AW: SL-Motivation
Grob gesagt "man darf nicht mitspielen und hat die ganze Arbeit".
Das ist nicht nur "grob" gesagt, sondern GROBER UNFUG.
Der Spielleiter spielt doch GENAUSO mit, wie alle anderen Spieler.
Und nicht nur das. Er darf sogar noch viel mehr verschiedene Charaktere spielen als die anderen Spieler. Das ist doch als Anreiz allein schon genug, wenn man es mag in Sekundenschnelle von der einen Rolle in die nächste zu schlüpfen und immer wieder etwas anderes rollenspielerisch ausprobieren zu können.
Und der Spielleiter ist derjenige Mitspieler, der UNGESTRAFT die BÖSEN, die FIESLINGE, die MONSTER spielen darf. Kein Herumgetue um "Evil-Gruppen". Der Spielleiter hat JEDE MENGE "Evil-Gruppen" aller Geschmacksrichtungen zur Verfügung.
In den meisten Regelsystemen bleibt dem Spielleiter eine Menge Arbeit zur Vorbereitung überlassen. - Aber auch hier gibt es Unterschiede. War das alte D&D bis einschließlich AD&D 1st Ed. noch mit ausgesprochen wenig Spielwerte-Jonglieren zur Vorbereitung von Spielrunden verbunden, so zwang D&D 3E den Spielleiter zu langwierigstem Herumoptimieren, um den individuell herausoptimierten Charakteren der Spieler noch eine Herausforderung bieten zu können. Mit der 4E soll das ja wieder leichter werden und die Mühsal ein Ende haben.
Wenn man hingegen ein "spielleiterfreundliches" Regelsystem verwendet, dann ist die Vorbereitungszeit nicht "Arbeit", sondern VORFREUDE. - Und diese Vorfreude, diese Spannung, wie die Spieler die gerade ausgedachten Herausforderungen wohl diesmal bewältigen werden, ist auch schon Spaß und ist auch schon TEIL DES SPIELENS an sich.
Und andere Vorbereitungsaktivitäten wie Kartenzeichnen, Handouts Basteln, Figuren Bemalen, Szenerie Bauen, Musik Heraussuchen, usw. sind auch weniger "Arbeit" als vielmehr VERGNÜGEN. - Wer keinen Spaß am Basteln von auf alt getrimmten Cthulhu-Handouts hat, der macht halt keine. Wer aber solche Vorbereitungstätigkeiten ausführt, dem machen sie auch Freude. - Ich selbst bastle gerne 3D-Papier-Szenerien. Das mache ich beim Fernsehgucken wie alte Mütterchen ihr Häkeln und Stricken betreiben. Das geht so nebenher (außer bei sehr schwierigen Zuschnitten, die die volle Konzentration erfordern). Das ist einerseits schon "Arbeit", vor allem, wenn man mal fünf Meter Stadtmauer-Modell basteln darf/möchte, aus immer gleichartigen Bauteilen. - Aber es ist den Effekt im Spiel in jedem Falle wert.
Als Spielleiter kann man somit nicht nur am eigentlichen Spieltermin mit den Mitspielern spielen, sondern man spielt auch STÄNDIG zwischen den Spielterminen, indem man NSCs erschafft, Regionen erdenkt, sich Herausforderungen, Komplikationen, Szenerien überlegt und einfach weiterspielt.
Die Aufgaben als Spielleiter sind vielfältig, herausfordernd und NIE LANGWEILIG.
Der Spielleiter hat gegenüber einem Otto-Normalspieler an einem Brettspiel somit MEHR Spielmöglichkeiten. Die Vor- und Nachbereitung ist ein Solo-Spiel mit dem betreffenden Rollenspiel und dessen Regeln und Hintergrund. Und das Spielen in der Gruppe ist ein Gruppen-Spiel. Rollenspiele sind also BEIDES: Solo- und Gruppen-Spiele. Auf Brettspiele trifft das nur selten zu. - Das Anfertigen von Spielmaterial ist eine Erweiterung der spielerischen Möglichkeiten, die man so praktisch nicht bei Brettspielen findet. Man bastelt bei Brettspielen selten mal neue Spielbretter, neue Karten, neue Spielfiguren, etc. Ja, man KANN das machen und bei manchen Brettspielen ist das inzwischen auch nicht unbekannt, doch ist das immer noch eine Ausnahme: Das Brettspiel kommt KOMPLETT in der Box. Und man kauft sich vielleicht noch Zusatzboxen, aber man malt keine Spielpläne SELBST. - Im Brettspiel hat jeder Spieler genau EINE Rolle, die er spielt: Mitspieler. Diese wird durch Spielsteine, Figuren oder dergleichen auf dem Spielbrett abgebildet. Ein Spielleiter kann viele VERSCHIEDENE Rollen GLEICHZEITIG spielen - als würde er gleichzeitig mit 5 "virtuellen Mitspielern" bei Monopoly gegen 2 reale Mitspieler antreten.
Ich kann daher die im Eingangsbeitrag aufgeführten "Nachteile durch die Brille des Brettspielers" nicht nachvollziehen. - Der Spielleiter spielt MEHR, kann MEHR, und hat ÖFTER und LÄNGER und auf VIELFÄLTIGERE ART Spaß mit dem Spiel als die Mitspieler. Dafür steckt er mehr Zeit und mehr Engagement ins Spiel, bekommt das aber "mit Zinsen" wieder heraus.
Da existiert KEINERLEI "Nachteil" aus der Rolle des Spielleiters im Rollenspiel.