Rund um Bücher "Sprachzensur" und Rassismus in Literatur und der Umgang damit.

Und wie ist das eigentlich mit dem, was ein Romanautor einem seiner Charaktere in den Mund legt?

NICHT zu Kinderbüchern:

Darf ein Autor eines historischen Romans schreiben: "Der Plantagenbesitzer deutete stolz auf das Feld und sagte: 'Hier arbeiten über 60 Neger bei der Baumwollernte.'"? - Oder muß das jetzt auch alles "korrigiert" werden?

Und was, wenn es nicht ein so neutral GEMEINTER Satz wie oben war, sondern: "Der Biker mit dem Jesus-Tatoo legte die abgesägte Schrotflinte an und sagte: "Zehn kleine Negerlein, gleich sind es nur noch neun." Und dann drückte er ab."? - Ist es jetzt verboten den BÖSEN in Romanen solche Worte in den Mund zu legen?

Anders gefragt: Muß wirklich JEDES Vorkommen von "Neger" oder anderen Begriffen GETILGT werden?

Ich meine, daß auch gerade abwertend gemeinte Verwendung insbesondere im Wortschatz der Schurken, oder heute als herabsetzend empfundene Begriffe im Wortschatz von historisch plazierten Charaktere NICHT getilgt werden dürfen. Sie sollten sogar nicht einmal "vermieden" werden, weil es hier um die Glaubwürdigkeit eines historischen Settings oder eines - z.B. rassistisch eingestellten - Charakters geht.

Oder wer erwartet sich in einem Roman über Ku-Klux-Klan-Angehörige wirklich, daß diese SCHURKEN alle von "Laßt uns mittelschwere Körperverletzung mit Vorsatz gegen stärker Pigmentierte begehen!" reden, statt zu sagen "Gehen wir Neger klatschen!"?

Zu Kinderbüchern:

Wenn HEUTZUTAGE ein Kinderbuch NEU verfaßt wird, dann erwarte ich tatsächlich, daß sich der Autor um eine heutigem Empfinden angemessene Sprache, die aber vor aller "political correctness" zu allererst KINDGERECHT zu sein hat, bedient.

Wer aber - gerade auch als Eltern - ein Kinderbuch, das über SIEBZIG JAHRE ALT ist, wie es nun einmal bei Pippi Langstrumpf der Fall ist, hernimmt, der muß damit rechnen, daß dort eben der Wortschatz von 1941, dem Entstehungsjahr, drin ist, und nicht der von 2013.

Aus heutigem, gewandeltem Sprach- und Bedeutungsempfinden den Appell zu formulieren, die HISTORISCHEN TEXTE zu verändern, sie im Sinnzusammenhang, den sie in ihrer Entstehungszeit hatten, zu verändern, finde ich unangebracht und geradezu verwerflich.

Denn wo ist die Grenze?

Wie weit zurück geht denn der 1984-artige Neusprech-Wahn?
 
Und wie ist das eigentlich mit dem, was ein Romanautor einem seiner Charaktere in den Mund legt?

Daran stoßen sich augenscheinlich auch Menschen. Aber davon haben wir hier im Forum (zum Glück) keine Vertreter, sonst würde sich der Verlauf dieser Diskussion bestimmt weitaus unsachlicher darstellen.
 
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Da das AA-Forum ja immer noch - trotz des sinkenden Engagements der Mitglieder in Rollenspielthemen zu posten - ein Rollenspiel-Forum ist, hier noch etwas aus meiner Rollenspielpraxis.

In meinen Rollenspielrunden spielen Spieler je nach Setting durchaus Charaktere, die mit Diskriminierung in der SPIELWELT(!) klarkommen müssen.

So ist ein Neger-SC in New Orleans in Deadlands:Noir eben NICHT mit moderner Freizügigkeit ausgestattet, sondern in den Stadteilen oder Gebäuden, wo "Segregation" betrieben wird, da muß er zum "Negereingang" rein, nicht zum Haupteingang. In der Straßenbahn muß er hinten sitzen, weil dort die Neger sitzen müssen.

Da es in diesem Deadlands:Noir-Runden aber NICHT um das Thema "Rassentrennung und deren politisch-soziale Aufarbeitung" geht, sondern darum, Kriminalfälle mit übernatürlichen Verwicklungen im Jahre 1937 zu lösen, kommt so etwas nur als "Komplikation" vor (eben besagter "Negereingang", statt des Haupteingangs), doch ist es nicht so, daß der Charakter deswegen "unspielbar" wäre oder gar aktiv verfolgt würde.

Gerade Deadlands:Noir und mehr noch Deadlands: The Weird West/Deadlands:Reloaded haben - trotz Sklavenbefreiung und trotz de facto Gleichstellung der Frau im Alltag - immer noch die historischen Konventionen des ausgehenden 19. Jahrhunderts. - Frauen haben in den meisten Staaten kein Wahlrecht, sind aber - immerhin weicht ja Deadlands von der Historie ab - als Bürgermeister oder Sherriff oder andere Wahlbeamte wählbar. Schwarze sind zwar keine Sklaven mehr, aber gerade im Süden gibt es Vorurteile und miese Behandlung ("Tut mir leid, kein Zimmer mehr frei." für den schwarzen Cowboy, während der nach ihm kommende Weiße natürlich ein Zimmer bekommt). - Chinesen werden außer in den rein chinesisch verwalteten Städten wie Shan Fan als typische "Kulis", als die "Himmlischen" behandelt.

In Rippers spielen Spieler ganz natürlich und ohne "Roma&Sinti"-Verrenkung ihre Zigeuner-Charaktere. Und leben damit, daß man ihnen seitens der biederen Normalbürger eben erst einmal Mißtrauen entgegenbringt.

In Realms of Cthulhu sind ALLE NSCs, die nicht eine weiße Hautfarbe haben, dazu gehören auch Mexikaner und andere braungebranntere Weiße, erst einmal vertrauensunwürdig und aller Wahrscheinlichkeit nach Kultisten und darauf aus die SCs umzubringen. - Ja, ich nehme Lovecraft-Romane als stimmungsliefernde Grundlage für mein Cthulhu-Spiel und diese sind nun einmal aus der weißen, anglo-amerikanischen, protestantischen Sicht verfaßt und stellen die Welt entsprechend "gefärbt" dar.


Rassismus, Diskriminierung, Nichtgleichberechtigung, Vorurteile usw. - das gehört für mich zum Rollenspiel in historischen Settings je nach der Region und der Epoche einfach zur Glaubwürdigkeit des Settings dazu.

In vollkommen phantastischen Welten ohne jeglichen irdischen Historienbezug gibt es das natürlich auch! - Man schaue sich mal die geradezu "xenophoben" Orlanthi in Glorantha an - und das ist eines der typischen Spielercharakter-Völker! Die lehnen so gut wie jede andere Kultur, anderes Aussehen, andere Verhaltensweisen usw. als minderwertig, ja geradezu ihre göttlichen Tabus verletzend ab. - Kein Wunder, daß sie in praktisch dauerhaftem Kriegszustand leben!

Auch in komplett von der irdischen Geschichte und irdischen Vorgaben losgelösten Settings gibt es Fremdenfeindlichkeit etc. - WH40K ist praktisch allein da drauf aufgebaut, weil der dortige "Only War"-Dauerkriegszustand letztlich gegen JEDEN außerhalb des Imperiums und gegen VIELE innerhalb des Imperiums geführt wird.


Ist das ein Problem?

Nein.

Überhaupt keines!

Kein Spieler oder Spielleiter, der einen IM SETTING, d.h. in der SPIELWELT vorhandenen diskriminierenden Akt gespielt hat, wird dadurch selbst zum Fremdenhasser!

(Wer das glaubt, der sieht auch die Spieler von Ego-Shootern als zwangsläufig zu Amokschützen werdende Mörder - und wie bekloppt diese Ansicht ist, wurde ja schon, seit es Ego-Shooter gibt, lang und breit diskutiert.)


Wenn in Werewolf-Runden solche Themen wie "Abstammung", "Rasse" usw. aufkommen, dann macht dies die Spieler nicht zu Rassisten.
Wenn in Castle Falkenstein ein weiblicher Charakter nach dem Dinner nicht zu den Männern ins Raucherzimmer geht, weil sich das nicht schickt, dann werden die Spieler der männlichen Charaktere nicht zu Frauenverächtern.


In meiner Spielerfahrung, die nun über 30 Jahre umfaßt, hat sich das Aufgreifen solcher in einer Spielwelt in SPIELWELT-LOGIK stimmiger Diskriminierungen und Ungleichbehandlungen NIE als ein Problem erwiesen, das über den Spieltisch hinaus gewirkt hätte.

Man kann also im Rollenspiel Neger, Eskimos, Zigeuner, usw. auftauchen lassen, ohne sich alle Begriffe und das Hirn verrenken zu müssen, nur noch politisch heutzutage als "korrekt" eingestufte Ersatzbegriffe zu verwenden.

So befreit weiterhin der Pulp-Dschungel-Held seine Gefährten aus dem Neger-Kral statt sie aus der "Südsee-Ferienanlage" zu holen.

Und das geht beim LESEN von Romanen nicht?

Haben Romanleser WENIGER innere Distanz zum Gelesenen, als Rollenspieler zum Gespielten? - Ich hätte eher sogar umgekehrt erwartet, daß Rollenspieler viel tiefer "drin" sind, als Romanleser.

Aber offenbar erwarten das die Verlage nicht.

Verlage halten die Leser von Romanen - oder die Vorleser von Kinderbüchern, die zweieinhalb GENERATIONEN ALT sind - für geistig labil und daher geradezu "Schutzbefohlene", denen man keinen originalen Grimmelshausen, keinen originalen Goethe, keinen originalen Mark Twain und auch keinen originalen MacDonald Fraser (Flashman-Romane!) zumuten kann.

Da "muß" man dann wie in 1984s "Miniwahr", dem Wahrheits-Ministerium, dafür sorgen, daß die Texte, welche man heute erwerben kann, "schon immer so waren", wie man sie zusammengestrichen und abgeändert hat.

Komisch.

Aber im Rollenspiel ist das in der fast täglichen Praxis KEIN Problem.

Bücherleser sind vermutlich tatsächlich psychisch labil, leicht beeinflußbar und brauchen eine STARKE HAND (tm), die entscheidet, welche Worte sie lesen dürfen, und welche nicht.

Meine Pippi ist die Negerprinzessin.

Ich esse gerne Negerküsse.

Ich finde Zigeunermusik toll.

Ich mag die typischen Zigeunerkarren in England (die das Vorbild zu Hellfrosts Engros sind).

Und wer mich deswegen für einen Rassisten oder so hält, der hat einfach KEINE AHNUNG!


Rassist ist man, weil man rassistisch DENKT und HANDELT! - Nicht weil man Begriffe verwendet, die noch vor zehn oder zwanzig Jahren neutral aufgefaßt wurden und völlig gängig waren und aus welchen Gründen auch immer heutzutage zu "Problembären" aufgebauscht werden. - Ich habe als Kind, als Jugendlicher, als Student noch meine NEGERKÜSSE gekauft. Und es gibt nur EINEN alternativen Begriff dafür - und der heißt nicht "Schokokuß" oder "Schaumkuß", sondern MOHRENKOPF.

Und jetzt esse ich gleich ein völlig diskriminierungsfreies Zigeunerschnitzel. - Guten Appetit!
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Ist denn "so tun, als existiert kein Unterschied zwischen der weißen und schwarzen Hautfarbe" dann rassistisch gedacht, oder eher das Gegenteil?
Keine Ahnung. - Kommt halt auf den Kontext an.

Natürlich sieht man einem Schwarzen seine Hautfarbe an. Dieser Unterschied existiert als simpler Fakt.

Aber die Frage ist doch, ob jemand WEGEN dieses Hautfarbenunterschiedes sich ANDERS verhält. Z.B. einem Schwarzen eine Wohnung nicht vermietet, einen Schwarzen nicht anstellt, sich nicht neben einen Schwarzen in der U-Bahn hinsetzt, einen Schwarzen nicht in die Disco läßt - eben nur WEIL er schwarz ist. - Das ist dann nämlich eine Entscheidung, bei der die Hautfarbe das Entscheidungskriterium ist. Und das ist in den meisten Fällen eine Form rassistischen Verhaltens.

Wer also diese Unterschiede "wegzudenken" versucht, der ist doch einfach bekloppt - nicht rassistisch, aber auch nicht ein wie auch immer zu bezeichnendes "Gegenteil".

Daß ein MENSCH ungeachtet der Hautfarbe, des Geschlechtes, des Alters, des Gesundheitszustandes, usw. die gleichen RECHTE und den Anspruch auf menschenwürdige Behandlung haben MUSS, ist doch einfach ein moralischer Wert, der unsere Kultur und unser Rechtswesen durchzieht.

Aber das macht doch einen vorhandenen, einen offensichtlichen Unterschied wie schwarze Haut, weibliches Geschlecht, höheres Alter, sichtbare Körperbehinderungen usw. nicht irgendwie "unsichtbar".

Wer hier den ach so Toleranten als Laientheateraufführung gibt, den halte ich für einen Heuchler.

Man SIEHT den Unterschied, damit ist er offensichtlich. - Die Frage ist, ob man sich wegen des Hautfarbenunterschieds, des Geschlechtsunterschieds, des Altersunterschieds, usw. zu grundsätzlich anderem, zu UNGLEICHEM Verhalten demjenigen gegenüber veranlaßt sieht. Das ist doch das Entscheidende.
 
Ist denn "so tun, als existiert kein Unterschied zwischen der weißen und schwarzen Hautfarbe" dann rassistisch gedacht, oder eher das Gegenteil?
ganz OT: Ich denke, es ist rassistisch bzw. xenophob gedacht; und sei es nur, weil man verzweifelt versucht, nicht als rassistisch bzw. xenophob angesehen zu werden.
Und indem man mit solchen beinahe-Parolen wirbt, vertieft man dieses rassistische bzw. xenophobe Weltbild, anstatt dass man es bekämpft. Denn dadurch wird doch das Bewusstsein dafür, dass jemand "zwar anders, aber dennoch Mensch" ist, nur noch mehr gestärkt. Selbes gilt übrigens nciht nur für "Fremde", sondern auch für andere Randgruppen der Gesellschaft.
 
Aber das macht doch einen vorhandenen, einen offensichtlichen Unterschied wie schwarze Haut, weibliches Geschlecht, höheres Alter, sichtbare Körperbehinderungen usw. nicht irgendwie "unsichtbar".

laut deiner aufzählung ja.

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Girls can wear jeans
And cut their hair short
Wear shirts and boots
'Cause it's OK to be a boy
But for a boy to look like a girl is degrading
'Cause you think that being a girl is degrading
Madonna
 
Der erste Schritt ist, zu erkennen, dass es einen farblichen Unterschied gibt zwischen einem weißen und einem schwarzen Menschen. Das ist der einfache Teil, den bekommen wir alle hin. Der zweite Schritt ist, anschließend nicht entsprechend der eigenen Situation zu werten. Das ist schon schwieriger, da verlieren wir einiges an Menschheit.

Das Gehirn ist nun einmal ein „Gleichmacher“. Es passt aber nicht objektiv an, sondern entsprechend den uns individuell zur Verfügung stehenden Parametern. Es passt das, was ungewöhnlich ist, an das an, was wir als „normal“ einstufen. Deswegen ist es als Weißer so gefährlich, zu sagen, dass Wort „Neger“ in „Pippi Langstrumpf“ stört niemanden. Es stört in erster Linie mal die Weißen nicht, bzw. nicht (mehr), sobald man es sich im Kontext eines Klassikers anschaut. (Plötzlich wird die Änderung einer überflüssigen Wortergänzung wie „Neger“ in „Negerprinzessin“ gleich gesetzt mit der Zensur eines kompletten Buchs, oder verglichen mit der Idiotie, einen Film wie Django, in dem es um Rassenhass geht, politisch korrekt „aufzuwerten“, in dem man „nicht so oft Nigger“ sagt.) Ob es die Schwarzen stört, dass können die Weißen überhaupt nicht entscheiden. Tun wir aber trotzdem (oft). Wir setzen die Situation der Schwarzen und der Weißen gleich. Nicht bloß dann, wenn wir politisch korrekt FORCIEREN wollen, dass „schwarz“ und „weiß“ gleich ist. Wir tun es auch (unabsichtlich), in dem wir beispielsweise davon sprechen, ebenfalls mit Diskriminierung kämpfen zu müssen und das Gefühl zu kennen. Und weil wir das Gefühl kennen und damit klarkommen, erwarten wir, dass die Schwarzen das auch tun. Dabei wissen wir nichts darüber, wie es ist, in einer Welt zu leben, in der elitäre Weiße Jahrhunderte lang dafür Sorge getragen haben, dass „weiß“ von den Weißen als „Standard“ angesehen wird. Wir wissen nur, wie es ist, diskriminiert zu werden. Ist aber nicht dasselbe.

Uns aufgeklärten, intelligenten Männern würde im Traum nicht einfallen, zu behaupten, wir würden das Gefühl der Frauen kennen, in unserer Gesellschaft immer noch alltäglich mit den schäbigen Resten Jahrhunderte andauernder Unterdrückung leben zu müssen, nur, weil wir Jahrzehnte lang von Alice Schwarzer „fies behandelt“ worden sind. Warum reicht es denn bei der Hautfarbe aus, Momentaufnahmen an persönlichen Erfahrungen zu nennen und dann zu glauben, diese Jahrhunderte der Unterdrückung einer ganzen Menschengruppe damit ausgeglichen zu haben?

Das Wort „Neger“ ist nicht ok. Das wissen wir alle, und wir wissen auch warum. Müssen wir es deswegen rausnehmen? Nein, denn damit suggerieren wir bloß, dass wir der Auffassung sind, „husch-husch-und-weg“ sei die Lösung. Aber wir dürfen auch nicht einfach argumentieren, „es müsse in einem Klassiker nunmal ok sein“. Das muss es gar nicht, und „Zensur! SKANDAL!“ zu schreien unterstreicht diese Aussage auch nicht. Das Wort in einem Kontext zu streichen, in dem es keinen Unterschied macht, ob es da steht oder nicht - „Negerprinzessin“ in „Südseeprinzessin“ abzuändern tut der Geschichte selbst überhaupt nicht weh -, ist auch nicht dasselbe, wie das Wort in einem Kontext zu streichen, in dem es Signifikanz hat....bei „Django“, beispielsweise. Warum also so argumentieren, als ob? Es ist auch genauso wenig der Anfang von Bücherverbrennung (gewesen), solange noch kein Buch brennt. Warum also so tun, als ob? Letztlich suggeriert man mit solchen falschen (!) Vergleichen und Mutmaßungen doch bloß, dass man verzweifelt versucht, Gründe zu finden, um das Wort „Neger“ in einem Kinderbuch stehen zu lassen. Und nur mal so für sich gewertet, ist das deutlich unkritischer mit der Thematik umgegangen, als man es als Weißer tun müsste.

Ich weiß, ich wiederhole mich, aber wir können hier keine Lösung finden. Diskriminierende Worte aus Klassikern zu entfernen ist blöd. Sie drin zu lassen ist allerdings auch blöd. Besser wär's, in einem Vorwort zu schreiben, warum beides blöd ist, anstatt Argumente dafür oder dagegen zu suchen, es drin zu lassen oder zu entfernen. Zu versuchen, Argumente dafür oder dagegen zu finden ist nämlich auch blöd.
 
Das Wort „Neger“ ist nicht ok. Das wissen wir alle, und wir wissen auch warum. Müssen wir es deswegen rausnehmen? Nein, denn damit suggerieren wir bloß, dass wir der Auffassung sind, „husch-husch-und-weg“ sei die Lösung. Aber wir dürfen auch nicht einfach argumentieren, „es müsse in einem Klassiker nunmal ok sein“. Das muss es gar nicht, und „Zensur! SKANDAL!“ zu schreien unterstreicht diese Aussage auch nicht. Das Wort in einem Kontext zu streichen, in dem es keinen Unterschied macht, ob es da steht oder nicht - „Negerprinzessin“ in „Südseeprinzessin“ abzuändern tut der Geschichte selbst überhaupt nicht weh -, ist auch nicht dasselbe, wie das Wort in einem Kontext zu streichen, in dem es Signifikanz hat....bei „Django“, beispielsweise. Warum also so argumentieren, als ob? Es ist auch genauso wenig der Anfang von Bücherverbrennung, solange noch kein Buch brennt. Warum also so tun, als ob? Letzlich suggeriert man mit solchen falschen (!) Vergleichen und Mutmaßungen doch bloß, dass man verzweifelt versucht, Gründe zu finden, um das Wort „Neger“ in einem Kinderbuch stehen zu lassen. Und nur mal so für sich gewertet, ist das deutlich unkritischer mit der Thematik umgegangen, als man es als Weißer tun müsste.
Ich denke, das Problem ist eher, dass man zwar "Neger" in "Südsee" wechseln möchte, aber der kolonial-rassistische Kontext eben nicht verändert bzw. gestrichen wird. Pippi und ihr Vater herrschen (nominell) immer noch über die "edlen Wilden" und diese Neger finden das auch noch toll. Mit der Auswechslung dieses einen Wortes wird das, was in der Geschichte möglicherweise Rassistisches zum Ausdruck gebracht wird eben nicht getilgt. Es wird beschönigt. Und es gibt nix schlimmeres, als beschönigte Missstände. Entweder man zieht etwas komplett durch - im Falle von Pippi wäre das, die entsprechenden Passagen ganz zu streichen oder umzuschreiben - oder man macht es nicht und sichert sich mit einem Vor- oder Nachwort ab. So wirkt es wie "gewollt aber nicht gekonnt".

Ich denke, das ist es, was viele an diesem "wir ersetzen Neger" stört. Es wirkt so falsch, weil es den (angeblichen?) Missstand nicht behebt. Und ähnlich läuft es ja mit der PC.
 
(Wollte eigentlich den Riesentext rausnehmen und nur die Essenz schreiben, aber da aingeasil bereits einen Teil gelesen und zitiert hat, habe ich den Riesentext wieder eingefügt.)
 
HEUTzutage von MANCHEN als diskriminierend empfundene Worte oder Formulierungen aus "Klassikern" zu entfernen, ist nicht nur "blöd", sondern einfach eine ENTSTELLUNG der Originale. - Das ist wie das (verlogen schamhafte) Retuschieren der Nacktheit bei manchen Gemälden, die schlichtweg übermalt wurden. Das ist ein Eingriff in das eigentliche Werk des jeweiligen Künstlers bzw. Autors.

Vor allem:

Aus HEUTIGER Sicht auf den Gesamtbestand der menschlichen Literatur zurückblickend, dürften 99,999% aller bekannten Texte in der einen oder anderen Form "diskriminierend", "nicht politisch korrekt", "undemokratisch", "nicht zeitgemäß", usw. sein.

Hier nur vereinzelte Werte auszusondern und diesen eine separate Zensurbehandlung angedeihen zu lassen, ist zwar vielleicht noch vom Aufwand her beherrschbar, aber WER trifft hier eigentlich die Auswahl?

Wer entscheidet, daß das eine alte Buch nun textuell verändert wird, während das andere unangetastet bleibt, oder man sich sogar darauf zelebriert "endlich in unzensierter, wiederhergestellter Fassung" ein altes Werk dem heutigen Leser zugänglich zu machen?

Wie gesagt, aus HEUTIGER moralischer Sicht ist so gut wie die GESAMTE Weltliteratur quer über alle Völker, alle Epochen, alle Stile, alle Inhalte und alle Themen schlichtweg "nicht politisch korrekt" und müßte demzufolge beständig abgeändert und "übermalt" werden.

Der Widersinn, ja geradezu das KULTURVERBRECHEN des Änderns auch nur EINES Wortes wird erst so richtig deutlich, wenn man es mal mit aller Konsequenz zuende denkt.
 
Ich weigere mich immer noch dagegen, wenn behauptet wird, dass Leute mit anderer Hautfarbe anders denken sollen als ich. Wenn ich den Begriff bei Pipi Langstrumpf historisch einordnen kann, warum soll das ein dunkelhäutiger Mitbürger nicht auch können? Oder eine Frau? Du weist sicher was ich meine.

Ich behandel halt wirklich erst mal jeden Menschen gleich. Deswegen hab ich auch kein Problem bei nem Behinderten nen Witz abzulassen oder ignoriere Frauenparkplätze, wenn sie mir nicht sinnvoll erscheinen (bei uns in der Arbeit, auf einem überwachten Parkplatz machen die null Sinn, sind nur näher am Eingang. Und da ich Frauen nicht für gehbehindert halte, stelle ich mich da drauf wenn frei ist).

Und solange mir niemand sagt, dass ihn was stört und mich stört es nicht, dann gehe ich erstmal davon aus, dass es einen anderen auch nicht stört.
 
Nun, an der "Negerpuppe" in Sarah Kuttners Buch HAT sich ja z.B. jemand gestört.

Wobei die Dame ja auch nicht mehr ganz so jung ist und diese Puppen damals tatsächlich "Negerpuppen" genannt wurden.

Überhaupt: Seit wann ist eigentlich "Neger" nicht mehr "hoffähig"?

In den Achtzigern war das jedenfalls noch nicht nur gängig, sondern da hießen eben Negerküsse auch noch Negerküsse und man konnte sich "Eisneger" (Softeis in Schokolade getunkt) kaufen.

Mir ist erst letztes Jahr von jemandem gesagt worden, daß man heutzutage nicht mehr "Neger" sagen darf, nachdem ich im Rahmen der Avengers-Film-Diskussionen meinte, daß Nick Fury eigentlich ja kein Neger sei, sondern nur im Ultimate Universum und jetzt eben in der Marvel-Film-Universumsversion sozusagen ausnahmsweise kein Weißer mit Weltkriegsvergangenheit mehr ist. - Ich war da ganz erstaunt, denn der Begriff ist in meinem Wortschatz NICHT negativ belegt.

Es ist ja auch nicht so, daß man unter "Schwarzen" nur die Personen versteht, die man mit "Neger" als "negroide Züge aufweisend" bezeichnet. Denn die Ureinwohner Australiens, mancher Philippinischer Inseln, Maori, Hawaianer, manche Inder usw. sind auch "Schwarze". Aber wenn ich den Begriff "Neger" verwende, dann meine ich definitiv Menschen aus Afrika oder mit erkennbar afrikanischen Vorfahren.

Irgendwie gehen an mir solche "Updates" im Sprachgebrauch vorbei.

Eventuell braucht die deutsche Sprache immer mal wieder offiziell verkündete, per zwangsweiser Unterweisung vermittelte "Servicepacks" der neuesten Bedeutungen und Interpretationen alter Begriffe.

Ich bin noch nicht sehr alt, aber wohl alt genug, daß in MEINEM Sprachgebrauch manche Begriffe einfach NICHT diskriminierend verwendet werden, die jüngere Leute heute als irgendwie politisch unkorrekt empfinden.

Darauf einen Mohrenkopf, 'nen salafistischen!
 
Ich weigere mich immer noch dagegen, wenn behauptet wird, dass Leute mit anderer Hautfarbe anders denken sollen als ich.

Falls es dir hilft: Ersetze einfach "Leute mit anderer Hautfarbe" mal durch "Leute mit anderen Erfahrungen" und frage dich dann nochmal, ob eine Weigerung weiterhin sinnvoll wäre.

Es geht und ging nie um die Hautfarbe, sondern einzig und allein um die Erfahrungen, die man damit gemacht hat.
 
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