Rollenspieltheorie Warum Würfeldrehen mMn schlimmer als ein falscher Mulligan ist.

War das fair gegenüber dem anderen Spieler, der im Rahmen der Regeln seine Möglichkeiten recht gut ausgeschöpft hat?
Es kommt aufs System an. Im Shadowrun bei meinem Lieblings-Shadowrun-SL hätte das nicht funktioniert und der wäre heldenhaft untergegangen. Aber derselbe SL hat auch 7th Sea geleitet und da ist das ein vollkommen legitimes Verhalten.
(Lies: in einem Cineastisches Setting/System ist es durchaus legitim, ein vineastisches verhalten durch Spielleiterboni zu unterstützen. In einem eher ernsten System sollte man das unterlassen, auch wenn die Aktionen als cool gelten)
 
Ich will mal gar nicht damit anfangen, daß der Vergleich am Anfang meiner Meinung nach stark hinkt, aber nur um mal meinen Senf dazuzugeben:
Es ist ein kreatives Rollenspiel, Leute, da ist immer Willkür dabei, offen oder maskiert, völlig egal. Insofern seh ich nicht, wieso das Wort hier so bösartig konnotiert wird.
 
Bei Kampfwürfen sollten allerdings tatsächlich die Spieler würfeln. Da wollt ich mir auch nix nehmen lassen. Aber wenn du drehst und der Spieler den Reflex-Save beim Feuerball verhauen hat, dann ist es doch wieder in deiner Entscheidung, ob du ihn wirklich sterben lässt.
Ja, aber nehmen wir mal an, es wäre ein Disintegrate und kein Feuerball. Was dann? (Okay, Save or Die halte ich selbst aus vielen Gründen für Mist, aber ähnliche Situationen gibt es oft.)

Abgesehen davon: Selbst wenn der Schaden ausgewürfelt wird, zwingt mich dieses Verfahren im Grunde dazu, jeden Schadenswurf geheim durchzuführen. Denn wenn ich nur bei drohendem Charakterexitus sage "Oh, ich glaube, ich würfle diesmal hinter dem Schirm", dann kann ich auch gleich offen sagen, dass ich den Schaden ggf. auf "knapp überlebt" reduziere.
 
Was man bei D&D auch durchaus mal machen kann, immerhin kann man da Charaktere durchheizen wie nix, wenn mans drauf anlegt. Beschiss hin oder her, bei drei oder vier Charakteren pro Sitzung gehen zumindest mir irgendwann mal die Ideen aus, oder die Charaktere verflachen, weil cih sie ja eh nur zwei Stunden spiele. Hängt aber sehr viel am System und an der SL, da sind generelle Aussagen schwierig.
 
Ich würfele seit Jahren offen, 3 oder 4 Charaktere pro Sitzung gab es nie. Vielleicht im Jahr. Wo kommen diese seltsamen Annahmen her?

Wenn man weiß, dass offen gewürfelt wird, macht man halt nicht ständig Mist, sondern überlegt sich kreative, ressourcenschonende Wege den Gegner / das Hindernis zu überwinden. Halt mal nicht Augen zu und durch, der SL schickt schon seine Deux Ex Machina ...
 
Keine seltsamen Annahmen, seltsamer D&D SL schimpft sich das. 3 bis 4 war zu Spitzenzeiten und wir waren Anfänger, zugegeben, aber 1-2 waren die Regel.
Es ging ja auch nicht darum, was allgemein so abgeht, sondern was bei geneigtem System und geneigtem SL möglich ist, und D&D eignet sich ja recht gut zum SC wegputzen, die sind ja ratzfatz weg.
 
mmh, man müsste sich mal vor Augen führen, warum überhaupt im Konsens (!) gedreht wird." in D&D kann man ja schnell sterben, da würde ich schon mal drehen" kling für mich wie "zu hause werde ich immer geschlagen, aber ich komme einfach nicht los von ihm/ihr. Aber manchmal mische ich Beruhigungsmittel unter das Essen"

Also mir ist kein Dreher bekannt, der das gerne macht, sondern immer, um einen Missstand zu beheben. Warum man sich das System dann überhaupt antut (schon mal dran gedacht, das man z.b. in D&D vielleicht schnell sterben SOLL?) - aus Abhängigkeit, Faulheit, Unkenntnis - ist im Grunde zweitrangig, es zählt ja nur, dass man alles versucht, um das Erlebnis so hinzubiegen, wie man es sich vorstellt ohne das System zu wechseln. Wer würde wirklich sagen "ein RPG, das ohne Drehen funktioniert würde ich nicht spielen", ergibt ja gar keinen Sinn.

Das zur Intention. Dann zur Willkür des Drehens. Das Drehen ein Bugfix ist, haben wir ja jetzt gelernt. Auch, das aufgrund der Darstellungskomplexität im Grunde jedes gedruckte RPG System unfunkional ist, hatte ich im anderen Thread schon geschrieben. Was ist jetzt, wenn man wirklich nicht dreht? Dann sind die Fehler ja trotzdem im System.
Dann hat man nur die Möglichkeit, ein bescheuertes Spierlerlebnis zu erzeugen (Stichwort: Blauwal vor der Höhle) oder die Fehler willkürlich an anderer Stelle zu beheben. Das kann durch Interpretieren von Ergebnissen geschehen, das variable Bewerten von Charakterwerten und was sie eigentlich bedeuten oder auch einfach mal durch Aussetzen eines Würfelwurfes (das geschieht durch die ungenaue Formulierung und Anwendung von RPG Regeln ohnehin von ganz alleine).

Weil ich mal behaupte, dass niemand gerne bescheuerte Abenteuer spielt, man aber auch nicht die Möglichkeit hat, zu einem funktionierenden System zu wechseln, sind wir also alle genötigt, unsere RPG Regeln durch die ein odert andere Weise willkürlich nachzukorrigieren. Drehen ist da nur eine von vielen Optionen.
 
Die meisten Regelbücher die ich kenne sagen 'Wenn euch eine Regel nicht paßt, ignoriert oder ändert sie'. Also machen ich und die Leute, mit denen ich spiele das. Punkt. Regeln sind sowas wie ein Gerüst für mich. Es hilft, den Job zu erledigen, danach wird es abgebaut aber die geleistete Arbeit bleibt und ist auch eigentlich das was zählt. Also für mich.

Zur Willkür: Siehe oben.
 
mmh, man müsste sich mal vor Augen führen, warum überhaupt im Konsens (!) gedreht wird." in D&D kann man ja schnell sterben, da würde ich schon mal drehen" kling für mich wie "zu hause werde ich immer geschlagen, aber ich komme einfach nicht los von ihm/ihr. Aber manchmal mische ich Beruhigungsmittel unter das Essen"
Ist die Benutzung grotesker und unangemessener Vergleiche hier eigentlich Pflicht? Eine Forenregel, von der ich nichts mitbekommen habe? o_O
 
ich bin nicht für die Erkenntnis anderer zuständig, ich bin nur da, um zu helfen. Und Verdeutlichung in Extremen dient i.d.R. dazu, dass eine Sachlage auch der allerletzte Ottonormaluser verstehen kann.Wenn er denn will.

@krause

dann habt ihr ja zumindest erkannt, wieso es notwendig ist, die Regeln willkürlich nachzukorrigieren. Ich meine, Würfel drehen ist ja nur eines von vielen Symptomen, als Prozess an sich für die Disskussion aber m.E. völlig uninteressant. Die vielen Leute, die sich darüber aufregen, haben ja meist nur noch nicht erkannt, dass sie sowieso nur mit einem Gerüst spielen, ob da jetzt die goldene Regel als Floskel drinsteht oder nicht.

Man könnte natürlich argumentiertern, das Drehen "mehr willkürlicher" ist, als z.b. Regelauslegung, weil dort eine Entscheidung nachträglich - also nach dem Wurf - geändert wird, aber es ist ja gar nicht so klar, wann dieses "nachträglich" überhaupt anfängt. Ein SL der Sätze sagt wie "ja gut, in DIESER Situation passt der Skill diplomacy vielleicht nicht so gut", der hat ja bereits nach der Spielerakion eine Änderung herbeigeführt. Denn der und vielleicht sogar schwammig das Regelsystem, haben vielleicht auf Diplomacy abgezielt.
 
"Sittliche Grundhaltung", würde Pyromancer da als Erklärung entgegen - und hätte der unredlichen Wortwahl zum Trotz damit recht.
 
Jo, wenn eine Regel unpassend ist, dann korrigiert man sie im Nachhinein (oder gar vorher, wenn es einem auffällt).

Wenn einem denn ein Blauwal vor die Füße fällt, beißt man halt in den sauren Apfel, könnte ja interesanter sein, als es sich anhört ... Ehrlich gesagt, klingt es auch so interessanter, als "1 Ork/SC, die sofort angreifen" ...

Die Frage ist nur - hat es irgendwas mit Würfeldrehen zu tun?
 
Was der Blauwal mit Würfeldrehen zu tun hat, habe ich ja oben erläutert. Wann eine Spielrunde die rote Grenze zieht, ab der etwas "bescheuert" ist, ist ja wieder völlig uninterssant für die Sachlage. Dann dreht eine Spielrunde den Wal weg, die andere nicht, Tatsache ist ja nur, das jedes RPG an irgeneiner Stelle auseinander fallen kann.

germerkt, wie ich den Blauwal mit dem Drehen in einem Prozess genannt hab? Denn es ist gleich,ob das Regelbiegen durch Drehen oder sonstwas passiert oder aus welchem Grund, der Kernpunkt der Sache ist Willkür. Vermutlich hätte niemand etwas gegen ein RPG, in dem man immer die regelseitigen Konsequenzen hinnehmen kann, man aber trotzdem genau das Ergebnis bekommt, das man sich für ein RPG vorstellt. Aber ich kann mir niemanden vorstellen, der dann noch Drehen würde. Ergo ist ein klar strukturiertes RPG vorzuziehen, weil es ohne Willkür auskommt und damit weniger konfliktträchtig ist (und taktischer für alle, die gerne Herausforderung mögen). Aber genau da sind die Dreher halt im Vorteil, denn so eines steht noch aus und sie bekommen bereits dier Ergebnisse, die sie sich vorstellen.
 
Die Frage ist nur - hat es irgendwas mit Würfeldrehen zu tun?

Ja sicher. Hier der Zusammenhang:

Offensichtlich gibt es ja verschiedene Präferenzen bezüglich der Eingriffe des SL in Entwicklungsoptionen des weiteren Spiels. Im einen Extrem haben wir den SL als vollkommen neutralen Simulator der Spielwelt, der keine eigenen Motive haben darf und dessen einzige Daseinsberechtigung in einer in sich plausiblen Weltgestaltung liegt. Im anderen Extrem haben wir den DSA-Erzählonkel, dessen Spieler alternativlos durch einen bis in Kleinste vorbereiteten Plot geprügelt werden und an keiner Stelle aus dem fahrenden Zug springen können. Die meisten Gruppen dürften irgendwo dazwischen liegen.

Würfeldrehen ist nun eine Methode, mit der der SL die Entwicklungsoptionen des Spiels künstlich beschneidet. Je mehr Würfeldrehen in einer Runde stattfindet, desto mehr verschiebt sich die Gruppe auf der Skala hin zum DSA-Erzählonkel. Der entscheidende Punkt aber ist ein anderer. Offensichtlich gibt es diverse schlaue Leute mit sehr viel Rollenspielerfahrung, die keine Lust haben auf den "SL als vollkommen neutralen Simulator der Spielwelt, der keine eigenen Motive haben darf und dessen einzige Daseinsberechtigung in einer in sich plausiblen Weltgestaltung liegt". Die entscheidende Frage lautet: Wenn es denn, wie viele Leute hier behaupten, einen in sich überlegenen Spielstil ohne Betrug/Beschiss/Willkür/Kriminalität und diverse andere unschöne Dinge gibt, weshalb spielen dann nicht alle so? Die Antwort dazu: es gibt Nebenwirkungen. Es ist NICHT so, dass ein Spielstil per se besser ist als ein anderer - auch wenn diverse Leute das noch so laut herumkrakeelen. Es wird weder durch Lautstärke noch durch Penetranz wahr, dass es einen überlegenen Rollenspielstil gibt. Wer das dennoch behauptet, agiert entweder politisch oder ist ein intolerantes Arschloch.

Welche Nachteile hat also der SL als vollkommen neutraler Simulator der Spielwelt, der keine eigenen Motive haben darf und dessen einzige Daseinsberechtigung in einer in sich plausiblen Weltgestaltung liegt? Dazu hab ich schon so viel geschrieben, dass mir bald die Finger abfallen. Aber es ist SEHR viel, was bei dieser Form des Spiels potentiell nicht sonderlich gut funktioniert. Leerlauf, Langeweile, Orientierungslosigkeit, schlechtes Charakterspiel, zu hohes Abstraktionsniveau, als beknackt empfundene Dramatik und vieles mehr. Dafür steht der Wal vor der Höhle etwas überspitzt: eine bescheuerte Zufallstabelle hat zu logischen Inkonsistenzen geführt.

Selbstverständlich hat auch das andere Extrem des Hardcore-DSA-Erzählonkels seine negativen Sekundäreffekte. Aber die werden ja in den diversen Threads zur Genüge thematisiert.

Ich werde zu dem Themenkomplex bald mal einen zusammenhägenden Text verfassen.
 
@wellentänzer: nein, das ist leider nicht der Zusammenhang, von dem ich sprach. Das hat nichts mit dem Krieg Sim vs. Story zu tun, denn wie bereits gesagt, sind die Ziele/Gründe des Drehens uninteressant, interessant ist der Auslöser und das jedert (also auch der Sim Spieler) es tut.Denn dann ist man auf dem besten Weg, auf das Drehen verzichten zu können. Aber Nachkorrigieren ist selbstredend bequemer. Taktischen Spielern bleibt die Option des Nachkorrigierens leider nicht, allerdings bleibt ihnern auch keine Alternative.


@Wulfhelm: wenn du einen Punkt nicht verstehst, musst du einfach nachfragen. Vielleicht machen sich dann ein paar User lustig, aber ich finde es weniger peinlich, als zu versuchen, davon abzulenken. Weisst du denn, was der Begriff Willkür bedeutet, ich meine ausserhalb des RPGs? Ansonsten bringt dich die Diskussion natürlich nicht weiter.
 
@Wulfhelm: wenn du einen Punkt nicht verstehst, musst du einfach nachfragen.
Nein, echt nicht. Der Begriff "Willkür" wird in der Anzahl der sinn- und ergebnislosen Begriffsdiskussionen, die ich auf deutschsprachigen Rollenspielforen miterleben durfte, nur noch durch den Begriff "Railroading" übertroffen. Der kleine humorige Filmausschnittt diente denn auch keineswegs als Einladung dazu, diese Diskussion zum x-ten Male zu wiederholen, sondern nur als dezenter Hinweis darauf, dass Du wenig gewinnst, wenn Du mit diesem Begriff um Dich wirfst, als ob er eine feste Größe wäre.

P.S.: Weiter bringt das übrigens ohnehin niemanden. Unter welchen Bedingungen Würfeldrehen okay ist, wurde schon vor etlichen Seiten im Vorgängerthread zur Zufriedenheit jedes vernünftigen Menschen geklärt. Irgendwelche kunstvollen Wer-A-sagt-muss-auch-B-sagen-Versuche, die im Übrigen auch bei Railroading-Diskussionen aus unerfindlichen Gründen unheimlich beliebt sind, bringen nichts außer Verdruss.
P.P.S.: Kommen wir doch lieber wieder auf Möglichkeiten der praktischen Anwendung am Spieltisch zurück, davon haben alle mehr. Ich werfe noch mal etwas in den Raum: Spielleiter-Gummipunkte. Erfahrungen? Meinungen? Probleme?
 
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