Rezension Honor&Intrigue - Mantel&Degen(&Magie) nach BoL-Regeln

Zornhau

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Das erste von meiner Liste der "heißerwarteten Rollenspielprodukte 2012" ist endlich erschienen:

Honor & Intrigue

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Ein in sich vollständiges Rollenspiel (enthält also ALLE Regeln und umfangreiches Settingmaterial) auf Basis des BoL-Regelsystems. Angesiedelt in einem fiktiven 17. Jahrhundert, in welchem es (optional) Magie und wundersame Uhrwerkskonstrukte geben kann (siehe den 3-Musketiere-Film von 2011).

Neue Regeln für elaborierte, spannende und immer noch schnell und flüssig abzuwickelnde Fechtduelle sind hinzugekommen, sowie Regeln für scharfzüngige Rededuelle, Schiffskampf, Massenschlachten und vieles mehr.

Auf über 220 Seiten präsentiert hier Chris Rutkowsky von Basic Action Games ein wirklich solide produziertes PDF-Produkt (erhältlich bei RPGnow.com), das es auch bald in der Druckausgabe geben wird.

Für knappe 11 Euro für die PDF-Ausgabe erhält man neben dem Honor&Intrigue-PDF auch noch ein für die Ansicht auf einem Tablet oder Reader optimierte Fassung sowie eine Reihe unterschiedlich druckerschonender Charakterbögen.

Ich lese mich aktuell gerade mit FREUDEN in dieses tolle Produkt ein, welches als PDF-Produkt neben guten Lesezeichen auch noch einen ausführlichen Index, ausblendbare Seitenränder (für druckerschonenden Ausdruck) und erfreulich flotten Seitenaufbau bietet.

Klar an Kino-Vorlagen wie "The Princess Bride", den überkandidelten Musketier-Verfilmungen, Alatriste und anderen Mantel&Degen-Vorlagen orientiert, ist hier dennoch gerade für diejenigen, welche sich mit Fechtkunst befassen, ein kleiner Hauch glaubwürdiger Umsetzung historischer Fechtstile zu spüren - ohne aber der Cinematik, der kinoreifen Action-Darstellung im Wege zu stehen.

Gut geschrieben, gut lesbar, mit wohlüberlegten Änderungen gegenüber dem weniger "feinsinnigen" und weniger "edlen" Barbarians of Lemuria versehen, um das Genre Mantel&Degen-Film geradezu ideal umsetzen zu können.

Habe ich bislang Mantel&Degen-Rollenspiel mit Savage Worlds SEHR genossen und gerade die Umsetzung in Pirates of the Spanish Main als wahrlich gelungen empfunden, bin ich in letzter Zeit über Dragon Brigade auf den Geschmack von Mantel&Degen mit Cortex+-Regeln gekommen.

In der Geschichte der Mantel&Degen-Rollenspiele gibt es fünf Spiele, die als die leidenschaftlichsten, die treffendsten Umsetzungen gelten, aber dieses hier, Honor&Intrigue, stellt sie ALLE in den Schatten.
 
Übrigens: Je mehr in darin im Detail lese, desto interessanter sind die getroffenen Umsetzungen und Erweiterungen.

Salopp gesagt handelt es sich bei Honor&Intrigue um eine GUTE Mischung der besten Ansätze aus Barbarians of Lemuria, Savage Worlds und FATE. - Die Flaws z.B. sind nach SW Edges gegliedert, während die Fortune Points gerade im Erlangen und Ausgeben weiter weg von den SW-Bennies und näher dran an FATE und den Fate-Punkten sind.

Das Kampfsystem ist DEUTLICH feinergranular geworden. Aktionen werden in Minor und Major Actions unterschieden, was gerade bei den eher temporeichen, schnellen Fechtaktionen durchaus stimmig ist, aber natürlich mehr Regeltechnik und Regelkenntnis bei den Spielern erfordert.

Fechtstile, Fechtmanöver, unterschiedliche Arten "Schadenseffekte" abseits von Verwundungen zu nehmen (Close Calls, eine Art "Shaken" - Advantage, eine Art taktischer Vorteil für den Gegner ähnlich eines taktischen Stress-Tracks - Composure, eine Art psychischer Stress-Track) - all das atmet die Mantel&Degen-Ausrichtung der filmischen und literarischen Vorlagen.
 
Hatte mir ja schon mal die Character Sheets und den Quick Reference Sheet runtergeladen. Werd es mir wohl auch zulegen wenn die Druckversion da ist.
 
So vom ersten Blick, bekomme sogar ich mal Lust auf ein Piratensetting (obwohl ich das eigentlich gar nicht mag).
Zornhau gedenkst du irgendwann in NRW auf einem Con eine Runde anzubieten?
 
In NRW? - Ähm, mein NÖRDLICHSTER "Wirkungskreis" schließt gerade so eben einmal im Jahr die RPC in KÖLN ein. Ansonsten bin ich nur in den Südstaaten auf Cons anzutreffen.

Eventuell - aber wirklich nur eventuell - könnte ich auf der RPC eine H&I-Runde anbieten. Aber ich hätte auch Lust ganz andere Rollenspiele dort mit Rundenangeboten vorzustellen (Leverage, Cosmic Patrol, Other Worlds, usw.). - Daher kann ich das zum jetzigen Zeitpunkte noch nicht fest zusagen.
 
Honor & Inrigue kommt auch bei mir nach dem ersten Durchlesen verdammt gut an! Da steckt für einen Spottpreis (pdf) wirklich alles drin, was man für´s Swashbuckeln braucht und es ist voll von kleinen, feinen Regel-Ideen für die genregerechte Würfelei. Hat denn schon jemand das Kampfsystem auch in offener Wildbahn antesten können, mit Advantage, Fechtschulen und allem?

@Zornhau: habe "drüben" gelesen, dass Du für Honor&Inrigue mit der "Musquetair deshonoré"-Campagne von TAG liebäugelst; hast Du davon schon etwas gelesen? Ich kenne nur den ersten Teil (nur gelesen, nicht angefasst) und fand die Nummer, na ja, ehrlich gesagt etwas zu bodenständig für das Genre. Swashen denn in den nachfolgenden Teilen die Degen anständig flashy durch die Mäntel und auf die Buckle, sozusagen?
 
Ich hatte neugierhalber die ersten drei Teile eh schon länger als Material für eine potentielle Savage-Worlds-Conversion zugelegt, aber auch noch nicht gelesen.

Nun habe ich aber den ersten Teil gelesen und die anderen beiden überflogen (den vierten habe ich noch nicht). -Tja. - Aber leider "buckelt" der "Swash" da nicht so recht. - Das liegt zum Teil am Ubiquity-System, aber zum weit größeren Teil am eigentlichen Abenteuer.

Daher bin ich auf die (Internet-)Suche gegangen und fand WIRKLICH TOLLE Mantel&Degen-Abenteuer! - Und zwar für Flashing Blades.

Flashing Blades ist immer noch ein verdammt GUTES Mantel&Degen-Rollenspiel (aber ein wenig angestaubt und einen Tick zu ernst und nicht so sehr an Kino-Versatzstücken orientiert).

Die Abenteuerbände sind GUTE Produkte, die es aktuell für einen Appel und ein Ei (genauer für 2,90 Euro) als PDFs bei RPGnow.com zu erwerben gibt. - Diese Abenteuerbände enthalten auf knappem Raum (34 Seiten) MEHR interessante Abenteuermaterialien als die AFO-Abenteuer. - Meine Empfehlung.
 
Oh ja, Flashing Blades ! Haben wir leider, ach was leider, zum Glück, zum größten Teil gespielt, mit sehr viel Spass dabei; "An Ambassador´s Tales" war für unsere Runde sozusagen die Mutter aller Mantel&Degen-Abenteuer. Ich würde was drum geben, wenn wir dafür schon Honor&Intrigue hätten benutzen können. Wobei, was Status und Rang angeht, ist FB immer noch unübertroffen, jedenfalls wenn man einen Schuss Historismus im Spiel haben mag. Der Abenteuerempfehlung schließe ich mich jedenfalls locker an! Soweit ich weiß, gibt es in der Menge und Qualität auch keine besseren Mantel&Degen-Abenteuer zu kaufen, aber da würde ich mich natürlich am liebsten eines Besseren belehren lassen...!
 
Die Beschreibung klingt gut, aber da ich nicht so auf Mantel&Degen-Dinger stehe ... kann man davon ausgehen, dass sich das auch für Steampunk eignet?
Wenn schon Regeln für Uhrwerkgadgets drin sind?
 
Die Beschreibung klingt gut, aber da ich nicht so auf Mantel&Degen-Dinger stehe ... kann man davon ausgehen, dass sich das auch für Steampunk eignet?
Wenn schon Regeln für Uhrwerkgadgets drin sind?

Da würde ich Dir eher empfehlen, einen Blick in "Clockwork & Chivalry" zu werfen, bzw. in die unter dem Namen "Renaissance" frei erhältlichen Grundregeln (SRD) dazu.
 
... kann man davon ausgehen, dass sich das auch für Steampunk eignet?
Wenn schon Regeln für Uhrwerkgadgets drin sind?
Uhrwerk-Gadgets heißt nicht DAMPF-Gadgets. Diese kann man sich aber entlang der Regeln für Erfindungen (wo ja auch Heißluftballone usw.geregelt sind) selbst überlegen.

Der Schwerpunkt ist aber klar auf VORINDUSTRIELLER Kultur - Steampunk ist halt Dampfzeitalter, Industrie, Eisenbahn, usw.



Clockwork&Chivalry ist ziemlich stark auf England im 17. Jahrhundert fokussiert und wirkt - hier kenne ich es nur vom Lesen, nicht vom Spielen - weit weniger cinematisch orientiert als Honor&Intrigue.

Wem kinoreife Fechtszenen und packende Action-Einlagen liegen, der wird bei Clockwork&Chivalry nicht die Unterstützung finden, die Honor&Intrigue bietet. Als Quellenband für mehr Information über das England des 17. Jahrhunderts ist es schon nützlich, aber wer braucht solch einen reinen Quellenband schon, wenn es das Internet gibt? Für mehr Informationen, mehr Details, mehr Kolorit aus der jeweiligen Epoche bietet eine schnelle Internetsuche meist mehr Verwertbares als ein Rollenspiel liefern kann.

Ich schätze bei H&I gerade die KNAPPE und für das Spiel ANREGENDE Darstellung der Welt im 17. Jahrhundert. Auf minderwichtige Details wird hier zugunsten von Abenteuerrelevantem verzichtet (denn es gibt, wie gesagt, ja die Internetsuche oder - für besonders Konservative - ein Geschichtsbuch oder die Stadtbibliothek).
 
Stimmt, cineastisch wird man Clockwork&Chivalry kaum nennen können, nach der Entkopplung vom jüngsten Runequest mit seinen Cambat Maneuvers noch weniger als vorher.
Aber wer mit Mantel&Degen-Cineasmus eh nichts am Hut hat, der kann damit durchaus ein neuzeitliche "Steampunk"-Variante finden, eben mit Clockwork statt Steam, also gewissermaßen ..., äh, Clockpunk?
Die zugehörige Abenteuerkampagne ist allerdings leider auch zu sehr in den speziellen Eigenarten des Settings verhaftet, als dass man sie mit vertretbaren Aufwand für Mantel&Degen adaptieren könnte. Da fliegen gegen Ende Uhrwerkschiffe zum Mond, das "toppt" dann selbst den letzten Musketiere-Kinofilm.

Im H&I Playtest-pdf waren übrigens Platzhalter für Abenteuer, vielleicht kommt in der Richtung ja noch was nach.
 
Im H&I Playtest-pdf waren übrigens Platzhalter für Abenteuer, vielleicht kommt in der Richtung ja noch was nach.
Wäre nett, aber: H&I tritt ja eigentlich OHNE wohldefiniertes, eigenes Setting auf.

Es ist eine Art Mantel&Degen-Werkzeugkasten. Man kann mit oder ohne Magie spielen. Mit oder ohne Piraten/Seegefechte. usw.

Diese Festlegungen muß man bei der Kampagnenplanung erst explizit treffen. Dazu bietet H&I ja auch Unterstützung, so daß eine Kampagnenplanung leicht vonstatten gehen kann.

Aber es gibt halt nicht "DAS H&I-Setting", sondern immer nur das H&I-Setting der jeweiligen Spielgruppe. - Daher ginge es auch in dieser Richtung: Mit H&I eine Adaption des Clockwork&Chivalry-Settings vornehmen.
 
Muss mich Zornhau ansschließen. H+I bietet eine super Mischung aus BoL, FATE und SW Mechanismen - und das stimmig umgesetzt!!! (Und ich bin ja ein großer Fan von Fate-Like Benny/FP Regelung bei SW ...)

Für alle, die All for One zu statitisch und 7.See zu buggy finden, aber die Abenteuer aus diesen Quellen gerne bespielen wollen.

Wir werden wohl TAGs Setting mit H+I erleben.
 
Wie sieht es denn inzwischen mit praktischen Spielerfahrungen mit Honor&Intrigue aus?

Findet Ihr, daß die zusätzlichen Details, die das BoL-Kampfsystem in H&I erhalten hat, den Aufwand wert sind?
 
Ich warte immer noch auf die Print Version davon. Bisher konnte ich wiederstehen mir die pdf Fassung zuzulegen. Von daher geb ich erst dann wenn ich mit meinen Händen durchblättern konnte hab ein Statement.^^
 
Widerstehe nicht länger! NEIN!!! Gib Dich der Verlockung der PDF-Version hin! Jetzt! Du willst es! Hol sie Dir!
 
Wie sieht es denn inzwischen mit praktischen Spielerfahrungen mit Honor&Intrigue aus?

Findet Ihr, daß die zusätzlichen Details, die das BoL-Kampfsystem in H&I erhalten hat, den Aufwand wert sind?


Ja, lohnt sich!

Durch die höhere Komplexität geht natürlich erstmal ein Stück des BoL-Charme verloren. Man gewinnt dafür aber sehr gute Regelunterstützung für schnelle und dabei detaillierte Fechtduelle, wie sie kein mir bekanntes System besser liefert.

Der persönlicher Härtetest steht allerdings noch aus, da sich unsere alte Mantel-und-Degen-Runde aus Studizeiten in alle Winde zerstreut hat und höchstens alle paar Monate mal zusammenkommt. Die Testrunde mit anderen Spielern hat zweimal ca 4 Stunden in einem Karibikpiratensetting gespielt. Die Kämpfe gegen Gesindel fühlten sich BoL-üblich an, da wegen der Stunts kein Grund bestand, große Fechtkunst auszupacken. Die übrigen Duelle waren aufgrund der Lernkurve bezüglich der verschiedenen Manöver zuerst etwas zäh, liefen bei zunehmender Vertrautheit mit den Fechtmanövern aber dann wesentlich runder. Sehr gut angekommen ist die Advantage-Mechanik; im Zusammenspiel mit der Schiffsszenerie hat sie uns ein memorabel cinematisches Fecht-Finale beschert. Ich habe allerdings den Eindruck, dass es sich an dieser Stelle (Advantage) lohnt, vom üblichen Rundenmuster abzuweichen und statt dessen mehrere Schlagwechsel pro Duell auszuspielen, bevor man zum nächsten Duellantenpaar wechselt. Das kann natürlich schnell zu Timingproblemen führen, man fängt aber dergestalt das rasche Hin und Her eines klassischen Kino-Fechtduells besser ein, was ja gerade durch Advantage sehr schön unterstützt wird.

Fazit: bessere Spielregeln für meinen Mantel&Degen-Geschmack gibt es derzeit nicht. Flashing Blades und Siebte See z.B. stinken im Vergleich dazu mächtig ab.

(Leider stellen wir H&I einstweilen zurück, da wir 50Fathoms+Freeport spielen und ich den Konversionszeitaufwand nicht schultern kann)
 
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