Reisetagebuch des Bero von Freisig Adept bani Jerbiton vom 9. August im Jahre des Herrn 794
Nachdem wir zur letzten Etappe zur Eresburg aufbrachen entschlossen wir uns zunächst ein gemeinsames Schutzritual zu wirken das uns vor Angriffen sowohl physischer als auch geistiger Art schützen sollte und auch Wesen aus der Geisterwelt von uns fern hielt. Der Erfolg unserer sechsköpfigen Kabbala dabei war durchschlagend, wie wir aber erst später merken sollten.
Nachdem wir einen halben Tag darauf verwendet hatten dies durchzuführen und ich dabei das Vergnügen gehabt hatte Magistra Nergis hüllenlos zu sehen weil wir das Ritual trotz Bruder Hugberts entschiedenem Protest nackt durchgeführt hatten legten wir unsere Kleidung wieder an und ritten weiter zur Eresburg, wo ein fränkischer Graf Odo uns willkommen hieß nachdem wir ihm mitteilten das wir ihm die Horde sächsischer Räuber vom Hals geschafft hatten.
Nach einem kargen Nachtmahl begaben wir uns zum uns benannten Eingang zu dem Ort an dem die Lanze verborgen sein sollte. Der Durchgang befand sich hinter einem kleinen Wasserfall. Als wir durch diesen traten waren Nergis, Hugbert und ich plötzlich alleine, der Rest der Gruppe war verschwunden.
Wir fanden uns in einem bewaldeten Gebiet auf einem Pfad wieder dem wir nun folgten nachdem wir die Anderen nicht finden konnten. Schnell kam dichter Nebel auf und wir banden uns mit einem Seil an einander um uns nicht zu verlieren. Fast wäre ich über eine Klippe in einen tiefen Abgrund getreten, aber ich konnte mich gerade noch oben halten.
Wir folgten der Klippe nach rechts und hörten bald die Flugbewegungen mehrerer großer Wesen im Nebel aus Richtung des Abgrunds. Die Wesen die diese verursachten schienen aus der Geisterwelt zu stammen, zeigten sich aber auch auf unser Rufen hin nicht.
Schließlich fanden wir eine Lichtung die frei von Nebel war von der eine etwa einen Meter breite geländerlose Brücke aus Stein über den endlosen Abgrund hinweg in den Nebel zu gehen schien. Da wir keine Wahl zu haben schienen machten wir uns auf den Weg die Brücke zu überqueren. Hierbei entwickelte Hugbert ein beispielloses System mit dem er uns absicherte und anseilte, so komplex das ich es hier gar nicht beschreiben kann, aber es bewährte sich.
Die geflügelten Wesen zeigten sich einmal kurz im Nebel während unserer Überquerung und wirkten dabei mit zwei Metern Flügelspannweite, zuckendem Schwanz und menschlichem Körper nicht eben vertrauenswürdig. Es wurden während unserer Überquerung immer mehr – sie waren geradezu Legion, aber zu unserer Erleichterung hielt sie unser Schutzzauber fern.
Schließlich mündete die Brücke auf eine tiefschwarze Felsnadel an der entlang eine lange Treppe in den Abgrund hinunter führte. Wir folgten auch diesem Pfad, kamen nach einer halben Stunde aber an eine Stelle an der mehrere Stufen fehlten und kein neuer Anfang in Sicht war. Ich war schon fast bereit zu springen, aber entnervt und müde kehrten wir zunächst wieder zur Felsspitze zurück um zu überlegen und auszuruhen. Hier halfen uns Glück und Hugberts Tapsigkeit als der gute Bruder unser Seil von der Spitze der Felsnadel rollen lies und das Ende gerade erst noch zu fassen bekam. Das andere Ende landete bei unseren geflügelten Begleitern die wir inzwischen als vollkommen gesichts- und geschlechtslose schwarze Kreaturen mit ebenfalls schwarzen Schwingen und Teufelsschwanz ausmachen konnten und die sich zu Tausenden um uns versammelt hatten.
Die Wesen hielten das Seil fest und zeigten sich dabei nicht aggressiv sondern folgten unseren Bewegungen mit dem Seil. Nachdem wir sahen das sie keine feindlichen Absichten zu haben schienen banden wir uns unter den Armen am Seil fest und hofften das die geflügelten Begleiter uns vielleicht nach unten bringen würden, doch genau das Gegenteil war der Fall. Mehrere Stunden flogen sie mit uns nach oben und setzten uns schließlich kurz unter dem Gipfel eines einsamen Berges ab in dem diese Wesen in Höhlen zu leben schienen.
Da wir erschöpft waren rasteten wir dort bis sich uns die androgyne Gestalt einer Person zeigte, die sich als Adam Cadmon vorstellte und bei der es sich um einen offensichtlich zur Erleuchtung gelangten Magus handelte. Er lud uns zu seinem Schlafplatz an der Seite des Berges ein, wo ein warmes Feuer in einer Kochstelle brannte und er uns mit Speis und Trank bewirtete.
Er bezeichnete den Ort als das Zentrum des Universums, was einer Definition meines Freundes bei den Batini nach ihn als den Berg Qaf auswies, ein Ort an dem jede Art der Korrespondenzverbindungen sich schnitt. Adam erlaubte mir später meinem Freund von meinem Weg zu diesem Ort zu berichten.
Er fragte nach unserem Motiv für die Reise und zeigte sich nicht überrascht, dass wir die Lanze suchten. In seiner Erklärung für die Funktion der Lanze ist diese ein Katalysator der starke Veränderungen in einer Epoche hervorrufen, sogar ganze Existenzmodelle vernichten und dadurch Raum für neue schaffen kann. Der Kelch oder Gral sei eine gänzlich entgegen gesetzte Macht, die zu heilen und zu versöhnen im Stande sei. Adam verwies darauf das man bei Gegenstände zusammen einsetzen konnte, wenn das auch seit sehr langer Zeit nicht mehr geschehen sei.
Oft beschleunigt die Lanze wohl auch nur den Prozess der Veränderung wie beim Übergang von der alten Religion zum Christentum, als Ragnachar und seine Begleiter sie in den Weltenbaum stießen.
Adam riet uns die Lanze zu lassen wo sie sei, stimmte aber zu als wir uns anders entschieden uns durch seine Geflügelten zu dem Ort bringen zu lassen, nicht ohne mich deshalb einen Narren zu heißen und uns zu warnen das durch diese Handlung Nergis Prophezeiung vom Aufstehen der Toten aus den Gräbern und den Kriegen die sie gesehen hatte wahrscheinlicher würde.
Der Flug zum Weltenbaum war außergewöhnlich. Wir saßen auf einer Art Schaukelbrett das Adam für uns angefertigt hatte, durch das wir unser Seil geschlungen hatten. Dessen Enden fassten die geflügelten Kreaturen und trugen uns fort vom Berg Qaf zunächst durch unendliche Schwärze bis wir in der Ferne einen riesigen Baum ausmachen konnten. Unterwegs sahen wir vereinzelte Umbrareichen und begegneten den Gerippen eines riesigen Eichhörnchens und eines ebenso gewaltigen Hirschs. Beide Skelette waren mit Quintessenz geradezu vollgesogen und sowohl Nergis als auch ich brachen Klauen der Kreatur ab, weil wir deren einzigartigen Wert für einen Magus erkannten.
Schließlich sahen wir schon von weitem die verdorrten Überreste eines riesigen in den Himmel ragenden Baumes der von einem magischen Schutzwall umgeben war. Vor diesem am Boden lag das Skelett eines gigantischen schlangenartigen Wesens mit kleinen Beinen – die Schlange die an den Wurzeln des Weltenbaums genagt hatte. Aus ihrem Skelett sicherten wir Leichenfledderer uns je einen armlangen Zahn und banden unser Fluggerät am Gerippe fest, um zu vermeiden dass unsere geflügelten Begleiter fort flogen.
Bei unseren Untersuchungen der Barriere stellten wir schnell fest das es sich bei dieser um eine mächtige Kräftebarriere handelte die es uns unmöglich machte näher heranzutreten. Schließlich unterstützten wir Nergis die Macht dieser Barriere mittels ihrer Ars Primae herauszusaugen und abzuleiten, diese Kraft floss allerdings teilweise in den Boden vor Ort, in größeren Teilen in die ferne Umbra und wir alle hatten den Eindruck das dabei etwas erschaffen wurde. Nach mehreren Stunden brach die Barriere zusammen und die Geistwächter in Form von Engeln versuchten uns anzugreifen, erreichten uns aber wegen unseres Schutzrituals nicht und weinten über ihr Versagen uns von der Lanze fernzuhalten bittere Tränen.
Schließlich erreichten wir die Lanze die tief in den Wurzeln des Baumes steckte und zogen sie heraus. Fast augenblicklich begann es zu Donnern, der Boden zu beben und aus dem Boden um den Baum kamen skelettierte Arme die nach uns griffen….
Wie es weiterging erfahrt ihr in meinem nächsten Eintrag.