Rollenspieltheorie Warum ich "Auf ein Wort..." garnicht so schlimm finde.

AW: Warum ich "Auf ein Wort..." garnicht so schlimm finde.

Damals, als wir 12-16 Jahre alt waren, ..., war "Auf ein Wort..." ein Hinweis darauf, dass es auch anders geht.
Besser. :D
Besser in wie weit?

Welche der Tips, der Empfehlungen aus "Auf ein Wort..." habt ihr in Eurer Runde angewandt?
Mal ein wenig provokant gefragt: Die "Keine witzigen Sprüche machen"-Empfehlung? Die "Helden als HELDEN spielen"-Empfehlung? Die "Jeder NSC erzählt einem die Lebensgeschichte"-Empfehlung? - Oder was habt Ihr für Euch aus dem Text herausgezogen?

Was an den Empfehlungen aus "Auf ein Wort..." hat Euer Spiel wie beeinflußt?
 
AW: Warum ich "Auf ein Wort..." garnicht so schlimm finde.

gerade solche widerlichen regelfuchsereien wie "ich will aber ein krokodil abrichten, ich hab abrichten 17" sind in unserer runde seit dem text nicht mehr vorgekommen, da endlich die lächerlichkeit solcher aktionen auch elenden powergamern gezeigt wurde, und das von den leuten die die regeln schrieben.
 
AW: Warum ich "Auf ein Wort..." garnicht so schlimm finde.

widerlichen regelfuchsereien ... die lächerlichkeit solcher aktionen ... elenden powergamern
Hier bin ich neugierig: Habt ihr VOR Kenntnis des "Auf ein Wort..."-Textes solche Regelanwendungswünsche wie die im dortigen (absichtsvoll schlechten) Beispiel dann auch anderweitig in Eurer Runde gehabt?

Und wurden sie von den dortigen Spielenden auch schon VOR Kenntnis des Textes als "widerliche Regelfuchsereien" empfunden?

Fand man solche Anwendungen von Fertigkeiten auch schon VOR Kenntnis des Textes als "lächerlich"?

Und hattet Ihr schon VOR Kenntnis des "Auf ein Wort..."-Textes von "elenden Powergamern" gesprochen? - Das würde mich BESONDERS interessieren, da ja im Text von Kiesow und Co. nicht im Geringsten das Powergaming in irgendeiner Weise angegriffen oder gar negativ dargestellt wird, sondern eher im Gegenteil: Er fordert ja explizit dazu auf, daß man Helden auch gefälligst als HELDEN spielen soll, was natürlich nur geht, wenn HELDEN auch etwas HELDENMÄßIGES drauf haben. Wer kleine Brötchen backt, der ist halt nur ein "held" und kein Held und schon gleich garkein HELD. In "Auf ein Wort..." ist mir das "Feindbild Powergamer" überhaupt nicht aufgefallen.

Vielleicht verstehe ICH auch etwas anderes darunter, als IHR unter Powergamer versteht? - Was ist denn für EUCH ein Powergamer? Und warum ist er dann "elend"?
 
AW: Warum ich "Auf ein Wort..." garnicht so schlimm finde.

huh es kann auch sein dass ich den text grad verwechsle.
gut, powergamer war vielleicht auch doof ausgedrückt.
mir ging es speziell um punktklaubende regelfanatiker, denen der ablauf des abenteuers egal ist, solange mit den eigenen spielwerten gehörig geprotzt werden kann. ja, sowas hatten wir tatsächlich in der runde. un der text sprach mir irgendwie aus der seele, daher hab ich ihm den mal vorgelesen. er fands witzig, hat gesagt wenns mich soo stört lässt ers halt. ist aber schon ne weile her. abgesehen davon: führst du ne studie über rollenspiele oder warum die neugier? :D
 
AW: Warum ich "Auf ein Wort..." garnicht so schlimm finde.

mir ging es speziell um punktklaubende regelfanatiker, denen der ablauf des abenteuers egal ist, solange mit den eigenen spielwerten gehörig geprotzt werden kann. ja, sowas hatten wir tatsächlich in der runde.
Kenne ich auch. Aus der überwiegenden Mehrheit der Rollenspiele, die ich so gespielt habe. - Das scheint jedoch EIN Weg von vielen zu sein, auf dem manche Leute IHREN Spaß aus dem Rollenspiel ziehen. Und es ist ein Weg, der von den Regelwerken unterstützt wird, und der auch eine gewisse Beschäftigung mit den Regeln und ihrer Anwendung ABSEITS vom eigentlichen Rollenspielabend (zur Optimierung des Charakters) erfordert. - Damit ist ein solcher Spieler INTENSIV mit dem jeweiligen Rollenspiel beschäftigt. (Im Heimcomputer-Umfeld würde man das als "Power-User" bezeichnen - OHNE jeglichen negativen Beigeschmack.)

Der STÖRENDE Effekt tritt meinem Eindruck nach allein dadurch auf, daß der Spieler KEIN INTERESSE an der GEMEINSAM GESPIELTEN GESCHICHTE, also am Ablauf des Szenarios, am Voranbringen der Geschichte, am eigeninitiativen Finden neuer Wege im Szenario hat. - Und das stört. Aber natürlich nur die Spieler, die FÜR SICH gefunden haben, daß IHR Spaß am Rollenspiel aus dem gemeinsamen Abenteuer Erleben, dem Erspielen einer gemeinsamen Geschichte besteht.

Das sind für mich BEIDES völlig legitime Weisen, mit denen jemand SEINEN ganz individuellen Spaß mit Rollenspielen haben kann.

Sie sind sogar nicht einmal zwingend inkompatibel. Aber es kann natürlich vorkommen, daß jeweils nur EIN Vertreter der einen Richtung in einer Gruppe aus lauter Spielern der anderen Richtung damit aneckt. Und daher kommt, so mein Eindruck, der "schlechte Ruf" der Charakter-Optimierer unter den Rollenspielern.

Es ist einfach eine Frage, ob sie in eine bestimmte Runde an Spielern passen oder nicht.

un der text sprach mir irgendwie aus der seele, daher hab ich ihm den mal vorgelesen. er fands witzig, hat gesagt wenns mich soo stört lässt ers halt.
Das ist doch nett. Er nahm Rücksicht auf Euren sonstigen Spielstil, eure Spielvorlieben. Und das, obwohl ER SELBST lieber mehr Wert auf Charakterwerte-Optimierungen gelegt hätte.
Mir kommt das so vor, als wenn der Text eigentlich nur der ANSTOSS dazu war, daß Ihr mal OFFEN über Eure Spielvorlieben miteinander geredet habt.

Könnte man das so sagen?

Trifft das in etwa zu, daß ihr den Text mehr als ein MITTEL zum Gesprächsanstoß verwandt habt?

(Falls ja, dann - so glaube ich - kommt so langsam etwas zumindest für mich Neues und - wie ich finde - Wichtiges im Zusammenhang mit "Auf ein Wort..." zur Sprache, das bislang in den Diskussionen nicht oder bestenfalls am Rande angesprochen wurde.)

. abgesehen davon: führst du ne studie über rollenspiele oder warum die neugier? :D
Ja. Ich "studiere" Rollenspiele seit 1979. :D
Und ja. Ich BIN neugierig.

Vor allem bin ich deswegen neugierig, weil der "Auf ein Wort..."-Text in so manchen Diskussionen in deutschen Rollenspielforen als ein "Werk des Bösen" dargestellt wird. Daher habe ich ihn mir im Eingangsbeitrag mal zu Gemüte geführt, geschaut, was ich davon für mich in Ordnung finde und was ich nicht so machen würde. - Mein Fazit war: Der Text ist garnicht so schlimm, wie manche immer tun.

Und da Du nun geschildert hast, daß der Text nicht nur "nicht so schlimm" ist, sondern Dir zu einem "besseren" Rollenspielerleben verholfen hat, da war ich natürlich sehr neugierig darauf, zu erfahren in welcher Weise er geholfen hat.
 
AW: Warum ich "Auf ein Wort..." garnicht so schlimm finde.

Könnte man das so sagen?

Jup.
Ich weiss nicht, warum man den text als böse bezeichnen soll, das soll jetzt aber auch keine frage sein, ich kanns ja selbst nachlesen (um ein im kreis posten zu verhindern). Ein anstoß ist dieser text auf jeden fall, da er ja klar satirisch gemeint ist. außerdem wird vorher darauf hingewiesen, dass dies bloß die "honest own opinion" der entwickler ist, also kein guide zum ultimativen "true" rollenspiel.
Sprich, mal kurz auf den punkt gebracht:
Ich stimme deiner meinung bezüglich des textes zu!
 
AW: Warum ich "Auf ein Wort..." garnicht so schlimm finde.

Ich stimme deiner meinung bezüglich des textes zu!
Meine Meinung zum Text-INHALT habe ich ja oben aufgeführt.

Meine Meinung zur WIRKUNG dieses Textinhaltes bilde ich mir gerade. - Und da war mir gerade Deine Schilderung ein Anstoß in einer für mich neuen Richtung mal weiter nachzudenken. - Mal sehen, was dabei herauskommt.
 
AW: Warum ich "Auf ein Wort..." garnicht so schlimm finde.

Besser in wie weit?

Welche der Tips, der Empfehlungen aus "Auf ein Wort..." habt ihr in Eurer Runde angewandt?

Besser dahingehend, dass wir mehr in die Welt eingetaucht sind. Die Tipps zur Trennung von Chara und Spieler waren Gold wert. Sie wurden weniger zu Werteansammlungen und mehr zu Personen in ihrem eigenen Umfeld, und infolgedessen auch die NSCs.


Mal ein wenig provokant gefragt: Die "Keine witzigen Sprüche machen"-Empfehlung?

Nope, die nicht. Die Sprüche sterben nicht aus, und ich glaube es hat auch weniger mit dem Text zu tun, dass wir irgendwann nur ein Gespür dafür entwickelten, wann sie doch zu unterbleiben haben, weil sie sonst die Szene ruinieren.

Die "Helden als HELDEN spielen"-Empfehlung?

Jein. Ich habe den Text damals (und auch heute) anders verstanden; als Aufforderung an einen SL, der seine SCs gern kleinhält und ihnen die Widrigkeiten der Welt vor Augen führen will, zu beachten wenn seine SCs HELDEN sind (in DSA: hochstufig). Dass eben auch die Umwelt und die NSCs ganz anders auf sie reagieren als auf irgendeinen dahergelaufen (niedrigstufigen) Niemand.
Der HELD selbst kann sich ja dennoch dem understatement und der Bescheidenheit befleissigen, wenn es seiner (vom Spieler festgelegten) Natur entspricht... das ändert nichts an der (vielleicht deswegen sogar größeren) Anerkennung der Umwelt.

Die "Jeder NSC erzählt einem die Lebensgeschichte"-Empfehlung?

Wie polemisch formuliert... natürlich nur wenn die SCs danach fragen. Und auch dann hängt es davon ab, ob die Motivation stimmt, der Schurke wird bestimmt nicht all seine Verfehlungen nennen (mir kommt gerade ein nerviger NSC in den Sinn, der tatsächlich allen ungefragt seine Lebensgeschichte erzählen könnte... hätte auch was, nur nicht andauernd).

Nunja, diese Empfehlung hatte wenig impact auf uns... inzwischen sind wir aber soweit, dass jeder NSC eine Lebensgeschichte hat, sie muss ja nicht aus mehr als ein paar Stichpunkten bestehen oder kann zusammenimprovisiert werden, während die SCs mit ihm reden.

Uns hat der Text jedenfalls durchaus zu einem stimmungsvolleren Spiel verholfen. Mit dem Hineinwachsen in die Spielwelt gab es dann keine Krieger namens 'Warrior' mehr oder SCs ohne jegliche Charakterzüge und Hintergrundgeschichte.
 
AW: Warum ich "Auf ein Wort..." garnicht so schlimm finde.

Besser dahingehend, dass wir mehr in die Welt eingetaucht sind. Die Tipps zur Trennung von Chara und Spieler waren Gold wert. Sie wurden weniger zu Werteansammlungen und mehr zu Personen in ihrem eigenen Umfeld, und infolgedessen auch die NSCs.
...
Uns hat der Text jedenfalls durchaus zu einem stimmungsvolleren Spiel verholfen.
Habt Ihr in der Gruppe oder separat über diesen Text miteinander gesprochen?

Oder hat der Spielleiter gesagt: "Ab heute machen wir es so, wie es hier drin steht!"

Wer hatte denn den Text in die Gruppe gebracht? Der Spielleiter, einer der Spieler?



Du hast geschrieben, daß sich Dein Verständnis der Passage über "HELDEN" im Laufe der Zeit gewandelt hat. Wie denn? Was ist heute da anders als früher?
 
AW: Warum ich "Auf ein Wort..." garnicht so schlimm finde.

Ich verzichte mal darauf, näher zu analysieren, was am Text Satire ist oder sein könnte und was nicht - ist auch egal, denn wichtig ist im gegebenen Zusammenhang nicht, wie der Text gemeint ist, sondern wie er verstanden werden kann.

Und das "Spielbeispiel" lässt sich - gerade wenn man nur dies eine Spiel kennt - durchaus interpretieren, als seien rein die Spieler schuld, die hier eine "stimmungsvolle Beschreibung" des Meisters "kaputt machen". Diese Auffassung des Textes ist keine Seltenheit und wurde mir auch im Fanpro-Forum mehrfach so präsentiert. Und ich kann nicht abstreiten, den Text damals genau so gesehen zu haben.

Die ganzen Relativierungen, die hier auftauchen, gewinnen bestenfalls einen Faden Beigeschmack, wenn so oft von "echtem Rollenspiel" geredet wird. Zumindest bei uns hatte das damals durchaus negativen Effekt - denn "wir können ja so weiterspielen, wie bisher, aber das ist kein 'echtes Rollenspiel' mehr, war eigentlich nichts, was wir damals tun wollten. Denn selbstverständlich wollten wir nicht "falsch" spielen, auch wenn der Text es gönnerhaft erlaubte.


Um die Kurve zu Zornhaus Eingangsfrage zu bekommen: Sicher gibt es irgendwo noch viel schlechtere Rollenspieltipps. Aber ich hab ja gar keine anderen gelesen, schließlich bestand mein gesamter Bezug von Informationen aus DSA-Heften. Was anderes haben wir nicht gespielt und mit der Rollo-Szene im Internet haben weder ich noch die anderen uns damals beschäftigt.
Deswegen ist es für mich egal, ob und wieviele schlechtere Texte schon verfasst wurden - die haben mir nicht geschadet. "Auf ein Wort" hingegen hat das getan und mir und meinen Freunden viel Spaß geraubt, den wir hätten haben können, wenn unser damals einziges Rollenspiel eine weniger eingeschränkt Sicht der Dinge vermittelt hätte. Und wir mussten erst aus der immer wiederkehrenden Routine herauskommen, in welcher wir uns nach jedem Spielabend wie Trauma-Opfer einredeten, gerade mächtig Spaß gehabt zu haben, weil wir ja alle Tipps befolgt haben.
 
AW: Warum ich "Auf ein Wort..." garnicht so schlimm finde.

Habt Ihr in der Gruppe oder separat über diesen Text miteinander gesprochen?

Ja. Vorgelesen, über den Beispieltext gelacht, sich darüber unterhalten.

Wer hatte denn den Text in die Gruppe gebracht? Der Spielleiter, einer der Spieler?

Wir haben schon immer den SL des öfteren gewechselt. Vorgestellt hab den Text ich als Käufer der Box. ;)


Du hast geschrieben, daß sich Dein Verständnis der Passage über "HELDEN" im Laufe der Zeit gewandelt hat.

Nein, eigentlich nicht. Für mich war der Abschnitt schon immer mehr an den SL gerichtet als die Spieler.
 
AW: Warum ich "Auf ein Wort..." garnicht so schlimm finde.

Übrigens, noch eine wie ich meine Fehlinterpretation. In dem Beispiel werden keine SCs gekillt. Alles was der SL macht ist die für ihn nervige Spielrunde abzukürzen, den Endkampf vorzuziehen und das Endmonster auf seine kampfrelevanten Werte zu reduzieren, so wie es offenbar dem Stil der Spieler entgegenkommt.
Das ist dann auch damit gemeint, dass die Runde den Meister bekommt den sie verdient.
 
AW: Warum ich "Auf ein Wort..." garnicht so schlimm finde.

Hier fällt es mit schwer Myrmidons Beitrag zusammenzukürzen, um darauf Bezug zu nehmen, daher kommt fast alles irgendwo nachfolgend nochmal vor.

wichtig ist im gegebenen Zusammenhang nicht, wie der Text gemeint ist, sondern wie er verstanden werden kann.
Das sehe ich auch so.

Ich habe mir einen gewissen Eindruck von dem Text-INHALT verschaffen wollen. Dieser Inhalt ist nicht besser und nicht schlechter als viele andere Spielleiter- bzw. Spielertips, die man vor "Auf ein Wort" und nach "Auf ein Wort" so in Magazinen, Fanzines, Webseiten lesen konnte und kann.

Was ich inzwischen viel interessanter als den Inhalt finde, ist die Art, wie er VERSTANDEN bzw. wie er AUF DAS EIGENE SPIEL ANGEWANDT wurde.


Daß ein Text sehr unterschiedlich verstanden werden kann, ist ja bekannt. Das gilt für harte Regeltexte genauso wie für Flufftexte. Und wenn man nun einen Text mit Tips, Empfehlungen, Ratschlägen verstehen möchte, dann kommen bei unterschiedlichen Lesern ganz unterschiedliche Dinge an.

Nun habe ICH beginnend mit meiner D&D, Gamma World, Traveller Startphase ins Rollenspiel noch keine Internet-Rollenspielszene erleben dürfen (1979/80 war das "papierlose Rollenspiel" noch nicht en vogue). Somit hatten wir die Magazine, allen voran den Dragon, aber auch das Traveller's Aid Society Magazin, in der Runde der Spieler an der Schule kursieren lassen. Auf deutsch kam dann irgendwann Midgard heraus, aber ohne die "Infrastruktur" wie Gildenbrief, der erst später entstand (dafür aber als reine Fluff-Texte die EDFC-Bände zum Ewigen Spiel).

Das war meine Vorgeschichte bevor DSA herauskam. Und ich bin nicht so lange bei DSA als Alternative geblieben, weil das frühe DSA einfach nicht mit Midgard, Traveller, D&D und anderen mithalten konnte. - Somit habe ich auch NIE ein DSA-Produkt gekauft, in welchem der "Auf ein Wort..."-Text hätte enthalten sein können. - Quasi eine "Gnade der frühen Geburt".

Daher interessiert mich aktuell schon sehr, wie dieser Text in der "Deutschen Rollenspiel-Szene" angekommen ist, und warum ein einfacher Spiele-Tip-Artikel solche Polarisierungen bei manchen deutschen Rollenspielern nach sich gezogen hat. - Ich kann das allein aus dem Inhalt des Textes heraus nämlich nicht verstehen.

Und das "Spielbeispiel" lässt sich - gerade wenn man nur dies eine Spiel kennt - durchaus interpretieren, als seien rein die Spieler schuld, die hier eine "stimmungsvolle Beschreibung" des Meisters "kaputt machen".
Zum einen ist es natürlich immer eine besondere Situation, wenn man nur genau EIN Rollenspiel kennt und sonst nichts. Damit ist ALLES, was man über ROLLENSPIELE kennt nur auf diesen "Tellerrand" bezogen. (In den USA ist D&D ja auch synonym zu Rollenspiele.)

Jedoch will mir nicht einleuchten, warum die Kenntnis allein von DSA als einzigem Rollenspiel es erleichtern soll auf eine ganz bestimmte Interpretation des Beispiel-Textes zu Anfang des Artikels zu kommen.

Interpretieren kann man es "durchaus". Und zwar in allen Richtungen. Und das auch wenn man NUR DSA kennt.

Mein erster Eindruck von diesem Beispiel-Text war, daß der Spielleiter das Interesse der Spieler verspielt hat, indem er ihnen die Handlungsmöglichkeiten diktiert hat und ihnen somit "in den Charakter hineingespielt" hat. Die Reaktion der Spieler war dann fast zwangsläufig alles Erdenkliche zu tun, um aus den vom Spielleiter geschaffenen, unangenehmen und inakzeptablen Fakten (Wegwerfen der Rüstung) wieder herauszukommen.

Ich habe das überhaupt nicht so verstanden, daß hier die Spieler irgendwie SCHULD sind eine "stimmungsvolle Beschreibung" des Spielleiters KAPUTT gemacht zu haben.

Man kann diesen Text so oder so oder nochmal anders verstehen.

Wer gerne die 10-Dollar-Words mag, könnte hier von einer vielfältigen "Rezeptionshistorie" dieses Textes reden. - Mir ist hier wichtiger festzustellen, daß - erst einmal ALLEIN AUF DAS SPIELRUNDEN-BEISPIEL BEZOGEN - es JEDER Leser unterschiedlich hat auslegen können.

Mir will nicht einleuchten, warum das dann angeblich bei einer Mehrzahl an Lesern GLEICH oder gar IDENTISCH verstanden worden sein soll.

Wenn ich von einer "Deutschen Normalspielrunde" mit Spielleiter und 3,6 Spielern ausgehe, dann haben wir etwa 5 Personen, die fünf unterschiedliche Auffassungen des Textes hätten haben können.

Wieso soll dann die "Spieler-machen-Spielleiter-Stimmungsbeschreibung-Kaputt"-Auslegung da auch nur eine Mehrheit gefunden haben? - Ich finde MEINE Auslegung "Spielleiter-pfuscht-in-reinem-Spielerentscheidungsraum-herum" mindestens genauso plausibel.

Was ich bei Nightwind und anderen, die dem Text POSITIVES abgewinnen konnte, interessant finde, ist, daß sie augenscheinlich mit und in der Spielergruppe diesen Text vorgelesen oder weitergegeben haben, daß sie über diesen Text gesprochen haben, und daß es also ein GRUPPENPROZESS war, der Inhalte des Textes hat Einflüsse in das praktische Gruppenspiel bringen lassen.

Ich habe hier in diesem Thread - der ja überhaupt nicht repräsentativ ist, sondern nur die Leute zum Schreiben motiviert hat, die eh bereit und willens sind, Auskunft zu geben - von KEINER Seite gelesen, daß der "Auf ein Wort..."-Text als Ganzes WIE EIN REGELTEXT verwandt und als unumstößlich und Umzusetzen und Anzuwenden nach RAW-Vorgehensweise zu gelten habe.

Das hätte mich auch gewundert.

Spieletips und Empfehlungen sind ja grundsätzlich OPTIONAL. Sie werden auch im "Auf ein Wort..."-Text explizit als rein optional vorgestellt. Sie sind NICHT NOTWENDIG um das Spiel so zu spielen, daß es funktioniert.

Das dürfte jedem klar gewesen sein, wäre meine Erwartung gewesen. - Hat denn eine Gruppe "da draußen" diesen Text tatsächlich wie REGELN behandelt? - Und falls ja, wieso dann nicht "wie Regeln" in der Form, daß man ALLE Regeln, die einem nicht passen auch ändern und per Hausregeln passend machen kann?

Ich wundere mich darüber schon ziemlich.

Auch im D&D-Umfeld gab es schon in den alten Dragon-Ausgaben immer wieder Artikel zum "besseren" Rollenspielen. Davon auch VIELE von den AUTOREN selbst. - Und NICHT EINER dieser Artikel hat je eine solche Polarisation der D&D-Spieler ausgelöst, wie dieser "Auf ein Wort..."-Text bei den DSA-Spielern.

Ich verstehe nicht, was hierzulande bei den DSA-Spieler so ANDERS sein sollte, wie damals (vor DSA) bei den D&D-Spielern in Deutschland, oder bei den Midgard-Spielern, oder den Traveller-Spielern?

Die ganzen Relativierungen, die hier auftauchen, gewinnen bestenfalls einen Faden Beigeschmack, wenn so oft von "echtem Rollenspiel" geredet wird.
Ich hatte ja MEIN Verständnis der in dem Text vorkommenden Formulierung von "echtem Rollenspiel" dargelegt. Offengestanden ist das für mich, der ich von CoSims herkomme, bei denen man tatsächlich nur die "Zahlen" aber keine Rollen spielt (ja auch wenn z.B. bei SPIs "War of the Rings" auch Einzelcharaktere der Fellowship vertreten waren - sie wurden halt geführt wie kleine Einheiten mit wenig Kampfkraft), durchaus nachvollziehbar.

ECHTES ROLLENSPIEL ist ein durchaus greifbarer Unterschied, den man z.B. bei D&D hatte im Gegensatz zu dem damaligen Dungeon-Twister-Vorläufer "Death Maze" (Kennt das noch wer?). Bei "Death Maze" hatte man alle markanten D&D-Versatzsstücke wie eine Gruppe, Charakterklassen wie Zauberer, Dieb etc., Fallen, Dungeons, Monster, XP, Schätze, Gegenstände, Level-Up, usw. - und DOCH war es KEIN ROLLENSPIEL. Genauer: "Death Maze" war KEIN ECHTES ROLLENSPIEL.

Damit ist nicht gemeint, daß ECHT hier im Sinne von PUR, REIN, IDEALTYPISCH verwendet wurde, sondern in dem Sinne, in welchem auch Federball z.B. verglichen mit Fußball KEIN ECHTES Ballspiel ist. Es ist zwar "mit" Bällen aber doch kein Ballspiel. "Death Maze" ist zwar "mit" Dungeons, Charakterklassen, ... aber eben DOCH KEIN ECHTES Rollenspiel.

Daß sich HEUTE manche Leute über den Begriff "echtes Rollenspiel" so aufregen, ist meines Erachtens eine rein MODERNE Auslegung aufgrund der rollenspielentwicklungshistorischen Einflüsse des "Storytelling Games" als dem BESSEREN, dem ÜBERLEGENEREN Rollenspiel (und den Widerständen gegen diesen Anspruch). - Als der "Auf ein Wort..."-Text aufkam, da gab es noch nicht die ewigen "Ich spiele ÜBERLEGENER, weil ich GESCHICHTEN ERZÄHLE"-Diskussionsanstacheleien. Und ich habe in den Anfangszeiten meiner Rollenspielbeschäftigung NIE von irgendwem solche "Roleplay vs. Rollplay"-Äußerungen mitbekommen. Die sind m.E. auch erst später aufgekommen. Anfangs hatte man Rollenspiele EINFACH SO gespielt, und zwar MIT ALLEM, was einem in den Sinn kam und was Spaß gemacht hat. (Wüste, blutige Kloppereien, elaborierte Taktiken, stundenlanges Ausrüstungsoptimieren, ganze Abende in "Echtzeit" in der Taverne verbracht, tiefe Gefühle und flache Gags, ...)

Zumindest bei uns hatte das damals durchaus negativen Effekt - denn "wir können ja so weiterspielen, wie bisher, aber das ist kein 'echtes Rollenspiel' mehr, war eigentlich nichts, was wir damals tun wollten. Denn selbstverständlich wollten wir nicht "falsch" spielen, auch wenn der Text es gönnerhaft erlaubte.
Das verstehe ich nicht. - Der "Auf ein Wort..."-Text ist doch AUSLEGEWARE! Der ist doch so oder so interpretierbar und weich wie Butter. Es ist NICHT EINE EINZIGE REGEL enthalten.

Was war denn so die Meinung in der Gruppe zu diesem Text? GAB es denn ANDERE Auffassungen, andere Auslegungen? Gab es Stimmen den einfach zu ignorieren?

Und was meinten denn Deine Mitspieler, was für sich ECHTES ROLLENSPIEL ist?

Ich nehme das so auf, daß Deine Mitspieler BESSER spielen zu lernen bereit waren. Insoweit wart Ihr offen für Tips, Empfehlungen, Ratschläge. Aber da diese in eine andere, als von Euch bis dahin mit Vergnügen praktizierte Richtung gingen, wart ihr unangenehm berührt von den Vorschlägen.

Dann hättet ihr sie ganz selbstbewußt einfach ignorieren können - oder Euch andere Ratgeber suchen können.

Und das ist, so mein Eindruck, das Problem mit Gruppen die gerade mit dem Rollenspiel anfangen und die nur genau ein einziges Rollenspiel kennen: Sie sind NICHT SELBSTBEWUSST GENUG, um mit - auch noch durch die DSA-Redaktion mir mehr "Glaubwürdigkeit" ausgestatteten - Empfehlungen souverän umgehen zu können. - Könnte das sein?

Ich habe fast zeitlich mit D&D, Gamma World und Traveller angefangen. Und unser Hauptspielleiter (wir haben aber ständig rotiert, ich war mehr für Gamma World und ein wenig für Traveller zuständig, andere nur für Traveller, andere nur für D&D) hat ständig Artikel, Magazine, und auch NEUE ROLLENSPIELE angschleppt (er war es auch, der damals bei Erscheinen DSA 1 gekauft hatte). So waren wir schon immer mit einer gewissen Vielfalt an Herangehensweisen unterschiedlicher Rollenspiele (bzw. deren Autoren) vertraut. Und da kam eigentlich NIE eine MONOKULTUR auf.

Sicher gibt es irgendwo noch viel schlechtere Rollenspieltipps. Aber ich hab ja gar keine anderen gelesen, schließlich bestand mein gesamter Bezug von Informationen aus DSA-Heften. Was anderes haben wir nicht gespielt und mit der Rollo-Szene im Internet haben weder ich noch die anderen uns damals beschäftigt.
Warum seid Ihr eigentlich NUR bei DSA geblieben? Ich denke mal, zu "Eurer Zeit" gab es doch schon eine große Menge an Rollenspielen auf dem deutschen Markt. Traveller gab es auf Deutsch. Midgard. Cthulhu in einer der Vor-Pegasus-Versionen. Etc. - Also an der Sprachebarriere hatte es wohl kaum liegen können. - Wieso NUR DSA und sonst nichts? (Wie Lucky Strike!)

Auch OHNE INTERNET gab es in Deutschland eine Vielfalt an Rollenspielen. Solche Magazine wie die alte Zauberzeit taten ihr Übriges. Niemand der deutschen Rollenspieler war verpflichtet sich das "Volks-Rollenspiel" DSA anzuschaffen und dann NUR DSA zu spielen und NUR DSA-Hefte etc. zu lesen.

Daran hat nicht DSA Schuld, nicht die DSA-Redaktion, nicht der "Auf ein Wort..."-Artikel, sondern ALLEIN DER JEWEILIGE ROLLENSPIELER, der es nicht schafft, oder besser: nicht WILL, mal über seinen Tellerrand hinauszuschauen.

Die DSA-Monokultur liegt ALLEIN in den Köpfen der Spielenden.

Ein Text allein kann keinen solchen Einfluß auf eine Spielrunde auf "die DSA-Spieler" insgesamt haben, wenn nicht eine entsprechende Geisteshaltung die Wahrnehmung, die Auffassung dieses Textes und seines Inhaltes in einer - wie ich finde - ungewöhnlich "intensiven" Form vorbereitet und erst ermöglicht hätte.

Provokation pur: Sind DSA-Spieler allesamt gehirngewaschene "Aventurology"-Thetanen, die alles, was von L.Ron Kiesow kam, völlig unkritisch als ihren Glaubensgrundsatz übernommen haben?

Weniger provokant: Was meint Ihr, WARUM es solch eine "Monokultur" bei DSA-Spielern gab (oder noch gibt?), die quasi der Nährboden für einen derart starken Effekt eines an sich harmlosen Textes sein konnte?

Deswegen ist es für mich egal, ob und wieviele schlechtere Texte schon verfasst wurden - die haben mir nicht geschadet. "Auf ein Wort" hingegen hat das getan und mir und meinen Freunden viel Spaß geraubt, den wir hätten haben können, wenn unser damals einziges Rollenspiel eine weniger eingeschränkt Sicht der Dinge vermittelt hätte.
KEIN TEXT, nicht einmal die Bibel, ist in der Lage IRGENDJEMANDEM "den Spaß zu rauben"!

Wenn Ihr weniger Spaß hattet, dann, weil IHR SELBST EUER Spiel so geändert habt, daß ihr damit unzufrieden wurdet. Und dann frage ich mich, warum ihr das nicht ZURÜCKGEÄNDERT habt? Man merkt doch, daß mit der neuen, empfohlenen Art irgendwas nicht so toll ist wie früher. Dann stellt man das wieder ab. Das wäre doch die einfachste Sache der Welt gewesen.

Wie alt wart ihr denn so in Eurer Gruppe? Und wie lange hattet ihr bis dahin Rollenspiele gespielt?

Ich frage deswegen, weil in MEINER Erfahrung wir mit 14 bis 16 souverän und locker mit unterschiedlichen Rollenspielen hantiert hatten, deren Regeln sogar selbst zu "mischen" versucht hatten (Au, weh! Die ersten "selbstentwickelten" Rollenspiele meiner Erinnerung kamen aus diesen Jahren. - Alle jämmerliche Klone und Frankenstein-Patchwork-Monster. Alle scheiße.). - Mir hatte damals NIEMAND verboten andere Regelsysteme anzuschauen (anzuschaffen war eher das Problem durch knappen Geldbeutel). - Und wir haben uns in der Schule und sonst in der Freizeit über Hausregeln, über neue Ideen, wie man das Spiel anders gestalten könnte unterhalten.

Eine sehr interessante Idee kam einmal in einem Dragon-Leserbrief auf, wo ein Leser BRETTSPIELE wie Schach oder Halma mit ins Rollenspiel integriert hatte. Das hatten wir dann auch mal versucht, fandens Scheiße, und das war es dann mit der tollen Idee. Für UNS war das nichts. Da sind wir lieber gleich beim Brettspiel geblieben und haben dafür Hausregeln gemacht (unsere Malefiz-Spielrunden dauerten bei EINER Partie aufgrund unserer Hausregeln nie unter 4 bis 5 Stunden!).

Und wir mussten erst aus der immer wiederkehrenden Routine herauskommen, in welcher wir uns nach jedem Spielabend wie Trauma-Opfer einredeten, gerade mächtig Spaß gehabt zu haben, weil wir ja alle Tipps befolgt haben.
Offengestanden: Das hört sich ziemlich unselbständig und geradezu gestört an.

Du wirst doch aber wohl nicht behaupten wollen, daß das Lesen und der Versuch des Anwendens von ROLLENSPIELTIPS aus Eurer Gruppe von Spielern unselbständige DSA-Zombies mit Wahnvorstellungen gemacht hat.

Vor allem das "sich selbst einreden Spaß gehabt zu haben" finde ich krank. - So etwas hatte ja (L.) Ron Edwards bei seinen Forgeology-Anhängern auch über die bösen Psychlo-Storyteller gesagt als er seinen Brain-Damage-Beitrag verfaßt hatte.

Hattet Ihr SCHON DAMALS, also NICHT JETZT aus dem Rückblick (und vielleicht der einen oder anderen Überdosis Forge-Auditing), den Eindruck, daß ihr Euch nur EINREDET, daß das Spielen Spaß macht?

Wenn ihr - wie ich mal annehme - so 15 oder 16 Jahre alt wart, als Euch "Auf ein Wort..." gehirngewaschen hat, dann versuche ich mir das mal vorzustellen: Als 15-Jähriger mit Interessen wie Mädchen, Musik, Mädchen, Sport, Mädchen, Rollenspiele, Mädchen, (Computerspiele!), Mädchen - wenn mir da beim Rollenspiel der Spaß wegbleibt, hmmm - was könnte ich dann wohl machen...?

Ich gehe daher davon aus, daß Euch das "Ausbleiben des Spaßes" irgendwie damals selbst nicht bewußt war. - Wie auch immer das gehen kann.

Also da bin ich jetzt wirklich ziemlich platt.

Ich kann mir jedenfalls nicht erklären, wie man bei etwas, das nach einer BEWUSST eingeführten Änderung im Spiel keinen Spaß mehr macht, dabeibleibt ohne Anstalten zu machen, diese bewußte Änderung wieder RÜCKGÄNGIG zu machen.

Kann es sein, daß für den ausbleibenden Spaß ANDERE GRÜNDE, die zufälligerweise ZEITGLEICH mit der Einführung einer anderen Spielweise aufgetreten sind, eher den Ausschlag gegeben haben? - Vermutung: Mädchen. Mädchen, genauer: die erste Freundin bzw. eine allzu feste Freundin sind DIE KAMPAGNENKILLER #1! Zumindest nach meiner damaligen Erfahrung, wo dann echt gute Spieler plötzlich wegbleiben um mit ihrem Mädel zusammenzusein, statt ein paar Monstern den Arsch zu versohlen, wie sonst immer.

Für mich hört sich Deine persönliche, traumatische Erfahrung mit "Auf ein Wort" nach einem tragischen Einzelfall, der aufgrund Eurer besonderen Gruppenkonstellation, geringer Vorerfahrung und geringem Selbstbewußtsein als Rollenspieler besonders krass ausgefallen sein mag. - Aber das ist doch garantiert NIE DER NORMALFALL der Wirkung des "Auf ein Wort"-Textes gewesen. Ich meine: Wieviele Rollenspielgruppen werden denn schon in Monokultur und völlig unselbständig und unkritisch jeden Rollenspieltip sklavisch umzusetzen versucht haben, selbst wenn sie NULL Spaß damit hatten?
 
AW: Warum ich "Auf ein Wort..." garnicht so schlimm finde.

Ich kann mich zu "Auf ein Wort" nicht ernsthaft äußern. DSA habe ich nie ausführlich oder sonderlich ernsthaft gespielt. Den betreffenden Text habe ich nur Anfang der 90er mal zu Gesicht bekommen und als kleine Anekdote...

Daß sich HEUTE manche Leute über den Begriff "echtes Rollenspiel" so aufregen, ist meines Erachtens eine rein MODERNE Auslegung aufgrund der rollenspielentwicklungshistorischen Einflüsse des "Storytelling Games" als dem BESSEREN, dem ÜBERLEGENEREN Rollenspiel (und den Widerständen gegen diesen Anspruch). - Als der "Auf ein Wort..."-Text aufkam, da gab es noch nicht die ewigen "Ich spiele ÜBERLEGENER, weil ich GESCHICHTEN ERZÄHLE"-Diskussionsanstacheleien.
...kann ich hier davon berichten, das der erste "ÜBERLEGENE" Rollenspieler den ich kennengelern musste, exakt mit dem besagten Text ankam.
Damals hieß es zwar noch nicht "Rollplay vs. Roleplay" sondern klang nach "Ihr [D&D-Spieler] metzgert doch nur (weiss doch jeder), wir machen richtiges/überlegenes Rollenspiel" aber diese Stachelei war damals nicht minder lächerlich als sie es heute ist.
 
AW: Warum ich "Auf ein Wort..." garnicht so schlimm finde.

Anfang der 90er ...
... der erste "ÜBERLEGENE" Rollenspieler den ich kennengelern musste, exakt mit dem besagten Text ankam
...klang nach "Ihr [D&D-Spieler] metzgert doch nur (weiss doch jeder), wir machen richtiges/überlegenes Rollenspiel"
Das kann, aber das muß ja nicht am Verständnis des "Auf ein Wort..."-Textes durch GENAU DIESEN EINEN Rollenspieler gelegen haben.

Anfangs, da WAR Rollenspiel gleichbedeutend mit D&D. Auch noch als es in Deutschland Midgard und Abenteuer in Magira gab, und auch andere Rollenspiele nach und nach in Übersetzung erschienen. Vor DSAs Erscheinen 1984 gab es ja schon die deutschen Übersetzungen von Tunnels&Trolls (Schwerter&Dämonen) und natürlich die deutschen Übersetzungen der ersten D&D-Boxen und der AD&D-Hardcover.

Und interessanterweise hat bei Schwerter&Dämonen, bei den D&D-Boxen und bei den AD&D-Hardcovern Kiesow als Übersetzer mitgewirkt.

Die WURZELN von DSA liegen ganz klar bei D&D, weil in den 80ern ALLE Fantasy-Rollenspiele (außer RuneQuest) sich an den Entwurfskonzepten von D&D/AD&D entlang aufbauten. (Auch Midgard "über Bande", da es aus Empire of the Petal Throne viel geklaut hatte, welches wiederum von D&D beeinflußt war.)

Somit gab es eigentlich überhaupt KEINEN Grund für einen DSA-Spieler sich gegenüber anderen Rollenspielern wie D&D-Spielern, Midgard-Spielern, S&D-Spielern etc. überlegen zu fühlen.

Ich bin in dieser Zeit (bis Ende der 80er Jahre, also noch vor Erscheinen von "Auf ein Wort...") recht viel auf den damaligen norddeutschen Cons unterwegs gewesen. Mir ist da aber NIE eine Überheblichkeit seitens IRGENDWELCHER Leute, die ein bestimmtes Rollenspiel anderen vorzogen, aufgefallen. Im Gegenteil: alle waren sehr aufgeschlossen mal etwas Neues, etwas Anderes auszuprobieren. Ich habe an diese Zeit nur gute Erinnerungen und habe viele neue Rollenspiele, die ich bis dahin vorher nicht kannte, kennengelernt.

Woran mag es denn liegen, daß ein Rollenspieler (plötzlich?) meint, daß SEIN Rollenspiel bzw. SEINE ART Rollenspiele zu spielen, denen anderer Rollenspieler überlegen ist?

Kann das wirklich NUR auf einen solchen Text wie "Auf ein Wort" zurückzuführen sein?

Falls ja, warum hat dann Myrmidons-Gruppe, die ja KEINEN SPASS an ihrem Spiel unter Berücksichtigung der Empfehlungen von "Auf ein Wort" hatten, sich nicht auch als Die Überlegenen Rollenspieler (tm) gebärdet?

Ich kann nicht glauben, daß man dieses Verhalten, was da ein Einzelner gezeigt hat, generell auf den Einfluß eines rein mit Rollenspiel-Tips gefüllten, vollkommen optional gehaltenen Textes zurückführen kann. - Das MUSS andere Gründe haben.
 
AW: Warum ich "Auf ein Wort..." garnicht so schlimm finde.

Vorgelesen, über den Beispieltext gelacht, sich darüber unterhalten.
Also war dieser Text dann allen Spielern bekannt. Gab es da auch andere Auffassungen zum Text? - Also z.B. Widerstände, oder andere Auffassungen bzw. Auslegungen der Einleitungs-Beispiel-Geschichte (wie die von Myrmidon z.B.)?

Ich frage deshalb, weil ich es für eine an sich gute Sache halte, wenn man solche sich an Spieler UND Spielleiter gleichermaßen wendenden Rollenspiel-Tips auch allen in der eigenen Runde irgendwie zugänglich macht und man darüber miteinander redet. Es kann ja sein, daß viele ein Problem nicht sehen, welches nur ein einzelner in der Runde hat und welches ihn stört. Und dann ist man ja angelegentlich des Durchsprechens des Textes eh schon dabei miteinander darüber zu reden, WIE man eigentlich in der Gruppe zusammen spielen mag, und kann dann solche Einzelprobleme auch gleich mit beseitigen.

Nein, eigentlich nicht. Für mich war der Abschnitt schon immer mehr an den SL gerichtet als die Spieler.
Da habe ich etwas anderes herausgelesen. Die Charaktere bei DSA werden nicht umsonst als "Helden" angesprochen. Sie hießen ANDERS, wenn sie erst ab Stufe 15 ein Held wären, und bei Stufe 1 ein mieser Wurm und Dreckfresser. - Nein, sie SOLLEN HELDEN SEIN. Und dann hat man eben einen Stufe 1 HELDEN, der notgedrungen noch nicht so strahlend und ultrakompetent wie ein Stufe 15 HELD ist, aber er ist ein HELD.

Für mich war das auch eine Aufforderung an die Spieler mal die Rolle des HELDEN in der Gesellschaft ERNST zu nehmen. Also sich nicht jeden Scheiß gefallen zu lassen, aber auch die mit der großen Macht und dem gesellschaftlich sehr unabhängigen Status eines HELDEN verbundene Verantwortung anzunehmen. - Helden mischen sich ein. Das ist die Aufforderung, die mir dabei einfällt.

Und wer hart kämpft und sich harten Gegnern stellt, der hat zur Belohnung auch eine gute Behandlung von der Umgebung verdient, die er mal wieder vor dem Untergang gerettet hat.

Daß viele DSA-Abenteuer der in "Auf ein Wort..." geäußerten HELDEN-Sicht überhaupt nicht gerecht werden, ist ein anderes Problem. Leider sind die Abenteuer-Autoren oft mit einer - etwas - hmm - seltsamen - Sicht auf die Abenteurer-HELDEN vorgegangen. Ich habe einige Szenarien der ersten Jahre gelesen, da sie unser AD&D-Spielleiter aus Neugier und zur Inspiration für seine "Selbstgebrauten" Szenarien gekauft hatte. Was mir am meisten aufstieß, war die praktisch überhaupt nicht adressierte Motivationsfrage. Das "Warum soll ich denn diesen Unfug eigentlich mitmachen?". Klar kann man sagen: "Wenn Du heute mitspielen willst, dann muß sich Dein Charakter eben so dämlich anstellen, wie vom Autor vorgesehen, denn sonst gibt es heute eben KEIN Rollenspiel."

Aber das ist für mich damals schon die reine kreative Bankrotterklärung des Spielleiters gewesen.

Wir hatten damals (aus Mangel an verfügbaren Szenarien und aus Geldmangel) ALLES selbst machen MÜSSEN. Die Spielwelten unserer z.T. über 10 Jahre lang laufenden Kampagnen waren ALLE selbstgemacht (jeder fing mit nur einem kleinen mit Buntstift skizziertem Landstrich im "irgendwo" an - halt da, wo das erste Szenario angesiedelt war).

Wir waren es gewohnt uns von Kaufszenarien zumeist nur Ideen und einzelne Schauplätze auszuborgen, weil die Szenarien oft eh nicht mit unseren Spielwelten bzw. unseren Charakteren vernünftig zusammenzubringen waren.

Daher fand UND FINDE ICH eine Einstellung, daß die Spieler, wenn sie denn mitspielen wollen, ihre Charaktere wie die Zirkusclowns agieren lassen müssen, wirklich schlecht und so ganz anders als ich das Rollenspiel kennengelernt habe.

Übrigens ist mir beim deutschen(!) Cthulhu (nicht beim Call of Cthulhu der Amis) auch DIESELBE Einstellung aufgefallen: Wer nun mitspielen mag, der soll sich gefälligst so doof verhalten, daß sein Charakter ins Szenario reinkommt, oder ich spiel nicht mehr! *rabäääh* *heul*

Gibt es eigentlich für das deutsche Cthulhu auch einen "Auf ein Wort"-Text, der solche Effekte oder zumindest solche Kontroversen ausgelöst hat? Ich bin da nicht im Bilde, da wir auch bei CoC fast alles selbstgemacht hatten und immer noch machen. (Es hieß mal, daß man für Cthulhu nur eine durchschnittlich sortierte historische Abteilung einer Stadtbibliothek (heute das Internet) und das Regelwerk bräuchte, um ALLE erdenklichen Szenarien spielen zu können. - Daher hatte in den Achtzigern CoC auch den Ruf eines Rollenspiels für Geschichtsstudenten.)

Zurück zu den HELDEN.

Die HELDEN sind im Rollenspiel, so wie ich es kennengelernt habe, IMMER DIE SPIELER!

Zwar via ihrer Charaktere, aber die SPIELER bekommen die Vorzugsbehandlung. Sie haben den Vorzug über ihre Charaktere SELBSTBESTIMMEN zu dürfen. In ihre Charaktere wird vom Spielleiter NICHT HINEINGESPIELT. (Regeltechnische Anwendungen ausgenommen wie "Hold Person" oder andere Zauber, gegen die die Spieler ja nach den Regeln auch noch eine Chance haben, daß sie nicht wirken.)

Als ich schrieb, wir haben ALLES selbstgemacht, da habe ich eine Art von Kaufszenarien ausgelassen: die GUTEN, ALTEN D&D-Szenarien. - Gerade der Klassiker "B2 - Keep on the Borderlands" ist eine Beschreibung einer kleinen Festung und deren Umland OHNE JEGLICHEN PLOT.

Die Spieler haben ALLE FREIHEITEN hinzugehen, wohin sie wollen. Sie können erkunden, aufgrund dessen, was sie herausfinden, ihre weitere Motivation für ihre weiteren Schritte finden, mit den vielen NSCs in der Burg und drumherum interagieren (und natürlich jeden, der ihnen nicht paßt, umlegen - oder zumindest es versuchen).

Keep on the Borderlands hatten wir gleich in MEHREREN eigenen Welten plaziert (meist ein paar Jahre versetzt - aktuell habe ich den Plan dies in einer Savage Worlds Fantasy-Kampagne auch wieder mit einzubauen). Das lag daran, daß sich die alten D6D-Module relativ "weltneutral" gaben, so daß man sie leicht auf eigene Welten setzen konnte und sie z.B. als Kristallisationskeim für eine ganze Neuschöpfung der Welt verwenden konnte.

Demgegenüber waren die DSA-Szenarien schon immer sehr auf Aventurien zugeschnitten und konnten nur dort plaziert werden. Damit waren sie für uns unattraktiv, weil wir unser eigenes Ding bei unseren Welten machen wollten.

Das alte D&D und AD&D hatte zwar auch schon ein paar Settings ein paar Spielwelten wie Greyhawk, Blackmoor, Mystara, etc. aber erst mit den Dragonlance-Modulen wurde es ausufernd und nicht mehr leicht durch den Spielleiter bzw. die Gruppe im GROSSEN änderbar, wenn die nachfolgenden Module noch passen sollten (weshalb wir von Dragonlance auch die Finger ließen). - Das alte D&D und AD&D hatte die Spielleiter ja geradezu AUFGEFORDERT ihre eigenen Welten zu erschaffen. Und das ist ein Spaß am Rollenspiel, der einem versagt bleibt, wenn man nur auf einer "Fertigwelt" spielt.

Bei Traveller MUSSTE man eh jeden Planeten, jede Raumstation, einfach ALLES selbst basteln. Oft hatte man nicht mehr als das UPP zur Verfügung, manchmal nicht einmal das.

Somit ist es geradezu eine Selbstverständlichkeit gewesen ganz SELBSTSTÄNDIG seine Welten, und wie man darin spielt, zu gestalten. Dazu war man auch immer dankbar für Rollenspieltips - gerade die für Weltenbastler - und hat schon früh lernen können bei solchen Tips die Spreu vom das Spiel befruchtenden Weizen zu trennen.

Die OFFENEN, selbstgebastelten Welten konnten natürlich viel leichter und viel selbstverständlicher an die Vorlieben der Spieler angepaßt werden, als die One-Size-Fits-All-Standard-Spielwelten der späteren Jahre.

Insbesondere hatten auf unseren Eigenbauten die meisten Spieler ihre EIGENE Region, die sie selbst weiterentwickelten und mit Szenarien, die dann von allen gespielt wurden, zum Leben erweckten. So wachsen über Jahre Spielwelten, ohne je langweilig zu werden, und ohne daß je irgendetwas "überspezifiziert" wäre.

In solchen auf die Vorlieben der Spieler zugeschnittenen Welten ist es natürlich leicht auch schon Level 1 Charakteren den - für heroische Fantasy - nötigen Status zu verpassen. Auch ein Level 1 Charakter kann aus eine "guten Familie" kommen, so daß allein schon die Nennung seines Namens in seiner Heimatregion die entsprechende Reaktion der Leute auslöst. Der SPIELER fühlt sich dann ganz anders, als wenn er einen gesichtslosen, heimatlosen, familien- und freundeslosen Fremdling und Durchreisenden spielt. Heimat macht verbunden. Und Verbundenheit sorgt dafür, daß man sich SORGT. Und das macht Motivation etwas zu tun, wenn es etwas gibt, das der umsorgten Heimat Probleme bereitet. - Wir sind da aufgrund des Selbstbauens der eigenen Welten ganz natürlich von dem reinen Dungeon-Crawl-Monster-Plätten zu einem Spiel in und mit der jeweiligen Kultur gekommen, das uns, weil WIR DIREKT mit der Entstehung involviert waren, sehr viel Spaß bereitet hat (auch wenn viele "Probleme" dieser Spielwelten sich als durch ausufernden Gewalteinsatz lösbar erwiesen haben ;)).

Charaktere, deren Spieler sich verbunden mit der Spielwelt fühlen, läßt man anders handeln. Und so etwas ist - so MEIN Eindruck von "Auf ein Wort" - auch das, was ein Spieler eines HELDEN, und eben NICHT NUR SEIN SPIELLEITER und schon gar nicht nur FÜR HOCHSTUFIGE Charaktere beachten sollte.

Wenn die Charaktere ihre EIGENE Motivation aus der Spielwelt ziehen können sollen, statt die stereotypen "Mach mit, auch wenn's doof ist, denn sonst geht das Abenteuer nicht los ..."-Aufforderungen zu ertragen, dann sollte man die Spieler als HELDEN auch ihre Charaktere als HELDEN führen lassen.

Und das ist es, was - meiner Auffassung nach - der entsprechende Abschnitt von "Auf ein Wort" aussagen soll.
 
AW: Warum ich "Auf ein Wort..." garnicht so schlimm finde.

Somit gab es eigentlich überhaupt KEINEN Grund für einen DSA-Spieler sich gegenüber anderen Rollenspielern wie D&D-Spielern, Midgard-Spielern, S&D-Spielern etc. überlegen zu fühlen.
Deshalb war es ja so lächerlich (und ist es immer noch (in alle Richtungen in die die diverse Spielstile deuten können)).

Woran mag es denn liegen, daß ein Rollenspieler (plötzlich?) meint, daß SEIN Rollenspiel bzw. SEINE ART Rollenspiele zu spielen, denen anderer Rollenspieler überlegen ist?
Wäre es fehl am Platze, Parallelen zu Fußballvereinen(Schalke vs. Dortmund) oder Ballspielen (Fußball vs. Handball) zu ziehen?

Kann das wirklich NUR auf einen solchen Text wie "Auf ein Wort" zurückzuführen sein?

Ich kann nicht glauben, daß man dieses Verhalten, was da ein Einzelner gezeigt hat, generell auf den Einfluß eines rein mit Rollenspiel-Tips gefüllten, vollkommen optional gehaltenen Textes zurückführen kann. - Das MUSS andere Gründe haben.
Das kann auch ich nicht glauben(Weder das "Auf ein Wort" schuld ist, noch das mein unglücklicher Einzelfall für irgendwas repräsentativ ist).
Ähnliche Attitüden werden ja auch offenbar wenn man sich mal im Englischsprachigen Internet umschaut. Ich kann nicht ganz glauben das die (fikitve) deutsche "Auf ein Wort"-geschädigte Leserschaft dermaßen hohe Wellen schlägt.

Aber wie gesagt: Ich kann zur Diskussion um diesen Text eigentlich nichts ernsthaftes Beitragen.
 
AW: Warum ich "Auf ein Wort..." garnicht so schlimm finde.

Die DSA-Monokultur liegt ALLEIN in den Köpfen der Spielenden.

Ein Text allein kann keinen solchen Einfluß auf eine Spielrunde auf "die DSA-Spieler" insgesamt haben, wenn nicht eine entsprechende Geisteshaltung die Wahrnehmung, die Auffassung dieses Textes und seines Inhaltes in einer - wie ich finde - ungewöhnlich "intensiven" Form vorbereitet und erst ermöglicht hätte.

Provokation pur: Sind DSA-Spieler allesamt gehirngewaschene "Aventurology"-Thetanen, die alles, was von L.Ron Kiesow kam, völlig unkritisch als ihren Glaubensgrundsatz übernommen haben?

Weniger provokant: Was meint Ihr, WARUM es solch eine "Monokultur" bei DSA-Spielern gab (oder noch gibt?), die quasi der Nährboden für einen derart starken Effekt eines an sich harmlosen Textes sein konnte?

Zwei ineinandergreifende Gründe:

1. Keine nennenswerte Konkurrenz. D&D hat mehrere Anläufe mehr oder weniger kompetenter Lizenznehmer gebraucht, von denen keiner der Kombo FanPro/Schmidt Spiele vertriebstechnisch und redaktionell das Wasser reichen konnte. Teilweise war TSR UK selbst an der mangelnden Akzeptanz der deutschen Fassung schuld - "avangardistische" Übersetzungen (Heilgemüse, Fackel) gepaart mit unverständlicher Produktauswahl (Dark Sun, Ravenloft, Dragonlance mehrfach abgebrochen) haben bei der DSA-Redaktion sicher nicht für schlaflose Nächte gesorgt.
Erst Amigo (in zeitlich "glücklichem" Zusammentreffen mit der Schmidt-Pleite) hat den Knoten platzen lassen.

2. Der zweite und wichtigere Grund war die immense Bindung der DSA-Spieler an ihr Spielsystem und die Welt.
Ich glaube nicht, dass die DSA-Redaktion damals einen Plan verfolgt hat; viel eher hat sich alles wie natürlich ergeben:

Aventurischer Bote
Die Postille, die die Spielwelt zum Leben erweckt und Spieler wie Meister klar macht, dass Aventurien ein lebendiger Kontinent ist. Daraus ergab sich schnell...

Metaplot
Die offizielle Aventurische Geschichte, die in rasendem Tempo voranschreitet und in AB und Abenteuermodulen beleuchtet wurde. (Auch wenn die Helden in einigen dieser Abenteuer nur zu Zuschauern degradiert wurden, nahmen sie doch Teil an dem Großen Spiel.)

Barone
Das "Postspiel", das parallel zum Rollenspiel veranstaltet wurde. Besonders engagierte und Aventurien-kundige Spieler konnten per Auslosung im AB einen Flecken Aventuriens als Baronie für ihren Helden zugewiesen bekommen. Im Hintergrund haben sie so die Aventurische Geschichte mitgestaltet.
(Eine Art Living Continent-Kampagne.)

Mitwachsende Regeln
Die Regeln haben mit zunehmendem Alter (und Anspruch) der DSA-Spieler an Komplexität gewonnen, wie auch die Komplexität des Weltgeschehens und die Art der Ereignisse eine erwachsenere Darstellung erfahren hat.
Ein DSA-Spieler musste gar nicht auf andere Spiele umsteigen, um neue Themen oder "realistischere" Regeln zu bekommen.

Zuletzt dürfte es so gewesen sein, wie mir mal ein Battletech-Spieler sagte, als ich ihn fragte, warum er nicht Heavy Gear spielt:
"Ja, ich weiß, dass Heavy Gear das bessere Mecha-Game ist, aber ich habe jetzt über 2000 Mark in Mechs investiert, da fange ich nicht nochmal von vorne an."


Interessant ist, dass all diese Dinge, die DSAs Führungsrolle über 20 Jahre zementiert haben, sich heute als Klotz am Bein herausstellen, denn sie haben zwar erfolgreich dafür gesorgt, dass viele, viele Spieler "kein System neben ihrem System" ausprobierten, aber sie stellen den Nachwuchs vor fast unüberwindliche Hürden. (Aber das ist ein anderes Thema.)

Ich habe fast zeitlich mit D&D, Gamma World und Traveller angefangen. Und unser Hauptspielleiter (wir haben aber ständig rotiert, ich war mehr für Gamma World und ein wenig für Traveller zuständig, andere nur für Traveller, andere nur für D&D) hat ständig Artikel, Magazine, und auch NEUE ROLLENSPIELE angschleppt (er war es auch, der damals bei Erscheinen DSA 1 gekauft hatte). So waren wir schon immer mit einer gewissen Vielfalt an Herangehensweisen unterschiedlicher Rollenspiele (bzw. deren Autoren) vertraut. Und da kam eigentlich NIE eine MONOKULTUR auf.

Der Fairness halber muss gesagt werden, dass diese Geisteshaltung nicht überall verbreitet war. "Meine" AD&D-Runde aus jener Zeit spielte nichts anderes als AD&D. Midgard lehnten sie mit den Wirten "iiih, das ist ja Deutsch!" ab. Erst nach viel Überzeugungsarbeit meinerseits wollten sie Palladium, RuneQuest, MERP und später Warhammer FRP ausprobieren - kehrten aber immer schnell wieder zu D&D zurück.

Und in den Ladengesprächen damals war auch schon eine Kluft zu spüren zwischen den "gehobenen" Rollenspielern, die Systeme nur "im Original" goutierten, und den Nutzern der (natürlich unzulänglichen) Übersetzungen.
 
AW: Warum ich "Auf ein Wort..." garnicht so schlimm finde.

Danke für diesen Beitrag. Sehr interessant.
 
AW: Warum ich "Auf ein Wort..." garnicht so schlimm finde.

Schöner Beitrag!
Interessant ist, dass all diese Dinge, die DSAs Führungsrolle über 20 Jahre zementiert haben, sich heute als Klotz am Bein herausstellen, denn sie haben zwar erfolgreich dafür gesorgt, dass viele, viele Spieler "kein System neben ihrem System" ausprobierten, aber sie stellen den Nachwuchs vor fast unüberwindliche Hürden. (Aber das ist ein anderes Thema.)
Schon ein anderes Thema. Aber eigentlich ja kein unlösbares Problem.

Was noch zu der von dir angesprochenen Bindung hinzukommt, war die Vielfältigkeit der Welt. Das Spielthema reichte ja, wenn man so sagen will, von Neandertaler-Fantasy bis zur Rennaissance-Fantasy und von Wüsten-Fantasy bis Arktis-Fantasy. Die Spieler konnten also ein breites Feld beackern.

Dazu kam noch gutes Spielmaterial. Die Cardstock-Heroes waren grafisch recht gut umgesetzt, die Landkarte vollfarbig und aus einem Kunsstoffmaterial hergestellt. Das gab es sonst zu der Zeit imho nicht in DE.

Ferner gab es laufend immer neue Publikationen. Man konnte problemlos mit DSA allein glücklich sein - zumal das Rollenspiel nicht nur von Hintergrund und Regeln lebt, sonder auch vom Erlebnis am Spieltisch. Und wenn man seine besten Spielerlebnisse mit DSA hatte, war das ein Grund mehr dabei zu bleiben.
 
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