Rund um Bücher "Sprachzensur" und Rassismus in Literatur und der Umgang damit.

Ich hatte zwischen Weihnachten und Silvester ein nettes Abendessen bei einem älteren Ehepaar. Der Mann, bereits über 80, hatte währenddessen u.a. von einer Hochzeitsfeier erzählt auf der sie gewesen waren. Eine Hochzeit zwischen zwei Männern.
Mit etwas verlegenem Gesichtsausdruck hatte er mir gegenüber später angemerkt, dass ihn das früher sicherlich einmal gestört hätte - damals, direkt nach dem Krieg, dessen Folgen seine Familie hart getroffen hatten, meinte er hätten sich die Leute (und eben auch er selbst) so sehr an die wenigen Dinge geklammert, die konstant geblieben waren, dass sie so etwas ungewöhnliches einfach nicht akzeptieren wollten. Er hatte hinzugefügt, dass er heute garnicht mehr wirklich begreifen könne, wie er damals das so ablehnen konnte, da er längst begriffen habe, wie normal und schön das doch sei, wenn sich zwei Menschen finden - ungeachtet des Geschlechts.

Ich fand das saustark, wie er das so ausgesprochen hatte.
Und hätte er dies im Beisein eines Schwulen gesagt, hätte ich diese ehrlichen Worte sogar NOCH beeindruckender gefunden.

Ich wünsche mir eine Gesellschaft, die mit ihrer Vergangenheit genauso umgeht. Offen, ehrlich und selbstkritisch.

Ich wünsche mir eine Gesellschaft, die klar und deutlich sagt:
"In den 40ern herrschte in Europa ein Schwarzen-Klischee vor, das aus heutiger Sicht dämlich ist. Das Verhalten der weißen Bevölkerung war damals zu einem großen Teil völlig respektlos. Die Sprache, die damals verwendet wurde, ist gerade jene, die wir heute als rassistisch bezeichnen, und vermeiden da sie Assoziationen mit der damals vorherrschenden Einstellungen weckt. Ja, in den 40ern war ein rassistisches Schwarzen-Bild SO üblich, dass selbst Pippi Langstrumpf, die sich in ihrer Zeit für einen neugierigen, offenen Umgang mit Schwarzen einsetzte, heute wie ein rassistisches Relikt wirkt.
Diese Vergangenheit ist real. Wir haben sie in Büchern dokumentiert, die überall erhältlich sind. Zu dieser Wahrheit, zu diesen Fehlern stehen wir.
Heute schreiben wir andere Bücher."

... und nicht:
"Aaaaaaaach, die Pippi hatte doch nie was böses sagen wollen - ersetzen wir doch einfach "Neger" durch Südsee, dann ist die heile Welt der 40er wieder hergestellt."

Gerade wenn man bedenkt, dass das ganze Taka-Tuka-Land dringeblieben ist und man nur an der Fassade rumgewerkelt hat, finde ich das nicht nur unnötig oder übertrieben - nein, ich finde es ziemlich ekelhaft.
Die Neger-Klischees bleiben erhalten... nur der Begriff ändert sich. Nächstes Jahr bringen wir das Buch nochmal raus und schreiben scheinheilig "maximalpigmentierte".

Die Vergangenheit WAR rassistisch. Die kleinbürgerliche Spießerwelt gegen die sich Pippi auflehnt war erst recht rassistisch. Pippi verwendet den Wortschatz ihrer Zeit, in einem Handlungskontext, der für das Bild dieser Zeit revolutionär ist (ihr weißer Vater herrscht nicht als Plantagenbesitze oder Präsident über die Neger, nein, er sieht sich selbst als "Negerkönig"; Pippi ist nicht schockiert, sondern begeistert von der abenteuerlichen Fremdartigkeit der Neger).
Je mehr ich jetzt hier diskutiert habe, desto mehr wurde mir bewusst, WIE klasse ich es finde, wie sich Pippi dort angesichts der ganzen Vorurteile um sich herum verhält. Wie aufgeschlossen, begeistert und positiv sie mit dem Bild vom primitiven Insel-Neger umgeht.

Pippi Langstrumpf beschreibt einen Zwischenschritt vom alten Rassismus zum offenen respektvollen Umgang mit Schwarzen. Und da es nur ein Zwischenschritt war, liest man dort eben auch noch viele Fehler heraus.
Eine Pippi Langstrumpf, die modern geschrieben ist, aber dennoch das selbe Weltbild hat, wirkt hingegen wie eine dumme weltfremde rassistische Nervensäge.

Entweder interpretiert man sie als Kind des 21. Jhdts und verurteilt ihre ganze Weltsicht als veraltet und rassistisch oder man sieht sie als das Kind der 40er, das sie ursprüglich war (und im Originalwerk auch immer bleiben wird), das das Weltbild der 40er mit Begeisterung und Leidenschaft sprengt.

Wollen wir dazu stehen, dass wir diese Sprengung dringend nötig hatten, oder lieber so tun als sei die Welt schon immer so gewesen, wie sie heute ist?
Wollen wir wirklich ein altes Buch einfach umschreiben, nur weil uns heute nicht mehr gefällt was darin steht?
 
schöne geschichte!

Entweder interpretiert man sie als Kinde des 21. Jhdts und verurteilt ihre ganze Weltsicht als veraltet und rassistisch oder man sieht sie als Kind der 40er, dass das Weltbild der 40er mit Begeisterung und Leidenschaft sprengt.

genau da sehe ich den mehrwehrt nicht. das kind in den 40ern fand es vollkommen normal das diese "aufregenden" (diskriminierenden) begriffe verwandt wurden. das buch war schön. punkt. warum sollen heutige kinder die geschichte nicht mit der ursprungsintention lesen? warum muss es da jetzt eine "auseinadersezung" zu geben? warum sollen kinder die geschichte nicht als heutige abenteuergeschichte lesen (vorgelesen bekommen) können? was bringt es darauf zu bestehen das es ein buch aus den 40ern ist - und welches kind interessiert das in einer geschichte die dazu einläd sich jetzt mit pipi zu identifizieren?
 
genau da sehe ich den mehrwehrt nicht. das kind in den 40ern fand es vollkommen normal das diese "aufregenden" (diskriminierenden) begriffe verwandt wurden. das buch war schön. punkt. warum sollen heutige kinder die geschichte nicht mit der ursprungsintention lesen? warum muss es da jetzt eine "auseinadersezung" zu geben?
Muss es?
Ich, als Erwachsener, KANN mich damit auseinandersetzen - wenn ich das Buch kaufen kann. Und ich KANN meinen Kindern daraus vorlesen und ihnen ebenfalls anhand dieses veralteten Kinderbuches etwas beibringen.
Oder ich sage einfach:
"Äh, nein, das ist für Kinder offensichtlich unangemessen."

Diese Wahl will ich haben. Ich will ein Buch im Original kaufen und lesen können. In der Form, in der es entstanden ist. In einer Übersetzung, die so nah dran am echten Text von Astrid Lindgren ist, wie es nur möglich ist.

warum sollen kinder die geschihcte nicht als heutige abenteuergeschichte lesen (vorgelesen bekommen) können? was bringt es darauf zu bestehen das es ein buch aus den 40ern ist - und welches kind interessiert das in einer geschihcte die dazu einläd sich jetzt mit pipi zu identifizieren?
Eben deswegen sage ich doch: Lasst uns ne Version für Kinder schreiben - unter dem Namen "Pippi Langstrumpf für Kinder".
Eine Version, die den ganzen Kolonialismus-Unterton so entschärft entfernt, dass es auch aus heutiger Sicht einfach nur ein unschuldiges Abenteuer ist.

Aber wir behalten halt auch dieses veraltete Werk im Original bei. Genau wie den Struwwelpeter.
Weil beide interessante Stücke der Literaturgeschichte sind - völlig egal ob man das positiv oder negativ werten will.


...demnächst vom selben Verlag:
"Mein Kampf" - dezent so modernisiert, dass sich niemand davon diskriminiert fühlt.
Wahlweise im Format eines Flyers, einer Serviette oder eines einzelnen Blattes 4-lagiges Toilettenpapier zu bestellen.
 
Falls übrigens noch einmal die Anmerkung kommt, man müsse zwischen Kinder- und Erwachsenenbüchern unterscheiden:

EBEN GENAU DAS MEINE ICH JA.
Eben genau das mache ich.

Pippi Langstrumpf, in der jetzigen Version, ist aus heutiger Sicht kein zeitgemäßes Kinderbuch mehr - u.a. wegen der dort verwendeten Begriffe, vor allem aber auch aufgrund der dort enthaltenen Weltsicht.
Deshalb fordere ich, dass dieses Buch also wie ein Erwachsenenbuch behandelt wird. Und Erwachsene Menschen haben mMn das Recht sich mit historischem Rassismus und/oder historischem Sprachgebrauch anhand von historischer Literatur auseinander zu setzen.

Für Kinder hingegen kann es bei Bedarf gerne ein NEUES "Pippi Langstrumpf"-Buch geben.
 
Als Ausgleich für "Mein Kampf - Politisch korrekt" können wir ja dann auch "Lauras Stern" mit extra vielen Judenwitzen auffüllen, mit Antisemitismus müssen sich Kinder ja auch irgendwann auseinandersetzen.

Und ja, den fresst ihr jetzt. :p
 
darf man fragen in welchen zusammenhang du das tust? und zudem würde mich interessieren warum und wo critical whiteness deiner meinung nach destruktiv ist? und zuletzt würde ich gerne von dir erfahren was einen konstruktiven gesellschaftlichen ansatz zu bekämfpung von rassismus ausmachen müsste?

Im Zusammenhang meines Studiums, um genau zu sein im Zusammenhang mit der Forschungsarbeit des linguistischen Instituts, an dem ich beschäftigt bin.

Critical Whiteness ist in meinen Augen genau dann destruktiv, wenn es in seiner Aussage einem radikalen Aktionismus unterworfen wird - und das geschieht überwiegend oft. Allerdings ist schon der Ansatz problematisch, man muss sich das nur vergegenwertigen, gegen wieviele Normen der ethisch-moralischen Betrachtungsweise verschiedener Völker es verstieße, wenn es sich um eine "critical blackness" oder "yellowness" handelte. Das Problem liegt in der Natur der Sache: es wird von einer homogenen Bezugsmasse ausgegangen, der Attribute zugesprochen wird, in aller erster Linie Privilegierung, oft aber auch eine "typische" religiöse und gesellschaftspolitische Ausrichtung. Das Fass mit Brennstoff entzündet man aber vor allem dadurch, indem man dieses ohnehin schon pauschale Urteile negativ konnotiert.

Ich verstehe den Vater des Gedankens im Hinterfragen der eigenen Position im amerikanisch-mitteleuorpäischen Kontext. Die Radikalität und die Selbstvergessenheit, die letztlich nur zu mehr Rassismus als weniger führt und die teilweise sogar nach innen gerichtete, teilweise richtig bösartige Denunziationsmentalität führen den eigentlichen Grundgedanken meines Erachtens letztlich ad absurdum.


wie kommst du darauf das "sprache" ansich neutral ist, wenn du gleichzeitig verdeutlichst das es ausschlaggebend ist in welchem zusammenhang sie gebraucht wird. woher kommt denn das sie das "kann"?
ich würde eher sagen so etwas wie neutrale sprache gibt es nicht. sprache ist beeinflusst von unserer art zu leben und miteinander umzugehen.
sprache ist, war und bleibt absolut wirkmächtig. sprache definiert den wert, nutzen und die wichtigkeit von ... allem. macht ja auch sinn da wir uns sonst nicht sinnvoll miteinander verständigen könnten.
und natürlich ist sprache ein machtwerkzeug um zu verändern oder auch veränderung aufzuhalten. jeder von kann (und wurde) individuell durch sprache verletzt - und natürlich kann durch abwertende oder auch verschweigende sprache eine athmosphäre der gewalt geschaffen (aufrecht erhalten) werden.
sprache ist alles.

Nein. Nicht im eigentlichen Sinn und nicht in der linguistischen Forschung. Logisch gesehen z. B. tritt Sprache entweder in logisch wahr oder logisch falsch auf, eine Wertung gibt es dort nicht. Sprache, das heißt die Aneinanderreihung von Lauten zu Worten, hat keine Aussage whatsoever. Diese erfolgt erst durch die kontextuelle, gesellschaftliche Aufladung. Eine so aufgeladene Sprache hat das Potential, das du ihr zuschreibst. Es ist allerdings essentiell, sich zu vergegenwärtigen, dass die Sprache als Solche, das heißt die Sprache an und für sich, keine Probleme erzeugt und dass deshalb die Änderung dieser Sprache ebenso wenig erzeugt, wenn sie nicht mit der Änderung gesellschaftlicher und aufgeladen-sprachlicher Attribute erfolgt. Sprachliche Demagogie führt, von den Athenern bis zu den Nazis, nur dann zum Erfolg, wenn sie gesellschaftlich angenommen wird.

Das ist der Hauptgrund dafür, warum sprachliche political correctness bisher - und das kann man so in dieser Deutlichkeit sagen - großteilig gescheitert ist. Das führt auch zu deinem nächsten Punkt:

wenn man schlicht den wunsch hat gut mit seinen mitmenschen auszukommen dann informiere ich mich darüber was für andere verletztende, respektive wertschätzende bezeichnungen sind und übernehme diese. das mache ich individell so und sehe nicht warum ich das nicht gesellschaftlich ähnlich machen kann. dabei geht es nicht um vermeidung, sondern darum aktiv zu handeln.
im prinzip ist das nur so eine kleine umstellung die mir aber nicht die bohne weh tut. und was ist schon meine kleine "bequemlichkeit" gegen den ganzen scheiss den sich von rassismus betroffene z.t. tagtäglich aussetzen müssen. schlussendlich profitiere ich sogar noch dadurch etwas neues über andere und letztlich auch über mich gelernt zu haben.

Du argumentierst gerade nicht mit mir, diese Argumente hört man im Grunde immer, wenn es um das Thema geht. Dabei führen sie am Ziel vorbei. Es geht nicht darum, dass Jemand anderes als du zu faul ist, um zu reflektieren, wenn er sagt, dass er davon ausgeht, dass es nichts bringt. Oder gar nicht Willens oder unfähig. Ob es weh tut, wenn du "deine Gewohnheiten ein wenig anpasst" spielt keine Rolle, weil du auch nach tagelanger Recherche nicht wissen wirst, womit du am Besten fährst.

Weil morgen ein Begriff, der heute unproblematisch ist, schon problematisch sein kann. Weil Person X den von dir vermeintlich als harmlos und sicher zu verwenden verstandenen Begriff möglicherweise völlig anders interpretiert. Und, was noch wichtiger ist, weil die Beobachtung bereits getätigter Wortveränderung gezeigt hat, dass auch die harmlosesten Begriffe (oder die, die so wirken) sich nach einer relativ kurzen Zeit negativ aufladen, solange der gesellschaftliche Kontext der Gleiche ist.

Und das ist das, was ich vorher schon ausführte: das führt zu einer Verkürzung der Sprache. Irgendwann hast du keine Möglichkeit mehr, eine inhaltliche Aussage zu treffen, ohne mannigfaltige, sprachliche Umwege zu gehen um die Hürden zu umgehen, die von der political correctness gestellt worden. Ganz schön sieht man das an den Stolperversuchungen von Rednern, die zu im Bezug zu ihnen stehenden "schwierigen" Hörerschaften sprechen. Lies dir mal durch, wie die Ansprachen von weißen Schuldirektoren klingen, die zu einer überwiegend schwarzen Schülerschaft sprechen. Katastrophal und regelrecht mitleiderregend. Ganz gleich wie sehr sich sprachlich verborgen wird, die Rezeption von 400 schwarzen Schülern ist völlig unkalkulierbar.

nee. POC ist ein positiver sozialer begriff der alle "nicht weissen menschen" umfasst. schwarze menschen sind auch weiterhin schwarze menschen - aber eben auch POC.
... und wieder ein schönes beispiel für die extreme deutungskraft von "sprache", und dafür das man mit sprache auch neues schaffen kann was es so noch nicht gegeben hat.

Nee.

Ich bin schwarz. Zumindest zum Teil. Mein (schwarzer, amerikanischer) Vater würde dir vorwerfen, Rassist zu sein, wenn du ihn als einen Teil der "people of color" bezeichnest und er ist damit nicht alleine.

"Mentally Challenged" war ursprünglich auch "nur" ein harmloser Versuch, geistige Behinderung schöner auszudrücken. Das Problem ist, dass sich das gesellschaftliche Bild von geistiger Behinderung kaum bis gar nicht geändert hat. Deswegen gilt auch "mentally challenged" mittlerweile in weiten Teilen der entsprechenden Gruppe als Beleidigung, eben als euphemistische, indirekte und damit teilweise sogar schlimmere als "retarded", das einen Wandel zum komischen und frötzelhaften erfahren hat.
 
Eine Bitte an dich, HJ.

Ich mag deinen flapsigen Ton und Humor ansich ja recht gerne - der lockert auch hitzige Diskussionen immer wieder ein bisschen auf.
Aber ich verstehe schon seit ein paar Seiten deine sachlichen Aussagen (falls dort welche enthalten sind) nicht. Du antwortest nicht klar auf meine Fragen. Du kommentierst nicht eindeutig.

Ich schmunzel kurz... und frag mich dann, ob der Inhalt noch nachkommt oder ich irgendwas verpasst habe.

Von mir aus kann man Pippi auch einfach aus den Kinderbuchregalen verbannen, aber wir sind uns doch beide einig, dass da durchaus auch vieles Nettes drinsteht, dass wir auch mal mit unseren Kindern teilen wollen.
Deshalb eine Kinderbuchversion.
Aber ein altes Buch einfach umschreiben(!), weil es rassistische Dinge enthält ist doch Käse.
 
Ich will nochmal betonen, dass es mich insbesondere stört, dass eine Überarbeitung, die dem Entfernen des Rassismus' dienen soll, das Wort "Neger" streicht, aber das gesamte rassistische Weltbild erhalten lässt.
Dass dieses Buch dann wieder als pädagogisch wertvoll ins Regal zurück gestellt wird, ist für mich ein Skandal - ein noch wesentlich größerer als wenn man es einfach nur dort im Regal stehen gelassen und auf die Verantwortung der Eltern verwiesen hätte.

und, was noch wichtiger ist, weil die Beobachtung bereits getätigter Wortveränderung gezeigt hat, dass auch die harmlosesten Begriffe (oder die, die so wirken) sich nach einer relativ kurzen Zeit negativ aufladen, solange der gesellschaftliche Kontext der Gleiche ist.
QFT
 
@Arlecchino
okay, zwei dinge die ich schwer finde. du sprichst die ganze zeit von "politischer korrektheit". ich beziehe mich mit absicht nie darauf und doch impliziert für mich viel von deiner argumentation als würde ich diesen begriff verwenden oder so in meiner argumentation mitdenken.
falls du dich auf mich beziehst würde ich dich bitten ohne den PC begriff auszukommen. PC ist nicht mein anliegen. niemals.

das zweite ist das ich auch keine freund von blindem aktionismus bin. vor allem solchem der letztlich darauf abziehlt sich selbst als "gut" zu definieren - in abgrenzung zu den "bösen" die immer alles falsch machen, oder um eigene themen nicht reflektieren zu müssen. diese art von leuten kennen wir alle - du vielleicht ein bissein besser, wer weiss.
da gibt es mit sicherheit auch leute die sich mit einem ähnlichen aktionismus an critical whiteness versuchen, aber die gibt es auch in deinem fachbereich oder sonst wo. daraufhin die ganze fachrichtung hin für gescheitert zu erklären scheint mir aber kaum der richtige umgang.
diese forschung ist ein baustein im themenfeld von rassismus. CW versucht keineswegs weisse menschen in kategorien zu stecken (schon gar nicht in religiöse) sondern macht das was alle sozialen richtungen machen. sie erkennt "normal" wirkende zusammenhänge und verhältnisse und versucht diese sichbar zu machen. als struktur und nicht als individuelle zuschreibung.

ach so - eins noch:
 
Aber ich verstehe schon seit ein paar Seiten deine sachlichen Aussagen (falls dort welche enthalten sind) nicht.

Ich weiß. Und da bist du nicht der Einzige.

Ich ziehe mich für diese Woche aus dem Geschäft der kontroversen Diskussionen zurück. Und ich drücke beide Daumen, dass die Welt ab Montag dann besser geworden ist. Mir ist es gerade gleich. Hauptsache, ich muss darüber nicht mehr nachdenken, und niemandem zuhören, der darüber nachgedacht hat. Stattdessen werde ich mich von nun an ein wenig mehr mit dem Buddhismus beschäftigen. Die Idee gefällt mir gut.

Schönes Wochenende!
 
Und, was noch wichtiger ist, weil die Beobachtung bereits getätigter Wortveränderung gezeigt hat, dass auch die harmlosesten Begriffe (oder die, die so wirken) sich nach einer relativ kurzen Zeit negativ aufladen, solange der gesellschaftliche Kontext der Gleiche ist.

Yeah, willkommen in der Euphemismus-Tretmühle. :whistle:
 
@Arlecchino
okay, zwei dinge die ich schwer finde. du sprichst die ganze zeit von "politischer korrektheit". ich beziehe mich mit absicht nie darauf und doch impliziert für mich viel von deiner argumentation als würde ich diesen begriff verwenden oder so in meiner argumentation mitdenken.
falls du dich auf mich beziehst würde ich dich bitten ohne den PC begriff auszukommen. PC ist nicht mein anliegen. niemals.

Na ja, worum gehts dir denn dann? Du hast jetzt geschickt meine Argumentation umgangen, indem du mir unterstellst, ich diskutiere an dir vorbei. Dabei habe ich meines Erachtens ziemlich genau an deinen Argumenten diskutiert. Eine Erklärung wäre da hilfreich, die auch Rücksicht auf meine bisherigen Antworten nimmt.

da gibt es mit sicherheit auch leute die sich mit einem ähnlichen aktionismus an critical whiteness versuchen, aber die gibt es auch in deinem fachbereich oder sonst wo. daraufhin die ganze fachrichtung hin für gescheitert zu erklären scheint mir aber kaum der richtige umgang.

Ich rede nicht unbedingt davon, dass es ein paar schwarze Schafe gibt, sondern von einer generellen Tendenz. Beinahe jede Meldung, die ich im Bezug dazu gelesen habe, jede Publikation und jede Diskussion mit Befürwortern (wie gesagt: beinahe) trug Anzeichen dieses Aktionismus, einer radikalen und meinungsfaschistischen Denunziantenmentalität, die in erster Linie darauf abzielt, die eigenen Hände reinzuwaschen und mit diesen dann auf die fiesen Schmutzfinken zu deuten, die sich ihrer weißen Schuld noch nicht bewusst sind.

Darüber hinaus habe ich ja durchaus auch angesprochen, dass ich die Sache im Kern schon für daneben halte, weil das hier:
diese forschung ist ein baustein im themenfeld von rassismus. CW versucht keineswegs weisse menschen in kategorien zu stecken (schon gar nicht in religiöse) sondern macht das was alle sozialen richtungen machen. sie erkennt "normal" wirkende zusammenhänge und verhältnisse und versucht diese sichbar zu machen. als struktur und nicht als individuelle zuschreibung.

Meines Erachtens reines Wunschdenken ist und nicht der praktizierten Realität entspricht. Wie gesagt, nette Grundidee aber niemals wirklich auch so umgesetzt, da sie meist als Plattform für andere Dinge fungiert. Ein bisschen wie Kommunismus.

ach so - eins noch:


Ja, das wusste ich schon ;)

Allerdings hat das mit dem Problem nichts zu tun. Und das macht dir vielleicht noch einmal klar, wie universell die euphemistische Tretmühle ist (danke Atreju!) und wie unkontrollierbar Sprachwandel: da, vor allem von white supremacist organisations in Amerika, allerdings auch von your average white republican in den USA der Terminus "people of color" oder "those people of color" quasi bedeutungsidentisch mit "negros" oder "chings" benutzt wird, hat es seinen ursprünglich ideologischen Charakter in weiten Teilen der Gesellschaft verloren. Auch wenn einige wie vielleicht Loretta Ross sich der ursprünglichen Bedeutung erinnern, kann die Aussprache und Ansprache, vor allem aus "weißem" Munde, als Diskriminierung betrachtet werden - und auch das ist Realität. Ist ja offensichtlich, durch eine Verkörperung gemeinschaftlicher Interessen tritt dennoch eine Abgrenzung auf, die im falschen Kontext als Ausgrenzung verstanden werden kann. Warum die people of color überhaupt in dieser Kategorie betrachten, warum ist es überhaupt wichtig? Diese und andere Fragen werden je nach Kontext abgerufen und können dazu führen, dass Wörter den gleichen, kulturell-gesellschaftlichen Kontext, die gleiche Aufladung erhalten.

Übrigens stammt auch "Neger" von dem recht harmlosen, lateinischen Wort "niger" ab, was schlichtweg und wertneutral schwarz bedeutet. Das kannste ja heute nem Bruder erzählen, bevor du ihn als Solchen bezeichnest, vielleicht findet er das dann ja nicht mehr so schlimm :D
 
OMG, ich immer diese zitat-blasen, aberwas tut man nicht alles ...

Na ja, worum gehts dir denn dann? Du hast jetzt geschickt meine Argumentation umgangen, indem du mir unterstellst, ich diskutiere an dir vorbei. Dabei habe ich meines Erachtens ziemlich genau an deinen Argumenten diskutiert. Eine Erklärung wäre da hilfreich, die auch Rücksicht auf meine bisherigen Antworten nimmt.

ich bin zum beispiel nicht dafür das leute die im kopf eine abfällige meinung von personen haben (bzw. in dem fall zu personen die strukturbedingt mit diskriminierung zu kämpfen haben) ihre gesinnung durch schön gefärbte worte deckeln - sollen ruhig alle merken wie die drauf sind. denn ab dem punkt kann meiner meinung nach überhaupt erst ein prozess (in welche richtung auch immer) beginnen.
PC hat ja z.b. die wandlung durchgemacht die du gerade im kontext von POC angesprochen hast. von einem begriff der ursprünglich dazu gedacht war abwertende kommunikation als solche zu bennen und begrifflichkeiten zu finden, im interesse der von diskriminierung betroffenen, die keine sprachlichen ausschlüsse mehr produzieren.
heutzutage ist PC jedoch ein äusserst konservativer begriff der unterstellt das sich menschen "falsch" ausdrücken und das es so etwas wie eine meinungspolizei gäbe die anderen vorschreiben wolle wie sie sich auszudrücken haben.
auf der grundlage kann und will ich mich nicht auf den PC begriff beziehen - weil er nicht das wiederspiegelt was dabei für mich relevant oder richtig ist.

da wir aber gerade bei der begrifflichkeit POC sind. ich gebe dir da gerne recht das der begriff POC, insbesondere in den USA, unter starkem druck steht - was vielleicht die nebenwirkung einer weissen mehrheitsgesellschaft ist. ich kann nicht sagen wie sich das dort weiter entwickelt, aber ich kann für hiesige verhältnisse sagen das der begriff POC einen eindeutigeren klang hat (was deinem vater aus den USA zugegeben nicht weiter hilft).
in germoney wird der begriff inzwischen auch viel von türkisch und arabisch stämmingen menschen genutzt, und hat kaum einzug in den weissen sprachgebrauch gehalten. insofern ist es hier, in meiner wahrnehmung, in erster linie ein begriff für empowerment.
davon ab ist es natürlich nicht ganz leicht mit sich wandelnden begriffen unzugehen - backlash ist da auch immer ein thema - aber ich denke mir doch das mit einer veränderung auch immer eine diskussion angetrieben wird in der das thema und dessen wahrnehmung ansich erweitert wird. hoffentlich.

Ich rede nicht unbedingt davon, dass es ein paar schwarze Schafe gibt, sondern von einer generellen Tendenz. Beinahe jede Meldung, die ich im Bezug dazu gelesen habe, jede Publikation und jede Diskussion mit Befürwortern (wie gesagt: beinahe) trug Anzeichen dieses Aktionismus, einer radikalen und meinungsfaschistischen Denunziantenmentalität, die in erster Linie darauf abzielt, die eigenen Hände reinzuwaschen und mit diesen dann auf die fiesen Schmutzfinken zu deuten, die sich ihrer weißen Schuld noch nicht bewusst sind.

Meines Erachtens reines Wunschdenken ist und nicht der praktizierten Realität entspricht. Wie gesagt, nette Grundidee aber niemals wirklich auch so umgesetzt, da sie meist als Plattform für andere Dinge fungiert. Ein bisschen wie Kommunismus.

ich kenne kenne da auch die ein oder andere person bei deren motivation ich mir nicht so sicher bin. ich muss auch gestehen das ich selbst die grosse versuchung sehe die sich darin für weiss priviligierte personen zeigt. selbstkritik an eigenen zugehörigkeiten haben etwas "erhebendes".
ich erlebe das in meinem umfeld aber schon so das sich leute dieser struktur auch bewusst sind, und sich dahingehend reflektieren und reflektieren lassen. und es sind ja auch nicht nur weisse personen die sich mit CW auseinandersetzen .

ich denke es macht grundsätzlich sinn zu gucken wo bin ich selbst in strukturen verwickelt. zu fragen wo "nützen" und wo "schaden" sie mir? ob das im rahmen von social justice (bzw. transformativ justice) geschied, in form kommunikationswissenschaften oder durch andere formen finde ich dabei nicht so wichtig. das "critical whiteness" dabei den finger ganz geziehlt darauf setzt rassismus mal nicht nur als problem der "anderen" zu sehen finde ich daran eher positiv - wobei es natürlich auch die gefahr gibt das sich am ende weisse personen wieder nur über weisse themen unterhalten ... .

aber ich denke niemand würde so weit gehen zu behaupten das es hier einen "leichten" weg gäbe - ( ... und unter der prämisse das kapitalismus nun wahrlich kein allgemeiner heilsbringer ist der "funktioniert")

Übrigens stammt auch "Neger" von dem recht harmlosen, lateinischen Wort "niger" ab, was schlichtweg und wertneutral schwarz bedeutet. Das kannste ja heute nem Bruder erzählen, bevor du ihn als Solchen bezeichnest, vielleicht findet er das dann ja nicht mehr so schlimm :D

wusste ich z.b so konkret nicht, danke.
wenn man aber bedenkt das üblicherweise nur tiere und pfanzen sonst mit einer lateinischen bezeichnung benannt werden, kann ich schon verstehen wieso das (unter anderem) mal so garnicht geht.
 
wusste ich z.b so konkret nicht, danke.
wenn man aber bedenkt das üblicherweise nur tiere und pfanzen sonst mit einer lateinischen bezeichnung benannt werden, kann ich schon verstehen wieso das (unter anderem) mal so garnicht geht.

Dieser Vergleich hinkt auch, der Mensch wird ja auch lateinisch als "Homo Sapiens/Neandertalensis/Erectus" usw. bezeichnet.

Hier noch einige Ergebnisse einer Umfrage (Emnid im Auftrag von Bild am Sonntag) hinsichtlich der Entfernung von Wörtern wie "Neger" oder "Zigeuner" aus Kinderbüchern:

Deutschland insgesamt:
50 % dafür
48% dagegen

nach Geschlecht:
53 % der Frauen dafür
46 % Männer dafür

Alte/Neue Bundesländer:
52 % in den alten Bundesländern dafür
37 % in den neuen Bundesländern dafür

Nach Bildungsabschluß:
85 % der der Volksschüler ohne Ausbildung dafür
37 % der Personen mit Hochschulreife dafür
 
hier eine aktuelle antwort auf den artikel "die kleine hexenjagt" aus der zeit.

brief_an_zeit_zur_negerdebatte_in_kinderbuechern.jpg


zum hintergrund des briefes gibt es hier mehr.
 
Das ist ja mal richtig lächerlich. Vielleicht zeigt man noch ein paar Fotos von armen, hungernden, afrikanischen Kindern und daneben schreibt man "Wollt ihr immer noch "Neger" sagen, ihr beschissenen Weißen?!"

Für mich liest sich der Brief nicht wie der einer 9 1/2 Jährigen, die Wortwahl lässt für mich zumindest darauf schließen, dass sie hauptsächlich die Worte von Papa niedergeschrieben hat. Dafür muss er das nichtmal diktiert haben, sie kann auch einfach gut zugehört haben. Immer hin haben Eltern in dem Alter für gewöhnlich noch recht. WENN das überhaupt echt ist.

Der Link, der den Hintergrund ausleuchten soll ist auch mal richtig geil, vor allem der verlinkte Artikel und dieser Auszug:

Zur Beruhigung und Erinnerung: das Recht, Menschen rassistisch zu bezeichnen, besteht weiterhin. Es ist durch eine vernünftige Verlagsentscheidung nicht in Gefahr. Ebenso bestehen bleiben das Recht, rassistischen Müll zu Publizieren, das Recht, Kinder rassistisch zu erziehen, und das Recht darauf, white supremacy durch die nächsten Jahrhunderte zu tragen. Was neuerdings wegfällt, und für viele Rassisten anscheinend schon unerträglich ist, ist lediglich das Recht, sich als Rassist bei 100% der Mehrheitsbevölkerung beliebt zu machen. Es sind jetzt ein paar Prozent weniger. Ebenso mausetot: das Recht, auf rassistische Handlungen keine Widerrede zu bekommen.

Was ja mal wieder nur Totschlagrhetorik ist, denn - ist ja klar - jeder der gegen die Streichung von besagten Wörtern ist, ist ein white supremacist, der nur sein Recht auf gepflegten Rassismus bedroht sieht. Uähgs. Und da wundert sich noch wer, dass es in dieser Richtung immer noch keinen vernünftigen Dialog gibt, bei so viel auf persönlichen Affekten beruhendem Hass und Verachtung. Ich bin mir sicher, ein paar Juden hätten auch die Verbrennung von "Mein Kampf" befürwortet oder tun es immer noch, aufgrund des gefährlichen Potentials. Der Vernunft sei Dank hören wir auf solche Leute nicht immer.

Aber Hauptsache dem Verlag ist mit der Streichung pöhser Wörter ein wertvoller Beitrag zum interkulturellen Dialog gelungen. Unsere Kinder werden sich jetzt mit Sicherheit auf Augenhöhe begegnen (wie im Artikel gewünscht) wenn sie nicht mehr so schlimme Wörter lesen und hören müssen. Die, die es mussten, sind ja für ihr Leben gezeichnet. Und wie gut das mit der Mentalitätsbeeinflussung durch Sprachzensur funktioniert, zeigen ja die US of fucking A, wo jeder Wichsmist rausgepiepst wird. Dafür ist die Jugend da aber auch prinzipiell viel besser erzogen.

Ich geh mir mal dann das Braun von meiner Haut schrubben, offensichtlich denk ich viel zu WEIß UND ARISCH für mein schlammblütiges Erbe, ich fieser Sklaventreiber.

Neger, Neger, Neeger! Lalalala! JEHOVA

..

:rolleyes:
 
Das überrascht mich kein bisschen - höchstens die Audrucksweise des 9-jährigen und die Tatsache, dass er einen Leserbrief schreibt. Respekt an den Jungen und seine Eltern.

Aber was schließt man dann aus so etwas?
Dass man grundsätzlich verbieten und ändern sollte, was jemanden verletzt?

...ja, zugegeben, der Gedanke hat irgendwo auch etwas sympathisches.
Aber löst das wirklich langfristig Probleme oder verschließt man nur die Augen vor Symptomen? Ich verstehe, warum jemand ein Problem damit haben kann, wenn man ihn "Neger" nennt.
Man wird auf die Hautfarbe reduziert und wegen dieser nicht respektiert.
Oder man hat eben das Gefühl, dass der andere rücksichtslos an alten Gewohnheiten festhält und auf stur schaltet, statt lieber ein anderes netteres Wort zu wählen.

...aber
1. zeigt doch die Euphemismus-Tretmühle inzwischen deutlich genug, dass sich diese Respektlosigkeit durch die Wortwahl nahezu garnicht verändert und die Rücksichtslosigkeit so weit geht, dass neue Begriffe schneller einen rassistischen Beiklang bekommen als man sich überhaupt wieder neue ausdenken kann.
und
2. ist die Wortwahl in Pippi Langstrumpf historischer Fakt. Sie ist ebenso historischer Fakt, wie die Wortwahl in "Mein Kampf" - in "die kleine Hexe" wie im "Hexenhammer". Historischer Fakt wie die Sklaverei, die Apartheid und der Holocaust - ebenso historischer Fakt, wie alles was erst heute Morgen irgendwo auf der Welt irgendwelche Arschlöcher anderen Menschen angetan haben, aufgrund ihrer Hautfarbe, Herkunft, Abstammung, Religion, Kultur, Geschlecht und sexueller Neigungen.

Diese Fakten MUSS man benennen dürfen.
Nicht immer und überall. Ich bestehe nicht darauf, dass jeder seinem kleinen Kind "Neger" aus einem KINDERbuch vorlessen solle, aber ich bestehe darauf, dass bis in alle Ewigkeit historisch dokumentiert bleibt, dass in der ersten Übersetzung von Pippi Langstrump "Neger" stand, dass das damals keine sprachliche Besonderheit war, sondern die korrekte Übersetzung, dass das Taka-Tuka-Land ein Klischee-Negerland mit einem Klischee-Negerland-Namen ist und dass es eine Selbstverständlichkeit war, dass wenn der Weiße Mann sich den Negern anschließt, er ihr König ist.

Mir tut jedes 9-jährige schwarze (oder "Milchkaffee-braune" um den Jungen zu zitieren) Kind leid, dem das Wort "Neger" in Pippi Langstrumpf weh tut - wie auch jeder Erwachsene.
Mir tut jedes 9-jährige schwarze Kind leid, dass sich durch ein veraltetes Wort in einem Kinderbuch an die tagtägliche Diskriminierung erinnert fühlt leid.

Im Gegensatz zu all den Dumpfbacken, die dem Verlag für seine Entscheidung zujubeln, tun mir darüber hinaus aber auch vor allem all die schwarzen Kinder leid, die in einer Welt aufwachsen müssen, wo in einem Kinderbuch, das nun als politisch-korrekt explizit abgesegnet wird, die alten kolonialen Neger-Klischees mit modernen Worten als zeitgemäß abgefeiert werden.

Und mir tut auch jedes jüdische Kind leid, das im ehemaligen KZ von Dachau vor einem der Bilder der Leichenberge steht und sich bewusst wird, dass eine der Leichen der eigene (Ur-)Ur-Großvater gewesen sein könnte - wie auch jeder Erwachsene, der das sehen muss.

Aber macht es die Welt wirklich besser, wenn wir das einfach vernichten?

Oder würde es die Welt nicht eher besser machen, wenn wir darauf achten, was wir unseren Kindern vorlesen (und eben nicht nur die Wortwahl, sondern auch der Inhalt und das vermittelte Weltbild) - wenn wir sie bewusst und altersgerecht auch mit den unangenehmen Dingen auf der Welt konftrontieren?
Mit den unangenehmen Wahrheiten der Vergangenheit, mit den unangenehmen Wahrheiten der Gegenwart und auch mit den unangenehmen Dummheiten und Lügen von Vergangenheit und Gegenwart?

Ich werde meinen Kindern irgendwann vielleicht einmal eine moderne Pippi-Langstrumpf-Version vorlesen, die keine Uraltvoruteilte als Wahrheiten transportiert - oder ich werde ihnen eine veraltete Original-Ausgabe vorlesen und dabei den Entstehungshintergrund verdeutlichen.
Aber dieses ekelhafte Machwerk der Pseudo-Rücksichtnahme, das der Verlag da gerade rausbringen will, werde ich höchstens als ideologische Absonderlichkeit in mein Bücherregal stellen.

... irgendwo neben "Mein Kampf", "Dianetics", dem Zeugen-Jehovas-Büchlein "Was lehrt die Bibel wirklich?" und dem grausigen Fehleinkauf "Das Medien-Monopol" fände das dann einen angemessenen Platz.
 
Davon mal abgesehen, dass der Brief nicht in aktuell gelehrter Kinderschrift geschrieben ist...

möchte ich mal eine andere Frage stellen, die damit doch zu tun hat:
Wie darf ich denn nun einen Menschen, dessen offensichtlichstes Unterscheidungsmerkmal die Hautfarbe ist - insbesondere bei Asiaten und eben dunkelhäutigen Menschen - bezeichnen, wenn mir kein offensichtlicher Name oder Nationalität zur Verfügung steht? Insbesondere bezogen darauf, dass entsprechender Mensch eine Minderheit darstellt.
Ich meine, ich werde neutral als "weiß" oder "kaukasisch" bezeichnet und das wird als in Ordnung betrachtet, wobei ich gerade letzteres ebenfalls als ziemlich daneben finde, da der Begriff auf einer veralteten Menschenrassenlehre beruht. Aber nehmen wir jetzt mal eben einen sehr dunkelhäutigen. "Neger" darf ich nicht sagen, weil es historisch negativ belastet ist. "Schwarzer" ist ebenso negativ belastet. Mit "Schwarzafrikaner" kann ich mich in die Nesseln setzen, weil besagter Mensch vielleicht anderer Nationalität ist (im Zuge unseres deutsch-französischen Jubiläums: wer möchte freiwillig als Franzose bezeichnet werden, nur weil er weiß ist?). "Maximalprigmentiert" halte ich für übelsten Unsinn und ebenfalls diskriminierend. Ebenso der vielgerühmte "Migrationshintergrund". Was darf ich denn beschreibend sagen, ohne potentiell zu diskriminieren? Schwarzbrot? (schwarz)Afrikanischstämmiger? Dunkelhäutiger? Ist der eine dann "mehr dunkelhäutig" und der andere dann "weniger dunkelhäutig"?
Es wird gerne über solche veralteten Begriffe gehetzt und sie verurteilt. Ich bin auch dafür, dass sie aufgrund ihrer ethisch-moralischen Konnotation nicht mehr im aktiven Sprachgebrauch verwendet werden sollten (dass sie aber bekannt sien sollten und man weiß, warum sie nciht mehr verwendet werden). Aber uns wird von der betroffenen Bevölkerungsschicht nichts in die Hand gegeben, was die ursprüngliche, nicht negative Bedeutung eines Begriffes wie "Neger", nämlich eines Menschen, der offensichtlich eine wesentlich dunklere Hautfarbe als ich hat, ersetzt. Und zwar neutral ersetzt.

Vor allem, da dies mit das erste ist, was Kindern auffällt: Da ist jemand anders als ich. Und je exotischer der andere ist, desto interessanter ist er auch. Und in Deutschland sind dunkelhäutige Menschen eben sehr exotisch und das wird sich auch so schnell nicht ändern. Nur was erzählt man dann? "Der hat sich halt nie gewaschen.."?
 
Zurück
Oben Unten