Ein Rollenspiel-System, Eine Spielweise ! ?

Ein Rollenspiel..

  • .., eine Spielweise!

    Stimmen: 6 23,1%
  • .., viele Spielweisen!

    Stimmen: 20 76,9%
  • .., keine Meinung

    Stimmen: 0 0,0%

  • Umfrageteilnehmer
    26
welche sachliche Ebene?

Sachliche Ebene heißt das man über das Thema diskutiert, durchaus auch kontrovers. Ich kann Meinungen und Positionen angreifen oder verteidigen. Man kann es in Frage stellen, d.h. kritisch hinterfragen. Im Fokus stehen so Argumente, Thesen und Fakten.
Persönliche Ebene heißt, daß man nicht mehr über die Sache redet sondern über Personen und diese direkt angreift, abwertet, beleidigt oder sonstwie versucht lächerlich zu machen. Hierbei sind Argumente auch nur noch zweitrangig, da man nur auf der Person rumhackt. Dieses kann am Ende auch dazu führen, daß die Argumente einer Person vn vornherein nicht mehr beachtet werden weil sofort und ohne Umwege die Person angegriffen und systematisch niedergemacht wird. Und da stößt man leider sehr schnell an die Grenze zum Mobbing.

Oder einfach ausgedrückt, ist ist ein Unterschied ob man sagt, die Position XY, die mein Vorredner vertritt ist "doof" oder mein Vorredner ist "doof". Wie geht man in anderen, von der eigenen abweichenden Meinungen und den Personen, welche diese vertreten, um?

Das hat etwas mit Respekt, Toleranz und Höflichkeit zu tun, es sind Elemente einer positiven Streitkultur. Man kann (und soll!) ja ruhig anderer Meinung sein und auch darüber disputieren, aber deshalb ist doch niemand besser oder schlechter als jemand anderes.

Auch darf man sich die Farge stellen, wie sehr man seinen eigenen Vorurteile verhaftet ist oder wie offen man mit der Welt umgeht bzw. auf andere Menschen zugeht. Hier paßt ein Zitat von Sir Peter Ustinov ganz gut: "Das Vorurteil ist einer der größten Schurken in der Besetzungsliste der Geschichte. Es benutzt die blanke Unkenntnis als Waffe."

Dieses war mein Ansatz. @ Huhn: Auch wenn mein kulinarisches Beispiel im Nachhinein vlt. unglücklich gewählt sein mag, was natürlich auch daran liegen könnte das ich nicht jeden einzelnen Post, der jemals hier auf A! verfaßt wurde, en detail kenne, so war meine Intention im obigen Sinne des Friedens zu handeln und nicht bloß zuzusehen. Entschuldige mich an dieser Stelle auch für meine etwas zu heftige Reaktion gestern zu später Stund' auf Deinen Post. Nimmst Du die Entschuldigung an?

Im konkreten Bezug auf den Threadverlauf hier wäre eine präzise Fragestellung bzw. klare Vorgaben oder Grenzen sind im Bezug auf diese Diskussion durchaus hilfreich und wünschenswert, evt. begleitet von aktiver, neutraler Moderation?
 
Jetzt Frage ich mich zum einen:
Wieso genießt man nicht die Vielfalt?
Wenn man nur eine Spielweise mag, wieso läßt man die anderen nicht freundlich gewähren?


Worin genau liegen die Vorteile der Bindung eines RPG an eine Spielweise?
Worin genau liegen die Nachteile der fehlenden Bindung eines RPG an eine Spielweise?
Habt ihr klare Vorlieben oder Abneigungen?

Als kleine Bonusfrage (eigentlich ein eigenes Thema wert):
Wieso gegen andere Spielweisen im gleichem RPG wettern? Wieso sie aktiv ablehnen?

Ich greife einfach mal die konkreten Fragen auf, die im OP zu finden sind, es wurde ja jetzt schon mehrmals gesagt, dass man sich bitte darauf konzentrieren und die Nebenschauplätze in Ruhe lassen sollte. Fair enough.

Wieso genießt man nicht die Vielfalt?
Das ist eine meiner Meinung nach absolut valide Frage. Diejenigen, die die Vielfalt eines Systems nicht genießen, binden dessen Funktionalität oft an eine Spielweise. Vielleicht weil sie wirklich an Schwierigkeiten geraten, wenn sie versuchen, andere mit dem System darzustellen, in den Diskussionen habe ich aber oftmals das Gefühl, dass es aus Angst das Spiel "falsch" zu spielen weit häufiger vorkommt, dass diese Vielfalt abgelehnt wird. Letztlich können das sowieso besser die beantworten, die Systeme per sé festgelegten Spielweisen zuordnen, aka die "Das Spiel ermöglicht nur Spielweise XY"-Fraktion.

Wieso lässt man nicht freundlich gewähren?
Darauf hab ich im Grunde schon vorher teilweise geantwortet: ich denke aus dem Unwillen, die Souveränität der Gruppe anzuerkennen erwächst das Gefühl, es gäbe eine und nur die eine richtige Weise, ein System zum Spielen zu nutzen. Alles andere "ist dann eben nicht mehr Spiel XY". Das geht auch davon aus, dass das Design des Spiels nur Spielweise XY zulässt, kann dazu noch von der Vorstellung angereichert werden, es gäbe objektiv "bessere" oder "weiterentwickelte" Ansätze, vielleicht durch Zuhilfenahme der im Internet etablierten Theorien.

Allgemein greift halt die Rollenspielpolizei und allgemeines Gemeckere, bzw. die Unfähigkeit, zu akzeptieren, dass andere Menschen andere Vorlieben oder Vorstellungen haben bzw. Dinge anders machen. Und wenn man sie nicht daran hindern kann, unterstellt man ihnen, sie seien zurückgeblieben, ignorant etc. -

Vorteile einer Bindung an eine Spielweise
In der Theorie kann ein System explizit auf eine besondere Weise, es zu spielen, ausgelegt werden. Ich denke weniger, dass man sagen kann, dass es diese Spielweise dann absolut bedingt - bevorzugt passt da schon besser. Der Vorteil ist relativ klar: man muss nicht viel am System verändern, weil es bereits alles das ermöglicht, was man braucht, um Spielweise XY durchzusetzen. Die eigentlich Frage ist dabei allerdings, welche Spielweise bevorzugt wird und da scheiden sich die Geister (auch wenn in der Regel alle von sich behaupten, recht zu haben). Daran lässt sich aber schon erkennen, wie individuell die Auslegung von Regeln sein kann, vor allem wenn man sie in Relation zum Spielgeschehen betrachtet.

Wenn eine Spielgruppe mit Regeln in einer bestimmten Situation (z. B. sozialer Kampf) klarkommt, die für einen anderen absolut nicht darauf ausgelegt (und damit unbrauchbar, dysfunktional) sind, wird darauf dann halt meist mit absolutem Unverständnis reagiert, wahlweise auch mit "ach, ihr wisst es auch einfach nicht besser."

Nachteile der Bindung
Prinzipiell beschneidet man das eigene Spielerlebnis, wenn man die Bindung zu radikal auslegt. Durch die Frage darüber, wie der Autor und Erschaffer des Systems es denn eigentlich gerne gesehen hätte, beschränkt man zusätzlich die eigene Kreativität. Das kann dazu führen, dass man versucht, Lücken durch Regelanpassungen zu ändern, die dann wieder andere Ungereimtheiten hervorrufen, das System im allgemeinen umständlich anpasst oder ewig auf der Suchen ach dem "richtigen System" ist. Allerdings spricht nichts dagegen, das zu machen, was man ohnehin bei vielen lesen kann und für verschiedene Spielweisen verschiedene Systeme zu haben.

Allgemein spricht nichts dagegen, so zu verfahren - Konflikte kommen in der Regel vor allem dann auf, wenn unterschiedliche Vorstellungen davon, was mit System XY geht oder nicht, aufeinanderprallen.

Klare Vorlieben und Abneigungen
Ich halte das meist relativ liberal. Das System sollte zugänglich sein und nicht stören, wenn es das tut, wird es geändert. Das bezieht sich auf alle Spielweisen und Situationen. Trotzdem würde ich für ein schnelles und unkompliziert-abstraktes System eher Barbarians of Lemuria wählen, z. B. - was allerdings nicht heißt, dass ich mir nicht vorstellen könnte, ähnliche Ergebnisse mit VoD zu erzielen. Letztlich kann die Art der Spielweise und die Bandbreite der Benutzung des Systems auch spontan im Spiel und durch die Gruppe festgelegt werden, wenn man keine Angst davor hat, dass Eingriff in die Heiligkeit der Autorenkonzeption automatisch Anarchie und Wahnsinn hervorruft.

Wieso gegen andere Spielweisen wettern, wieso sie aktiv ablehnen?
Hat wahrscheinlich ähnliche Gründe wie bei "wieso lässt man nicht freundlich gewähren?". Dazu komm vermutlich noch, dass man sich für sich selbst und in der Gruppe auf eine Spielweise von System / Rollenspiel XY geeinigt hat und zu hören, wie andere es völlig anders machen, Befremdung auslöst. Befremdung führt oft erstmal zu Ablehnung und zu dem Gefühl, das Gegenüber habe nicht richtig verstanden, wie man das Spiel spielen soll. Das kann zu langen Debatten führen, zu Vorschlägen Systeme zu benutzen, die das, was man da spielt, viel besser können - und bei Ablehnung solcher Hilfen dann gerne auch mal gerante über die Engstirnigkeit und Ignoranz der Leute, die das eben anders spielen wollen. Das Phänomen gibts auch in anderen Bereichen, habs sogar schon bei sowas Banalem wie Brettspielen erlebt (Risiko, Monopoly usw. sind da offenbar Anlaufstellen für krasse Grabenkämpfe, was die Regeln angeht).. wobei Rollenspiele in diesem Zusammenhang eigentlich nicht weniger banal sind.
 
Hier mal ein Zitat aus einem anderen Forum, als kleiner Nachsatz, weils so gut passt:

Ich gebe als Negativbeispiel für die schlechte Umsetzung einer Prämisse Vampire an, das angeblich Drama um den persönlichen Horror und den Verlust der Menschlichkeit sein will, dieses Ziel aber regeltechnisch völlig verfehlt, weil eben jene Thematik sich in den Regeln kaum wiederfindet, die eher auf ultramächtige SC hinauslaufen.

Die Äußerung dieser vermeintlichen Tatsache ist Kern, Dreh- und Angelpunkt der Problematik dieses Threads und der Diskussionen, die rund herum immer wieder aufkommen (also im Grunde auch ein schönes Negativbeispiel).

Nehmen wir mal an, ich sehe das anders. Das einzig wirklich verlässliche Kriterium in der Beurteilung ist die Erfahrung mit dem Spiel. Nun deckt sich meine Erfahrung mit der Aussage vielleicht so gar nicht, weil die Regeln meinen Spielstil unterstützen, der sich auf "Drama" und "personal Horror" fixiert und keine der Spielercharaktere in meinen Spielrunden auch nur ansatzweise "übermächtig" wurde, dies vielleicht auch nie Prämisse unserer Runden war.

Die gängige Antwort darauf ist "dann habt ihr das Spiel einfach nicht so gespielt, wie es gespielt gehört", vielleicht auch "dann habt ihr die Regeln einfach anders ausgelegt, ohne es zu merken", oder "ja, dann habt ihr die Regeln halt ignoriert", Hauptsache ist: der Kern der Aussage bleibt wahr: Vampire ist regeltechnisch zwingend dazu ausgelegt, übermächtige Spielercharaktere ("superheroes with fangs") zu unterstützen und nicht etwa ein auf personal Horror ausgerichtetes Spiel. Selbst auf den Einwurf, dass es sehr wohl genügend Spielmechaniken gibt, um das auch regeltechnisch darzustellen (Menschlichkeit, Wege, Tugenden, Geistesstörungen, viele Ausprägungen geistiger Disziplinen etc.) wird in diesem Fall eher mit "Glück gehabt" oder "Nein, diese Mechaniken sind eigentlich kaputt, ihr spielt es nur falsch" gekontert.

Dabei dürfte allein die Tatsache, dass sich mit den vorhandenen Regeln instinktiv ein Spielgefühl eingestellt hat, dass sich mit der Prämisse des Spiels weitgehend deckt, ein Hinweis darauf sein, dass von einer einzigen, "natürlich erzwungenen" Spielweise nicht mehr die Rede sein kann.

Solange die Dialogdynamik in dieser Problematik so ist, ist an eine vernünftige Diskussion über die "Darstellbarkeit" verschiedener Spielstile nicht zu denken, weil keine Interpretation der Regeln abseits der Eigenen zugelassen wird. Keine Erfahrungserkenntnis neben der eigenen ("deine Anekdoten bringen uns nicht weiter" "das ist so wie ich das sage"). Es läuft letztlich nur auf Rechthaberei hinaus, die Möglichkeit, dass das vermeintlich "dysfunktionale System" deswegen "seine Anforderungen nicht erfüllt" weil man es im Spiel nicht gebacken gekriegt hat, es auch dementsprechend einzusetzen, wird gar nicht in Betracht gezogen. Das würde ja auch persönliche Fehlbarkeit unterstellen - sowie den Mythos zerstören, dass Regeln ohne Anwender als Selbstläufer und vor allem immer gleich funktionieren.

Das Problem im Diskurs ist die Besitzergreifung persönlicher Deutungshoheit darüber, was funktioniert und was nicht. Das geht, noch einmal, mit dem Unwillen einher, die Souveränität der Spielgruppe anzuerkennen. Das Problem ist nur: wenn ich diese missachte, Abweichungen von meiner festgelegten Norm ausschließlich als Ausreißer betrachte (die entweder aus Glück, Dummheit, Unkenntnis oder Faulheit ganz zufällig zu den Ergebnissen gekommen sind, die ich kategorisch vom Möglichen ausschließe) werden meine Versuche, vermeintlich objektiv funktionale Regelsysteme, die bestimmte Spielweisen immer und zu jeder Zeit zwingend unterstützen, spätestens jenseits meines eigenen Horizonts stolpern und scheitern. Der Typ nebenan sieht das für gewöhnlich völlig anders und hat genug Theorie gepaukt um das viel besser erkennen zu können. Meiner persönlichen Erfahrung nach scheitert auch die Kommunikation spätestens dann, da die meisten dieser Diskussionen in einem battle über die Deutungs- und Bestimmungshoheit der Funktionalität eines Systems (im festgesetzten "Spielweisen"-Cluster) enden.

Und das alles berücksichtigt noch nicht, inweiweit die "Autorintention" also der Versuch, eine gewisse Spielweise zu unterstützen oder gar zu forcieren, am Tisch überhaupt eine Rolle spielt. Aber das ist ohnehin eine Diskussion, die nur geführt werden kann, wenn man den Tisch und die dortige Spielrunde überhaupt als Bewertungsinstanz zulässt und nicht so banalisiert, wie es meist getan wird. Ich frag mich immer noch, was in einem Medium, das darauf ausgelegt ist, in einer Spielrunde gespielt zu werden, überhaupt eine Rolle spielen sollte, wenn nicht das.
 
Willkommen in der ARS/SchErz-Debatte von 2008. Und der Forge-Theorie der 00er. Und den Threefold-Debatten in den Newsgroups der 90er. Und der Diskussion um Glenn Blacow's Four Way Split von 1980.

Was hätten wir nur zu diskutieren, wenn die Geschichte des Rollenspieldiskurses nicht zyklisch wäre?
Juhuuu, der Doppelwhopper mit Extra-Käse ist zurück.
:rolleyes:
 
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