Kickstarter war ja als ursprünglich als Plattform über kreative Projekte geplant, die Risikokapitalgeber brauchen, die noch mutiger sind als der typische amerikanische VC. Oder die eben gar keinen finanziellen Gewinn abwerfen, sondern die Welt einfach ein bisschen besser machen, indem ein neuer Roman, ein neuer Film, ein Konzert usw. stattfinden kann und damit an dem klassischen Konzept einer Investition, die dann auch monetäre Früchte trägt, folgen.
Tim Schafer hat es zuvor mit seiner Idee eines Point&Click-Adventures ja nicht geschafft, einen VC zu finden, da diese lieber ihr Geld in "sichere" Konzepte investieren wollten. Er musste erst mit Kickstarter der Welt beweisen, dass es da draußen eine Gruppe von wohlhabenden Point&Click-Adventure-Fans gibt, die so sehr das Spiel spielen wollen, dass sie bereit sind, hohe Beträge nur für ein Versprechen zu geben.
Wenn man investiert, sei es eine Idee oder in ein finanziell vielversprechendes Unternehmen, ist es immer ratsam, dass man nur das investiert, was einem nicht wehtut, wenn es weg ist. Der große Vorteil einer Crowdfunding-Plattform ist, dass sie viele Leute sammeln kann, denen es nicht weh tut, wenn sie $10 oder $20 verlieren, die sich gut dabei fühlen, wenn sie etwas "für die gute Sache" tut, wenn sie dadurch einem Traum folgen können und wenn sie dadurch speziell behandelt werden (regelmäßige kurze Status-Updates können wunder wirken) und in der Summe ist es dennoch eine vielversprechende Summe Geld.
Andere haben gesagt, man kann ja ein Rollenspiel für 0€ produzieren. Vielleicht wenn man von Luft und Liebe leben kann und auch Computer, Internetzugang und alles weitere geschenkt bekommt. Oder wenn man sich für seinen Traum selbst ausbeutet und das Geld selbst aufbringt und das zum Selbstschutz verdrängt. Aber warum muss ein Rollenspiel denn ein Hobby-Produkt bleiben? Warum sollte man nicht 100% seiner Energie darauf verwenden dürfen und dafür bezahlt werden, dass man nichts anderes macht?
Wer als Autor sein Hobby zum Beruf machen möchte - selbst wenn nur zeitweise, so lange er eben an dem Buch schreibt - sollte doch mit einer adäquaten Bezahlung rechnen können. Je nachdem wo und wie und mit wem man lebt, bedeutet dies einige 1000€ pro Monat, allein für Lebenshaltungskosten. Und natürlich gilt das nicht nur für den, der die Texte schreibt, sondern auch Grafiken, Layouter, Verlag, Vertrieb, ja selbst Spieltester. Wieso werden Rollenspiele eigentlich nicht wenigstens so schlecht getestet, wie Software. Ein "funktioniert für die Gruppe des Autors" ist doch recht wenig. In dieser Beziehung macht WotC einiges besser und ich würde eigentlich auch erwarten, dass andere große Verlage ihre Kaufabenteuer einige Mal test spielen, bevor sie veröffentlicht werden. Bei Kinofilmen ist es doch auch selbstverständlich, dass diese einem Benutzertest unterworfen werden.
Wie auch immer, ob ich ein Point&Click-Rollenspiel oder ein Pen&Paper-Rollenspiel machen will - so groß ist der Unterschied auch nicht. Beide brauchen Autoren, Grafiker und einen zu koordinierenden kreativen Prozess, der keinesfalls kostenlos ist. Und wenn sich Leute finden, die ihr Geld geben (was ihnen nicht weh tut) damit andere das machen, was hoffentlich alle beteiligten lieben - dann haben doch alle gewonnen und niemand verloren.
Stefan