AW: Requiem of a Soul
@BuG: Was möchtest du denn konkret über einen Spielabend von Entwicklerseite wissen?
Ich werde einfach mal von meinen Erfahrungen mit meinem allerersten RoaS-Spielabend berichten. Ich muss dazu sagen, dass ich selbst gar nicht so oft zum Spielen komme, von den üblichen Con-/Testrunden mal abgesehen. Einige andere Teammitglieder haben aber teilweise schon seit Jahren Kampagnen am Start, nicht nur untereinander, sondern auch mit Spielern außerhalb des Entwicklerteams. Da BaWü ein bisschen weit weg ist, habe ich nur leider nicht die Gelegenheit, dort Zaungast zu spielen und zu berichten, wie diese Runden sind.
Nun aber zu meinem ersten eigenen Spielabend (der übrigens auf einem Entwicklertreffen stattgefunden hat).
Geplant war ein One-Shot mit Charakteren, die bereits seit längerem seelenlos waren. Ich hatte vorher noch nie einen Charakter für RoaS gemacht und war auch nicht an der Konzeption der Charaktererschaffung beteiligt gewesen, so dass ich nicht wirklich viel Ahnung hatte, wie das funktioniert. Ich habe mich also in der Beschreibung von Punkt zu Punkt gehangelt, und siehe da – nach knapp 10 Minuten war mein SC (eine Moulin-Rouge-Style-Amüsierdame aus einem der zweifelhafteren Viertel Losartisans (Rasse: Tel'Pathar, Weg: Ausgeweidete)) fertig. Ich habe die Charaktererschaffung als sehr einfach empfunden und musste die anderen nicht großartig mit Fragen nerven - und das, obwohl ich mit Regeln des Öfteren auf Kriegsfuß stehe (wer schon mal mit mir Siedler gespielt hat, weiß was ich meine
).
Gespielt wurde auf Kurip-Aleph, genauer gesagt im Freihafen Losartisan. Die anderen SCs waren ein rauer, erfahrener Seebär (Rasse: Abara, Weg: Toter), eine wohlerzogene, sehr damenhafte Geografin (Rasse: Mensch, Weg: Unwissende) sowie ein kultivierter Psychiater/heimlicher Mörder vom Typ Hannibal Lecter (Rasse: Mensch, Weg: Verlorener), echt gruselig übrigens. Die Gruppe war also sehr gemischt, mit SCs, wie sie unterschiedlicher kaum sein können. Der Zirkel kannte sich seit längerem und hatte bereits zusammen ein Quartier bezogen.
Der Spieler des Psychiaters entschloss sich kurzfristig, einen gerade erschaffenen Maata zu spielen, so dass das Spiel dahingehend geändert wurde, dass wir anderen seinen SC noch nicht kannten.
In einer dramatischen ersten Szene verlor der Psychiater in seiner eigenen Praxis seine Seele. Als er daraufhin orientierungslos durch die Stadt lief, traf er auf meinen SC, den das Gefühl in seine Richtung gelenkt hatte. Zwischen uns flammte das merkwürdige Gefühl der Vertrautheit auf, dass so charakteristisch ist für Maata, die durch das Seelenband verbunden sind. Und so ließ sich der Psychiater von mir mitschleppen, hauptsächlich, weil er völlig verwirrt war und nicht wusste, wohin.
Zurück in unserem Unterschlupf: erstes Aufeinandertreffen aller Zirkelmitglieder, erste Versuche, dem Psychiater seine Situation zu erklären. Streit zwischen den Zirkelmitgliedern, wie viel man ihm erzählen sollte oder müsste, Streit mit dem Psychiater, der viel mehr wissen wollte, als wir ihm preisgeben wollen – schließlich waren wir zu dem Zeitpunkt noch nicht sicher, ob er tatsächlich zu unserem Zirkel gehört. Unmut der Unwissenden darüber, dass wir „den Neuen“ in der behelfsmäßigen Bibliothek einquartierten und IHRE Bücher dafür weichen mussten...
Wichtige Zwischenszene (und Aufhänger für den eigentlich vorgesehenen Plot): Während wir stritten, bekam der Seebär Besuch von einem Avatar des Toten. Der gab ihm bzw. unserem Zirkel den Auftrag, eine Person zu finden, einen jungen Mann. Dieser sollte sich ausgerechnet in Ryont aufhalten, jener verwüsteten Scholle, die von allerlei üblem Gesindel bevölkert wird und die eigentlich niemand freiwillig bereist.
Gegen unseren Willen machte sich der Psychiater auf zu seiner Praxis. Dort mussten wir feststellen, dass die Grun'athor kürzlich da gewesen waren (und die Sprechstundenhilfe zu Tode erschreckt hatten). Sie hatten also schon mitbekommen, dass dort ein Seelenloser entstanden war (und bei der Gelegenheit vermutlich auch gleich ihren Seelenfänger wieder eingesammelt). Alarmstufe rot! Mit einem so jungen und unerfahrenen Maata wollten wir es nicht auf einen Kampf mit ihnen ankommen lassen, und so verließen wir den Ort des Geschehens möglichst schnell. Die Unwissende blieb noch dort, verwischte die Spuren, streute bei den Bewohnern der umliegenden Häusern allerlei falsche Gerüchte und versuchte dann, der Energiesignatur der Grun'athor zu folgen, was leider nur einen begrenzten Erfolg zeigte.
Währenddessen versuchten wir den Psychiater weiterhin von unseren, für einen normalen Menschen völlig hanebüchen klingenden Geschichten von Seelenräubern u.ä. zu überzeugen. Er hielt abwechselnd uns und sich selbst für verrückt (nicht, dass letzteres nicht der Wahrheit entsprochen hätte
). Doch seine These seines eigenen Wahnsinns obsiegte, als er begann, Stimmen zu hören und Zeichen zu sehen. Unsere Erklärung, dass es sich dabei um einen seiner Seelensplitter handeln könne, der nach ihm rief, überzeugte ihn vorerst nicht.
Als wir später erfuhren, dass der Psychiater den jungen Mann kannte, den wir suchten – es handelte sich um einen seiner Patienten – war das ein Grund mehr, ihn mit nach Ryont zu nehmen (von den Grun'athor, die uns auf den Fersen waren, mal völlig abgesehen).
Im Laufe des Tages akzeptierte der Psychiater dann unsere Erklärungen, indem er sie einfach in sein krankes Weltbild (er selbst als der Gute, der das Böse in der Welt ausrottet) integrierte. Er und wir anderen Maata waren nun also aus seiner Sicht die Guten, die das Übel der Seelenräuber und Grun'athor ausrotten mussten. Er hatte eine neue Mission (die auch mit dem Töten von Menschen zusammenhing, wie praktisch...) und seinen Seelenfrieden wieder, während wir anderen völlig perplex waren. Wie konnte es sein, dass jemand sich dermaßen schnell in sein Schicksal fügte, etwas, wozu jeder andere Monate oder Jahre brauchte? Er musste unter Schock und kurz vor dem Nervenzusammenbruch stehen. (Von seiner bestehenden Geisteskrankheit wussten wir ja noch nichts.) Und so behandelten wir den Psychiater wie ein rohes Ei, um seine labile Verfassung nicht weiter zu gefährden...
Wir trafen Reisevorbereitungen, um möglichst schnell nach Ryont aufbrechen zu können.
Es gab wieder diverse Diskussionen und Querelen zwischen den Zirkelmitgliedern und einige Machtspielchen zwischen der Unwissenden und dem Psychiater, bis wir schlussendlich im Ätherschiff nach Ryont saßen. Da war es dann auch schon so spät, dass wir den Spielabend beenden mussten – und das, bevor wir überhaupt mit dem eigentlichen Plot begonnen hatten. Aus dem One-Shot war dann doch ein längeres Abenteuer geworden, weil sich das Charakterspiel und die Interaktion zwischen den einzelnen SCs zum Selbstläufer entwickelt hatte.
Gewürfelt wurde übrigens kaum an dem Abend. Die Leute hatten großen Spaß an ihren Charakteren und es gab einige sehr intensive Rollenspielszenen.
So, ich hoffe, ich konnte euch damit einen Einblick in einen RoaS-Spielabend geben (auch wenn es sich um einen typischen Einstiegs-Spielabend handelt, bei dem es eher um das gegenseitige Kennenlernen der Charaktere als um einen komplexen Plot ging).