Rund um Bücher "Sprachzensur" und Rassismus in Literatur und der Umgang damit.

Für mich liest sich der Brief nicht wie der einer 9 1/2 Jährigen, die Wortwahl lässt für mich zumindest darauf schließen, dass sie hauptsächlich die Worte von Papa niedergeschrieben hat. Dafür muss er das nichtmal diktiert haben, sie kann auch einfach gut zugehört haben. Immer hin haben Eltern in dem Alter für gewöhnlich noch recht. WENN das überhaupt echt ist.
Es gibt verdammt intelligente Kinder, die - natürlich auch durch Förderung der Eltern - einen Wortschatz haben, der echt der Wahnsinn ist. Ich hatte mal die Möglichkeit den damals 12-jährigen Felix Finkbeiner einen Vortrag über sein globales(!!!) Baumpflanzprojekt Plant-for-the-Planet reden zu hören. Beeindruckend.

Klar:
Sein Vater war bereits ebenfalls stark in diese Richtung engagiert, aber die häufig im Internet gelesene Kritik, er sei eine Marionette seines Vaters ist völlig absurd. Ich hatte nach dem Vortrag den restlichen Abend beim Essen neben dem Jungen gesessen und er war einfach nur ein ganz normales, aber verdammt intelligentes Kind... ein netter kleiner Junge, der seinem Vater beim Abendessen eine gute naive Idee erzählt hatte. Und statt wie wohl 99,99% aller Eltern in Deutschland zu antworten:
"Jaja, mein Sohn - wäre schön, wenn jemand mal sowas macht. Vielleicht ja du, wenn du mal erwachsen bist."
hat er dann eben gesagt:
"Wow, coole Idee. Wenn du das machen willst, unterstütz ich dich dabei. Jetzt."
Wann hatte der mit dem Projekt angefangen? Als er 9 Jahre alt war.

Ich kann mir absolut vorstellen, dass das am Tisch dieser Familie des Kindes hier ebenso ablief.



...und ich klatsch mir gerade an den Kopf für meinen Sexismus, mit dem ich aus dem Kind ganz beiläufig einen Jungen gemacht habe - ist das ein Mädchen-Name?
 
Mal ne ganz andere Frage:

Wo steckte eigentlich die ganze "AA!-Schreiber gegen Negerprinzessin"-Fraktion immer, wenn ich mir im Forum Schlammschlachten mit anderen Usern und Mods geliefert habe um durchzusetzen, dass wiederholte und wiederholt-gerechtfertigte rassistischte und sexistische Beleidigungen, trotz ausdrücklicher Bitte um Unterlassung, geahndet werden?

Kann ich das nächste Mal auf euch zählen oder bekämpft ihr Diskriminierung lieber nur auf der theoretisch-intellektuellen Ebene?
 
Wenn wir schonmal Links posten:

Der hier beschreibt mMn ganz schön, was an Pippi Langstrumpf WIRKLICH faul ist.

Auszüge:
Taka Tuka ist übrigens angelehnt an den Namen des Ortes Larantuka, das stark kolonialistisch geprägt war. Das ganze Pippi - Vater - Konstrukt ist eine Heile-Kolonial-Welt, in der es um das Konstruieren von „anderen Verhältnissen“ geht und eben nicht die Verhältnisse in Frage stellen.
Der Rassismus, der sich durch das ganze Taka Tuka Konstrukt zieht, bleibt bestehen, auch wenn aus dem „Negerkönig“ ein „Südseekönig“ wird, und zieht einen Rattenschwanz an Folgefragen mit sich: Warum dürfen im Text weiterhin „alle Kongolesen lügen“?

Ich gebe dem Autor da nicht unbedingt bei allem Recht. Die Kritik an Frau Lindgren, finde ich ein wenig arg heftig, da ich nicht glaube, dass sie bewusst rassistisch schreiben wollte - dafür ist mir Pippi zu begeistert von den "Negern".

Aber dass sie rassistische Vorurteile in ihrem Werk als Wahrheiten präsentierte, ist mMn schon sehr deutlich erkennbar.


Und der Kommentar von Christine Nöstlinger gefällt mir auch recht gut. Sie hat "Neger" in einem Werk selbst nachträglich geändert, in anderen wird sie aber auch zukünftig darauf bestehen - eben kontextabhängig.
 
Wie darf ich denn nun einen Menschen, dessen offensichtlichstes Unterscheidungsmerkmal die Hautfarbe ist - insbesondere bei Asiaten und eben dunkelhäutigen Menschen - bezeichnen, wenn mir kein offensichtlicher Name oder Nationalität zur Verfügung steht?

Sag doch einfach, dass der Mensch dunkelhäutig ist, wenn es eine Rolle spielt, dass der Mensch dunkelhäutig ist. Das ist, so denke ich, absolut legitim.

Die Albernheiten beginnen mit der Erwähnung der Hautfarbe (oder auch der Herkunft), wenn es keine Rolle spielt. Und mit dem Drang, für diese Situation(en) unnötigerweise ein Wort benutzen zu wollen.
 
ist das ein Mädchen-Name?

Nun ja, es steht "Eure:" da, also wohl ein Mädchenname.

Aber ganz ehrlich, bei aller möglichen Intelligenz von Kindern, die Ioelet anspricht und die ich ja auch nicht abstreiten möchte, ich glaube nicht wirklich, daß dieser Brief von einem Kind in diesem Alter geschrieben wurde. Da spricht die Efahrung einfach was anderes...

@Arlecchino: Chapeau! Immer und immer wieder! (y)
 
Ob der Brief echt ist oder nicht ist unerheblich für die dort vermittelte Erkenntnis. Find ich so.
Und diese ist?
Es gibt ein schwarzes Kind, dass es doof findet, wenn der Papa "Neger" genannt wird und fühlt sich gekränkt, wenn eine Zeitung sich für die "Negerprinzessin" einsetzt?

Also da finde ich die Erkenntnis, dass 9-jährige Kinder solche Briefe schreiben können, wesentlich beeindruckender.
 
Kurz zum Brief: es ist unwahrscheinlich, dass der ein Fake ist - ursprünglich wurde er auf Facebook gepostet, dort hat Ishemas Mutter den Post auch kommentiert.

Auf die etwas merkwürdige Frage, wie man dunkelhäutige Menschen denn nun bezeichnen soll, wenn man den Unterschied warum auch immer betonen muss, gibt es auch ne einfache Antwort:
http://www.derbraunemob.info/deutsch/content/content_fragen_faq.htm#f09

Ich bestehe nicht darauf, dass jeder seinem kleinen Kind "Neger" aus einem KINDERbuch vorlessen solle, aber ich bestehe darauf, dass bis in alle Ewigkeit historisch dokumentiert bleibt, dass in der ersten Übersetzung von Pippi Langstrump "Neger" stand, dass das damals keine sprachliche Besonderheit war, sondern die korrekte Übersetzung, dass das Taka-Tuka-Land ein Klischee-Negerland mit einem Klischee-Negerland-Namen ist und dass es eine Selbstverständlichkeit war, dass wenn der Weiße Mann sich den Negern anschließt, er ihr König ist.

Solange die älteren Ausgaben von "Pippi geht an Bord" und "Pippi in Taku-Tuka-Land" nicht komplett eingestampft werden ist das wohl ausreichend dokumentiert. Ob das nun unbedingt bis in alle Ewigkeit (Hitzetod des Universums inklusive) dokumentiert werden kann bzw. sollte sei mal dahingestellt.


Zur "korrekten" Übersetzung hier ein interessanter Artikel von Anatol Stefanowitsch:
http://www.scilogs.de/wblogs/blog/s...umpf-negerprinzessin-und-uebersetzungsproblem

Ich wusste gar nicht, dass der Verlag schon 2009 die Übersetzung angepasst hat. Mich wundert nur, warum jetzt auf einmal so ein Buhei gemacht wird...
 
Oops, da hab ich irgendwie die Vorschau-Funktion missbraucht. Hab den Link (und das Zitat) korrigiert.
 
Das Problem an dem unteren Artikel, welches mich beim Durchlesen sofort angesprungen hat, ist, dass er zu lang ist. Das lesen im besten Fall diejenigen zuende, die dem Blickwinkel ohnehin affin zugewandt waren.
 
Naja, wenn einem so wichtig ist, dass Sprache/Literatur nicht verfälscht/zensiert/sterilisiert wird, kann man sich ruhig die Zeit nehmen, einen Sprachwissenschaftler zu Wort kommen zu lassen.

Falls aber der "tl;dr"-Effekt eintritt - nun ja, das kann man dann halt nicht ändern.
 
Also ich fand den Artikel nicht zu lang; wesentlich interessanter als der verlinkte ist allerdings der Folgeartikel. Und ich kann dem Fazit des Autors nur zustimmen. Wenn man den (unabsichtlichen) Rasismus, der in Teilen der Pippi-Langstrumpf-bücher vorkommt, umgehen möchte, dann sollte man den Druck einstellen. Der Austausch von Worten beschönigt den Rassismus nur, und ein komplettes Entfernen bzw. Umschreiben der Stellen wäre wohl die Erschaffung eines neuen Buches.

Die Seite des braunen Mobs ist ebenfalls interessant. Allerding gehen sie mir noch nicht weit genug.
Sie haben durchaus recht, dass solche Begriffe wie "Neger" zu Zeiten entstanden, als das allgemeine Machtverhältnis ganz klar auf Seiten der "Weißen" lag. Heute hat sich allerdings Rassismus gewandelt: Der öffentliche Rassismus ist ein Angst-Rassismus. Dazu zählen beispielsweise Ausländer- und Regilionsfeindlichkeit. Aber die Anschuldigung, jemand sei "rassistisch", wird auch verwendet, um verletzend und demütigend zu sein; der Beschuldigte soll sich beschämt fühlen - teilweise grundlos. Wir sind mit der Rassismusanschuldigung mittlerweile sehr schnell*.

Als ich Kind war, war es bei uns ein ziemlich normales Bild, vereinzelt einen Schwarzen zu sehen, da wir NATO- und US-Stützpunkte in der Nähe hatten. "Die Amis" haben auch zweimal im Jahr ein großes Fest für alle geschmissen, direkt bei ihren Wohnkasernen (das hat sich erst nach Oklahoma City geändert). Trotzdem war ich als Kind sehr neugierig, einen Schwarzen mal berühren zu dürfen, weil ich wissen wollte, ob sich diese Haut anders anfühlt; je dunkler die Haut war, desto interessanter war sie. Und für kleine, blonde Mädchen kann dieser krause Lockenkopf, den einige schwarze Frauen und Mädchen haben können, wirklich sehr faszinierend sein, da es in der doch meist sehr deutschen Umgebung das einfach nicht gab. Selbst alle Puppen haben seidig-glattes Haar.
Das alles hat aber wenig mit Rassismus zu tun, sondern mit Neugierde. (Mir wurde beispielsweise ähnliche Neugierde entgegengebracht, als wir mal eine Reise durch das Hinterland der Ägäisregion der Türkei gemacht hatten und meine Schwester und ich die Attraktionen waren.) Aber mit dem Rassismus-Zeigefinger nötigen wir (weiße) Eltern geradezu dazu, die Neugierde auf Menschen, die anders aussehen, zu verbieten aus Angst, man könnte als rassistisch verschrien werden.

_____
* Eigentlich anderes Thema: Um andere Menschen beschreiben oder ihre Merkmale hervorzuheben, benutzen wir eingängige Klischeebilder und Beschreibungen. Viele davon sind nicht einwandtfrei, selbst positiv gemeinte. Und ich denke, viele stammen auch von Vorurteilen oder aus politisch nicht korrektem Kontext. Trotzdem würde ich davon absehen, beispielsweise eine Hautfarbenbeschreibung als rassistisch abzutun.
 
@Arlecchino: Ouch, der hat aber gesessen! :rolleyes: Leider seh ich mich nicht in der Lage / Muße, Stefanowitsch' Doktorwürde großartig zu verteidigen. Aber erzähl doch mal - du meinst, er wäre kein richtiger (Sprach-)wissenschaftler?

@Halloween Jack: Er ist außerdem noch in der Piratenpartei. Aber ich kenne ihn auch nicht wirklich, bin nur durch den Chaos Communication Congress auf ihn aufmerksam geworden.
 
Ja, danke. :)

Hab ihn mir auf Wikipedia angeschaut. (Da bekomme ich alle meine Informationen her, wenn ich hier im Forum mal wider erwartend keine Antworten finde. :D)
 
@Arlecchino: Ouch, der hat aber gesessen! :rolleyes: Leider seh ich mich nicht in der Lage / Muße, Stefanowitsch' Doktorwürde großartig zu verteidigen. Aber erzähl doch mal - du meinst, er wäre kein richtiger (Sprach-)wissenschaftler?

Ja, ge - so richtig. Es war auch meine volle Absicht, hier eine Diskussion über die wissenschaftlichen Fähigkeiten eines nicht beteiligten loszutreten. Vielleicht hat ja ein Smiley gefehlt?

Stefanowitsch ist leider einer der Sprachwissenschaftler, mit dessen Theorien zur political correctness und zur Sprachformung ich nicht im Geringsten konform gehe. Das Lustige ist, dass er immer wieder zugibt, wie sehr im Widerspruch zur angeblich auch von ihm anerkannten Forschungsmeinung seine Theorien stehen. Um es mal gröber auszudrücken halte ich das Meiste, was er im Bezug zu diesem Thema gebracht hat, für überholten Quatsch, könnte an seinen Vorstellungen vom sprachlichen Umgang liegen. Dadurch, dass er sich zusätzlich nicht immer wirklich die Mühe macht, seine Theorien wissenschaftlich zu untermauern und dass er auf einem sprachwissenschaftlichen Zweig steht, der sich meines Erachtens längst abgesägt hat, ist es quasi eine Notwendigkeit, dass ich ihn auf wissenschaftlicher Basis nicht ernst nehmen kann. Aber keine Sorge, das geht ihm andersrum wahrscheinlich auch so ;) und persönlich kenne ich den Menschen nicht, da kann ich mir schlecht ein Urteil erlauben (wobei ich darauf hätte wetten können, dass er bei den Piraten ist).

Allerdings wird er im Bezug zu diesem Thema eigentlich immer dann zitiert, wenn Jemand mal mit einem "seriösen Wissenschaftler auf dem Gebiet" punkten will. Erzähl' doch mal, hast du noch andere Quellen?
 
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