AW: Kurzgeschichten Arcane Codex
Goremounder Stadtgeschichten: Persephone Nyx bekommt ein Kind
Dieser Gestank war heute wieder unerträglich! Goremound war auch nicht mehr das, was es mal war, dachte Madame Nyx bitter, als sie durch die Straßen des Seuchentöterviertels ging. Nachts war es selbst mit dem Gildenabzeichen zu gefährlich auf der Straße. Dann kamen die Ghule aus den Kanälen unter der Stadt hoch und trieben hier ihr Unwesen. In ihrer Gier nach lebendigem, frischen Fleisch fielen sie alles an, was nicht schnell genug weg rannte. Na ja, tagsüber war es durch den grünlichen Nebel auch nicht gerade angenehm.
Und überhaupt war Persephone Nyx an diesem Tag nicht guter Dinge. Seit Jahren schon versuchte sie, schwanger zu werden. Aber wie – bitte schön – sollte das funktionieren, wenn alle ihrer Sklaven anscheinend impotent waren? Besonders dieser Rhunirer, den sie erst kürzlich erstanden hatte. Gut sah er aus, kräftig war er auch. Aber er war stur. Ihr Kriegszombie Quartus hatte ihm erst ein Bein brechen müssen, damit er gehorchte. Und dann hatte er keinerlei Kenntnis davon, wie man eine Frau befriedigte! Madame Nyx war es schleierhaft, wie es kam, dass die Rhunirer bei diesen dilettantischen Liebeskünsten noch nicht ausgestorben waren!
Ein anderer Nekromant hatte Madame Nyx gesagt, dass die Menschen in dieser Stadt unfruchtbar wurden, wegen des Nebels. Und zudem war es Nekromanten und Nekromantinnen unmöglich, Kinder zu zeugen. Diese Gerüchte hatte Madame Nyx entscheiden zurück gewiesen. Das würde ja bedeuten, sie sei unfruchtbar! Und das war sie ganz entschieden nicht!Davon war sie überzeugt. Lächerlich, dieser Gedanke! Pff! Madame Nyx schüttelte verächtlich den Kopf. Sie würde Kinder bekommen, egal, was diese Schwachköpfe von den Gildenversammlungen sagten. Sie wusste, dass andere Gildenmitglieder sich über sie lustig machten. Denen würde sie es schon zeigen. Wenn sie erst schwanger wäre, würden die platzen vor Neid.
Aber heute wollte sie sich etwas Gutes tun. Heute würde sie sich auf dem Knochenmarkt einen neuen Lustsklaven kaufen. Das war auch bitter nötig nach dem Reinfall mit dem Mann aus Rhunir. Sie war ja ohnehin auf dem Weg dorthin. Madame Nyx brauchte neues Sezierbesteck und diverse Zutaten für ihre Tränke. Quartus würde dann alles für sie tragen. Ihre Laune besserte sich etwas.
Auf dem Knochenmarkt herrschte die übliche Betriebsamkeit. Sehr rasch hatte Madame Nyx alles, was sie brauchte, zusammen und Quartus wankte beladen hinter ihr her. Jetzt kam der vergnügliche Teil: der Sklavenkauf. Beschwingt lief Madame Nyx zum Sklavenmarkt. Dort boten diverse Händler ihre Waren an. Die Auswahl war groß. Es gab Männer aus Gwynor (nein, danke), Vargoth (na ja), Veruna (nett) und Mordain (hm), die Frauen interessierten Madame Nyx nicht. Zufrieden drehte sie ihre Runde über den Markt. Da hinten fand gerade eine Auktion statt. Neugierig ging Madame Nyx hin um sich die Ware anzusehen. Der Sklavenhändler pries lautstark seine Ware an:
„Und nun, meine Damen und Herren: Sklaven aus Khem! Echte Sklaven aus Khem, keine drakischen Zigeuner! Alle sehr gesund und jede einzelne Kupfermünze, die Ihr, verehrte Damen und Herren, auszugeben gedenkt, auch wert! Wir fangen mit diesem Kind an, es ist das einzige Kind, was ich noch habe, es ist kaum drei Jahre alt, ganz frisch! Welche Gebote höre ich?“
Währen der Händler sprach, wurde ein kleines Kind auf ein Podest gehoben. Sofort setzte Raunen ein. Es war hübsch und niedlich, mit großen Augen, rundem Gesicht und dunklen, halblangen Haaren. Die Schergen des Händlers waren nicht gerade sanft zu dem Kind. Zudem fror es ganz erbärmlich in seinem dünnen Hemdchen. Die groben Schergen hielten es fest, damit es nicht weg lief. Es winselte weinerlich, verzog das Gesicht und sah sich ängstlich um. Als es Madame nyx ansah, traf sie sein Blick tief ins Herz. Genauso Hilfe suchend sah ein Kind seine Mutter an. In diesem Moment wurde ihr klar: Da stand ihr Kind
„Es ist ein Mädchen, meine Damen und Herren, was bietet Ihr?“
„80 Goldmünzen!“, rief Madame Nyx.
Andere Interessenten sahen erstaunt und auch beleidigt in ihre Richtung. Keiner überbot sie. Der Händler fing sich am schnellstem wieder:
„Das Kind geht für 80 Goldmünzen an die Dame von den Seuchentötern!“
„Macht mir Platz!“ Dank ihres großen Kriegszombies wurde ihrer Forderung Folge geleistet. Zielstrebig ging Madame Nyx auf das Podest zu und warf dem Händler einen Beutel voller Goldmünzen vor die Füße. Sie hob das Kind hoch, das sich zu beruhigen schien. Sie nahm es in die Arme und barg es unter ihrem Umhang.
Zärtlich wog sie es hin und her und sagte: „Gehen wir nach Hause, meine kleine Oreios.“