AW: Shoa im Rollenspiel
Okay. Ein paar der Bücher kenne ich. Also.
Denying the Holocaust von Deborah Lipstadt. - Fach lich umstrittenes Werk. Theorethisch interessant, aber eher populärwissenschaftlich und stark moralisch wertend, was hier ein Problem darstellt. Bekannt geworden durch einen Aufesehenerregenden Prozess (Lipstadt vs. David Irving, einen rechtsradikalen Historiker).
The Enzyclopedia of the Holocaust. Wichtiges 4 Bändiges Werk, aber ebenfalls nicht unumstritten - allerdings nur in Fällen, die ausschließlich für ein Spezialpublkum interessant sind (Intentionalismus - Funktionalismus Debatte, falls das jemandem was sagt). Erfüllt seinen Zweck aber gut und liefert interessante Informationen. Die Autoren sind über jeden Zweifel erhaben und das Werk ist auch für "Laien" zu gebrauchen.
A History of the Holocaust - Yehuda Bauer. Ich kenne das Buxch nicht, aber der Autor ist international anerkannter Holocaustforscher aus Israel, ich glaube Tel Aviv, aber da bin ich nicht sicher. Seine Forschung ist sehr gut, seine Thesen zu gebrauchen.
Hitler´s Willing Executioners - Daniel Goldhagen. FINGER WEG!!!! Das Buch ist Fachwissenschaftlich nicht umstritten, es ist in Hunderten von Rezensionen zerrissen worden. Goldhagen fragt, was die Täter zu ihren Taten getrieben hat und kommt zum Schluss, dass es einen "spzifisch deutschen Antisemitismus" gab, der alle Deutschen dazu getrieben hätte sich am Massenmord zu beteiligen. Das Buch ist nicht zu gebrauchen. Es hat Goldhagen reich gemacht, aber in der Wissenschaft ist er auf alle Zeiten erledigt.
Maus: A Survivors Tale - Art Spiegelman. Ein Comic, der eine durchaus ernste und interessante Form der Beschäftigung liefert.
Death Dealer - Rudolf Höss. Die Aufzeichnungen des Auschwitzkommandanten Rudolf Höss. Spannend, sehr spannend. Geschrieben in polnischer Haft vor seiner Hinrichtung. Für ein Nichtfachwissenschaftliches Publikum aber kaum geeignet, da es sich um eine Rechtfertigungsschrift handelt, deren Interpretation nicht ganz unproblematisch ist.
Tagebuch der Anne Frank. Interessant und gut geeignet. Werden die meisten eh kennen.
The Theory and Practice of Hell - Eugen Kogon. FINGER WEG! Das Buch - so es das ist das ich kenne, ich kenne nur den deutschen Titel - ist hoch problematisch. Kogon, ein österreichischer Soziologe (?) war selbst Insasse des KZ Buchenwald, was seine Sicht auf die Dinge stark verzerrt. Das Buch enthält viele interessante Information und ist wissenschaftlich geschrieben, allerdings muss es stark gefiltert werden, da es sonst nicht zu gebrauchen ist.
Those were the Days - Ernst Klee, Volker Riess, Willi Dressen. Ich kenne auch hier das Buch nicht, aber Ernst Klee ist ein anerkannter Nationalsozialismusforscher, sein Spezialgebiet ist allerdings weniger der Holocaust als eher die Euthanasieforschung, zu der er ein bahnbrechendes Buch geschrieben hat, das man nur empfehlen kann und "Euthanasie im NS-Staat" heißt.
Primo Levi. Wer wirklich gute Erinnerungsliteratur lesen will, dem sei Primo Levi dringend ans Herz gelegt. Etwas besseres gibt es in dem Bereich nicht. Von dem ebenfalls erwähnten Elli Wiesel würde ich eher abraten, auch wenn er sicher einer der bekanntesten Autoren in dem Bereich ist.
Bedenklich an der Liste ist sicher das Fehlen mehrer Standardwerke, wobei hier vor allem Raul Hilbergs "Die Vernichtung der europäischen Juden" zu nennen ist. Ebenfalls ist es kritisch - grade aus meiner Sicht, ist die dazugehörige Debatte doch mein wirkliches Spezialgebiet - Goldhagen zu verwenden und sich nicht auf Cristopher Brownings "Ganz normale Männer" zu berufen, was den wesentlich interessanteren Ansatz liefert.
Natürlich sind die WW-Autoren keine Historiker. Doch mir scheint die Beschäftigung mit der Fachliteratur - auch über die großen populärwissenschaftlichen Werke hinaus - dringend angeraten zu sein, wenn man ein Rollenspiel über das Thema schreibt.
Um noch die Frage zu beantworten was ich gegen das Spiel habe: Es gibt Dinge, über die macht man imo einfach keine Spiele. Der Holocaust (und Genozide allgemein) ist so ein Thema.