[18.05.2008] Von Bildern, Geistern und Steinen

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Langsam kam das Mädchen auf die Gruppen zu, wie immer in ihrer Hand die kleine Handpuppe.
So als wüsste sie, dass Enio die Rolle des Anführers eingenommen hatte, sprach sie ihn direkt an.

"Erwachsene! Schon wieder! Ihr solltet nicht hier sein! Nie spielt ihr mit mir, macht immer nur alles kaputt! Vielleicht denkt ihr, dass euer Handeln richtig und vernünftig ist, aber das ist dumm. Seeeeehr dumm! Im Keller wartet der schwarze Mann, oben der böse Onkel Mottek. Nur ich bin nett, aber ich will heute nicht mir euch spielen...."

Sorge lag in ihren Augen, verdeckt von einer Schicht kindlichen Trotzes.

Ich bin die libbe Libby, die libbe, libbe Libby...", leise und mit glockenheller Stimme begann sie vor sich hinzusingen.
 
"Ach du heilige Scheiße!", entfuhr es Jenny.

Sie würde es niemals zugeben, aber die Kleine jagte der Anarche eine heiden Angst ein. Fast reflexartig brachen messerscharfe Krallen aus ihren Fingerkuppen hervor, einige zähflüssige rote Tropfen fielen aus ihnen auf den dunkelbraunen Holzboden hinab. So wie immer wenn die Caitiff ihre speziellen nutzte, funktionierte es nur durch Schmerz und Blut.
Normalerweise verzög sie dabei das Gesicht, da sie es noch immer nicht geschafft hatte sich an den Schmerz der Verwandlung zu gewöhnen. Heute aber, hier an diesem Ort bekam sie davon überhaupt nichts mit. In einer Mischung aus Faszination und Grauen hatten sich ihre Augen allein auf Libbi geheftet.

"Müssen wir mit der rummachen? Lass uns das Bild finden und fertig werden!?"
 
"Ich denke mir, das ist nicht unsere Entscheidung, ob wir das müssen", entgegnete Kiera und sah dann Libbi an.
"Sag mal, ist denn der Schwarze Mann, der blinde Geisterflüsterer?"

Wenn ja, würde sie vorschlagen erst nach diesem Onkel Mottek zu sehen, soweit sie wußte waren Nox und dieser ICH nicht ein und die selbe Person
 
"Nicht meine Entscheidung, nicht meine Entscheidung... Gleich schreien wieder alle, überall ist Blut und Schmerz und Tot...
... Müssen, müssen besser wissen... Leute sterben, Leute rennen schreiend davon und Libbi ist wieder allein. Libbi ist immer allein, weil niemand hören will. Weil alle immer klüger sind... viel klüger als Libbi. Aber Libbi lebbt, die libbe Libby lebbt und ist einsam und genau deswegen allein...!"

Das Mädchen schien aufrichtig bedrückt. Ihre Erscheinung flackerte kurz, stabilisierte sich dann aber wieder.

"Der schwarze Mann ist gekommen nach dem der Blinde verschwunden war. Oder der blinde Mann verschwand wegen dem schwarzen Mann? Ich weiß es es nicht! Ich gehe nicht zu ihm hinab. Er will mich fressen bis nichts mehr von mir übrig ist. Onkel Mottek ist gemein, aber der schwarze Mann da unten ist..."

Libbi brach in Tränen aus.
Sie umarmte ihre zerfledderte Puppe als ob es sich dabei um einen rettenden Anker handelte. Das Mädchen wirkte herzzerreißend verletzlich. Man spürte ihre tiefgehende Einsamkeit und für eine einzige Sekunde mochte man sogar vergessen das man es mit einem Geist und keinem verlorenen Kind zu tun hatte.

"Bitte geht weg!", schluchzte sie. "Ich will nicht das euch weh getan wird!"
 
Enios Antwort auf Kieras Frage, die zwar an Lurker gerichtet war aber einer eindeutigen Antwort bedurfte, war kurz und bündig. „Wir werden uns auf keinen Fall trennen.“ Man hätte es als ängstlich interpretieren können. Als ob Enio nicht alleine in diesem Spukhaus sein wollte. Aber die Anwesenden wußten es wohl besser. Enio war vieles aber ängstlich gehörte nicht zu seinen herausragenden Eigenschaften. Er hatte letztendlich nicht eine sehr schlagkräftige Mannchaft zusammengetrommelt um gegen den Gargyle zu bestehen, nur um sich jetzt und hier aufzuteilen.

Ja… jeder Ausgangspunkt war wohl so gut wie der andere. Der Brujah wollte sich letztendlich nur mit dem rumärgern was notwendig war. Das Problem war nur zu erkennen was notwendig war und was man umgehen könnte. Daher zuckte er auch nur die Schulter als Libby plötzlich auftauchte und Jenny dieselbe Frage stellte, die auch im Kopf des Italieners ihre Runden drehte. Vermutlich aber war es unausweichlich sich mit der Erscheinung abzugeben. Enio konnte gar nicht gut mit diesem Geistermist umgehen. Er wäre am liebsten Libby an die Gurgel gegangen aber das funktionierte sicherlich nicht. Also versuchte man es halt doch mit… Kommunikation?

Enio ging leider davon aus, daß man nichts vernünftiges aus ihr herausbekommen würde. Oder zumindest nichts was er verstehen konnte… was ja auch nichts heißen mußte. Aber der Brujah war nunmal so gestrickt, daß er einfach und deutliche Fragen stellte. Wie groß die Warscheinlichkeit war hier auch einfache und deutliche Antworten zu bekommen stand auf einem anderen Blatt aber Enio gab der Sache keine große Chance. „Was machen der schwarze Mann und Onkel Mottek hier? Was ist ihre Aufgabe. Beschützen oder bewachen sie etwas.“ Enios Stimme war weit davon entfernt in irgendeiner Hinsicht mitfühlend oder feinfühlig zu wirken. Er war nicht hierher gekommen um ein Gespenst zu trösten. Die Warnung von Libby hatte Enio vernommen und auch abgespeichert. Aber es war der einfachste Weg jemand von etwas fern zu halten, wenn man ihm erst einmal erzählte, daß man sich um ihn sorgte und man doch gefälligst diesen viel zu gefährlichen Ort verlassen sollte. Dazu war der Italiener viel zu störrisch.
 
Noch immer unter Tränen schluchzend sah das Mädchen zu Enio hinauf.

"Der Schwarze Mann kann glaube ich nicht weg. Er ist sehr wütend deswegen und ich habe dolle Angst vor ihm. Zum Glück kann er auch nicht zu mir hinauf, ich hab den Weg hier hoch ... versperrt!"

Irgendwie war klar, dass Libbi damit keine Tür meinte.
Fest umklammerte sie ihre kleine zerfledderte Puppe, als wäre sie ihr letzter verbliebener Freund. Auf jeden Fall freundlicher und berechenbarer als all die Vampire vor ihr oder die sie umgebende Nachbarschaft.

"Onkel Mottek wohnt da oben. Schon immer, glaube ich? Er beschützt einen Schatz, hat er mal gesagt. Manchmal ist er nett, aber nicht oft. Ihr solltet nicht hingehen, dass macht ihn nur wütend! Willst du nicht lieber mit mir spielen? Verstecken geht hier nicht, das ist sehr traurig. Aber wir könnten MauMau spielen, wenn du Karten hast. Oder ich sehe was, das du nicht siehst? Wir könnten auch singen?"

Sie begann ein neues Lied...

"Sum, sum sum, Bienchen summ herum,
Ei wir tun dir nichts zuleide,
flieg nur aus in Wald und Heide
Sum, sum, sum, Bienchensumm herum.

Such in Blumen, such in Blümchen,
dir ein Tröpfchen, dir ein Krümchen!

Kehre heim mit reicher Habe,
bau uns manche volle Wabe!

Bei den Heilig-Christ-Geschenken,
wollen wir auch dein gedenken,

Wenn wir mit dem Wachsstock suchen
Pfeffernüss und Honigkuchen."
 
Für den Pragmatiker Enio war somit erst mal klar wohin sie gehen sollten. Natürlich nach Oben. Erstens bewachte da jemand einen „Schatz“ und zweitens klang die obere Etage irgendwie ungefährlicher. Wie so oft konnte das natürlich die Täuschung des Abends werden.

„Sorry Schätzchen… aber ich befürchte wir müssen uns wirklich mal kurz mit Onkel Mottek unterhalten. So sehr es ihn auch nerven wird.“ Und mich sicherlich auch! Enio sprach während Libby sang. Er konnte nur hoffen, daß sie überhaupt zuhörte und mitbekam was er von ihr wollte oder gesagt hatte. Ohne die andere Kainskinder im Raum ignorieren zu wollen sah er sich kurz um und blickte in die Gesichter der Anwesenden. „Jemand ne andere Idee?“
 
Lurkers Bemerkung war ohnehin nichts Neues für Enio und hatte ohnehin eher den Zweck gehabt Kiera zu bedeuten, dass sie in diesem Falle sicher nützlicher wäre. Kaum hatte er sie also abgesetzt, da drängte sich ein merkwürdiger Gedanke aus den Tiefen seines Verstandes an die Oberfläche. Während er noch damit beschäftigt war sich die Abmessungen des Raumes und die Aufteilung der Einrichtung zu betrachten um daraus eine ungefähre Vorstellung der Dinge abzuleiten die noch kommen mochten, flatterte ein Gedankenfetzen wie ein Schmetterling wirr durch seine Aufmerksamkeit.

Es ist eine Bibliothek. Alle Antworten stehen in den Büchern.

Beinahe verärgert wischte der Nosferatu den Geistesblitz beiseite, erwischte sich aber dennoch im selben Moment dabei, wie er eines der Bücher aus den Regalen nahm und es an einer zufälligen Seite aufschlug um darin zu lesen. Natürlich machte es keinen Sinn, aber wenn Chezmoi hier irgendwo war und er sich ihm nähern wollte, dann musste er sich dazu zwingen den Pfad des rationalen zu verlassen. Nur so war es ihm in der Vergangenheit gelungen den abstrusen Pfaden seines Freundes zu folgen. Also las er.

Nur Sekundenbruchteile später hörte er Strays Ausruf und sein Kopf ruckte wieder hoch um einen Blick auf die geisterhafte Erscheinung des kleinen Mädchens zu sein. Da war sie wieder, die kalte Taubheit der Angst, wie ein alter Bekannter der einfach ins Wohnzimmer spazierte und sich wie selbstverständlich auf das Sofa lümmelte, kam sie ganz unumwunden daher und machte sich Lurkers Magengrube breit.
Glücklicherweise stürzten sich die Anderen bereits auf das Gespenst, so dass der Nosferatu sich mit dem Rücken an ein Regal pressen und einfach nur abwarten konnte. Seine Tochter hatte es seiner Meinung nach auf den Punkt gebracht. Nur weg von dem schrecklichem Ding.
Dummerweise würde 'weg von dem Ding' keine Option sein. Weder hier und jetzt, noch in Zukunft. Er würde sich wohl kaum weiter mit derartigen Dingen beschäftigen können und dabei hoffen nichts gruseliges zu Gesicht zu bekommen. Leider war der Verborgene lediglich mit dem Mut der Verzweiflung gesegnet. Es würde also dauern bis er sich an diesen Mist hier gewöhnt hatte.

Da er gerade in seinem Kopf nur genug Platz war für einen Fluchtgedanken und den Versuch des Nosferatu ihm nicht nachzugeben würde er auch Enio zunächst nicht antworten.
 
Klar. Ignorieren klappt bei sowas ganz super. Manche Dinge lassen sich nicht ignorieren. Und wenn du es versuchst, tun sie so als ob es klappen würden, bis sie dich dann wenn du es am wenigsten gebrauchen kannst in den Hintern beissen. Und bei anderen - wie Libby - ist der Versuch von vornherein zum scheitern verurteilt. Meyye erkennt ihre Stimme als sie ihnen singend entgegenkommt... und dann auch ihre sichtbare Gestalt.

Es gibt ja wenig, vor dem Meyye zugeben würde dass sie... beunruhigt ist... vielleicht. Libby ist auf jeden Fall vorne mit dabei. Gerade weil sie so bemitleidenswert aussieht und sich auch bisweilen so verhält... so wie jetzt. Einsam, unverstanden, tot... in einem Zustand den niemand mehr ändern kann und den sie womöglich bis in alle Ewigkeit beibehalten muss. An wen erinnert uns das?

Meyyes Meinung nach gibt es nur drei Arten von Vampiren, die gern Vampire sind: Vollidioten, Arschlöcher und beides zusammen. Leute die alles was sie früher waren tief in sich vergraben, so tief dass sie es vergessen, und all die Dinge die sie um sich herum aufgebaut haben um sich davon abzulenken was sie geworden sind jetzt für die wirklich wichtigen Dinge im Unleben halten. Leute die sich selbst davon überzeugt haben, für kewl powerz lohnt es sich, eine blutgierige Bestie geworden zu sein. Leute die sich hineinsteigern in ihren Wahn, das was sie waren völlig hinter sich gelassen zu haben. Für sie alle hat Meyye nur Verachtung übrig.

Libby hält ihnen einen Spiegel vor, und die meisten erkennen nichtmal, dass sie im Grunde mit ihrem Spiegelbild interagieren. Die Reaktionen der anderen sprechen Bände. Sie betrachtet das Geistermädchen stumm wie sie zwischen Selbstmitleid und Verzweiflung schwankt und zwischendurch Infos fallenlässt. Sie tritt vor und sieht sie an.
"Du singst schön." sagt sie. Vor allem Enio könnte sich fragen ob er was an den Ohren hat... er dürfte inzwischen zu dem Schluss gekommen sein, dass Meyye nur sarkastisch, wütend oder (wenn sie gut drauf ist) ironisch kann. Sie lächelt ein wenig schief. "Das Problem is.. ich weiß wir sagen das immer, aber es is wirklich wichtig. Es geht um's Bild. Ich glaub du weisst schon, welches. Es sin' schon... wirklich viele Menschen deswegen gestorben, und damit das aufhört, brauchen wir das Bild. Was mit uns passiert is da nich so wichtig, wir halten schon was aus. Isses oben?"
 
Aus dem Buch, das Lurker las:

Was suchst du hier im ersten Heiligtume,
Du leichtbeschwingter Gast,
Der du vom Schmaus im Kelch der Sommerblume
Dich her verirret hast?

Erschütternd bebt durch deine luftgen Glieder
Der Orgel Donnerklang,
Wie trunken schwebst du gaukelnd auf und nieder,
Das Kirchenschiff entlang.

Die müde Schwinge sucht umsonst die Stätte,
Darauf sie ruhen soll,
Den Rosenkelch, der draußen ihr zum Bette
So weich entgegenschwoll.

Jetzt seh ich deine Flügel niederzittern,
Getäuscht vom Blumenknauf
An des Altars vergoldeten Gegittern,
Jetzt schwebst du wieder auf.

Nun lockt der Strauß an jenes Mädchens Mieder
Dich an als Ruheport,
Doch sieh! er wallt am Busen auf und nieder,
Verschüchtert eilst du fort.

Du Kind der Luft mit deinen Heimwehschmerzen
Mahnst mich an manchen Gast,
Der hier halb Kinderspiel, halb Gott im Herzen,
Im Kirchenstuhl hältst Rast;

Manch junges Herz, das unterm bunten Kleide
Sich ungeduldig dehnt
Und nach der Sonntagsluft in Feld und Heide
Verstohlen klopfend sehnt.

Doch wirst du mir noch höhern Flugs Exempel:
So heimwehkrank wie du
Sehnt Psyche oft aus diesem Erdentempel
Sich einem höhern zu;

Aus unsrer Kirchenhallen dumpfer Enge
Zum heitern Himmelssaal,
Vom düstern Klang der irdischen Gesänge
Zum großen Weltchoral. –
Zum großen Brandgeflämme

Sieh da, sie da! dort steht ein Fenster offen
Im sonnenhellen Chor;
Glück auf, Glück auf! nun ist der Weg getroffen
Ins Himmelblau empor.

Fahr wohl! schon seh ich draußen dich verschweben
Im großen Tempelraum,
Da lebe aus dein selig Blumenleben,
Den bunten Frühlingstraum. –

So wird mir sein, wenn meiner Erdenklause
Verschlossne Pforte springt
Und sich der Geist vom untern Gotteshause
Zum obern Tempel schwingt.

Karl Gerok, 1864

**********

Libbi wandte sich von dem unfreundlichen Mann ab und der schwarzen Frau zu. Sie hörte es gerne, wenn man sie lobte, denn das geschah viel zu selten. Ein glückliches Lächeln trat auf das Gesicht des Mädchens, dass jedoch in dem Augenblick wieder erstarb als Meyye das Gespräch auf das Bild brachte.

Libbi antwortete nicht, doch sie nickte schüchtern während ihr dicke Tränen die Wangen hinabrollten.

"Nicht hochgegen!", schluchzte sie voll innerster Verzweifelung.
Dann begann ihre Erscheinung zu flackern, eine Sekunde später war Libbi nicht mehr da.

Irgendwo im Hintergrund hörte man sie leises weinen...
 
Wieso diskutieren wir mit der Kleinen?
Sie wird uns nichts sagen, wenn sie das wollte hätte sie es schon viel früher getan...

Ohne großes Zögern trat Jenny neben Enio als sich dieser von dem Geistermädchen abwandte. Sie brandte darauf, sich diesem Mottek zu stellen und ihm den Arsch aufzureißen. Sie hatte schon viel zu lange nicht mehr gekämpft und würde eine kleine Keilerei sehr zu schätzen wissen. Sie war von den Besten der Besten umgeben, Vampire die es bereits mit haushohen Plagen, muskelbepackten Werwölfen und mordlustigen Dämonen aufgenommen hatten. Wenn diese Bande hier nicht gegen Mottel bestehen konnte, würde es niemandem gelingen. Davon war sie überzeugt.

Tief hinten in ihrem Hirn aber flüsterte eine Stimme, dass Geister vielleicht nicht mit bloßen Händen besiegt werden konnten. Was war, wenn Mottek so war wie Libbi? Wenn man ihn weder greifen noch verletzen konnte?

Gib's zu Kleine, du hast keinen Schimmer...

"Können wir hoch?"

Jenny musste sich bewegen, aktiv bleiben.
Warten führte nur zu Unschlüssigkeit und unliebsamen Gedanken....
 
"Denke ich auch, Schatz klingt nach einem Ansatz und schwarzer Mann, vielleicht nach dem anderen Wesen", meinte Kiera dann in Enios Richtung, aber auch die anderen hatten es hören können.
"Wenn dieser Mottek ein echter Geist ist, könnte ich versuchen ihn einzusperren."

Sie hatte genau aus dem Grund ein Beutelchen mit geweihtem schwarzen Salz in der Tasche. Es war zwar nicht wie ein Schutzkreis der Tremere, aber es würde den schon was hemmen. Vielleicht hätte es auch Mina gehemmt, aber ein Bad und Salz war nunmal nicht kompatible gewesen.
 
Irgendwie war es ja doch gruselig wenn Libby sang. Enio hörte tatsächlich jedesmal zu… auch wenn er es sich nie anmerken lassen würde. Aber er wurde natürlich trotzdem aus ihrem Singsan nicht schlau. Letztendlich war der Brujah froh als das Gespenst dann irgendwann das Weite suchte. Er ging davon aus, daß sie ihr nicht das letzte Mal begegnet waren. Irgendetwas hatte es mit diesem Geistermädchen auf sich aber Enio war noch keinem begegnet, der ihm sagen konnte was und er ging nicht davon aus, daß er jemals von selbst darauf kommen würde. Wieder erinnerte sich der Italiener an seinen Alptraum. Plötzlich war Jenny neben ihm. Das war merkwürdigerweise beruhigend. Trügerisch!

„Ja… sieht so aus.“ Es war nicht wirklich klar wem Enio geantwortet hatte. Vielleicht hatt er ja sogar angefangen mit sich selbst zu sprechen. Aber dann kam doch noch etwas zielgerichtetes aus Enios Mund und er wandte sich deutlich an Kiera. „Was meinst du mit anderes Wesen? Von wievielen… Wesen weiß man denn überhaupt hier in der Bibliothek. Gesichert?“ Der schwarze Mann konnte alles mögliche bedeuten aber keine Interpretation davon war wirklich beruhigend.

Ohne die Antwort abzuwarten setzte sich der Italiener Richtung Treppenaufgang in Bewegung. Ja es würde nach oben gehen… aber Enio vermutete stark, daß es damit auch irgendwie abwärts ging. Der Brujah war unsicher und er überlies gerne der Mambo den Vortritt. Er war vielleicht ein klein wenig erfahrener als Jenny aber ein bißchen mehr als keinen blassen Schimmer zu haben war manchmal halt doch nur genausoviel Wert als keinen blassen Schimmer.
 
Der Duke hielt sich dezent im Hintergrund. Hier war die Creme von Finstertal aufmarschiert und eben er.

Im Haus hatte er sich kurz nach rechts begeben um den Inhalt seines Köfferchen zu aktivieren. Dann war ihm aber eingefallen, dass ihm irgendjemand erklärt hatte, dass egal wie groß die Wumme war die nix gegen Geister war. Er klappte ihn also wieder zu.

Wer war das bloß noch?

In Gedanken bekam er nicht so viel mit.

Mist, wer denn nun?

Der Ausruf von Jenny ließ ihn hochfahren und er bemerkte die Erscheinung Libby. Er lauschte, im Hintergrund stehend ihrer Geschichte.

Und, …. Eine blutige Träne rollte dem Riesen die Wange nach unten. Sie tat ihm leid, er wollte helfen, aber er konnte nicht.

Schnell wischte er sie weg. Die kleine Schwäche sollte niemand sehen. Niemand. Nicht Jenny, seine Jenny. Er war der Starke, der sie beschützen musste. Nicht Enio. Brujahs weinen nicht! Nicht diese Kiera oder die Schwarze. Man hatte einen Ruf zu verlieren.

Er war sich sicher dass es niemand bemerkt hatte. Niemand ausser, …. Dieser Lurker! Mist ausgerechnet der. Der Duke war sich sicher, dass die Ratte ihm die Szene irgendwann aufs Brötchen schmieren würde! Ganz Gewiss. Vielleicht würde er es auch Jenny erzählen.

Wut auf den Verborgenen kochte hoch und auf sich selber, auf die Hilflosigkeit. Zähne knirschten laut und brachen mit einem lauten Knall.

Fuck, ….

Er spuckte die Reste von Backenzähnen aus. Die würden schon morgen wieder da sein. Bestimmt!

„Na dann los! Verdammt, gehen wir hoch und reissen dem lieben Onkel den Arsch auf!“

Damit stapfte er los. An allen vorbei, die Treppen hoch.Dort würe ihn ggf. nur Enio aufhalten, der sich ja auch in Bewegung gesetzt hatte.
 
Du wirst nicht vor mir oben sein, du spinnst wohl?

Kaum war Duke an ihr vorbei, ging auch die Caitiff einen Schritt schneller.
Sie wusste schon, warum sie den Brujah so gern hatte. Er war ein Mann der Tat und handelte anstatt zu quatschen.

Grinsend blickte sie zu Enio.
"Komm Pilger! Der Letzte ist ein feiges Huhn!"

Lachend rannte sie hoch ins Obergeschoss.
 
Kiera wollte gerade an Enio vorbeigehen, wie er es ihr angezeigt hatte, um sich dann oben erstmal umzusehen, auch mit erweiterten Sinnen und der Arkanen Sicht, als der Duke und Jenny an ihr vorbeistürmten wie 2 kleine Kinder die in einem fremden Haus fangen spielten, aber vielleicht taten sie es auch nur, um sich die Angst nicht anmerken zu lassen oder diese zu verdrängen.

Nur mit einem geistesgegenwärtigen Sprung zur Seite konnte sie sich in Sicherheit bringen und sah dann nach Meyye, ob die Schwarze nicht vielleicht auch mitspielen wollte.

Wenn nicht, würde sie die Treppe hochgehen, wenn doch, würde sie die Gangrel natürlich auch vor lassen. Seelensträrke war zwar was feines, aber man musste sich trotzdem nicht von der eigenen Truppe umrennen lassen und auf Death in friendly fire war sie auch nicht aus.

Dazu die Frage nach den Wesenheiten zu beantworten, war sie auch noch nicht gekommen.
 
Enio hielt niemand auf. Er lies sich aber auch nicht dazu hinreißen ebenfalls nach oben zu stürmen um sich dem mutmaßlichen Grauen entgegenzustellen. Was auch immer Jenny und Duke für eine Motivation hatten... Enio war es egal. Er ging einfach davon aus, daß sie im schlimmsten Fall eine kleine Abreibung bekommen würden ehe die Erwachsene sich dem Problem widmen konnten. Hier gab es doch nur Geister. Was konnten die schon groß anrichten?
Der Brujah wußte es aber leider besser und war gewarnt. Er hatte nicht viel Ahnung von der Sache aber er ar zumindest soweit um das Ganze nicht zu unterschätzen. Letztendlich lag ihm etwas daran Kieras Einschätzung und ihr Vorgehen zu unterstützen. Sie war für ihn die Fachfrau in diesem Gebiet und daher gab er etwas auf ihr Wort. Wenn sich Duke und Jenny so benehmen würden, daß es Kiera störte oder ihren Handlungen entgegenwirkte, dann war der Turiner bereit einzuschreiten. Ansonsten... sollten sie doch ein bißchen spielen.

Der Brujah-Ahn gestikulierte leicht resignierend mit den Armen um zu verdeutlichen, daß er es ebenfalls leicht überzogen und kindlich fand wie die beiden sich offenbar motivieren mußten. Dann folgte er ihnen und blieb mit Kiera dicht bei den anderen. Onkel Mottek Arschloch konnte sich schon mal warm anziehen.
 
Kiera ging dann jedenfalls die Treppe hoch, nicht rennend, aber auch nicht zu langsam, wer immer oben war, der würde erst einmal von Duke und Jenny abgelenkt sein.

Dann oben angekommen schaute sie sich um, so denn es auch nur ein wenig Licht gab, das es ihr erlaubte alles gut zu erkennen. War sie denn in der Truppe wirklich die einzige, die mit verbesserten Sinnen ausgestattet war.

"Na, es gibt hier jede Menge Plagen, das weiss ich, einen Diab und was sonst noch, darfst du mich nicht fragen, Onkel Mottek, klingt nach einem Namen, den ein Kind jemandem gibt, den es nicht versteht und irgendwo sollte auch noch der verdammte Gargyl sein", flüsterte sie Enio zu, aber es war immer noch so laut, dass es auch Lurker hören konnte.
 
Im oberen Geschoss war es so dunkel wie im restlichen Haus.
Über die Treppe gelangte man zu einem langen Flur, der sich L-Förmig vor der Gruppe erstreckte. Der Teil der einsehbar war, wies drei Türen auf. Alle standen offen. Man erkannte einen leeren Wandschrank und zwei mehr oder weniger ausgeräumte Zimmer. Alles in allem ein trostloses Bild, von vergilbten Tapeten, abgewetzten Teppichen und einer durch den Zahn der Zeit sorgsam verteilten Staubschicht.

Bedrohungen waren keine zu entdecken.
Das gesamte Haus lag still und friedlich in der Nacht.
 
Ach ja… jede Menge Plagen gab es ja auch noch. Es war schwierig sich mit Dinge zu befassen und sie ständig klar und deutlich im Fokus zu haben, die man aber überhaupt nicht sah und wahrnehmen konnte. Zumindest wenn sie nicht durch ein gigantisches Portal versuchten auf diese Seite des Sein zu gelangen. Was wiederum etwas war, daß sie ja in der jüngsten Vergangenheit durchaus in Finstertal versucht hatten. Enio erinnerte sich wieder an die Kenntnisse, die er erworben hatte und wurde sich bewußt, daß Orte wie dieser durchaus generell Plagen anzog und sie nicht unbedingt mit ihrem Auftrag oder dem was Libby gesagt hatte zu tun haben mußten.

„Diab? War das der Voodoo-Dämon? Könnte es sein, daß Libby damit den Schwarzen Mann gemeint haben könnte? Während er sprach leuchtete Enio mit der Lampe in die verschiedenen Räume und Ecken des Gebäudes. Es wirkte in diesem Geschoss etwas entäuschend. Langeweile war zwar prinzipiell etwas Gutes in Enios Welt aber nicht wenn man auf der Suche nach etwas war und speziell irgendwo hingegangen war um etwas zu finden. Man hatte fast das Gefühl „Hallo“ rufen zu müssen um auf sich aufmerksam zu machen. Selbstverständlich machte Enio das nicht… er würde abwarten bis dem Duke oder Jenny die Geduld ausging und sie die Aufmerksamkeit auf sich ziehen würden. Es konnte unmöglich lange dauern.

Bis dahin sah sich Enio geduldig und aufmerksam um. Jede Tür wurde geöffnet und der Wandschrank wurde auch inspiziert. Ein leeres und unspektakuläres Obergeschoss war nicht das was der Brujah erwartet hatte. Es gab aber natürich die Möglichkeit das Libby sie schlicht und ergreifend verarscht hatte und auf eine falsche Fährte gesetzt hatte. Enio brachte dem Gespenst wenig Symphatie entgegen und ging davon aus, daß sie keine Motivation hatte ihnen irgendwie behilflich zu sein. Im Gegenteil… vielleicht war sie ja das Monster das sie suchten. Der Brujah lies sich diese Möglichkeit offen.
 
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