AW: [07.05.08] Unter der Ruine
Der Tumult um den plötzlich auftauchenden Gangrel hatte seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Niemand hatte bemerkt, wie der Nosferatu hinter den ehemaligen Sheriff und neuestem Herrscher der Stadt getreten war. Lurker hatte einen Auftrag bekommen. Einen der ihm sehr entsprach, das erhöhte sein Pflichtbewusstsein. Im Grunde war es so, als hätte man dem Hund befohlen den Knochen abzunagen. Mann konnte sich gewiss sein, dass sich mit besonderer Hingabe des Problems angenommen wurde. Tatsächlich bekam er sogar bemerkenswertes zu sehen, denn die alte Königsvettel reagierte erstaunlich emotional auf den Neuankömmling. Der Nosferatu selber konnte den Kerl nicht recht zuordnen, eine Tatsache die bei ein Mitglied seines Clans wahrscheinlich in jeder anderen Stadt eine regelrechte Panik ausgelöst hätte, aber nicht in Finstertal. Es kamen in diesen Nächten soviele Blutsauger und verschwanden beinahe sofort wieder von der Bildfläche, dass so mancher zu einer kümmerlichen Randnotiz degradiert wurde. Aber die Alte schien das Kerlchen zu kennen.
Als sich Meyye, in ihrer neuen Funktion als Mutter Oberin der Tierbande, auf den Neuen stürzte, war Lurker für einen Moment versucht ihnen zu folgen. Allerdings hatte sich in der Vergangenheit herausgestellt, dass Meyye schwer zu observieren war. Vermutlich war sie ihren tierischen Instinkten so nahe, dass diese sie stets warnten. Auch ein Grund, warum er es aufgegeben hatte ihr aufzulauern und nachzustellen.
Jetzt gerade aber, folgte er ihnen auch schon deshalb nicht, weil er für Pareto die alte Schachtel und die Geißel im Auge behalten sollte. Es wäre zutiefst unprofessionell, wenn er aus einer persönlichen Laune heraus seinen Posten verlassen hätte um jemand anderem hinterher zu schnüffeln.
Das es einen guten Grund gab sich neu zu orientieren, wurde einige Zeit später deutlich, als der Wind gedämpfte Rufe und leises Klopfen zu ihm hinüber trug. Lurker hielt den Kopf schräg um zu lauschen und als er das zweite Mal etwas zu hören glaubte wandte er sich um und ging in Richtung des Einganges. Jetzt glaubte er auch deutlicher erkennen zu können, dass dort tatsächlich jemand um Hilfe rief. Sogar recht verzweifelt. Der Nosferatu näherte sich dem Eingang und besah prüfend den massiven Stein. Für einen eventuellen Beobachter mochte es verwirrend sein, dass der Verborgene plötzlich vor der Türe stand. Aber er musste wohl die ganze Zeit dort gestanden haben. Äußerlich wirkte er ruhig, als er mit einem seiner alptraumhaften, Insektenfühler artigen Finger über das Sternenförmige Schloss des Eingangs strich. Die Türe würde problemlos und leicht in den Angeln aufschwingen, wenn er den Schlüssel hätte. Dummerweise hatte ihn der Italiener bei sich. Der Nosferatu vermutete, dass genau dies, dass Problem sein mochte. Vermutlich war auf der anderen Seite der Türe kein Mechanismus um sie wieder zu öffnen.
Sie würden seine Hilfe brauchen. Lurkers Gedanken rasten fiebrige Bahnen entlang, während er sich umwandte und die Umgebung mit seinem Blick durchmaß. Man konnte wohl spöttisch sagen, dass ihm unterirdische Anlagen im Blut lagen. Für gewöhnlich hatten sie mindestens Luftschächte und Versorgungstunnel. Selbst alte Verteidigungs Bollwerke hatten zumindest einen Fluchttunnel samt Notausgang. So wie er Zacharris Bauten kannte, hatte der alte Tzimisce aber deutlich mehr als das. Wer Zugänge und Schächte anlegen ließ und sogar einen ganzen verdammten Dom bauen ließ, nur um ein einzelnes Grab ins rechte Licht zu rücken, der scharrte nicht einfach nur ein Erdloch mit einem Eingang, wie ein Dachsbau, für die eigene Herrlichkeit. Ganz sicher war das dort unten ein ganzes, verdammtes Mausoleum, zu dem es einige Zugänge gab. Sollten die noch anwesenden wegen ihm ruhig versuchen die Türe irgendwie aufzubekommen, er würde das Problem auf seine Weise angehen. Kommentarlos lief er in die Richtung der Wildnis los. Wenn es einen Notausgang gab, wäre er sicherlich irgendwo in Richtung 'weg von Finstertal'.