AW: Rollenspiel im Wandel der Zeiten
Meine Herren, wann sind Sie ins Hobby eingestiegen und wie waren Ihre Erfahrungen?
Es war 1983, ich war gerade 15 Jahre geworden und noch ziemlich grün hinter den Ohren.
Durch eine Reportage (wohl anläßlich des Launches von D&D im Herbst gedreht) aufmerksam geworden tigerte ich ein, zwei Tage lang um den Glaskasten unseres lokalen (HG) Vedes-Fachgeschäftes bevor ich die 60 DM (?) für die Rote D&D Basis-Set Box hinblätterte und mich zu Hause ans Lesen machte.
Ich war begeistert.
Von regelmäßiger SF und gelegentlicher Fantasy-Lektüre (die wenige Fantasy-Literatur die ich bis zu dem Zeitpunktz gelesen hatte vermochte mich nicht wirklich für das Genre zu begeistern), schon an das außergewöhnliche (an die, zum Setting passende, Suspension-of-Disbelief) gewöhnt war ich von der Interaktivität der Rollenspiele begeistert.
Mark Brandis, Valerian und Veronique aus der Bücherei. Heinlein, Niven, Moorcock, Anderson, Vance. Söhne der Erde. Terranauten. Perry Rhodan, uvm.
Ich hab mein Taschengeld zum größten Teil in noch mehr Zellulose investiert.
Rollenspiele kamen mir da sehr gelegen.
Endlich "selbst" Abenteuer erleben. Schwert schwingend böse Kreaturen besiegen und die Prinzessinen rettet. Yay!
Schon am nächsten Tag hab ich bei einem Kumpel in der Nachbarschaft geklingelt um ihm die neueste Errungenschaft zu zeigen und ihn für die neue Freizeitaktivität zu vereinnahmen. Das klappte zunächst ganz gut. Während das bei meinem Kumpel aber eher ein Strohfeuer war, war in mir das Feuer dauerhaft entfacht. D&D, Sternengarde und DSA hatten wir damals ausprobiert. Immerhin kannte der einige Leute die neben Briefspielen ( "It`s a Crime" z.B.) auch RSP spielten. Mit denen hab ich dann ein paar Jahre später unvergessliche MERS und später Rolemaster Erlebnisse auf Mittelerde gehabt. Da war ich aber schon ein "alter" Rollenspieler.
Ich weiss nicht mehr wo ich die Ankündigung gelesen hatte, jedenfalls war die erste Rollenspielveranstaltung eine im Novotel Frankfurt/Main, damals in der Nähe des Kaiserleikreisels befindlich, stattfindende Einführunsgrunde. Nicht so sehr das Rollenspielerlebnis dort, das ist nicht wirklich in meinem Gedächtnis haften geblieben, sondern die für Schüler happigen Preise für ein 0.2 L Glas Cola sind haften geblieben.
Nicht viel später war ich auf dem Drachenferst (das muss so die zweite Inkarnation desselben gewesen sein) in Wiesbaden und
erlebte zum ersten mal wie begeisternd Rollenspiel wirklich sein kann. Davor war es doch mehr ein verkapptes Tabletop gewesen. Halt ohne festen Spielplan aber mit festen Regeln. Kopfkino war schon da, aber doch fast nur im Kopf. Jetzt erlebte ich mit das es Spieler gab die doch tatsächlich in der ersten Person, quasi als der SC, sprachen. Davor war das alles graue Theorie gewesen. Und das, vom Spielleiter selbst erstellte, Abenteuer erst! Nachdem sich die Gruppe in einer Stadt zusammengefunden hat um einen Auftrag in einer Kneipe zu erhalten (ja, wie originell, das war mir damals Schnurz, dazwischen nicht, heute wieder...) machte sich die Gruppe auf die Suche. Irgendwo fanden wir auch eine Pyramide in der es dann durch ein, sich veränderndes, Labyrinth ging. Ein paar Schätze,. nebst Giftfallen, fanden wir natürlich auch. Beenden konnten wir das nicht, zum einem Spieltermin nach dem Con wollte ich zwar noch per Radel fahren, verfranste mich aber auf dem Weg völlig.
Ich war also von Rollenspiel abseits der berüchtigten Monty-Haul-Kampagnen (den Begriff kannte ich da noch nicht) angefixt. Einzig eine permanente Runde mit Leuten die wirklich Rolle spielten fehlte mir noch.
Ich war ein bis zweimal die Woche per Radel von HG in Frankfurt und da gab es einen kleinen Spieleladen in der Textorstrasse 60, der auch in einem der damals auch das Rollenspiel goutierenden Spiele-Magazine (Fanzine trifft es besser, man konnte es immerhin im lokalen Vedes-Laden tatsächlich kaufen) , Pöppel-Revue war es glaub ich, in einer Anzeige erwähnt war.
Da fuhr ich dann hin und konnte meinen Augen kaum trauen, knapp ein Quadratmeter voll Rollespielkram. Abenteuer, Regelwerke, Zinnfiguren. Da hing ich also fast zwei mal wöchentlich rum, blätterte in den Regelwerken und Abenteuern, sofern offen, kaufte auch mal was (Beschäftigte mich mit der wichtigen Frage wieso am Ende des Taschengeldes noch so viel Monat übrig war?). Ab und an kauften auch andere Rollenspiele oder Zubehör dazu. Mit einem der dort verkehrenden Rollenspieler fing ich ein Gespräch an, nach so einer halben Stunde verlagerten wir das nach draussen, muss so gegen 16:00 gewesen sein. Als die Inhaberin des Ladens in der Textorstrasse gegen 18:30 Uhr den Laden schloss standen wir immer noch draussen und unterhielten uns immer noch angeregt. Inzwischen war ich zu der Rollenspielrunde eingeladen worden. So gegen 19:30 beendeten wir unsere Fachsimpeleien und ich radelte nach Hause. Am nächsten Donnerstag war es dann soweit und eine Rollenspielrunde die schon längere Zeit zusammen spielte, ich war da, zusammen mit meinem neuen Bekannten der jüngste, hat mein Leben verändert.
Am ersten Abend durfte ich einen SC eines nicht anwesenden Spieler führen und wurde der beinahe von einem Ettin gefressen.
Anderthalb Jahre spielten wir relativ regelmäßig zusammen. Manchmal auch CoSims wie "Warrior Knights", "Diplomacy" (Mann, da saugte ich aber!) oder "Civilization". Meistens jedoch AD&D. Nach so zwei Jahren zerbrach die ursprüngliche Gruppe, in anderer Besetzung hab ich bei einem der von einem Auslandssemester zurückkehrenden Spieler/SL weiter mitgespielt. Nach ein paar Jahren kam ich dann wieder zu einer Runde mit dem ursprünglichen Spielleiter zurück. Kurz darauf wechselten wir von AD&D 2nd Edition auf GURPS.
Bei dem, ersten, Spielleiter von damals spiele ich heute noch. Wenn auch die Inzidenz deutlich gesunken ist.