AW: Zu dick
Savage Worlds ist ein gutes Rollenspiel, dass seine Stärken hat. Es ist nur leider nicht das „hey, ich mach wirklich alles damit und bin auch zufrieden”-System.
Das mit dem "wirklich alles" hat auch keiner behauptet. - Es ist sogar so, daß von Conversions allzu weit weg vom "Zielgebiet" von Savage Worlds liegender Original-Systeme abgeraten wird. ("Anything could be Savaged, but not everything should.")
Was für mich nur der wichtige Punkt bei Savage Worlds ist: Es ist so schnell erschließbar und in die SPIELPRAXIS umsetzbar, daß es tatsächlich GESPIELT wird, während (auch bei mir in den Aktenschränken mit nicht notwendigerweise stets "greifbar" zu haltenden Rollenspielmaterialien) andere generische Regelwerke vor sich hin schimmeln.
Anderer Punkt:
Selbst das aufwendigste, komplexeste Regelsystem bekommt eine zum Spielen motivierte Spielgruppe in akzeptabler Zeit in den Griff. Noch so komplexe Regeln sind weit weniger SPIELVERHINDERND als andere Faktoren.
Dazu zählen für mich ganz wesentlich FLUFF-GEBIRGE. - Spieler, die VOR dem ersten Spielen, VOR der Charaktererschaffung gleich mal "ein Semester Gloranthik" einlegen müssen, werden dazu kaum zu motivieren sein. - Wenn es heißt, wie spielen Gunslinger im Wilden Westen, dann hat ein jeder Spieler sofort einen Zugang zum Thema, damit zum Setting. Und dann schaut man nur noch, wie die Regelmechanik funktioniert, um die eigenen Ideen für einen Charakter abzubilden.
Ist hingegen eine fremdartige Spielwelt gegeben, bei der man WIRKLICH KEINE Idee hat, was dort abgehen könnte, was man dort spielen könnte, und - vor allem - WELCHE FOLGEN die eigenen Entscheidungen/Ideen bei der Charaktererschaffung haben könnten, dann hat man sofort eine weitaus hinderlichere Hürde aufgebaut, als wenn man ein Regelmonster an Spielsystem mitgeliefert hätte.
Der schlimmste Fall ist natürlich ein überzogener, völlig fremdartiger und studienintensiver Hintergrund UND ein hochkomplexes, schlecht erklärtes und wenig eingängiges Regelsystem.
Nebenbei:
Man kann natürlich auch in knappen, kleinformatigen Rollenspielbüchern ein recht knappes, geradezu minimalistisches Regelsystem SCHLECHT PRÄSENTIEREN und NICHT zum Spielen ausreichend erklären. - Z.B. bei Sorcerer der Fall.
Das zeigt auch wieder, daß der Umfang eines Rollenspielbuches ALLEIN nicht ein entscheidendes Qualitätskriterium sein kann. - Wenn ein Buch wie z.B. Helios Rising für Dawning Star über 500 Seiten mit wirklich viel Fluff-Informationen zum Helios-Sonnensystem bringt, dann ist das für MICH alles andere als ein "zu dickes" Buch, weil es GUT GESCHRIEBEN ist, GUT GEGLIEDERT ist (so daß man wirklich nur die Kapitel zu den Welten, auf denen das Spiel gerade stattfindet lesen muß und nicht kreuz und quer herumblättern darf), und letztlich VOLLSTÄNDIG ist (so daß man für das Spiel einer Dawning Star Kampagne nicht mehr als das D20 Modern Grundregelwerk, das Dawning Star Grundsettingbuch für die Hauptwelt des Settings plus Helios Rising für den gesamten Rest benötigt).
Was insbesondere den deutschen Rollenspielautoren (vereinzelte Ausnahmen mögen hier weglesen) schwer fällt, ist eine LOCKERE und dennoch KNAPPE und KLARE Ausdrucksweise in ihren Texten zu verwenden.
Da merkt man den Autoren schon durch ihren schwülstigen, 10-Dollar-Words-Stil an, was sie denn so an (nicht-naturwissenschaftlichen) Fächern studiert haben. Da merkt man den Autoren an, mit welcher padagogischer Beschäftigung sie ihren Lebensunterhalt verdienen. Da merkt man den Autoren an, daß sie NOCH NIE einen ihrer Texte wirklich einem harten Lektorat gestellt haben.
Dieser jammervolle Zustand, den die hierzulande publizierte Menge deutscher Rollenspiel-Schreiberlinge ständig durch ihre vor schier unerträglicher (und vor allem UNLESBARER) Selbstüberschätzung hinsichtlich ihrer Ausdrucksfähigkeit triefender unter Beweis stellen, wird sich auch auf absehbare Zeit nicht bessern.
Auch US-Autoren schreiben SCHLECHTE Texte. - Aber für mich ist da eh durch die Fremdsprachenhürde die Wahrnehmung für WIRKLICH mieses deutsches Sprachgefühl (bzw. allzu oft KEINERLEI Sprachgefühl!) stärker auf die deutschsprachigen Autoren (und Übersetzer *seufz* - sagen wir lieber: "Übersetzer") gerichtet.
Welch Ignoranz muß einem Autoren ins Mark seines durch und durch verknöcherten Schädels eingeprägt sein, nicht einmal die einfachsten VORBILDLICHEN Beispiele des Schaffens anderer Rollenspielautoren zu kennen?
Wer sich einmal Risus durchgelesen hat, der KANN nicht anders als ob der geradezu genialen Knappheit unter Beibehaltung der VERSTÄNDLICHKEIT hier ein echtes Glanzstück unter den Rollenspielen und somit ein Vorbild identifizieren.
Wer sich hingegen die Schwulst-Opern der "darken Seite" der Rollenspiele mit ihren Deutschaufsatz-Vier-minus-Texten (noch nett bewertet - bei meinen Deutschlehrern hätte es neben einer Vier-minus noch SCHMÄHENDSTE Kommentare für solche Zumutungen gegeben!) als Vorbild wählt, der greift nicht in die Porzellansammlung feinster Meisterwerke als Vorlage, sondern der greift ins Klo und modelliert nach dem dort Vorgefundenen sein eigenes Werk.
Was die Toleranz ÜBERstrapaziert ist dabei, daß neben der offensichtlichen sprachlichen Ausdrucksschwäche, der offensichtlichen Ideenlosigkeit, und der offensichtlichen Selbstverliebtheit der Autoren auch noch das FEHLEN jeglichen Gespürs für das RECHTE MASS festzustellen ist.
"Preview"-Regelwerke von über 100 Seiten! - Regionenbeschreibungen von 50 Seiten mit nicht einmal 5 Seiten RELEVANTER Information und dem Rest des Seitenumfangs als stinkende SCHWULST-Müllhalde, garniert mit Illustrationen, die wie angemalte, unverrottbare Plastiktüten die übelriechenden und sich "übellesenden" Schwulstpestbeulen nicht im geringsten zu kaschieren vermögen.
Eine MASSLOSIGKEIT, die allein schon durch die Bestandsprodukte, Previews, etc. nachweist, daß weder Autoren noch VERLAGE hierzulande in der Lage sind auch nur ansatzweise eine (semi-)professionelle Veröffentlichungsarbeit leisten zu können.
Schlechte Texte, nutzlose Texte, sinnlos-beliebige Bebilderung, wucherndes Seitenvolumen. - Das sind alles Qualitätskriterien, die ein SCHLECHTES Produkt auszeichnen. (Unabhängig davon, ob es ein kommerzielles oder ein frei verfügbares Produkt ist. - Auch ein geschenkter Gaul verursacht Ärger, wenn er auf unappetitliche Weise im eigenen Stall verreckt. Daher ist auch bei kostenlosen Produkten ein prüfender Blick, ob es überhaupt die ZEIT wert ist, sich einzulesen, wahrlich angebracht.)