Was ist eigentlich aus dem System geworden?

Danke.

Also mir zeigt das einmal mehr, dass ein Arkanasystem nichts für mich ist. So ist es egal, ob der Charakter ein Schwert, eine Armbrust oder seine Fleischpeitsche in der Hand hält.
Weiterhin ist es egal, wie viel "Lebensenergie" ich noch habe, wie viel ich genau trainiert habe (feingranularer Kampfwert) und wahrscheinlich auch wer schneller zieht.

Dann interpretiere ich mir einen ab, um die Story/die Szene zu beflügeln.

Nehmen wir eine negative Ausprägung einer Schicksalskarte. In einer konventionellen Task resolution würfle ich einen Kampf Handlung für Handlung aus. Und hätte analog zu negativen Karte Würfelpech. Meine Werte in einer Skala aus gut/oben und schlecht/unten sind das intuitive Paradigma des Spielers, der einen Helden spielt. Der Held wird nie ALLES erreichen können, aber er wird veruschen das Maximum heruaszuholen. Gut/oben - da ist es wieder.

Im Schicksalskartensystem habe ich diese Äquivalenz nicht. Ich spiele VIELLEICHT immer noch einen Helden, eine negative Schicksalskarte müsste aber immer noch abgefeiert werden. Gut wäre auf einmal unten. Ein Paradigmenwechsel.
Der Held müsste in Selbstmitleid, Altruismus oder dem sprichwörtlichen Leiden Christi verfallen, um eben hier die Karte auszuspielen.

Das stellt das Rollenspiel auf den Kopf. Das ist nicht neu, aber ich habe instinktiv immer einen Bogen darum gemacht. Die Story steht über dem Charakter. Er wird entwertet und die Story aufgewertet. Ich bin aber der Spieler und funktioniere nach dem erstgenannten Paradigma, so wie das Leben eben auch. Ein Rückschlag ist schlecht. Ein Erfolg ist gut.
Und nur weil die Sichtweise eines Dritten durch das Abfeiern eines Rückschlags gewinnt, soll ich das jetzt so spielen? /slap Drama /kick Story. Tut mir Leid. Nicht.

Und mal nachdenken: Ist das wirklich das Schicksal, dass diesen Karten hier schon zugeschrieben wurde? Oder ist es Drama über alles?
Schicksal kann ein Rückschlag sein, aber einen Rückschlag abzufeiern macht da noch keinen Erfolg raus. Ja ich will Schicksal im Rollenspiel. All die Schläge in die Fresse, die es für mich bereit hat. Aber ich will das nicht lieben müssen.

Schicksal ist nicht das Dramatisieren eines Rückschlags. Schicksal ist der Rückschlag selbst.

Von dem Abfeiern profitiert nur ein Dritter. Die Story.

So ein Paradigmenwechsel muss nicht schlecht sein. In Literatur und Medien kann man Drama auch prima gebrauchen. In einem interaktiven Medium wie hier dem Spiel ist das aber unintuitiv. Sobald ich in dem Medium eine Rolle spiele, übertrage ich die Ergebnisse auch auf mich. Alles um mich herum läuft anders ab, aber hier soll ich meine Interaktion auf dem Altar der Story opfern?

Was bedeutet das denn für Neueinsteiger? Wie sollen die das als Spiel verstehen? Sie sollen eine Geschichte schreiben. That's it.

Ich setzte hier mal ein ? als einsamen Hilferuf ab, dass ich das alles hofffentlich falsch verstanden habe. Bis dahin schon mal "Danke" für das Feindbild. ;)
 
Uh... ich versteh deinen Post nicht so 100%.
Die Karten werden ja schon zufällig auch die Seite (positiv negativ) zufällig gezogen. Genau wie beim Würfeln.
Genau wie ein Misserfolg jetzt aber bei gleichem Würfelwert in den meisten Spielen z.b beim Überreden als ein "du hast sie nicht überzeugt" oder ein "sie ist jetzt sauer auf dich" gewertet werden kann (kritischer Fehlschlag wäre in dem Vergleich ein "sie ruft um Hilfe weil sie Angst vor dir bekommen hat") kann hat die negative Karte genauso gedeutet werden (nur der kritische Fehlschlag ist jetzt freiwillig).

Wo ist also für dich bis auf die Freiheit den Fehlschlag selbst zu interpretieren das Problem?
 
Genau die Frage war in verschiedener meiner Engel Runden der ((auch oft die Runden zer-))sprengende Punkt. Die Spieler haben zwar die Arkanakarten interpretiert, aber eben auch immer wieder dahingehend, daß selbst ein Fehlschlag, der bei einem Würfelwurf eindeutig gewesen wäre, irgendwie gut ausging. Dann wurde der Gegner trotz mangelnder Nahkampffertigkeit trotzdem immer noch getroffen, hauptsache man war der Held der Story! Klar ist das in erster Linie von den Spielern sch.... gespielt, aber das ArcanaSystem lässt eben diese Punkte zu, und es ist halt verlockender sie auszunutzen, als sich durch sämtliche Würfelzahlenregellücken o.ä. zu arbeiten. Gerade bei Anfängern oder bei Anfängern/Neulingen eines Arcanasystems hatte ich den Eindruck, daß sie sich einerseits sehr schwer mit den Interpretationen tun, zumal dann die Rundendiskussion losging: "Wie kann man die Karte denn jetzt am Besten deuten?", was die Story und den Spielfluss erstmal sichtlich unterbrochen hat. Auch bezüglich der Interpretationen der Karten bei besonderen Fähigkeiten wird sich schwer getan. Als Beispiel fällt mir die Michaelitenkraft "Roß und Reiter" ein, im Würfelsystem kann ich den Leuten direkt einen Bonus für die nächste Aktion/Kampf oder sonstwas geben. Im Arkanasystem wurde es dahingehend genutzt sich vom SL Lösungen zu sämtlichen Problemen erklären zu lassen, da man ja auf einen derartigen Wissens- und Erfahrungsschatz zurückgreifen kann, in dem die jeweilige Situation bestimmt schon mal vorgekommen ist...wenn ich den Spielern sowas erzählen muß, kann ich auch gleich ein SoloAbenteuer schreiben und durchspielen. Ihre Motivation wird da nicht gerade sehr gefördert und Storytechnisch entwickelt sich nur das, was ich mir selbst überlegt hatte, statt daß die Spieler mitentwickeln.
Nichts gegen ArkanaKarten, hatte auch einige sehr schöne Runden und Abende damit, und wenn man sich damit auskennt kommen schöne Geschichten zusammen, doch würd ich wenn die Spieler unerfahren in diesem System sind, Würfel bevorzugen.
 
Ich denke nicht, dass das etwas mit unerfahrenheit zu tun hat. Aber nicht jeder Spieler ist dafür geeignet das stimmt.
Die Leute, die es immer so positiv wie möglich auslegen sind natürlich falsch hier.
Nach lesen deines Posts verstehe ich glaube auch besser was Skar sagen wollte.
Insoweit: Wettbewerbsspiel kenne ich aller höchsten mit der Gruppe gegen das Abenteuer und dann auch nur wenn die Runde darauf ausgelegt ist.
 
Wo ist also für dich bis auf die Freiheit den Fehlschlag selbst zu interpretieren das Problem?
Drei Sachen. Die Skalierung, das Pradigma und die Charakterentwertung.

Die Skalierung ist bei den "Werten" grobgranular und unpräzise. Bei den Karteninterpretationen ist sie zudem geradezu präzisionsfeindlich. Zornhau spricht selbst von "herbeireden". Es gibt ein höheres Ziel, dem diese conflict resolution folgt. Ein Ziel, dass über der eigentlichen Handlung und dem Charakter steht.

Das Paradigma in unser aller Leben ist Erfolg=gut und Rückschlag=schlecht. Genau so funktioniert konventionelle task resolution. Alles ist möglich (Schicksal), aber alles folgt unserem Paradigma.
Wir spielen gerne "Helden". Diese haben Ziele, die sich aus unserer Weltanschauung ableiten lassen. Dabei ist es sogar relativ unerheblich, ob sie gute oder böse Charaktere sind. Eines sind sie aber auf keinen Fall: Buddhisten, die ihre Ansprüche so weit zurückschrauben, dass auf einmal all ihre Ansprüche als erfüllt gelten. Nirwana ruft uns nicht. Es ist ein ganz anderes Paradigma, ob ich als "Held" (hier ohne gut-böse-Bedeutung) versuche meinen Zielen zu folgen und meine dementsprechenden Handlungen im Spiel abbilden kann, oder ob ich den Rückschlag eines Charakters nicht mehr aus Charaktersicht im Spiel abbilden kann, sondern die Abbildung aus Sicht eines Dritten (wie in Buch/Film) vornhemen muss (Charakterentwertung).
Der Rückschlag meines Charakters ist ein Rückschlag. Der darf gerne drücken im Gesicht. Aber ich muss ihn nicht abfeiern.

Ein Rückschlag in der koneventionellen task resolution ist einfach nicht das Gleiche wie der Rückschlag in der "Arkana-task resolution". In der ersten tritt mir das Schicksal ins Gesicht, meine Charakterabbildung im Spiel bleibt aber aus meiner Perspektive bestehen. In der zweiten Version tritt mir das Schicksal ins Gesicht und ich muss meine Charakterabbildung (der oben genannte "Held" mit seinen Zielen) in die Tonne treten. Muss meine Perspektive der Spielinteraktion ändern. Bin plötzlich in der Rolle des Dramas/der Story und muss die Situation abfeiern.

Eine positives Szenereie aus einer negativen Karte herbeizureden ist dabei keine Lösung des Ganzen. Dauerhaft würde das Ganze ja auch nicht funktionieren.
Keiner hat ja was gegen Rückschläge. Ich will nur meine Rolle und meine Perspektive via meines Charakters in das Spiel nicht aufgeben.
 
Hmm. Es steht meine ich sogar extra drin, dass das ein Punkt ist auf den man sehr aufpassen muss. Das man eben auch scheitern kann. Und für den kleinen Dramatiker in uns ist "schönes Scheitern" ja auch Ehrensache.
Ich mag die Idee übrigens. Also Arkana dafür zu verwenden. Ich verwende Arkana nämlich inzwischen in so gut wie allen anderen Rollenspielen. Neben den eigentlichen Regeln natürlich. Aber um für meinen Charakter zum Beispiel das nächste Verhalten festzulegen und doch noch sowas wie einen Zufallseffekt drin zu haben. Dadurch, dass ich selbst die Karte interpretiere ist es immer noch Charaktergerecht, aber eben auch etwas wo mich der Charakter überraschen kann.
Kann ich jedem nur empfehlen, aber es verlangt schon einiges an Übung die Dinger sinnvoll zu interpretieren.
 
@Skar: Siehe hier :http://www.aktion-abenteuer.de/b/threads/ja-habt-ihr-denn-nur-einen-gang-in-der-schaltung.75718/ Ich spiele anders als du. Zumindest öfters (nicht immer). Ein Rückschlag macht mir SPASS. Ein Erfolg macht mir SPASS. Weil mir Drama und Konflikt Spass macht und das habe ich in beiden. Klar wenn ich ein anderes crunchy System spiele das zum minmaxen einladet ist das anders. Dann will ich gut sein und möglichst der Macker. Aber eben nicht in jedem System und in jedem Setting. Daher der andere Thread. Vielleicht sollten wir den Teil da rüber verschieben ab hier.
 
An sich würde ich es auch eher so sehen, daß man aus Rückschlägen eher lernen kann als aus Erfolgen, schließlich weiß man, was falsch gelaufen ist und kann es beim nächsten Mal ändern, während man bei einem Erfolg alles gleich machen würde. ((Zumal gerade im Spiel Rückschläge ziemlich oft, teilweise sogar öfters als Erfolge Erinnerungen an das Spiel hervorrufen.)). In dem Zusammenhang sehe ich bei den ArkanaKarten auch den Punkt, den verschiedene Spieler in meiner Umgebung bemängelten, daß ihnen die Entwicklung des Charakters fehlte((jaja...Spieler bekommen natürlich immer zu wenig XP)). Wo der Char heute noch blutiger Anfänger ist und sich freut wenn er die typischen Ratten im Keller gerade so erschlagen konnte, will er ((und der Spieler auch))natürlich nach einigen Monaten Spielzeit sich drüber freuen, daß Ratten mittlerweile unter seinem Kampfniveau sind während er sich gerade mit Orks prügelt. Diese Entwicklung seh ich bei den Arkanakarten nur sehr eingeschränkt und weiß, daß es vielen Spielern fehlen würde.
 
Es geht nicht ums Scheitern. Egal wie oft ihr mir das in den Mund legen wollt. :) Ich habe das explizit nicht gesagt.

Ich habe nichts gegen das Scheitern. Ich habe was gegen den Paradigmenwechsel.
 
Dein Problem mit dem Paradigma ist doch ein generelles Player Empowerment problem. Sobald ein Spieler mehr als nur seinen Charakter beschreiben darf und auch beschreiben darf wie NSCs auf ihn reagieren und mit ihm interagieren ist das Paradigma schon gewechselt. Das gehört aber nicht beim Arkana sondern bei einer Vielzahl an Spielen dazu.
Auch D&D oder DSA kann ich so spielen. Krasser Crunchiger Wurf. Ich kann relativ exakt ablesen wie schief es geht und vielleicht sogar durch Tabellen Wurf oder so grob wissen wies ausgeht. Dann beschreibe ich als Spieler die Szene selber. Selber Paradigma wechsel oder?
 
Weiterhin ist es egal, wie viel "Lebensenergie" ich noch habe, wie viel ich genau trainiert habe (feingranularer Kampfwert) und wahrscheinlich auch wer schneller zieht.
Das sind FAKTEN, die über den Charakter bereits in der Spielwelt ETABLIERT sind. Damit gehören sie zum Entscheidungsweg des "Karma", der Vorgeschichte bis zum aktuellen Konflikt. An diesen FAKTEN ist nichts zu rütteln. Diese wirken IMMER (im Gegensatz z.B. zu Aspekten bei Fate, die man erst "bezahlen" muß, damit sie wirken).

Lebensenergie wird man hier nicht finden, weil dies eine nicht in der Spielwelt als FAKT vertretene Größe ist, sondern nur außerhalb der Spielwelt existiert. Wohl aber einen aus einer früheren Situation entstandenen Armtreffer, der den rechten Arm nun in einer Schlinge hängen läßt. Diesen kann der Charakter also in dieser aktuellen Situation nicht oder nur sehr schlecht einsetzen.

Und wenn der Charakter ein echter Schnellzieh-Experte ist, dann ist das ein FAKT und dann wirkt das auf die Bestimmung der Ausgangssituation natürlich oft genug entscheidend.

Der Charakter ist der Schnellzieh-Experte, der gegen einen untrainierten Provokateur seine Waffe ziehen möchte. - WARUM will er denn die Waffe ziehen? - Es geht hier ja nicht darum, OB er das schafft, denn als Schnellzieh-Experte ist (Karma) es doch KLAR, DASS er damit Erfolg haben wird. Es ist eher die Frage, was er damit bezwecken möchte.

Genauer: Die Frage ist doch, WORUM GEHT ES bei diesem Konflikt? Was steht auf dem Spiel?

Und hierbei erübrigt sich oft das Kartenziehen vollständig, wenn nämlich der Ausgang aufgrund der Vorgeschichte schon klar ist. (Was ja auch in vielen Würfel-Systemen der Fall ist: Gewürfelt wird NUR DANN, wenn eine Handlung wirklich unsicher ist und die Ergebnisse INTERESSANT sind. Sonst nicht.)

Dann interpretiere ich mir einen ab, um die Story/die Szene zu beflügeln.
Ähm, statt Dir einen "abzuwürfeln", um "das Spiel zu gewinnen", ist das nun einmal bei ALLEN erzählerisch ausgerichteten Systemen so.

Ob Du in SW einen Bennie ausgibst, weil Du einen Gegner eben DOCH JETZT provozieren möchtest, ob Du in FATE einen Fate-Punkt einsetzt, weil Du in einer Verfolgungsjagd eben DOCH JETZT zum Dr. Evildoer aufschließen möchtest, ob Du in Other Worlds die gewürfelten W%-Ziffern umdrehst, weil Du eben DOCH JETZT eher einen Erfolg in einem Konflikt haben möchtest - all das wirkt sich direkt auf die Geschichte aus und ist von der Spielermotivation her "wegen der Geschichte" eingebracht worden.

Coole Action-Einlagen, Stunts, Ressourcen-Einsatz von Helden-Punkten und dergleichen, Adventure Cards Einsatz, Obsessions, usw. all das ist ja wirklich NUR "um die Story zu beflügeln" in den entsprechenden Regelsytemen vorgesehen.

Das ist ja das schöne beim Rollenspiel, daß man anders als beim Brettspiel, eben nicht (nur) mit der reinen Sieg-Motivation spielerische Entscheidungen trifft, sondern eben auch ganz andere Motivationen eine Rolle (!) spielen können!

Eventuell solltest Du es mal mit ein paar Rollenspielen versuchen. Die sind ziemlich anders als die Würfel- und Brettspiele, die Du zu kennen scheinst, wenn Dir die obige Motivation der Bereicherung der Erzählung nicht geläufig ist. :D
:sneaky:
Nehmen wir eine negative Ausprägung einer Schicksalskarte. In einer konventionellen Task resolution würfle ich einen Kampf Handlung für Handlung aus.
Ja, in einer Handlungs-Auflösung würdest Du das tun. - Nicht in einem System zur KONFLIKT-Auflösung wie z.B. Other Worlds, HeroQuest, u.v.a.m.

Nicht JEDES Rollenspiel muß auf Handlungsabwicklung ausgerichtet sein.

Du magst eventuell keine Konfliktauflösung. Das ist halt Geschmackssache. Dann ist klar: ALLE Konfliktauflösungssysteme - egal ob mit Würfeln, Karten oder ohne jeden Zufallsgenerator - sind dann nichts für Dich. Das dürfte dann eben einen großen Bereich der Rollenspiele umfassen, aber es gibt ja mehr als genug handlungsabwicklungsorientierte Regelsysteme, mit denen Du dann glücklicher werden wirst.

Handlungsabwicklung und Konfliktauflösung sind übrigens orthogonal zum Thema Player Empowerment! - Somit ist auch in reinen Handlungsabwicklungssystemen die Möglichkeit gegeben, daß Spieler WEGEN DER STORY ihre Entscheidungen treffen.

Im Schicksalskartensystem habe ich diese Äquivalenz nicht. Ich spiele VIELLEICHT immer noch einen Helden, eine negative Schicksalskarte müsste aber immer noch abgefeiert werden. Gut wäre auf einmal unten. Ein Paradigmenwechsel.
Der Held müsste in Selbstmitleid, Altruismus oder dem sprichwörtlichen Leiden Christi verfallen, um eben hier die Karte auszuspielen.
Das ist ziemlich daneben. - Wie erkläre ich einem Blinden nur, daß es hier um FARBUNTERSCHIEDE geht?

Eine Schicksalskarte ist nicht an sich "positiv" oder "negativ", sondern es ist der Kernbegriff, der in Aufrechter oder Umgekehrter Bedeutung anfällt. So ist "Der Tod - Vernichtung" aufrecht und "Der Tod - Wiedergeburt" umgekehrt. Ist nun Wiedergeburt "negativ"?

Beispiel: In einer Kampfszene wurde ein übles Monstrum schon schwer geschädigt und nun geht es darum ihm endgültig den Garaus zu machen. - "Der Tod - Vernichtung" könnte so ausgelegt werden, daß dieses Monstrum nun für immer seine Tentakel hängen läßt. Oder bei einem selbstaufopfernden Charakter könnte der Spieler "Der Tod - Vernichtung" so auslegen, daß er sich dem nicht kleinzukriegenden Monstrum mit einem Bündel Handgranaten, deren Zünder er gezogen hat, in den Rachen stürzt. Auch eine mögliche Interpretation. - Welche davon ist "positiv" und welche "negativ"?
Andersherum (wörtlich!) könnte "Der Tod - Wiedergeburt" so ausgelegt werden, daß das Monstrum schon erledigt aussah, es keinen Muckser mehr machte, als plötzlich aus seinem Inneren ein ganzer Schwarm Monster-Larven ausbrechen und sich auf die Gruppe stürzen! Oder "Der Tod- Wiedergeburt" könnte von einem Spieler so interpretiert werden, daß sich sein tapferer Soldaten-SC mit gezücktem Säbel in den Rachen des Monsters stürzt. Dieser schließt sich über ihm und der Charakter ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit tot. Das Monster zuckt - vermutlich kauend - vor sich hin, als plötzlich eine im Ätherlicht glitzernde Säbelklinge von innen aus seinem Wanst ragt und in einem Schwall an Blut und Gedärmen der tapfere Soldat sich selbst eine Art "Kaiserschnitt-Wiedergeburt" beschert! Ein Hurrah für den Helden! - Was ist davon nun "positiv" und was "negativ"ß

Die Karte dient der INSPIRATION, aber die VERANTWORTUNG für einen INTERESSANTEN weiteren Verlauf der Geschichte, die bleibt bei allen Spielenden!

Das ist Player Empowerment! - Und zwar weit stärker als man es von reinem Ressourcen-Management wie bei Fate oder HeroQuest her kennt.

Hier erzählen die Spieler die Geschichte ganz aktiv selbst weiter. - Das bringt frischen Wind ins Spiel und der Spielleiter wird ständig von neuen Wendungen überrascht. Somit gibt es hier auch kein "Railroading" oder das "Vorerzählen" einer vorgefertigen Geschichte des Spielleiters, sondern die Geschichte ist das, wo ALLE Spielenden gerade MITTENDRIN sind.

Die Geschichte findet JETZT und HIER statt. Nicht erst nach einem Würfelwurf, oder nachdem die Spielsitzung zuende ist und man hinterher überlegt, was eigentlich alles passiert ist.

Das stellt das Rollenspiel auf den Kopf.
Nein. Das stellt das Rollenspiel vom Kopf wieder auf die Füße und läßt es laufen, springen und TANZEN!

Die Story steht über dem Charakter. Er wird entwertet und die Story aufgewertet. Ich bin aber der Spieler und funktioniere nach dem erstgenannten Paradigma, so wie das Leben eben auch. Ein Rückschlag ist schlecht. Ein Erfolg ist gut.
Es gibt KEINE "Story", die bei solch einer Spielform irgendetwas "tut". Sie steht weder "über dem Charakter" noch "entwertet" sie den Charakter.

Es ist die GEMEINSCHAFT der Spielenden, die IMMER die Kontrolle behält. Wie in jeder üblichen Rollenspielgruppe auch. - Nur gibt es eben keine Regeln für simulatives oder wettbewerbsorientiertes Abwickeln von Detailhandlungen, aus denen man dann einen Geschichtsverlauf später wieder rekonstruieren muß, sondern man spielt DIREKT die Geschichte weiter.

Wie - oben schon gesagt - übrigens auch bei anderen erzählerisch orientierten Systemen, die dazu Würfel benutzen. Cortex Plus, Fate, PDQ, usw. - dort mit Würfeln hier mit Karten. Dort mit Aspekten, Distinctions, Complications, Assets, usw. hier mit Karten und FAKTEN.

Es ist sogar so, daß aufgrund der GROSSEN Bedeutung der Vorgeschichte bis zur Konfliktsituation der Charakter von GRÖSSERER BEDEUTUNG ist, als man es in vielen anderen Regelsystemen findet. Denn es wird IMMER der Charakter als GANZES betrachtet. Nicht nur die Fertigkeit "Schnellziehen", sondern ALLES! Seine Herkunft, seine Ziele, seine Ängste, seine Errungenschaften, seine Motivationen, seine Beziehungen, seine Absichten - ALLES.

Wird die Karte gezogen, dann kommt zu diesem Punkt ALLES vom Charakter zusammen. Er ist der Brennpunkt der Geschichte und sein Spieler hat die Verantwortung und die Ermächtigung ihn nach seinem Geschmack und zum Genuß aller Mitspielenden in Szene zu setzen.

Und mit großer Erzählmacht kommt automatisch auch große Verantwortung für die weitere Geschichte.

Der Spieler muß die Glaubwürdigkeit der Geschichte, seines Charakters und der bereits etablierten Fakten beachten. Wie ein Spielleiter halt auch. Und wie ein elaboriertes Regelsystem eben auch. - Überall, egal bei welchem Regelsystem, stören doch Plausibilitätsbrüche. So auch beim kartenbasierten Rollenspiel.

Und mal nachdenken: Ist das wirklich das Schicksal, dass diesen Karten hier schon zugeschrieben wurde? Oder ist es Drama über alles?
Nein. Drama über alles ist in schicksalslosen Entscheidungssystemen wie Daidalos oder Theatrix der Fall.

Die Schicksalskarten sind durchaus korrekt bezeichnet. Es macht einen UNTERSCHIED, ob in einer Situation - wie z.B. das Herausreden nach dem Bruch der Sperrstunde - "Der Mechandros - Umgekehrt: Freiheitsdrang" gezogen wurde oder "Der Ermittler - Aufrecht: Wahrheitssuche" oder "Das Kaiserreich - Aufrecht: Zusammenhalt" oder "Der Äther - Umgekehrt: Verlorenheit".

Wenn ich nur die Situation anschaue und mir die obigen Kartenzugbeispiele vor Augen entstehen lasse, dann kommt jeweils eine KOMPLETT ANDERE Fortführung der Geschichte dabei heraus!

Und genau das ist es ja, was das Schicksal, der Zufallseinfluß durch den Kartenzug, in einer ansonsten nur über Vorgeschichte (Karma) und dramaturgischen Willen (Drama) aufzulösenden Situation einbringt. - Zufall als "Schubs" für mehr Kreativität, für mehr Komplikationen, für mehr rollenspielerische Herausforderungen!

Schicksal kann ein Rückschlag sein, aber einen Rückschlag abzufeiern macht da noch keinen Erfolg raus. Ja ich will Schicksal im Rollenspiel. All die Schläge in die Fresse, die es für mich bereit hat. Aber ich will das nicht lieben müssen.

Schicksal ist nicht das Dramatisieren eines Rückschlags. Schicksal ist der Rückschlag selbst.
Lerne den Rückschlag zu lieben, wenn Du Rollenspiele spielst, in denen auch die NIEDERLAGE INTERESSANT ist!

Siehe dazu Karstens Blog-Artikel hier:http://richtig.spielleiten.de/2012/07/26/failure-is-fun/

Wenn Du für Dich nur den Erfolg als interessant siehts, dann sind Spiele wie Marvel Heroic Roleplaying, Leverage, Fiasco, Hollowpoint, Fate usw. nichts für Dich, glaube ich.

Man verwendet NUR DANN die Schicksalskarten (oder die Würfel in den entsprechenden Systemen), wenn sowohl der Erfolg, als auch die Niederlage und ggf. alle Zustände dazwischen INTERESSANT sind!

Siehe HeroQuest 2.0 mit dem Pass-Fail-Cycle. Der Held bekommt solange in die Fresse, bis er schier nicht mehr kann, dann zeigt er seinen Gegner, daß doch mehr in ihm steckt, als sie je geahnt haben (so laufen alle Harry-Dresden-Romane übrigens).

Im simulativen Rollenspiel bekommt der Charakter in die Fresse. Ist verletzt, handlungsunfähig, kommt mit Glück ins Krankenhaus und bleibt dort die nächsten sechs Wochen. - Spannende Geschichte? Wohl kaum.
Im wettbewerbsorientierten Rollenspiel bekommt der Charakter in die Fresse, er verliert. Charakter hopps. Neuer Charakter - mal mit mehr oder mit weniger Bindung an das bisher Geschehene. - Spannende Geschichte? Vielleicht, aber auf jeden Fall eine deprimierende. Ich wollte nicht ständig meine Charakter durch einen einzigen Würfelwurf verlieren müssen.
Im erzählerisch orientierten, dramaturgisch getriebenen Rollenspiel bekommt der Charakter in die Fresse, aber der SPIELER behält weiterhin das Recht und die MITTEL die Geschichte zu beeinflussen. Der Charakter kann sich also so sehr in die Mangel nehmen lassen, wie man das aus entsprechenden anderen Medien (Roman, Kino, TV-Serie, Comic) her kennt, und kommt doch zum dramaturgisch passenden Zeitpunkt wieder hoch. Was er dabei alles verliert, welche Rückschläge ihm als FAKTEN aufgebürdet werden, das ist Teil der Erzählung.

So am obigen Beispiel bei dem Studenten, der sich in den Verweis aus der Uni geredet hat. Dies war kein Erfolg, sondern eine MASSIVE Wende für den Charakter. Der Spieler fand es vielleicht interessanter solch einen gescheiterten Akademiker zu spielen, zu sehen, wie er sich in der Welt durchschlägt und ob er seine innere, heiße Liebe zur Freiheit dann anderweitig ausleben kann. - Eventuell wird er in Zukunft ein berüchtigte Ätherpirat werden? Oder ein Bürgerrechtler und begnadeter Demagoge? - Diese Weichenstellung erfolgte nur aufgrund der Vorgeschichte und der gezogenen Karte und - natürlich immer - aufgrund der SPIELER-ENTSCHEIDUNG.

Das ist eben Player Empowerment. - Wenn Du das nicht magst, dann ist es nichts für Dich.

In einem interaktiven Medium wie hier dem Spiel ist das aber unintuitiv. Sobald ich in dem Medium eine Rolle spiele, übertrage ich die Ergebnisse auch auf mich. Alles um mich herum läuft anders ab, aber hier soll ich meine Interaktion auf dem Altar der Story opfern?
Das ist sehr unverständlich. - Mir ist nicht klar, was Du für ein Problem siehst.

Die Übernahme der Rolle ist und bleibt die Hauptaufgabe des Spielers. - Aber bei Player Empowerment setzt sich der Spieler eben auch ab und an mal den Hut des Spielleiters auf. Das ist aber seit langer langer Zeit doch die bekannte Funktion des Player Empowerments! Du solltest das doch eigentlich kennen.

Auf einem "Altar der Story" wird hier nichts geopfert.

Man trifft sich, um gemeinsam eine spannende Geschichte voller überraschender Wendungen und anrührender Situationen mit seinen Charakteren als den Hauptfiguren zu erleben und selbst aktiv zu gestalten. Das nennt sich gemeinhin Rollenpiel. - Will man was anderes, dann spielt man was anderes.

Was bedeutet das denn für Neueinsteiger? Wie sollen die das als Spiel verstehen? Sie sollen eine Geschichte schreiben. That's it.
Nicht schreiben, sondern ERSPIELEN und GESTALTEN!

Und das tun Spieler auch in altem D&D, nur daß dort eben in kritischen Situationen die Würfel für sehr harte, oft für die Charaktere ein endgültiges "Rausschreiben" aus der Geschichte sorgende Schicksalseinflüsse sorgen. Aber in JEDEM Rollenspiel wird doch eine Geschichte gespielt! Sonst wäre es kein Rollenspiel, sondern etwas anderes.

Neueinsteiger: Also mit Engel habe ich vermutlich MEHR NEUE SPIELER in das Rollenspielhobby gebracht als mit allen anderen Rollenspielregelsystemen, die ich sonst gespielt habe, zusammen! - Und diese Neuspieler sind dann nach und nach auch auf andere, mit mehr elaborierten aber auch einschränkenderen Regeln ausgestattete Regelsysteme gekommen. Doch wie man einsteigt, losfabuliert, sich als Spieler AKTIV einbringt - und wie man Spielrunden leitet! - das haben sie mit und durch die Karten gelernt.

Ich kenne KEIN EINZIGES Rollenspiel-Regelsystem, das EINSTEIGERFREUNDLICHER ist, als ein Schicksalskartensystem.

Die Karten setzen ganz natürlich auf der Fähigkeit eines JEDEN Menschen sich Geschichten auszudenken, Geschichten zu erzählen auf. - So direkt, wie es in keinem anderen Regelsystem möglich ist, das noch einen Zufallseinfluß vorsieht. (Es gibt ja auch reine Erzählsysteme, bei denen kein Zufall mehr eine Rolle spielt.)
 
Genau die Frage war in verschiedener meiner Engel Runden der ((auch oft die Runden zer-))sprengende Punkt. Die Spieler haben zwar die Arkanakarten interpretiert, aber eben auch immer wieder dahingehend, daß selbst ein Fehlschlag, der bei einem Würfelwurf eindeutig gewesen wäre, irgendwie gut ausging. Dann wurde der Gegner trotz mangelnder Nahkampffertigkeit trotzdem immer noch getroffen, hauptsache man war der Held der Story!
Das ist ein Problem der Spieler. Sie können mit der GROSSEN MACHT, die sie im Arkana-System bekommen, offenbar nicht umgehen und die ebenso GROSSE VERANTWORTUNG für die glaubwürdige Weitererzählung der Geschichte nicht übernehmen.

Kann es sein, daß diese Spieler früher ihre Absicht HELDEN-Charaktere zu spielen durch andere Regelsysteme oder die Spielleiter "kleingehalten" bekommen haben?

Eventuell war dann deren Interpretation auf einen "Immer-Erfolg" unabhängig von der Begriffsfärbung der Karte eine Art Gegenreaktion auf Jahre des Unterdrückens ihrer eigentlichen Spielinteressen?

Mir ist bei solchen Spielern immer aufgefallen, daß sie sonst Spiele OHNE JEGLICHES Player Empowerment gespielt haben. Wer hingegen schon einmal Spiele mit mildem Empowerment gespielt hat, der kommt mit dieser Erzählmacht deutlich besser klar.

Gerade bei Anfängern oder bei Anfängern/Neulingen eines Arcanasystems hatte ich den Eindruck, daß sie sich einerseits sehr schwer mit den Interpretationen tun, zumal dann die Rundendiskussion losging: "Wie kann man die Karte denn jetzt am Besten deuten?", was die Story und den Spielfluss erstmal sichtlich unterbrochen hat.
Also gerade bei Rollenspielanfänger habe ich derartige Probleme NICHT feststellen können.

Und was ist anders an einer "Rundendiskussion", in der einem Rollenspielanfänger die Subtilitäten vielfältiger Kampfregelsystemoptionen mitten in einer an sich temporeich gedachten Kampfszene erklärt werden müssen, als an einer Runde, in der alle am Tisch dem Spieler beim Interpretieren einer Schicksalskarte helfen?

Das will ich Dir sagen: Die Interpretationshilfe wird als HILFE wahrgenommen und der Spieler ist immer noch derjenige, der die Geschichte SELBST weitererzählt. Beim Versuch einer "Regelschnellbleiche" kommt sich der Einsteiger meist "dumm" und "uninformiert" vor und fühlt sich von den Mitspielern zu bestimmten (sicherlich spielmechanisch sinnvollen) Handlungen gegängelt oder gedrängt vor.

Ich bevorzuge hier die Interpretationshilfestellung, weil sie meist kürzer ist und den Spieler ERMUTIGT statt ihn einzuschüchtern.

In dem Zusammenhang sehe ich bei den ArkanaKarten auch den Punkt, den verschiedene Spieler in meiner Umgebung bemängelten, daß ihnen die Entwicklung des Charakters fehlte((jaja...Spieler bekommen natürlich immer zu wenig XP)).
Das ist ein Wunsch, den nur Spieler haben, die Rollenspiele mit dem Aufstieg vom "Tellerwäscher zum Über-Tellerwäscher of Doom" kennen.

Wenn man z.B. Superhelden-Rollenspiele spielt, wie das vorzügliche Marvel Heroic Roleplaying, dann steigen die Fähigkeiten der Charakter NIE an! - Die Charaktere entwickeln sich nicht hinsichtlich ihrer Fähigkeiten im Schmalen, sondern in der BREITE ihrer Beziehungen, ihre Verbindungen zu Organisationen, usw. Und sie entwickeln sich durch WENDEN in ihrem Leben, durch Rückschläge, Konflikte, Komplikationen usw.

Genau wie bei Engel mit den Arkana-Karten halt auch.

Oder wie bei Castle Falkenstein.

Oder wie Classic Traveller.

Oder wie bei allen anderen Rollenspielen, die nicht diesen D&D-typischen Aufstieg vom Schweinehirten zum Erzmagier fest einprogrammiert haben, sondern bei denen die Charaktere schon KOMPETENT ANFANGEN und eben mehr und andere Entwicklungsrichtungen nutzen, als nur ihre simplen Fähigkeiten hochzuschrauben.

In einer Welt wie der von Opus Anima ist es sehr wichtig die richtigen Beziehungen zu haben, die richtigen Leute kennenzulernen und für sich zu gewinnen. So etwas macht einen Charakter deutlich mächtiger als einfach nur noch einen Punkt in Etikette hinzuzulernen.

In einer Welt wie der von Opus Anima ist es eine DRAMATISCHE Entwicklung für den Charakter, von der Uni geworfen zu werden! - Ja, so etwas ist eben auch eine Form der Charakterentwicklung!

Oder in einem Kampf einen Arm zu verlieren. Oder ein Teil seiner Seele geraubt zu bekommen!

Entwicklung von interessanten, dreidimensionalen Charakteren geht nämlich nicht nur stetig aufwärts, sondern abwärts und seitwärts! Wie im richtigen Leben halt auch. Nicht vom Tellerwäscher zum Millionär, sondern vom Tellerwäscher zum Kleinkriminellen zum Knastinsassen zum Laienprediger zum Kirchenmann zum Bürgerrechtler zum Staatsoberhaupt. DAS ist Charakterentwicklung! - Hat das Staatsoberhaupt nun Tellerwaschen "ausgemaxt"?
 
Dein Problem mit dem Paradigma ist doch ein generelles Player Empowerment problem. Sobald ein Spieler mehr als nur seinen Charakter beschreiben darf und auch beschreiben darf wie NSCs auf ihn reagieren und mit ihm interagieren ist das Paradigma schon gewechselt. Das gehört aber nicht beim Arkana sondern bei einer Vielzahl an Spielen dazu.
Auch D&D oder DSA kann ich so spielen. Krasser Crunchiger Wurf. Ich kann relativ exakt ablesen wie schief es geht und vielleicht sogar durch Tabellen Wurf oder so grob wissen wies ausgeht. Dann beschreibe ich als Spieler die Szene selber. Selber Paradigma wechsel oder?
Erstmal deinen Post beantworten, bevor ich Zornhaus lese. ;)

Wenn ich bei Serenity Plot Points raushaue, um rückwirkend Details an der Geschichte zu ändern, dann tue ich das nicht, um die Geschichte über den Charakter zu stellen, sondern um den Charakter innerhalb der Geschichte anders zu positionieren oder zB auszurüsten.

Wenn ich das umfassender (und deutlich teurer) tue, um ein Geschehnis neu aufzusetzen oder an der Geschichte etwas wesentliches zu verändern, dann doktore ich zwar an der Story rum, verlasse aber nicht das Paradigma des Helden. Es bleibt ein Werkzeug um den von mir im Spiel übernommenen Charakter neu auszurichten. Das ist Meta, aber kein Paradigmenwechsel.
Sobald ich aber die Geschichte aus Sicht der Geschichte vor die Handlungsperspektive des gespielten Helden stellen muss, liegt ein Paradigmenwechsel vor. Und genau das muss/soll ich bei einem Rückschlag durch eine negative Arkana-Karte tun. Aufgabe ist es ja dann die Szene im Dienste der Story zu zelebrieren.

Das liegt auch daran, dass wir hier eine conflict und keine task resolution habe.

Angenommen ich greife jemanden an (Paradigma steht noch) und ziehe die Karte "Verrat", dann erleide ich nicht nur eine direkte negative Rückkopplung aus meinem Angriff (was vollkommen okay ist), sondern ich muss/soll dann hier die Perspektive wechseln. Der Rückschlag steht nun im Dienste der Story (das Paradigma beginnt zu kippen). Der Charakter stellt vielleicht fest, dass seine Waffe manipuliert wurde (und jetzt kippt das Paradigma vollends), seine Mudda gönnte ihm den erfolgreichen Feldzug einfach nicht, weil sie wusste sein Sieg bedeutet, dass ihr Sohn zum Lohne die holde Tochter des Grafen ehelichen würde. Daher feilte sie seine Waffe an.
Seine Mudda meint es ja nur gut, aber nach dem Tod seines Vaters, war sie von dem Gedanken besessen den armen Jüngling auf Schritt und Tritt bemuddan zu müssen.

So, jetzt hat der Spieler auch alle seine Aspekte ins Spiel eingebracht. Die Story klopft ihm links und das Drama rechts auf die Schulter. Seinen Charakter hat er dafür aber verraten und verkauft. Der wollte nämlich sein wohlverdientes Spotlight haben, hatte fest die holde Maid am Ende seiner Queste im Blick und von seiner Muddas Schmatzern hatte er schon seit 13 Sommern die Nase voll.
Er wollte doch einfach nur agieren, alle Schmerzen und Entbehrungen hinnehmen, aber immer sein Ziel im Auge behalten. Tolles Buch. Aber schlechtes Spiel!
 
Sehe ich definitiv genauso, daß sowas als ein Aspekt der Entwicklung zählt. Aber über Ansichten lässt sich bekanntermaßen eh streiten und soweit ich mich an die Spieler erinnere ((die übrigens D&D u.ä. starre Systeme ziemlich ablehnen)), steht die Charakterentwicklung in den Fähigkeitsaspekten sehr weit im Vordergrund, besonders auf den niederen Ebenen. Wenn der Charakter eh erstmal auf epischem Superheldenniveau ist, muß sich in dieser Ebene auch nicht mehr viel entwickeln und man fährt automatisch auf die Schiene der sozialen Entwicklung.
Interpretationshilfen waren vorhanden, wurden gegeben, auf Anfrage der jeweils aktiven Spieler auch von den übrigen Spielern. Die daraufhin startende Diskussion ist gewiss nicht besser, als eine Unterhaltung welche Manöver zur Verfügung stehen, aber wenn ich das Setting und Spiel schon auf eine fließende Story mit derartigen Interpretationsmöglichkeiten und den dazugehörigen -hilfen zur Ermutigung anlege, finde ich solcherlei Unterhaltungen dann erst recht störend.
Mich führt das insgesamt zu der Frage, was man von dem Setting will, was natürlich von Runde zu Runde verschieden sein wird. Ob nun investigativ, Intrigen, reine Charakterentwicklung, Storyplay, möglichst Action, Massenschlachten oder sonstwas. Für ein neues Grundsystem würde das dann m.E. zu der Frage führen, wie die Entwickler des Settings es sehen bzw. sich vorgestellt hatten, und was dann als System am Besten angelegt werden kann. Die unerfüllten Erwartungen der einzelnen Spieler/Runden lässt sich anschließend immer noch mit einer Systemkonvertierung oder gar Hausregeln "berichtigen". ((in der Hoffnung, daß dann vielleicht auch Konvertierungsregeln für das Wunschsystem schon vorhanden sind))
Ich für meinen Teil schnupper auch gerne spieltechnisch erstmal in die vom Verfasser für die Welt angedachten Systeme rein.
 
Ahh okay. Ich verstehe dein Problem.
Ich sehe dein Problem.
Ich halte es (aus meiner Sicht) für gequirlten Rinderdung.
Versteh mich nicht falsch. Ich kann so spielen wie du das da beschreibst und das macht Spaß (siehe anderen Thread) aber man MUSS doch nicht.

Um mal einen Text zu paraphrasieren den du kennst:
Wir fühlen doch MIT dem Charakter und nicht ALS der charakter.

Ich fühle sein Schmach, seine Trauer mit weil seine Mutter ihn verraten hat. (übrigens ein sehr extremes Beispiel das so auch im Arkanasystem nicht vorkommen würde, da es sich immer nur auf den einen Konflikt bezieht, aber um deinen Punkt deutlich zu machen verzeihe ich das mal :) ) Ich bin aber nicht selber enttäuscht und unglücklich.
Auch in einem Film identifiziere ich mich mit dem Protagonisten bin aber obwohl natürlich traurig für ihn, gleichzeitig glücklich darüber dass es so einen schönen Twist gegeben hat, der "Film" wird plötzlich viel vielschichtiger und interessanter.
 
Möglicherweise ist es wirklich so, dass ich die Spielform nicht mag. Bevor ich das abschließend bewerte sollte ich das aber dann doch erst mal ernsthaft ausprobieren.

ABER.

Nochmal zu meinem Paradigmenwechsel. Ich erklärs noch mal in kurz und von außen.

(TR = Task Resolution, CR = Conflikt Resolution, PE = Player Empowernment)

  1. Wir wollen ein Rollenspiel spielen. Check für TR und CR mir PE.
  2. Wir spielen Superhelden, die die Welt vor dem Big Evil beschützen. Check für TR und CR mit PE.
  3. Held erschaffen, Ziele im Hinterkopf oder ausarbeiten.
  4. Paradigma steht: Ich bin ein Held kämpfe auf dem Weg meiner Ziele. Check für TR und CR mit PE.
  5. Der Spieler benutzt den Charakter als Werkzeug, um mit ihm und durch ihn auf der Spielwelt zu agieren. Check für TR und nur sehr bedingt für CR mit PE.
  6. Der Spieler sieht die Story und benutzt den Charakter als Werkzeug um die Story zu manipulieren. Nur CR mit PE und am offensichtlichsten wird das bei den schon zuvor breit besprochenen Fehlschlägen.
Zwischen Punkt 5 und 6 tut sich der Paradigmenwechsel auf. Während ich bei TR ganz klar über den Charakter in die Welt eingreife, kanalisiere ich bei CR + PE über die Story. Einmal ist mein Werkzeug der Charakter, einmal ist mein Werkzeug die Story.

Ich klage letzteres als (Ruf)Mord am Rollenspiel/Spiel mit dem Charakter an.

Ganz egal wie viel Spaß das macht und wie viele damit glücklich werden. Und sehr sehr gerne damit glücklich werden sollen.
Ich klage nicht ein falsches Rollenspiel an, sondern einen Paradigmenwechsel, der sich aus der theretischen Überlegung heraus negativ auf das Charakterspiel (im Sinne von Spielercharakter, nicht von SC-Charakter) auswirkt.
Das Spielerlebnis mag dadurch ungetrübt sein, oder gar übertroffen werden. Das einzeln betrachtete Spiel von Spieler zum Charakter zur Spielwelt wird dabei aber geschädigt.

Immer dann, wenn nicht der Spielercharakter, sondern der Spieler die Spielwelt beugt. Immer wenn der Weg der Interaktion ins Spiel am Spielercharakter vorbeiläuft. Dann verlasse ich das Charakterspiel und arbeite im Dienste der Story. Ja, der Charalter bliebt darin enthalten, das ändert aber nunmal nichts. Denn das Paradigma hat gewechselt.

Am auffälligsten wird der Paradigmenwechsel dann, wenn sich ingame die Spielwelt auf wundersame Weise vor dem Spielercharakter verbiegt. Und eben genau dann, wenn eine negative Rückkopplung auf den Charakter von einem anderen Spotlight beleuchtet wird als der Sichtweise des Charakters.
Spätestens dann zeigt sich der Bruch in der Kausalkette aus Charakterintention - Charakteraktion - Charakterrückkopplung.
Die Spieltätigkeit am Spieltisch ignoriert dann die Perspektive des Charakters im Sinne seiner eigenen Charakterintention. (Rückschläge sind erst Recht ein Grund weiterzumachen oder ein in Kauf zu nehmendes Risiko, aber sie sind eben nicht dazu da, um das Potlight vom Charakter zu nehmen und der Spielwelt (Story) zu geben.
 
Wenn meine Mutter mich verrät und ich da inmitten in der Schlacht sitze und mein Leben zusammebricht, dann ist doch mein Charakter im Fokus. Dann ist die Story genau das was meinen Char überhaupt erst das Spotligt gibt. Ich sehe den Charakter NICHT als Werkzeug um auf die Spielwelt einzuwirken (in diesem Spielstil) sondern als den Fokus meine Geschichte. Er ist für mich mit Abstand der wichtigste Teil der Story. Er soll möglichst viel Spotlight bekommen (vorrausgesetzt ich nehme sie meinen Mitspielern nicht weg). ABER am Ende ist er immer noch Teil der Geschichte kein Werkzeug das die Geschichte verändert.
Ich habe somit keinen Paradigmenwechsel da es bei mir so aussieht (das ist natürlich alles zugespitzt als Antwort auf dich formuliert... selber würde ich manche Sachen nicht so betonen):

1. Wir spielen ein Rollenspiel.
2. Der Fokus der Story sind Superhelden (oder wenn du es genau nimmst: Der Kampf Gut gegen Böse ist der Fokus und dieser wird durch Superhelden gezeigt). Diese Verkörpern wir.
3. Held ercschaffen und die Ziele dieser Spielfigur (nicht von mir) ausarbeiten
4. Paradigma: Wir spielen ein Spiel um Supherhelden. Ich verkörpere einen davon und diese figur hat Ziele. Der Versuch (sowohl Erfolg wie auch SCheitern) diese Ziele zu erreichen ist der genaue Fokus.
5. Der Spieler benutzt seinen Charakter um den Fokus der Story darzustellen. Die Spielwelt, die NSCs sind genauso Teil der Geschichte und nicht vom Helden getrennt. Allerdings ist der Held im Mittelpunkt.
6. Der Spieler nutzt alle Möglichkeiten um den Fokus um seinen Charakter so interessant wie möglich zu gestalten.

Wo jetzt deine TRs CEs un PEs hingehören kannst du dir selbst überlegen. Ich finde das für meine Argumentation eher hinderlich daher stehts da nirgends.

In diesem Spielstil verlasse ich nie die Charaktebene weil ich sie nit betreten habe. Ich bin weniger die Spielfigur oder der Schauspieler der Spielfigur als eher Regisseur mit beschränkten Kompetenzen. Ich bin um es gnadenlos auf die Spitze zu treiben SL was meinen Charakter angeht mit einem ÜberSL der (bis auf die Figuren der anderen) halt den Rest regelt.
 
Auch in einem Film identifiziere ich mich mit dem Protagonisten bin aber obwohl natürlich traurig für ihn, gleichzeitig glücklich darüber dass es so einen schönen Twist gegeben hat, der "Film" wird plötzlich viel vielschichtiger und interessanter.
Ich will keinen Film, ich will spielen. Einen Charakter, nicht einen Story mit Charakteren drin.
 
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