Rund um Bücher "Sprachzensur" und Rassismus in Literatur und der Umgang damit.

Ich weiß nicht wie du darauf kommst, dass ich meinen würde, dass sich niemand davon angegriffen fühlen könnte.
Ich kann dir ne Linkliste der Posts zusammenstellen, wo ich selbst geschrieben habe, dass man Rücksicht darauf nehmen sollte, wenn sich jemand diskriminiert fühlt - auch dann, wenn man zum Schluss gekommen ist, dass man selbst "Negerprinzessin" behalten will.

Das ist bei mir kein "entweder - oder".
Diese künstliche Konstruktion zweier gegensätzlicher Alternativen und das Ausblenden aller anderen ist doch gerade das, was mich auch am Vorgehen des Verlages hier stört.

Problemen ausweichen, nachgeben und Konflikte vermeiden ist EINE Möglichkeit mit einer Situation umzugehen, wo man etwas möchte, was andere verletzen kann. Stures Durchziehen der eigenen Interessen ohne Rücksicht auf Verluste EINE andere.

Aber man kann auch einfach zu den eigenen Gedanken und Interessen stehen und sie dem Gegenüber versuchen zu vermitteln und ihm gleichzeitig Verständnis für seine Lage entgegenbringen.
Schwarze sind nicht aus Glas. Die muss man nicht in Watte packen. Wenn deine Oma recht hat, sind das sogar ganz normale Menschen. Und ganz normalen Menschen kann man auch sagen:
"Ich verstehe, warum und dass dich dieser Spruch mit der "Negerprinzessin" und das ganze Taka-Tuka-Land-Zeugs kränkt. Glaube mir: Ich werde bei der Erziehung meiner Kinder Wert darauf legen, dass sie wissen, dass das was in diesem Buch vermittelt wird, alte Klischees sind. Ich möchte aber auch, dass sie mit diesen alten Klischees konfrontiert werden - am besten in meinem Beisein. Und ich möchte, dass diese alten klischeebeladenen Bücher erhalten bleiben, da sie historische Zeitzeugnisse sind. Es tut mir leid, dass du dich deswegen unwohl fühlst, aber ich möchte nicht darauf verzichten aus einem alten Buch auch etwas über die damalige Weltsicht herauslesen zu können - auch und gerade weil sie so fremd, dumm und veraltet ist."
 
Hast du über meinen letzten Post nachgedacht, oder hast du dich einfach angegriffen gefühlt, obwohl ich so eine schöne Alternative angeboten habe, den Post mit einem guten Gefühl zu lesen?
 
Ich weiß nicht, ob ich die Ironie des Posts nicht verstanden hatte oder ob du mir da allen ernstes angeboten hattest, ICH solle mich entscheiden, ob ich DEINER MEINUNG NACH sensibel oder unsensibel sei.

Also, wenn das keine Ironie war und ich das richtig verstanden habe, dann auch hier:
Du lässt mir die Alternative, dass du deine Meinung stur stehen lässt oder komplett nachgibst.
Echte Kommunikation, Austausch von Meinungen zu denen man auch steht, weil man sie durchdacht hat und die man äußert, weil man einen Grund dazu sieht sie zu äußern, existiert da nicht.

Kannst du mir aber bitte noch beantworten, wo ich mit dem Thema unsensibel umgehe?
 
Da gab's keine Ironie, keinen Sarkasmus, keinen Zynismus, Ioelet. Ich halte dich für einen prinzipiell sympathischen und sensiblen Menschen.

Was stört dich denn daran? :(
 
Ich versteh die Sache mit der Alternative nicht - was ich mir da aussuchen kann.
Und: Ich verstehe immer noch nicht, warum ich unsensibel mit dem Thema umgehe.
 
Nein. Ich habe eine Lösung gefunden und beschrieben, die beide Seiten glücklich macht.
Von mir aus kann man ab morgen zu jedem Werk der Menschheitsgeschichte eine politisch korrekte Zweitversion herausbringen. Daneben noch jeweils eine Parodie, eine Umsetzung in Gedichtform und eine dadaistische Neuinterpretation des Themas.
Niemanden stört es, wenn es ein neues Pippi-Langstrumpf-Buch ohne veraltete rassistische Begriffe gibt, oder?

Ich weiß nicht, ob ich die Ironie des Posts nicht verstanden hatte oder ob du mir da allen ernstes angeboten hattest, ICH solle mich entscheiden, ob ich DEINER MEINUNG NACH (diskriminiert) oder (nicht diskriminiert) (werde).

Ich versteh die Sache mit der Alternative nicht - was ich mir da aussuchen kann.
 
Ernsthaft, Ioelet?

Scheiß drauf. Belassen wir's dabei. Ich hab keine Lust mehr, dieses Kackwort zu benutzen, um meinen Standpunkt klar zu machen. Wenn du kein Problem darin siehst, ein Problem zu erkennen, es aber nicht zu lösen, sondern nur Alternativen anzubieten, damit sich alle gut fühlen können ausser denjenigen, für die sich nicht bloß nichts geändert hat, sondern die jetzt auch noch dankbar dafür sein sollen, dann bitte.

Nein, es wird sich niemand darüber beschweren, dass es jetzt auch Alternativen gibt. Sehr sensibel. Jetzt sind alle glücklich.

Ich bin hier weg.
 
Du willst also darauf hinaus, dass sich Schwarze bereits durch die Existenz eines Buches aus den 40ern diskriminiert fühlen, worin "Neger" steht bzw. dadurch, dass ich das heute als Mensch der sich für historisch-echte Literatur interessiert lese sich diskriminiert fühlen könnte?

Ja, theoretisch denkbar wäre das.

Und diesem Menschen könnte ich es dann wohl tatsächlich leider nicht Recht machen.

Allerdings sehe ich das nicht als unsensiblen Umgang mit dem Thema.
Mir ist das Problem bewusst. Ich würde demjenigen versuchen klar zu machen, warum es mir wichtig ist und ihm sagen, dass es mir leid tut, wenn er sich dadurch diskriminiert fühlt und noch einmal betonen, dass dies nicht meine Absicht ist. Ich finde das einen sensiblen Umgang mit einer Situation, in der es offenbar keine Lösung gibt, die beide Seiten zufrieden stellt.

Was wäre denn hier für dich ein sensibler Umgang mit dem Thema?

(Edit: Wer sagt eigentlich, dass ein Schwarzer seinen Kindern nicht ebenfalls die Geschichte mit der "Negerprinzessin" vorlesen kann?)
 
Aaaaaaaaaaaaah, ich glaub ich versteh dein Problem:

Nein, meine Lösung soll nicht sein, dass man zwei Bücher nebeneinander stellt und auf dem einen steht dann "in dieser Version kommt das Wort "Neger" nicht vor - kauft das und seid ruhig ihr Heulsusen", sondern "Pippi-Langstrumpf - für Kinder" und klein drunter "2013 überarbeitet von XY".
Und DAS ist dann die vom Verlag empfohlene Kinderbuchversion, während die Originalversion als literarisches Überbleibsel im Bücherregal direkt neben dem Struwwelpeter steht, wo man ihn jederzeit rausziehen und über die damalige Pädagogik den Kopf schütteln kann.

Eben das Buch das einfach nur "Pipi Langstrumpf, Originalausgabe von Astrid Lindgren, 1945" heißt und vielleicht auch noch den Stempel "für Kinder nicht geeignet" erhält.
 
Ich denke , dass eine Wortvermeidung keinen sensiblen Umgang mit einem Thema darstellen kann.
Nicht, weil das Wort "ja nicht so schlimm" wäre. Ich denke eher, dass man einem Thema oder einem Wort gegenüber unsensibel wird, wenn es aus dem Gebrauch verschwindet. Siehe "wichsen". Das war mal ein Euphemismus und mit der Zeit hat er den ursprünglichen Gebrauch komplett verdrängt (bei Dirne gab es ja anscheinend schon immer eine zweigleisige Bedeutung). Wollen wir wirklich eine "haha, Pippi hat Neger gesagt"-Reaktion entstehen lassen, wenn "Neger" nicht mehr in unserem Sprachschatz verankert ist? Das wäre meiner Meinung nach unsensibel.

Und außerdem finde ich es weder unsensibel noch unsinnig, wenn sich ein Kind als "Neger" verkleiden möchte. In diesem Kontext wird "Neger" gleichgesetzt mit anderen besonderen Kinderträumen wie "Prinzessin", "Cowboy", "Indianer", "Lokomotivführer", "Chinese" oder "Schornsteinfeger", die allesamt nix mit der Realität der Berufe oder Volksgruppen oder ihrer teilweise nicht sehr schönen Geschichte zu tun haben.
 
so, nachdem dieser ganzen "diskussion" bin ich jetzt selbst auch für eine vorwort version.
aber ein vorwort das in der veränderten version drin steht. da soll ruhig genau der text stehen warum sich der verlag entschlossen hat das buch zu verändern und was verändert wurde. so bleibt der alte habitus dokumentiert ohne das das tatsächliche kindliche lesevergnügen, auch für betroffene von rassismus oder antiziganismus, selbst beeinträchtigt wird.
 
Ich hab mir gestern Django angeschaut und möchte den Nichtschwarzen unter uns ein kleines Experiment vorschlagen im Hinblick auf das Thema "critical whiteness". Achtet mal während der Szenen, in denen Sklaven gefoltert werden, bewusst darauf, an welchen Stellen in einer solch eigentlich nicht lustigen Szene gelacht wird: Sobald ein bestimmtes Wort fällt. Fragt euch mal, warum sie das tun.

Und achtet auch auf Waltz Fazit im Hinblick auf Alexandre Dumas gegen Ende des Films. Und auf DiCaprios Statement, bevor Waltz ihm eröffnet, wer Dumas war. Und ueberlegt, welcher Unterschied bestanden hat für DiCaprios Statement als Vertreter der elitären Weißen davor und danach.

Guter Film. Macht Spaß. Einfach nur mal auf die beiden Sachen achten und darüber nachdenken.
 

Da möchte ich noch kurz abschließend etwas zu sagen. Ich beschäftige mich gerade im linguistischen Sinne mit so genannten "brisanten Wörtern", der political correctness im Sprachgebrauch und der critical whiteness (die ich persönlich für destruktiven Aktionismus in die völlig falsche Richtung halte, aber das nur am Rande).

Es hat einen Grund, warum die linguistische Forschung der political correctness mittlerweile de facto nicht mehr existent ist - sie erschöpft sich in der Realität. Der grundlegende Gedanke, dass Sprache Bewusstsein beeinflusst ist natürlich richtig (siehe Drittes Reich), aber für sich genommen nicht abschließend. Im Grunde erzeugt Sprache erst einmal nichts, auch kein Bewusstsein, erst im Wechselspiel mit kulturellen und gesellschaftlichen Aspekten kann Sprache den letzten Schliff geben. Kurz: ohne Bereitschaft, die sprachliche Veränderung / Verharmlosung anzunehmen, macht die Sprache einen Scheiß.

Der Versuch, kritische Sprache zu vermeiden um Verletzung von Einzelpersonen vorzubeugen erschöpft sich widerum im Sprachwandel, in der Individualität der persönlichen Erfahrungen und Prämissen, der eigenen, dicken Haut und emotionalen sowie gesellschaftlichen Stabilität. Die Sprache daran anzupassen muss im Grunde letztlich scheitern, da es kaum gelingt, Worte bewusst ihrer Bedeutung zu berauben, indem man sie verschweigt. Im Hintergrund bleiben sie und entwerten sich höchstens mit der Zeit, worauf der Einzelne keinen Einfluss hat. Oft wird als Argument aufgefahren, dass "man doch am Besten führe", wenn man sich möglichst gewählt und vorsichtig ausdrückt, was letztlich allerdings zu einer Verkrüppelung führt, rein linguistisch gesehen. Die vermeintlich harmloseren Begriffe werden durch den kulturell-gesellschaftlichen Kontext implikativ aufgeladen und erhalten so eine nachträgliche, negative Bedeutung. So werden sprachliche Mittel immer weiter verkürzt und die Verharmlosung / Veränderung letztlich redundant.

Gutes Beispiel: Unfälle der political correctness wie "Familienmanager-in" für "Hausfrau/mann" oder " für "Bodendesigner" für "Putzkraft". Deutlichere Beispiele: "mentally challenged" für "geistig behindert" und "people of colour" für "Schwarze".

Letztlich ist es der Versuch, ein gesellschaftliches Problem mit sprachlichen Mitteln zu bekämpfen und das Pferd von hinten aufzuzäunen, mit der naiven Vorstellung, der Rest würde sich schon richten, wenn man nur nicht mehr darüber spräche. Darüber hinaus ist es ein Versuch der Selbsttäuschung und der inneren Demagogie, die zu übertriebener Denunziation führt (man beachte nur den klassischen Godwin in Diskussionen). Denn auch wenn man die Massenmordgefängnisse "Konzentrationslager" und den Völkermord an den Juden "Endlösung" nennt, ändert sich an der Tatsache und am eigentlichen Gehalt und an der Aufladung der Sprache nichts, nicht das Geringste. Guantamo Bay ist ja längst auch nicht mehr nur die Bucht bei Guantanamo.
 
Kurz: ohne Bereitschaft, die sprachliche Veränderung / Verharmlosung anzunehmen, macht die Sprache einen Scheiß.

An diesem Punkt sind wir gesellschaftlich einfach noch nicht. Die Problematik wäre ansonsten nicht existent.

Deswegen ist es ja so fatal, sich gegenseitig auf die Schulter zu klopfen für all das, was man selbst schon begriffen und erreicht hat und anschließend diese guten Vorsätze und Erkenntnisse gedanklich auf die Situation der Gesellschaft als solche zu projizieren.* Damit zäumt man das Pferd genauso von der falschen Seite auf und bedient die naive Vorstellung, der Rest wäre schon soweit und man müsse nicht mehr darüber sprechen. Man macht genau das Gleiche, wie die Deppen, denen man vorwirft, sie wollen das Problem einfach wegeditieren. Man stellt sich taub. Nur hat man als aufgeklärter, intelligenter Mensch keine Ausrede dafür, taub zu sein.

Die Gesellschaft ist (noch) nicht bereit, die sprachlichen Veränderungen/Verharmlosungen anzunehmen. Diese Bücher stehen sinnbildlich für das Bewusstsein der Gesellschaft. Es ist Ironie des Schicksals, dass sich (auch hier im Thread) einige klar gegen eine Veränderung/Verharmlosung von Worten stellen und dies salopp damit begründen wollen, dass man sich zum Lappen macht, wenn man nicht langsam damit anfängt, genau dieselben Worte als verändert und harmlos anzunehmen. Wären sie harmlos, wäre eine Veränderung überhaupt kein Problem. Dann würde aus "Knabe" einfach "Junge" gemacht und fertig wär's. Problem gelöst. Wären sie harmlos, wäre auch der anachronistische Ansatz, die Worte erhalten zu wollen, kein Problem. Dann würden sie eben stehen bleiben, niemand hätte ein Problem damit. Und wären sie harmlos, müsste man mit seinen Kindern gar nicht mehr großartig darüber reden. Dann könnte man auf die Frage, was das denn für ein komisches Wort ist, tatsächlich einfach bloß antworten, "dass hat man früher mal gesagt". Ohne anschließend den Rattenschwanz an Erklärungen präsentieren zu müssen, warum das Wort nicht bloß komisch, sondern auch Kacke ist.** Die Worte sind aber nicht harmlos. Noch nicht. Sich gegen diese Erkenntnis zu stellen, aus welchem Grund auch immer, bedeutet Ineffizienz.

Wir sind alle Teil dieser Gesellschaft. Wir haben alle noch nicht das Ziel erreicht, was auch immer das Ziel schlussendlich sein soll. Einige von uns sind einfach weiter, als andere. Was wir wissen, können und müssen wir unseren Kindern mitgeben. Wir müssen ihnen aber auch klarmachen, dass sie nicht ans Ziel kommen, wenn sie auf der Stelle treten und zufrieden damit sind, wo sie sind. Und die Lektion können wir doch am Besten weitergeben, wenn wir sie selbst erstmal zuverlässig begriffen haben.

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* Irgendwann verteidigt man dann auch die kritische Betrachtung der Gesellschaft, als wäre es Kritik an der eigenen Person gewesen. ("In der Gesellschaft wird das Wort als diskriminierend wahrgenommen. Wer es ausspricht, diskriminiert demnach in den Augen der Gesellschaft." - "ICH BIN KEIN RASSIST!")

** Von all den Dingen, die ich in diesem Thread gelesen habe, verstehe ich den Gedankengang am allerwenigsten, dass man das Wort "Neger" braucht, um den Kindern zu erklären, dass es erst normal war, das Wort zu gebrauchen, dann Kacke wurde und man es deswegen nicht mehr sagen darf. Das ist genau das Gleiche, wie Kleinkindern beizubringen, "Wauwau" zu sagen, nur um es ihnen anschließend wieder abzugewöhnen. Himmel, das Vieh heißt "Hund"! Das bekommen die Wichte auch so gebacken, ohne vorher "Wauwau" lernen zu müssen. :rolleyes:
 
Es steht für mich außer Frage, dass wir gesellschaftlich noch nicht so weit sind, die Worte von ihrer Bedeutung "einfach zu lösen", so habe ich persönlich hier aber auch Niemanden verstanden (vielleicht habe ich ja auch einige Aussagen völlig falsch verstanden). Es ist wohl offensichtlich, dass diese Worte existieren, im Kontext stellt sich mir nun also die Frage, inwieweit wir damit umgehen, dass sie es tun. Nun stehen sie in einem Buch, das Kindern vorgelesen wird. Das Problem ist offensichtlich: ich will meinem Kind keine negativ konnotierten Wörter unreflektiert vorlesen und damit beibringen, die es später irgendwie verwendet und damit zurecht auf die Nase fällt, vielleicht will ich auch einfach nicht, dass mein Kind sich solche Wörter angewöhnt (schwieriger Ansatz, zumindest ab der Pubertät).

Ich persönlich denke allerdings, sowie wir uns natürlich weder auf die Schulter klopfen und behaupten können, das Problem sei vom Tisch, ebenso wir so tun könnten, als hätte es nie existiert, die Wegnahme der sprachlichen Problematik, also Editierung eines existierenden Textes aus diesen Gründen, schlichtweg redundant ist und in die falsche Richtung führt. Es ist ein in meinen Augen über das Ziel hinaus gehender Schuss ins Blaue, aus der Notdurft irgendwas tun zu wollen, um eine akute Problemsituation zu verhindern. Die Verantwortung bleibt ohnehin bei den Eltern. Nicht-sprachliche, negative Konnotationen wie die so genannte Moral von einigen Geschichten, die männlich-zentrierte Heroendarstellung (und die damit einhergehende, in vielen Geschichten klassisch schwache- und auf den männlichen Part angewiesene, zu rettende Frau), die materialistisch-kapitalistische Prägung etc. etc. sind durch die Eradikation von sprachlichen Mitteln kaum zu verändern. Das passiert allein in der Erziehung.

Nun ist es natürlich die Sache des Verlags, die Dinge zu ändern, für die sie die Rechte besitzt. Wenn sie glauben, dass es das Richtige sei, dann sollen sies tun. Wenn einige Eltern dadurch beruhigt sind, ihren Kindern im frühen Alter noch nicht erklären zu wollen, warum Pippi die Prinzessin der Neger ist, auch gut. Die Gefahr, es dann wirklich als "gut" im Sinne von "puh, nochmal geschafft, das Thema wäre vom Tisch" zu sehen besteht sicher bei einigen Eltern und bei einigen Menschen, die damit zu tun haben - und natürlich die, zu glauben, dass die Veränderung der Sprache irgendetwas anderes bewirkt, als einen zeitlichen Aufschub.

Im Kontext der Erziehung kann ich den Schritt also nachvollziehen (halte ein entsprechende Vorwort allerdings übrigens immer noch für ziemlich nutzlos), bei anderen Sachen merkt man die gesellschaftliche Irrelevanz und Scheinhaftigkeit deutlicher. Ich denke, dass die Reaktion auf den Schritt des Verlags teilweise darauf zurückgeht, dass man in der Gesellschaft nun schon öfter einige wirklich sinnlose Aktionen der Sprachentwaffnung miterleben musste, die so gut wie allesamt gescheitert sind.
 
Da möchte ich noch kurz abschließend etwas zu sagen. Ich beschäftige mich gerade im linguistischen Sinne mit so genannten "brisanten Wörtern", der political correctness im Sprachgebrauch und der critical whiteness (die ich persönlich für destruktiven Aktionismus in die völlig falsche Richtung halte, aber das nur am Rande).

darf man fragen in welchen zusammenhang du das tust? und zudem würde mich interessieren warum und wo critical whiteness deiner meinung nach destruktiv ist? und zuletzt würde ich gerne von dir erfahren was einen konstruktiven gesellschaftlichen ansatz zu bekämfpung von rassismus ausmacht?

Im Grunde erzeugt Sprache erst einmal nichts, auch kein Bewusstsein, erst im Wechselspiel mit kulturellen und gesellschaftlichen Aspekten kann Sprache den letzten Schliff geben. Kurz: ohne Bereitschaft, die sprachliche Veränderung / Verharmlosung anzunehmen, macht die Sprache einen Scheiß.

wie kommst du darauf das "sprache" ansich neutral ist, wenn du gleichzeitig verdeutlichst das es ausschlaggebend ist in welchem zusammenhang sie gebraucht wird. woher kommt denn das sie das "kann"?
ich würde eher sagen so etwas wie neutrale sprache gibt es nicht. sprache ist beeinflusst von unserer art zu leben und miteinander umzugehen.
sprache ist, war und bleibt absolut wirkmächtig. sprache definiert den wert, nutzen und die wichtigkeit von ... allem. macht ja auch sinn da wir uns sonst eben nicht sinnvoll miteinander verständigen könnten.
und natürlich ist sprache ein machtwerkzeug um zu verändern oder auch veränderung aufzuhalten. jeder von uns kann (und wurde) individuell durch sprache verletzt - und natürlich kann durch abwertende oder auch verschweigende sprache eine athmosphäre der gewalt geschaffen (aufrecht erhalten) werden.
sprache ist alles.

wenn man schlicht den wunsch hat gut mit seinen mitmenschen auszukommen dann informiere ich mich darüber was für andere verletztende, respektive wertschätzende bezeichnungen sind und übernehme diese. das mache ich individuell so und sehe nicht warum ich das nicht gesellschaftlich ähnlich machen kann. dabei geht es nicht um vermeidung, sondern darum aktiv zu handeln.
im prinzip ist das nur so eine kleine umstellung die mir aber nicht die bohne weh tut. und was ist schon meine kleine "bequemlichkeit" gegen den ganzen scheiss den sich von rassismus betroffene z.t. tagtäglich aussetzen müssen. schlussendlich profitiere ich sogar noch dadurch etwas neues über andere und letztlich auch über mich gelernt zu habe.

"people of colour" für "Schwarze".

nee. POC ist ein positiver sozialer begriff der alle "nicht weissen menschen" umfasst. schwarze menschen sind auch weiterhin schwarze menschen - aber eben auch POC.
... und wieder ein schönes beispiel für die extreme deutungskraft von "sprache", und dafür das man mit sprache auch neues schaffen kann was es so noch nicht gegeben hat.

Der Versuch, kritische Sprache zu vermeiden um Verletzung von Einzelpersonen vorzubeugen erschöpft sich widerum im Sprachwandel, in der Individualität der persönlichen Erfahrungen und Prämissen, der eigenen, dicken Haut und emotionalen sowie gesellschaftlichen Stabilität. Die Sprache daran anzupassen muss im Grunde letztlich scheitern, da es kaum gelingt, Worte bewusst ihrer Bedeutung zu berauben, indem man sie verschweigt. Im Hintergrund bleiben sie und entwerten sich höchstens mit der Zeit, worauf der Einzelne keinen Einfluss hat. Oft wird als Argument aufgefahren, dass "man doch am Besten führe", wenn man sich möglichst gewählt und vorsichtig ausdrückt, was letztlich allerdings zu einer Verkrüppelung führt, rein linguistisch gesehen. Die vermeintlich harmloseren Begriffe werden durch den kulturell-gesellschaftlichen Kontext implikativ aufgeladen und erhalten so eine nachträgliche, negative Bedeutung. So werden sprachliche Mittel immer weiter verkürzt und die Verharmlosung / Veränderung letztlich redundant.

Letztlich ist es der Versuch, ein gesellschaftliches Problem mit sprachlichen Mitteln zu bekämpfen und das Pferd von hinten aufzuzäunen, mit der naiven Vorstellung, der Rest würde sich schon richten, wenn man nur nicht mehr darüber spräche.

ich glaube hier hat keiner jemals gesagt man solle über stimmte themen nicht oder nur eingeschränkt sprechen. was das angeht gibt es hier glaube ich konsens. dieser punkt scheint mir demnach etwas an dieser unserer diskussion vorbei zu gehen ... .
 
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