Jetzt Frage ich mich zum einen:
Wieso genießt man nicht die Vielfalt?
Wenn man nur eine Spielweise mag, wieso läßt man die anderen nicht freundlich gewähren?
Worin genau liegen die Vorteile der Bindung eines RPG an eine Spielweise?
Worin genau liegen die Nachteile der fehlenden Bindung eines RPG an eine Spielweise?
Habt ihr klare Vorlieben oder Abneigungen?
Als kleine Bonusfrage (eigentlich ein eigenes Thema wert):
Wieso gegen andere Spielweisen im gleichem RPG wettern? Wieso sie aktiv ablehnen?
Ich greife einfach mal die konkreten Fragen auf, die im OP zu finden sind, es wurde ja jetzt schon mehrmals gesagt, dass man sich bitte darauf konzentrieren und die Nebenschauplätze in Ruhe lassen sollte. Fair enough.
Wieso genießt man nicht die Vielfalt?
Das ist eine meiner Meinung nach absolut valide Frage. Diejenigen, die die Vielfalt eines Systems nicht genießen, binden dessen Funktionalität oft an eine Spielweise. Vielleicht weil sie wirklich an Schwierigkeiten geraten, wenn sie versuchen, andere mit dem System darzustellen, in den Diskussionen habe ich aber oftmals das Gefühl, dass es aus Angst das Spiel "falsch" zu spielen weit häufiger vorkommt, dass diese Vielfalt abgelehnt wird. Letztlich können das sowieso besser die beantworten, die Systeme per sé festgelegten Spielweisen zuordnen, aka die "Das Spiel ermöglicht nur Spielweise XY"-Fraktion.
Wieso lässt man nicht freundlich gewähren?
Darauf hab ich im Grunde schon vorher teilweise geantwortet: ich denke aus dem Unwillen, die Souveränität der Gruppe anzuerkennen erwächst das Gefühl, es gäbe eine und nur die eine richtige Weise, ein System zum Spielen zu nutzen. Alles andere "ist dann eben nicht mehr Spiel XY". Das geht auch davon aus, dass das Design des Spiels nur Spielweise XY zulässt, kann dazu noch von der Vorstellung angereichert werden, es gäbe objektiv "bessere" oder "weiterentwickelte" Ansätze, vielleicht durch Zuhilfenahme der im Internet etablierten Theorien.
Allgemein greift halt die Rollenspielpolizei und allgemeines Gemeckere, bzw. die Unfähigkeit, zu akzeptieren, dass andere Menschen andere Vorlieben oder Vorstellungen haben bzw. Dinge anders machen. Und wenn man sie nicht daran hindern kann, unterstellt man ihnen, sie seien zurückgeblieben, ignorant etc. -
Vorteile einer Bindung an eine Spielweise
In der Theorie kann ein System explizit auf eine besondere Weise, es zu spielen, ausgelegt werden. Ich denke weniger, dass man sagen kann, dass es diese Spielweise dann
absolut bedingt - bevorzugt passt da schon besser. Der Vorteil ist relativ klar: man muss nicht viel am System verändern, weil es bereits alles das ermöglicht, was man braucht, um Spielweise XY durchzusetzen. Die eigentlich Frage ist dabei allerdings, welche Spielweise bevorzugt wird und da scheiden sich die Geister (auch wenn in der Regel alle von sich behaupten, recht zu haben). Daran lässt sich aber schon erkennen, wie individuell die Auslegung von Regeln sein kann, vor allem wenn man sie in Relation zum Spielgeschehen betrachtet.
Wenn eine Spielgruppe mit Regeln in einer bestimmten Situation (z. B. sozialer Kampf) klarkommt, die für einen anderen absolut nicht darauf ausgelegt (und damit unbrauchbar, dysfunktional) sind, wird darauf dann halt meist mit absolutem Unverständnis reagiert, wahlweise auch mit "ach, ihr wisst es auch einfach nicht besser."
Nachteile der Bindung
Prinzipiell beschneidet man das eigene Spielerlebnis, wenn man die Bindung zu radikal auslegt. Durch die Frage darüber, wie der Autor und Erschaffer des Systems es denn eigentlich gerne gesehen hätte, beschränkt man zusätzlich die eigene Kreativität. Das kann dazu führen, dass man versucht, Lücken durch Regelanpassungen zu ändern, die dann wieder andere Ungereimtheiten hervorrufen, das System im allgemeinen umständlich anpasst oder ewig auf der Suchen ach dem "richtigen System" ist. Allerdings spricht nichts dagegen, das zu machen, was man ohnehin bei vielen lesen kann und für verschiedene Spielweisen verschiedene Systeme zu haben.
Allgemein spricht nichts dagegen, so zu verfahren - Konflikte kommen in der Regel vor allem dann auf, wenn unterschiedliche Vorstellungen davon, was mit System XY geht oder nicht, aufeinanderprallen.
Klare Vorlieben und Abneigungen
Ich halte das meist relativ liberal. Das System sollte zugänglich sein und nicht stören, wenn es das tut, wird es geändert. Das bezieht sich auf alle Spielweisen und Situationen. Trotzdem würde ich für ein schnelles und unkompliziert-abstraktes System eher Barbarians of Lemuria wählen, z. B. - was allerdings nicht heißt, dass ich mir nicht vorstellen könnte, ähnliche Ergebnisse mit VoD zu erzielen. Letztlich kann die Art der Spielweise und die Bandbreite der Benutzung des Systems auch spontan im Spiel und durch die Gruppe festgelegt werden, wenn man keine Angst davor hat, dass Eingriff in die Heiligkeit der Autorenkonzeption automatisch Anarchie und Wahnsinn hervorruft.
Wieso gegen andere Spielweisen wettern, wieso sie aktiv ablehnen?
Hat wahrscheinlich ähnliche Gründe wie bei "wieso lässt man nicht freundlich gewähren?". Dazu komm vermutlich noch, dass man sich für sich selbst und in der Gruppe auf eine Spielweise von System / Rollenspiel XY geeinigt hat und zu hören, wie andere es völlig anders machen, Befremdung auslöst. Befremdung führt oft erstmal zu Ablehnung und zu dem Gefühl, das Gegenüber habe nicht richtig verstanden, wie man das Spiel spielen soll. Das kann zu langen Debatten führen, zu Vorschlägen Systeme zu benutzen, die das, was man da spielt, viel besser können - und bei Ablehnung solcher Hilfen dann gerne auch mal gerante über die Engstirnigkeit und Ignoranz der Leute, die das eben anders spielen wollen. Das Phänomen gibts auch in anderen Bereichen, habs sogar schon bei sowas Banalem wie Brettspielen erlebt (Risiko, Monopoly usw. sind da offenbar Anlaufstellen für krasse Grabenkämpfe, was die Regeln angeht).. wobei Rollenspiele in diesem Zusammenhang eigentlich nicht weniger banal sind.