AW: Darstellen von Geisteskrankheiten im Rollenspiel
Ihr habt gelesen, daß es um NSCs gehen soll?
Ja. - Aber in Regelsystemen, die entsprechende Mechaniken zur Hilfe bei der Darstellung von geistigen Störungen anbieten, gelten die Regeln auch für NSCs. - Und letztlich muß ja der SPIELLEITER die Darstellung bei einem NSC übernehmen, weshalb also für die Darstellungsfrage kein Unterschied gemacht werden muß.
Um die ENTWICKLUNG eines Charakters mit geistigen Störungen ging es MIR jedenfalls überhaupt nicht. - Das findet bei NSCs eh außerhalb der eigentlichen Spielzeit statt und bei SCs hat da ja der Spieler noch ein Wörtchen mitzureden bzw. sorgen Regelmechaniken dafür, daß er sich eine Störung "einfängt" (Cthulhu, Deadlands), oder sie wächst (UA), oder daß sie sich verschlimmert/intensiviert.
Da bin ich VÖLLIG anderer Ansicht. NSCs gehören zum mobilen Inventar, welches der Spielleiter verwenden kann, damit die SCs ihre Bühne gebaut bekommen. - Ein NSC hat keinerlei Anspruch darauf irgendwelche "Tiefe", irgendwelche "Entwicklung", irgendwelche Bedeutung zu haben. Ein Irrer in einem Irrenhaus-Abenteuer gehört wie die Gummizelle, die Zwangsjacke und der bullige Schlägertyp als "Pfleger", sowie der nickelbrillentragende Arzt ohne Emotionen einfach zur Ausstattung der Szenerie. - Und damit diese Szenerie halbwegs stimmig rüberkommt, ging eben die Frage des Threaderstellers dahin, WIE man denn solche "Ausstattungs-NSCs" halbwegs stimmig darstellen soll, ohne gleich ins Lächerliche (was ja in manchen Szenarien auch gewollt sein könnte) abzudriften.
Außerdem habe ich primär mit Zornhau gesprochen, da ich nicht verstehe warum er sich mit unnötigen Regeln belastet, die bei der Darstellung des Charakters sowieso keine große Hilfe sind.
DU bist der Meinung, daß solche Regeln FÜR DICH unnötig sind.
ICH empfinde solche Regeln als eine deutliche HILFE für MEINE Spielrunden, für MEINE NSCs und SCs. Für MICH sind Regelsysteme MIT solchen Regelunterstützungen wesentlich zugänglicher als Regelsysteme, die mich in solchen Fragen im Regen stehen lassen.
Abzüge werden einen Spieler nicht davon abhalten trotzdem eine Aktion durchzuführen.
Wenn man vornehmlich am EFFEKT interessiert ist, dann werden Abzüge sicherstellen, daß eine Aktion öfter NICHT KLAPPT. - Wenn einem der GRUND für den Fehlschlag der Aktion gegenüber dem Fehlschlag selbst eher egal ist, dann hat man einen schön einfachen und leicht anwendbaren Regelmechanismus gefunden, der einen im Spiel die EFFEKTE von geistigen Störungen für SCs und NSCs (bei denen der Grund sogar noch weitaus überflüssiger ist als bei SCs) darstellen läßt.
Beispiel: Jemand hat Schwierigkeiten mit anderen Menschen zu reden, mit ihnen in Kontakt zu treten. Dieser Jemand scheitert (aufgrund der hohen Abzüge) sehr OFT, wenn er Streetwise, Persuasion etc. anwenden müßte um einen bestimmten Effekt (z.B. das Abfragen einer bestimmten Information) zu erzielen. - Wenn es uninteressant ist, ob bei einem ca. 1 Stunde dauernden Streetwise-Wurf nun der Charakter eine Stunde lang Leute angequatscht hat, aber alle auf dem falschen Fuß erwischt hat, oder ob er sich eine Stunde lang innerlich gequält hat und sich dann doch nicht getraut hat jemanden anzusprechen, dann hat man DENSELBEN EFFEKT.
Und das ist - eine gewisse Granularität eines Regelsystems vorausgesetzt - alles, woran man bei dieser Handlung interessiert ist. (Vergleich mit dem Kampfsystem: Ob ich jemanden nun getroffen habe, weil er so doof war und mir in die Klinge gelaufen ist, oder ob ich ihn fies ausgetrickst habe, oder ob ich ihm seine Verteidigung mit roher Gewalt durchschlagen habe, ist für den EFFEKT "der Gegner wurde getroffen" EGAL. - So auch bei solchen sozialen Fertigkeiten. Daher funktionieren Modifikatoren ja auch so gut.)
Und am Ende meint der Spieler wohl noch er hat den Charakter gut dargestellt, weil er ja eine -x Modifikation beachtet hat.
Stimmt. Und wenn seine Handlung aufgrund des negativen Modifikators scheitert, den er ja nur hat, weil er einen bestimmten Nachteil hat, dann bekommt der Charakter in manchen Regelsystemen dafür auch noch einen Bennie, einen Fate-Chip oder ähnliches. - Das ist so in den Regeln vorgesehen, und das sorgt dafür, daß die SPIELER (jetzt wieder bei SCs, denn NSCs bekommen KEINE Belohnung dafür, daß sie etwas nicht schaffen) einen ANREIZ haben die Nachteile ihrer SCs auch im Spiel zum Tragen zu bringen.
Ein Regelsystem mit klaren Mechaniken für solche psychisch wirksamen Nachteile und mit einem Belohnungsmechanismus, der immer dann greift, wenn diese Nachteile auch im Spiel eine Wirkung zeigen, ist für die Darstellung von geistigen Störungen eine ENORME ERLEICHTERUNG für Spieler. - Und auch ohne Belohnungssystem für NSCs erleichtert das einem Spielleiter die Darstellung für NSCs.
Natürlich kann man ein komplexes Regelgebilde aufbauen, um den Spieler in die richtige Bahn zu lenken, aber ist es nicht wesentlich einfacher dem Spieler von vornerein klar zu machen, daß er etwas nicht machen darf, weil der Char der inneren (aber irrationalen) Überzeugung ist, das er es nicht können darf.
Nein. Es ist NICHT wesentlich einfacher.
Hier hat sich nur der Regelautor die Arbeit einfacher gemacht und überläßt den Rest den Spielern und Spielleitern. - So etwas nennt man LÜCKENHAFTE Regeln, wenn geistige Störungen im Rahmen der Kern-Szenarien eines Rollenspiels OFT auftauchen werden (also insbesondere bei Horror und verwandten Genres).
Außerdem:
dem Spieler von vornerein klar zu machen, daß er etwas nicht machen darf, weil der Char der inneren (aber irrationalen) Überzeugung ist, das er es nicht können darf.
ICH werde einem Spieler NICHT ständig alle möglichen, aufgrund seiner eigenen Kreativität als MITSPIELER aufgekommenen Aktionen VERBIETEN wollen!
Wenn Regeln das tun, dann ist das in Ordnung, da hier das Verbot durch allgemeine Akzeptanz eines gemeinsamen Regelgerüsts für ALLE gilt und NICHT PERSÖNLICH ausgesprochen wird.
Aber wenn ICH als Spielleiter der Meinung bin, daß ein Charakter mit einer bestimmten Störung dies oder das nicht können sollte, mein Spieler aber meint, daß ein Charakter mit solch einer Störung so etwas DOCH können müßte (zumal er Verwandte hat, die er als Beispiel, daß so etwas doch geht, heranziehen kann), dann hat man eine UNGEWOLLT PERSÖNLICHE Diskussion am Spieltisch, die letztlich auf einen Machtkampf hinausläuft: Wer setzt sich mit SEINER Auffassung, wie etwas zu spielen ist, durch?
Das brauche ich nicht. - Dazu bin ich zu alt und ist mir die Spielzeit zu schade.
Regeln verhindern so etwas nie ganz (Stichwort: Regeldiskussionen), aber letztlich ist bei Regeln der "Fehler" beim Regelautor zu suchen, der eventuell etwas total bescheuert geregelt hat, was den Alltagserfahrungen der Spieler widerspricht. - Wenn OHNE Regeln ein Mitspieler (in der Rolle des Spielleiters) einem anderen Mitspieler (in der Rolle des Spielers eines gestörten SCs) etwas VERBIETET, dann gibt es KEINE (anonyme, zumindest persönlich unbekannte) ZWISCHENINSTANZ mehr. - Dann hat man einen direkten persönlichen Konflikt.
Ich streite mich nicht so gerne mit meinen Freunden, die mit mir spielen.
Daher MAG ich Regeln für alles, was im Spiel OFT vorkommt und daher WICHTIG ist.