Ich betreibe mal ein bisschen Thread-Nekromantie, da mich das Thema "Einsteigerrollenspiel" in den letzten Monaten stark beschäftigt hat.
Die Kernfrage war: Wie bringt man komplette Neueinsteiger (Altergruppe 12-20), die noch nie was davon gehört haben, mit möglichst geringem Zeitaufwand zum Pen & Paper?
Der Standard-Weg war in unserer örtlichen Community lange Zeit DSA4 oder Shadowrun 4, mit einem erfahrenen Rollenspieler als Spielleiter, der sich die Zeit genommen hat, die Hintergrundwelt und die Regeln zu erklären und erste Charaktere zu bauen und dann eine Runde zu leiten.
Probleme:
- Die motivierten erfahrenen Tutoren wurden weniger (Studium,...)
- Die Neulinge waren zwar schnell zum spielen zu begeistern, hatten aber bei den gegebenen Systemen oft regelrecht Panik, die Rolle des Spielleiters zu übernehmen. Wenn der Tutor nichts mehr anbot, machten sie nicht von sich aus weiter (obwohl Interesse da war)
- Neulinge die noch keinen Bezug zum Hobby haben sind oftmals nur schwer dazu zu bringen, sich die Zeit zum Charakterbauen und Regelerklären und dann noch 2-3 Abende für ein Testabenteuer zu nehmen.
Ich bin dann für mich auf ein paar Prämissen für ein Einsteigersystem gekommen
- Der Charakterbau und die Erklärung der Grundregeln muss schnell gehen (<1h für die ganze Gruppe). Den Charakterbau kann man prinzipiell durch vorgefertigte Archytypen umgehen (Was ich auch oft gemacht habe), aber das hat oft zu Problemen geführt, weil die Spieler zwar mit dem Gesamtkonzept einverstanden, aber mit Details (Bestimmte Handycaps o.Ä.) unzufrieden waren. Bei einem selbstgebauten Charakter baut sich auch eher ein Bezug auf.
- Die Hintergrundwelt muss einfach verständlich (Nicht all zu viele Begriffe zu merken) und flexibel (Da Neulinge oft ihre eigenen Ideen einbringen wollen, die nicht immer mit dem "offiziellen" Hintergrund kompatibel sind) sein ODER eine Adaption eines bekannten Mediums (Film, Fernsehserie, Comics) bieten, die allen Spielern bekannt ist.
- Die Aufmerksamkeitsspanne, gerade von jungen Teenagern, ist, zumindest anfangs, sehr gering. Es muss schnell etwas passieren um sie zu fesseln. Daher eignet sich ein Kampf- und Action-orientiertes System besser.
In folge habe ich ein paar Rollenspielsysteme ins Auge gefasst und auf Tauglichkeit abgeklopft
DSA4
Shadowrun 4
Pathfinder
Savage Worlds
Aborea
Dungeonslayers
Schlussendlich bin ich bei Savage Worlds, mit einem einfachen/generischen oder vertrauten (Fernsehen) Hintergrund gelandet. Alternativ Dungeonslayers, hier kann auf einen allgemeinen Hintergrund praktisch komplett verzichtet werden. Allerdings sollte man auch ein bisschen Spiel außerhalb des Dungeons einplanen, damit die Spieler auch diesen Teil des RPGs kennen lernen.
DS traue ich außerdem zu, dass komplette Neulinge es auch ohne Tutor schnell begreifen und Interesse zeigen, SW hatte diesen Effekt erst nach zumindest einer unter Anleitung gespielten Runde.
Platz 3 hat das DSA-Grundregelwerk (Alleine und unter völliger Missachtung aller Zusatzbände)
Aborea hat mich ehrlich gesagt enttäuscht. Ich hatte damit ein Experiment gewagt und es ungeöffnet meiner 13-Jährigen Cousine übergeben (Schaus dir doch mal an und probiers mit deinen Freundinnen). Habs dann zwei Tage später mit "verstehe ich nicht" zurückgekriegt (Ich vermute eher, dass das Interesse nicht geweckt wurde, sie hat seitdem schon zweimal problemlos bei SW-Runden mitgespielt). Den Anspruch völlig Unbedarfte an das Hobby zu führen, erfüllt es also zumindest für mich nicht.
Was mich bei Aborea auch noch stört ist, dass sie teilweise für den Einstieg sinnlose Details wie Namen der Götter oder verschiedene Sprachen im Hintergrund aufführen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass alles, was man sich vom Hintergrund auswendig merken muss, bei Neulingen ein Hemmnis darstellt.
Im Augenblick noch in Probe sind Midgard-Runenklingen und Destiny Dungeon. Details folgen, aber zumindest DD stehe ich eher skeptisch gegenüber. Das System mag recht simpel sein, aber es liest sich zu schwerfällig.