema
Spielleiterregeln - hier mal ein wenig die Hosen runter. Dies nur zur Vorwarnung.
Was die Oppositionsrolle angeht habe ich mich wohl mißverständlich ausgedrückt: Der Spielleiter hat natürlich auf der Metaebene ein Interesse daran dass die Spieler gewinnen und ein Erfolgserlebnis aus dem Spielabend ziehen.
Dem stimme ich zu. Zusätzlich hat der Spielleiter auch noch das Interesse, daß nicht nur das ERGEBNIS, also der simple Fakt, daß die Spieler via ihrer Charaktere Erfolgserlebnisse hatte, dabei herauskommt, da das auch bei einem völlig langweiligen und begeisterungslosen Spielabend der Fall sein kann.
Das Ziel liegt in der UNTERHALTUNG ALLER SPIELENDEN, der Spieler ebenso wie des Spielleiters.
Das Hobby Rollenspielen ist ein reines Unterhaltungshobby. Kein Amateurhandwerk, keine Arbeit, keine ehrenamtliche soziale Tätigkeit, sondern dient nur zur Befriedigung von - z.T. sehr unterschiedlich gelagerten - Unterhaltungsinteressen.
Da es aber ohne Schwierigkeiten keine Erfolge geben kann hat der Spielleiter natürlich die Aufgabe Opposition zu liefern
Das ist EINE von VIELEN Aufgaben des Spielleiters. - Und bei Weitem nicht die Hauptaufgabe.
Opposition ist auch zu simpel gefaßt und greift eigentlich nur in offenen Konflikten. - Was aber mit SITUATIONEN? (Noch) Ohne Konflikt.
Einfach einer Situationsschilderung, in welcher POTENTIAL für unterschiedlichste Konflikte vorliegt (wie es ja auch in DitV mit einer "Stadt" der Fall ist). - Das ist keine Opposition, sondern eben nur das Bereiten der BÜHNE, für die Konflikte, die sich die Spieler sogar selbst aussuchen können, oder die - je nachdem - als Antrieb des Szenarios an sie herangetragen werden.
und mit dieser den Spielern das Leben so schwer wie möglich zu machen, bis hin zum Charaktertod.
Das "so schwer wie möglich" ist ein völliger "GUMMI-Ausdruck". - Was heißt "so schwer wie möglich" denn?
Wenn ich als Spielleiter weiß, daß von den 6 Ordensrittern, die mir in Battlearmor gegenüberstehen einer ein schwächlicher Kaplan mit der Fähigkeit Wunder zu wirken ist, dann wäre "so schwer wie möglich", daß ich diese Schwachstelle der Gruppe zuerst und so hart wie möglich angehe, so daß die Gruppe später keine Heilungs- und sonstigen Wundermöglichkeiten mehr haben wird.
Das ist "so schwer wie möglich".
Du hältst NICHTS von Plausibilitäten. - Doch ist was würde man als Spieler empfinden, wenn die Wachen am Eingang des Mausoleums plötzlich "ahnen", welcher von den SCs eine besondere Schwachstelle hat? Es wäre, vor allem, solange der Kaplan nicht Wunder gewirkt hat, NIE einem SC anzusehen, ob er nun diese Fähigkeit hat oder nicht. Somit wäre ein solches Verhalten im Ausspielen der NSC-Gegner NICHT PLAUSIBEL.
Was ist mit - laut Spielwerten - wenig intelligenten Gegnern, deren einziger Vorteil in der reinen Menge und im Überrennen der SCs läge? Die SCs kommen damit klar. Ich kann auch die doppelte Menge an taktisch "dumm" gespielten NSCs aufbringen, und die SCs werden mit ihnen fertig. - "So hart wie möglich" wäre aber, wenn ich die DUMMEN NSCs plötzlich mit taktisch ausgefeilterem Vorgehen agieren ließe. Wenn ich eine Seite das Feuer auf sich ziehen ließe, während die andere eine Umgehung vornimmt. - Nur: Das wäre NICHT PLAUSIBEL. Alle Schilderungen im Setting-Fluff sprechen genau diesen Gegnern ein solches überlegteres Vorgehen ab. Und sie haben es in der Vergangenheit (als die SCs noch keine eigene, herausoptimierte Taktik gegen sie hatten) ja auch nicht gemacht.
Ein Spielleiter sollte nicht GEZWUNGENERMASSEN "so hart wie möglich", sondern nur so hart, wie es die Situation, das Setting, und die Genre-Konventionen erfordern, vorgehen. - Hier braucht der Spielleiter volle Entscheidungsfreiheit. Hier hilft eine erzwungenes Höchsteffizienzgebaren der NSCs überhaupt nicht, wenn das Ziel immer noch die Unterhaltung ALLE über den - möglichst - gesamten Spielabend sein soll.
Falls sich die Spieler mehr abgebissen haben, als sie schlucken konnten, dann ist das plausibele Ergebnis eventuell ein TPK (bei CoC eher akzeptabel als ein einem Superhelden-Rollenspiel, welches sich um die Liga der Unzerstörbaren dreht). - Die Akzeptanz für das Plausible (bzw. das Fehlen derselben) merkt man als Spielleiter SOFORT, noch während die Abwärtsspirale durchlaufen wird. - Ist es an der Zeit und ist jeder bereit die Konsequenzen zu tragen, dann ist das eben so.
Und hier muß natürlich die GRUPPE gemeinsam eine Stellung zu einem "sinnlosen" und rein zufallsbestimmten Tod von SCs haben. - Soll es möglich sein, daß man beim Wurf auf "Rolltreppe benutzen" kritisch stürzen und von dem Mechanismus übelst zu Tode geschräderte werden kann? Und zwar einfach so? Jedesmal, wenn man die Rolltreppe verwendet und dabei gewürfelt wird?
Wer das nicht will, der hat die Möglichkeit den Zufall hier auszuschließen, indem eine Hausregel aufgestellt wird, nach der hier nicht gewürfelt wird. Oder es wird in einem Regelsystem gespielt, welches "Puffer"-Mechanismen (DL:Fate Chips, Angel: Drama-Points, etc.) kennt, die zufallsbestimmte, aber im Gesamtgeschenen vom SPIELER als unpassend empfundene Ergebnisse NICHT eintreten oder in ihren Konsequenzen abgemildert werden. - Die prinzipielle Möglichkeit in solchen akuten Fällen Würfelergebnisse zu ignorieren ist keine, die ICH für akzeptabel halte. Entweder gibt es eine Hausregel, oder das Regelsystem bietet aus sich heraus Mechanismen, die das Gewünschte (nämlich: KEINEN sinnlosen Charaktertod) verhindern können.
Aber selbst wenn man ein Regelsystem mit Wundenvermeidung, mit Wurfwiederholung, mit Drama-Punkten zum Szenen-"Nacheditieren" hat, so kann es vorkommen, daß in einer als eher sekundären Kampfszene, als Teaser vor dem Hauptkonflikt gegen den Oberbösen gedachten Situation, die Spieler kein Glück mit ihren Würfelwürfen haben, dafür die Spielleiterwürfel durch die Decke "explodieren".
Was nun?
Alle 7 Jahre 14-tägig gespielten SCs nach 20 Minuten Spielzeit im Eingang zur Orkhöhle von einer Handvoll schwindsüchtiger Orkwächter umlegen lassen?
Ist das unterhaltend? Ist das für die Spieler ein Erfolgserlebnis? Ist das spannend?
Es mag nach Anwendung der Regeln FAIR sein und es mag sogar BALANCIERT sein (die paar Orks stellten eine Herausforderung für Charaktere der halben Erfahrungsstufe der aktuellen SCs dar). - Aber durch die Zufallskomponente (und gerade Rollenspiele mit explodierenden Würfeln lassen einen immer wieder solche extremen Zufälle erleben, die auch NIE wirklich VORHERBESTIMMBAR sind.
Es gibt eben eine gewisse Wahrscheinlichkeit, nach der die SCs durch die Bank Mißerfolge würfeln und die NSCs nur kritische Erfolge. - Das kann einem überall passieren, wo der Zufall im Spiel ist.
Wie geht ein Spielleiter damit um?
Geht solch eine zufallsbestimmte Entwicklung dem Spielleiter am Arsch vorbei? - "Die Würfel lügen nicht!" ist das F.A.T.A.L.-Zitat. - Tun sie das wirklich nicht? - Genauer: Wer LÜGT denn dann, wenn etwas anders ausgeht, als es ALLEN am Tisch paßt?
Würfelergebnisse können ganz massiv "Geschichten schreiben". - Als Spielleiter muß man (insbesondere beim Spielen von vorgefertigten Szenarien - die zu spielen es jede Menge GUTE Gründe gibt) IMMER damit rechnen, daß ein für das Szenario WICHTIGER NSC durch Glück auf Spielerseite umkommt. Oder daß durch "Kollateralschäden" ein zu beschützender NSC-Alliierter gleich zu Spielsitzungsanfang draufgeht.
Hier zeigt sich, ob ein Spielleiter diese HERAUSFORDERUNG an seine Fähigkeit nach Gefühl weiterzuleiten annimmt. - Nicht das Ressourcen-Verwalten ist eine echte spielleiterische Herausforderung, sondern das plausible Fortführen eines "zerschossenen" Szenarios (welches zum Zerschießen natürlich eingebaute "Single Points of Failure" haben mußte - aber auch Autoren von Kaufszenarien sind nur Menschen).
Wenn die Spieler entgegen aller Wahrscheinlichkeiten bei Szenen einen unerwartet großen Erfolg haben, wenn die Konsquenzen das Vorgedachte im Kaufszenario sofort verwerfen lassen, dann MAG ICH DAS SO.
FÜR MICH ist das auch ein Teilaspekt, warum mir das Spielleiten Spaß macht: Ich nehme Kaufszenarien (z.B. Dungeon Crawl Classics) und mache sie während meiner Vorbereitung eh zu MEINEN EIGENEN, indem ich alles ändere, was mir nicht paßt und mindestens den Einstieg direkt auf meine Gruppe anpasse, sowie Aspekte, die manchen Spielern oder Spielerinnen keinen Spaß bereiten (z.B. in den Vordergrund gespielte Vergewaltigungsszenen), ändere oder herausschreibe. So angepaßt ist das weit weniger Arbeit als alles selbst und neu zu erfinden, und ich kann von den guten Ideen anderer Leute, den Autoren des Szenarios, profitieren, weil diese sich manchmal Sachen ausgedacht haben, auf die ich NIE selbst gekommen wäre.
Dieses Szenario spiele ich mit meinen Spielern. Und dadurch, daß es die Spieler sind, die via ihre Avatare in der Spielwelt mit (inzwischen) MEINEM Szenario interagieren, erwecken sie es zum Leben. Und zwar zu einem gewissen EIGENLEBEN. - Aufgrund von Setting-Informationen, Genre-Konventionen, bereits getroffenen Entscheidungen, die aus Konsistenzgründen auch in ähnlichen Situationen ähnliche Ergebnisse nach sich ziehen sollen, bringt das Szenario sein eigenes Plausibilitäts-Gerüst mit. Das hilft MIR UND MEINEN SPIELERN in dem vom Szenario dargebotenen Spielweltausschnitt so zu agieren, daß sich keiner an allzu bescheuerten und unglaubwürdigen - eben nicht PASSENDEN - Eigenschaften stört.
Es geht immer noch um Unterhaltung. - Das Gefühl für die Plausibilität in einem Szenario wächst mit fortschreitendem Spiel bei ALLEN Spielenden. - Das ist so, wie beim Lesen eines Buches, wo z.B. eine fremdartige Fantasywelt auf den ersten Seiten neu entdeckt wird, ohne daß man "weiß", wie diese Welt "tickt". Nach ein paar Kapiteln weiß man als Leser das aber und dann erschließen sich die Motivationen der Figuren in dieser Welt aufgrund des Plausibilitätskontextes, in welchen man sich hineingelesen hat.
Und im Szenario SPIELT man sich in einen Plausibilitätskontext hinein und lernt dessen eigenständige Motivationsmöglichkeiten für NSC-Verhalten kennen und lernt damit BEWUSST umzugehen. - Das ist ja auch ein Grund für den Erfolg von "Überspezifizierten Settings" wie Aventurien oder Forgotten Realms: sie geben durch ihre Detailfülle (das Gefühl von) mehr Sicherheit für settinginterne Motivationen.
Aber es muß ja überhaupt nicht eine alleserschlagende Welt sein, sondern ein zum Spielen TAUGLICHES Plausibilitätsgerüst ergibt sich z.B. in einem Dungeon schon nach den ersten paar Räumen. Da weiß die Gruppe dann, wie der Dungeon so "tickt".
Und das erlaubt auch dem Spielleiter auf dieser Basis Weiterentwicklungen "on the fly" zu machen, die notwendig werden, wenn die Spieler die vorgegebenen Meilensteine des Szenarios durch ihre Kreativität und/oder Glück geändert oder vernichtet haben.
Wenn SPIELER außerordentlich (und vom Szenario-Autor UND von mir nicht vorhersehbar) Szenarienmeilensteine umgangen oder vernichtet haben, dann ist das FÜR MICH eine Selbstverständlichkeit, daß sie diesen ERFOLG auch mit allen (für sie meist positiven) Konsequenzen auskosten dürfen.
So hatte in unserer Evernight-Runde einer der PSI-begabten Dunkelen Meister in einer Szene, in welcher die SCs nur ihr bitteres Los als Sklaven erdulden sollten (zumindest nach dem Autoren der Kampagne), PECH. Zunächst haben sich die SPIELER via ihrer Charaktere NICHT BEUGEN lassen wollen. Und als dann der Dunkele Meister mittels PSI-Fähigkeiten eingreifen wollte, da hatte er mehrfach hintereinander einen Brainburn (kritischen Fehler) gewürfelt. Ich hatte die persönlichen Bennies des Meisters dafür auch schon ausgegeben, aber es hatte nichts genutzt. - Letztendlich hatten die Spieler hier entgegen jeglicher Planung des Autoren und ohne, daß ich das geahnt hätte, den Dunkelen Meister und seine Unterlinge getötet und sind geflohen. - DAS GEHT NICHT! Zumindest wenn ich nach dem Kampagnenband hätte spielen MÜSSEN. Dort sind bei manchen Szenen tatsächlich Hinweise auf die Möglichkeit bestimmte Arten von Gegnern, an denen auch ganz setting-plausiblerweise KEIN Mangel herrscht, solange auf die SCs zu hetzen, bis sie kleinbeigeben. - Das ist aber ZWANG. Und ein ZWANG, der ihnen einen (zwar mit Pech auf meiner Seite, aber eben dann auch dem "Glück der Tapferen" auf ihrer Seite) Erfolg versaut hätte.
Das konnte ich nicht akzeptieren. - Und so konnten sie (nicht ohne Probleme, aber dennoch erfolgreich) aus der Sklaverei AUS EIGENER KRAFT entkommen. - In der Kampagne war vorgesehen, daß sie von anderen Leuten befreit werden sollten. Infolge der Befreiung hätten sie dann eher eine Position als dankbare Gerettete gehabt, die einen ganzen Haufen an Auftragsszenarien für die Retter abzuarbeiten bekommen hätten. - Was war aber nun die Konsequenz aus der EIGENHÄNDIGEN Flucht?
Hier half die Kenntnis des (knappen!) Setting-Fluffs und die Art des Auftretens der SPIELER, als sie mit anderen, potentiell alliierten NSCs zusammentrafen: Die Spieler waren von ihre ungeplanten Flucht so aufgedreht, daß sie mit stolzgeschwellter Brust und HÖCHSTKOMPETENT auftraten - UND DIE FÜHRUNG des Widerstandes gegen die Dunkelen Meister SELBST übernahmen!
Konsequenz: KEIN EINZIGES Auftragsszenario mehr für diese HELDEN. - Alle Tätigkeiten, die in diesen gescripteten Auftragsszenarien zu erledigen waren, brauchten jetzt andere (BESSERE!) Motivationen, die die Charaktere/Spieler als FÜHRUNGSPERSÖNLICHKEITEN ansprachen.
Offengestanden war es DAS, GENAU DAS, was mir an unserer Evernight-Kampagne am meisten Spaß gemacht hat: "Real HEROES take no shit from anybody. They take CHARGE, kick ass and take names." - Das war eine Wendung, die der Autor der Kampagne NICHT geplant hatte, die aber aufgrund meiner Bereitschaft den Spielern IHRE Erfolge zu lassen, möglich war.
Zum Besseren, zum Unterhaltenderen für alle Beteiligten.
Das, wenn die Spieler mal über den Zufall Erfolg haben.
Aber zurück zur Orkhöhle, wo die schwindsüchtigen Orks lauter kritische Treffer gegen die SCs gewürfelt haben, und zwar ca. 20 Minuten nach Spielbeginn einer als "Allnighter" ausgelegten Spielsitzung.
Was macht man hier?
Man kann "so hart wie möglich" die SCs umlegen. - Dann mit NEUEN SCs das gesamte Motivations-Hin-und-Her durchgehen, warum diese gerade den glücklosen Stoffeln ebenfalls in die Orkhöhle der schwindsüchtigen SC-Killer-Ork-Scharfschützen vom TPK-Klan gehen sollten (ggf. sogar nur mit weniger Erfahrung als die umgekommenen SCs).
Das KILLT aber nicht nur die SCs, sondern die SPIELLAUNE für den gesamten Spielabend. - Scheiße! Was nun?
Die Spieler hatten ja KEIN taktisches Versagen, KEINE Schuld, sondern nur PECH beim Würfeln. - Also hatte keiner den Eindruck, daß sie hier in einer wichtigen Szene nach zähem harten Kampf - ggf. gen Ende des überlangen Spielfilms - eben doch dem Bösen unterlegen wären, sondern sie sind als inkompetente Red-Shirts noch im Pretitle umgekommen. Und das, obwohl sie die STARS des Fantasy-Blockbusters, Teil 3, sind!
Hier PASST keinem der Zufallseffekt.
ICH möchte, daß die Spieler ERFOLGSERLEBNISSE haben. Die Spieler möchten das auch.- Die Würfel sprechen aber von MISSERFOLG. Und die Würfel lügen nicht.
Die gemeinsame Regelbasis sagt, wenn etwas so und so daneben geht, dann hat das die und die Konsequenzen. Somit ist das Ergebnis aufgrund der Würfellage UND der Regelbasis eindeutig.
Soll ICH nun etwas anfangen die Würfel zu drehen?
Da bekäme ich Zustände! Das ist NICHTS für mich.
Ich "drehe" an der Plausibilität, weil die sowieso DAZU DA IST.
Nachdem drei popelige Wächter alle 5 SCs Außer Gefecht geschossen hatten (Incapacitated nach Savage Worlds Regeln), gingen sie NICHT rüber um denen beim Sterben zuzusehen, sondern sie stabilisierten die schwer verletzten SCs. - Warum? - Weil (Spielleiterwissen, Plausibilität) im Ork-Stamm tatsächlich immer mal wieder für Rituale des Oberschamanen Blutopfer nötig waren. Und wenn man da schon fünf Stück "frei Haus" geliefert bekommt, dann nimmt man die mit. - So kamen sie schwerst verletzt, mit z.T. permanenten Attributsverlusten (was einem halt so bei SW passiert, wenn man kurz vor dem Abkratzen ist) in eine Gefangenenhöhle.
Was ist passiert: Das ursprüngliche Ziel des Eindringens in die Orkhöhle wurde komplett gekippt. Das Ziel des gesamten Spielabends war, wie kommen wir OHNE unsere tolle Ausrüstung und schwer gehandicapt hier wieder heil heraus? - DAS war eine von sozialer Interaktion mit den Orks, Mitgefangenen, Taktik und Hektik (gen Schluß) bestimmte Spielsitzung, die zu einem echten Highlight wurde.
Ich kann nicht einmal versprechen, daß ich beim nächsten überraschenden Erfolg von NSCs wieder den Spielabend so gut und unterhaltend "retten" kann. - Aber ich habe KEIN regeltechnisches Fakt, keinen Würfelwurf abgeändert oder gar ignoriert. Ich habe "nur" die NSCs innerhalb des Plausibilitätsrahmens handeln lassen. Und diese Freiheit, solche Konsequenzen für das Scheitern der SCs anzuwenden, möchte ich mir nicht nehmen lassen. - Daher mag ich kein "so hart wie möglich" als Grundlage meiner Spielleitung heranziehen.
Meine freie Zeit zum Spielen ist begrenzt. Wenn alle Mitspieler UND ICH zusammen zum Spielen antreten, dann will ich auch, daß gespielt wird und nicht gefrustet früher heimgegangen wird. - Da messe ich der "Menge" an rollenspielerischer Unterhaltung, die an einem Abend stattfindet, eine höhere Bedeutung zu, als dem taktisch herausoptimierten Gegenspielen.
Und das kann auch in anderen Settings wieder anders gewichtet sein. Im weit weniger heroischen Necropolis sind auf allen drei Seiten der kriegführenden Parteien KEINE DUMMIES unterwegs. Daher bekommen die Spieler - insbesondere der Kommandeur der Einheit - das Beste, was ich mir bei den mir laut Szenario für die Gegner zur Verfügung stehenden Truppen an Taktik überlegen kann, geboten. - Hier liegt der Spaß eindeutig in der Heraushebung der TAKTIK vor (dem fantasy-typischeren) Heldentum. - Wer naiv agiert, der brennt in Napalm oder wird von Landminen zerrissen. - Aber das liegt eben daran, daß bei Necropolis der Plausibilitätsrahmen anders gesteckt ist, als z.B. bei Evernight, wo die Fantasy-Helden quasi "Popstars" sind und so auch verehrt und angehimmelt werden.
Mir wäre ohnehin NUR GENAU EINE Formel zur Behandlung ALLER Genres, aller Settings, aller Szenarien, aller Szenen zu einfach und zu unflexibel um MEINE Ziele beim Spiel zu erreichen.
Somit halte ich von einem universellen "So hart wie möglich" nichts.
Da wir aber eigentlich nicht wollen dass die SCs überwalzt werden müssen wir etwas tun, damit es nicht so weit kommt.
Man kann hier natürlich Goldene Regel einsetzen um die SCs gerade noch mal so zu retten, man kann hier natürlich auf "Fairness" des eSeLs setzen, aber aus diversen Gründen gefallen mir diese Methoden nicht so sehr.
Ich brauche WEDER die Goldene Regel, noch eine in Anführungsstrichen aufgeführte Fairness. - Ich halte mein Verhalten den Spielern gegenüber für fair. Meine Spieler empfinden dies ihren eigenen Aussagen zufolge auch.
Ich lasse aber EXTREMSITUATIONEN zu. Ich lasse sie auf mich zukommen. Und ich KENNE MEIN SETTING und KENNE MEIN SZENARIO. - Ein wesentlicher Teil meiner Vorbereitung besteht darin, daß ich die Personen, wichtige und unwichtige, im betroffenen Spielgebiet kenne, daß ich die Kräfte, die politische Lage, daß ich ALL DAS kenne, was den Plausibilitätsrahmen für genau diese Runde absteckt.
Dabei hilft MIR leider eine UMFANGREICHE Weltbeschreibung weniger als eine knappe Beschreibung, die tatsächlich die wesentlichen Kraftlinien entlang derer ich Motivationen und "Troubleshooting" aufhängen kann, herausstellt. Evernight macht das auf 7 Seiten Setting-Fluff! Necropolis ist da wesentlich komplexer und braucht gute 40 Seiten dafür. - Ich MAG auch Settings mit weit umfangreicherem Fluff, doch sind diese für das aktive Spiel problematisch, weil man hier NIE die Souveränität bekommen wird, die man für den Plausibilitätsrahmen als Rückfallmöglichkeit braucht.
Ich bevorzuge hier SL-Regeln weil
a.) ich als Spielleiter nur noch einer Aufgabe nachkommen muss, nämlich zu versuchen die SCs umzubringen.
Diese "Eine Aufgabe" ist die Brettspiel-Gegenspieler-Aufgabe. - Und wo bleibt der gesamte REST der Spielleiteraufgaben? (Bei Myrmidon habe ich inzwischen den Eindruck, daß er das nicht nur anders sieht, sondern sogar sehr ähnlich wie ein "normaler" Rollenspieler.)
b.) ich als Spielleiter weiß dass ich keine Schuld habe wenn ein SC umkommt.
...
Die Spieler wissen da das der SL nicht schuld war, was das Gruppenklima deutlich entspannt.
Die Spieler wissen - z.B. bei Kaufabenteuern - daß es der Autor war, der sich das ausgedacht hat. - Aber "schuld"? - Also ICH spiele ohne Schuldzuweisung und ICH leite ohne Schuldzuweisung. Ich spiele zur UNTERHALTUNG. Für Schuld und Sühne gibt es die Gerichte.
Außerdem: DIE Kernfunktion des ZUFALLS im Rollenspiel ist NICHT die offensichtliche, nämlich daß unsichere Ereignisse mit einer Wahrscheinlichkeit für unterschiedliche Ausgänge belegt werden und mittels Zufallsexperiment der als Spielwelt-FAKT gültige Ausgang bestimmt wird. - Die KERNfunktion besteht darin, daß ES DIE WÜRFEL SIND, die die ENTSCHEIDUNG HERBEIGEFÜHRT haben. - DIE WÜRFEL SIND SCHULD.
Wenn ein Gegner in SW d12+2 Schaden macht und der d12 explodiert drei Mal hintereinander, dann war es NICHT der Spielleiter, sondern der Würfel.
Die Würfel schaffen eine Distanz zwischen der eigentlichen Entscheidung (überhaupt zu würfeln) und dem Ergebnis. - In anderen (erzählerischen) Spielsystemen könnte nicht nur, sondern MUSS der Spielleiter das Ergebnis gleich SELBST entscheiden. Man weiß als Spieler IMMER GANZ GENAU, daß die eigene Niederlage nach Erzählung durch den Spielleiter eine BEWUSST HERBEIGEFÜHRTE Sache des Spielleiters war. - Die Würfel hingegen, lügen nicht.
c.) ich als Spielleiter durch die begrenzten Ressourcen eine echte Herausforderung habe und versuchen kann zu powergamen.
Für ECHTES Powergaming spiele ich lieber in der Rolle des SPIELERS, da es zu dieser Spielerrolle auch dazu gehören kann, das meiste aus den verfügbaren Ressourcen herauszuziehen. - Als Spielleiter begrenzte Ressourcen zu bekommen, die NICHT durch Settingplausibilität vorgegeben sind (z.B. in Ali Baba's Räuberhöhle sind genau 40 Räuber. Man töte 10, und es sind nur noch 30. - Aus reiner Settingplausibilität begrenzte Ressource), sondern die nur aufgrund des brettspieligen Herausforderungs-Belohnungs-Konzepts VON AUSSEN aufgesetzt werden, stellt KEIN spielleiterische Herausforderung dar.
Hier verwechselst Du die Rolleneigenschaften der Rolle Spielleiter mit denen der Rolle Spieler im gemeinsamen Spiel. - Und dieses Verwaschen der eigentlich klaren Zuständigkeiten ist der grundsätzliche Fehler bei der Idee der "Epos"-artigen Spielleiterregeln.