AW: Warum SchErz statt xErz?
Ja. Und weil ich das so wünsche wenn ich ein tödliches System verwende setze ich die Regeln auch ein. Warum überhaupt würfeln wenn ich nicht mit dem leben könnte was der Würfel sagt?
Weil das Regelsystem das Würfeln vorsieht. Weil man prinzipiell ja schon den Sinn von Regeln einsieht. Und weil genau diese sehr zufallsbetonten und im Kampfsystem tödlichen Regeln zu dem Spiel-Setting, welches mir am besten gefällt, dazugehören. Ich bekomme das Setting nicht losgelöst von den Regeln. Und mir gefallen ja auch manche Teile der Regeln, so wie sie sind, ganz gut. Aber andererseits kommt es ab und an vor, daß man beim Anwenden der Regeln unerwünschte Ergebnisse bekommt, die nicht meiner Wahrnehmung von dem Setting und der Rolle, die die Charaktere darin spielen sollen, entsprechen.
Und was macht man da?
Soll man das gesamte Rollenspiel wegschmeißen, weil es manchmal zu unstimmigen Ergebnissen aus der Regelanwendung kommt?
Vor allem: warum haben das denn die Regelentwickler nicht gemerkt? Sie haben z.B. ein heroisches Rollenspiel angepriesen, überlebensgroße Charaktere, die durch Horden von Statisten waten können und keinen Kratzer abbekommen sollen. Und dann würfelt der Spielleiter für diesen einen jämmerlichen Statisten unerwartet hoch und der strahlende Held, der noch so viele Handlungsfäden der laufenden Kampagne auf sich vereint hatte, ist nun nicht mehr. - Da paßt der geäußerte Anspruch und das, was das Regelsystem zuläßt, nicht zusammen.
Soll man nun Gewährleistung einfordern?
Oder auf die nächste Überarbeitung der Regeln warten?
Und was, wenn es keine Überarbeitung geben wird, und man nun einmal GENAU DIESES Produkt hat, wo einem das Setting am allerbesten von allen anderen Rollenspielsettings gefällt, und wo einem das Regelsystem ab und an - aber vielleicht nicht ständig - Knüppel vor die Füße wirft?
Wie kann man das Setting behalten und weiterhin "bespielen"?
Die "konsequente" Entscheidung aus Regelsystemgründen wäre, sich ein Regelsystem zu suchen, das funktioniert, das nicht diese unerwünschten Eigenschaften hat, die man im Spiel nicht haben will.
Aber es sind nicht allein die Regelsystemgründe, die jemanden bei einem bestimmten Rollenspiel verweilen lassen. Bekanntheitsgrad und Verfügbarkeit von unterstützendem Material (Szenarien insbesondere) wissen zeitlich gestreßte Spielleiter durchaus zu schätzen. So findet man leichter Leute, die die - zugegeben nicht zufriedenstellenden - Regeln kennen, und man hat Szenarien in Hülle und Fülle zum Spielen zur Auswahl und muß sich nicht ständig alles selbst aus den Rippen schneiden.
Ich gehe mal davon aus, daß relativ viele Menschen in ihren Alltagsbelangen ziemlich inkonsequent sind. Wäre das nicht der Fall, dann gäbe es wohl kaum noch Raucher, Übergewichtige, Alkoholiker etc. - Konsequentes Verhalten ist nicht etwas, wodurch sich die Menschheit meiner Erfahrung nach auszeichnet.
Warum sollten Rollenspieler anders sein?
Viele Leute wollen "einfach nur mal spielen". Sie wollen sich keinen Kopf um ihr Spiel machen. Sie wollen auch nicht die Verkleidung abschrauben und an den Innereien des Regelsystems solange "herum-tunen", bis sie ein zufriedenstellendes "Motorgeräusch" vernehmen. Sie wollen einfach nur spielen. Mit Freunden gesellige und spannende Unterhaltung erleben.
Die allermeisten Rollenspieler sind "Breitensportler" oder besser "Freizeitsportler". Die allerwenigsten sind "Leistungssportler".
Die harte Konsequenz, die ein Leistungssportler unter den Rollenspielern, ein Power-User, einer, der sich soweit auskennt, daß er tatsächlich dreiviertel eines Regelsystems rausreißen kann, es umkrempelt und wieder reinstopft und es besser, runder, und ohne unstimmige Ausreißer läuft, der ist nicht "Otto Normalrollenspieler". - Bei weitem nicht.
Für mich ist Rollenspiel etwas, was ich mit Engagement und Begeisterung seit Jahrzehnten mache. Eines von zwei Hobbies, die ich beide mit enormer Konsequenz betreibe. Daher besteht auch ein großer Teil meiner Freizeit aus der - wie auch immer gestalteten - Praxis dieser Hobbies. Sie bestimmen sozusagen mein Privatleben zu einem guten Teil.
Wenn mich bei dieser Intensität etwas an dem, was ich spiele, stört, dann habe ich einen weit größeren Vorteil davon, wenn ich es ändere oder eine anderweitige Alternative suche, als wenn ich das hinnehme und mir sage "nichts ist perfekt". - Somit ist die Schwelle selbst Hand anzulegen und per Hausregeln alle "Gußgrate" eines Rollenspiels abzuschleifen, bis es rund läuft, geringer als bei einem "Breitensportler", dem es reicht sich nur WÄHREND DER EIGENTLICHEN SPIELRUNDE mit seinem Hobby zu befassen.
Das ewige in der Werkstatt im ölverschmierten Blaumann hocken und Regelbestandteile zusammenzuschweißen liegt nicht jedem.
Es stimmt aber auch, daß bei Rollenspielern das Verwenden von Hausregeln absolut üblich ist. Bei Brettspielen oder Kartenspielen wird - so mein Eindruck - weit weniger "gehausregelt".
Und hier kommt der Unterschied in der Quantität: Eine KLEINE Regelanpassung ist bei der Rollenspiel-Betriebssystemsoftware, dem Regelwerk, schnell gemacht. Und daher WIRD sie auch schnell mal gemacht und vielleicht auch schnell wieder durch die nächste Idee ersetzt.
Kleine Änderungen machen auch noch die Breitensportler. Aber größere Änderungen, die den Umfang von Eigenentwicklungen annehmen können, erfordern weit mehr Zeit und Engagement für - bei nur gelegentlichem Spielen - zu wenig Gewinn, den man daraus ziehen könnte. Oftmals sind ja auch die eigenen Mitspieler mit den Regeln so, wie sie sind, "größtenteils zufrieden". Die Unzufriedenheit ist nur aufgrund einer etwas anderen Wahrnehmung eines Leistungssportlers für im Prinzip dieselbe Sache.
Ein Breitensport-Tennisspieler hat ganz andere Ansprüche an das Material und die Spielweise als ein Profi. Was für einen Breitensportler vollkommen OK ist und ihn weder von Materialseite noch von sportlicher Leistungsfähigkeit überfordern würde, das ist für einen Profi vollkommen unzulänglich. Das taugt nichts.
Und der Profi hat RECHT! - Es taugt wirklich nichts.
Es ist nur GUT GENUG.
Gut genug für die anderen Ansprüche, die der Breitensportler an sein Hobby und alles, was damit zu tun hat, stellt. - Dafür hat er auch ANDERE Bedürfnisse, die sich nicht mit herausoptimierter Spielweise oder besseren Materialien lösen lassen. Er will vielleicht in seiner Senioren-Tennis-Gruppe einfach mit den Alten Jungs dort mitspielen, auch wenn er immer das Schlußlicht bei vereinsinternen Turnieren abgibt, weil ihm trotz nicht optimalen Spielstils und nicht optimalem Spielmaterial DAS SPIEL AN SICH und DAS SPIEL MIT FREUNDEN wichtiger ist, als andere Qualitätskriterien, die ein Spielo-holic anlegen würde.
Was ist nun zu tun, wenn ein Profi und ein Breitensportler miteinander über Spielstile und Materialien reden wollen? - Sie WERDEN aneinander vorbei reden.
Das geht garnicht anders, weil sie zwar das Spiel Tennis als Gemeinsamkeit haben und somit auch wissen, worum es prinzipiell geht, aber sie sehen aus so unterschiedlichen Blickwinkeln auf dieselbe Sache, daß sie sich kaum verstehen KÖNNEN.
Wenn man nun die KONSEQUENTEN ROLLENSPIELER (tm) mal fragt, was man aus solch einer - so mein Eindruck - auch für das Rollenspielhobby vorhandenen Konstellation an Vielspielern und Gelegenheitsspielern, Intensivspielern und "Wo bleibt die Pizza?"-Spielern, an Regelfuchsern und Regelnmißverstehern, an.... und ... , an KONSEQUENZEN für Diskussionen zu Spielstilen, Regelsystemeigenschaften, Spielmaterialien, etc. ziehen soll, dann erwarte ich mir KEINE gute Antwort.
Es gibt nämlich keine.
Auch ein Breitenspieler kann von Tips eines Leistungsspielers profitieren. Und manche Tips, die für einen Intensivspieler geradezu notwendig sind, um SEIN Spiel zu spielen,könnten für einen Gelegenheitsspieler sogar spaßverderbend und ausbremsend sein.
Ich kann dieses Problem auch nicht lösen, meine aber daß man es sich vielleicht ab und an mal bewußt machen sollte, DASS ES SEHR UNTERSCHIEDLICHE ARTEN AN ROLLENSPIELERN GIBT.
Ich meine damit überhaupt nicht die "Spielertypen" oder so etwas (auch für die gibt es meine Goldene Schublade, wo sie immer reinpassen).
Ich meine das schon losgelöst vom KONKRETEN Hobby Rollenspiele gesehen. - Der Vergleich mit Sportarten liegt mir nahe, kann aber auch auf andere Hobbies ausgedehnt werden. - Was ist mit den Modellbahnfreunden, die ihre gesamte Freizeit in zwei Zimmern der 5-Zimmer-Wohnung verbringen, in denen sie ihre X Quadratmeter Modellbahn hegen, pflegen, ausbauen, etc.? Welche Ansprüche an die Art mit ihrem Hobby umzugehen, an die Konzeption von Gleisanlagen, an die Modellqualitäten haben sie im Vergleich zu denen, die ihre zu Weihnachten geschenkt bekommene Eisenbahn auch ab und an mal auspacken um damit zu spielen? Oder Computerspieler: Intensivst-Nutzer haben Anforderungen an Hardware und Software, die ein gelegentlich Civilization 2 oder 3 Spielender nicht hat, und die er auch nicht braucht.
In jedem Hobby gibt es intensiv ausübende Anhänger. Ein Hobby, welches eine ganze Fülle von Menschen unterschiedlicher Bildungsgrade, sozialer Schichten, Nationen, und sonstiger Interessen auf sich vereinen kann, das hat ganz zwangsläufig so viele Facetten, daß alle diese unterschiedlichen Leute sich eine (oder mehrere) für sich als IHREN Blick aufs Ganze suchen können. - Es ist NICHT ZU ERWARTEN, daß alle DENSELBEN BLICK aufs Rollenspiel haben oder auch nur haben KÖNNEN.
Wer in einem Forum wie diesem Beiträge schreibt, der ist sowieso schon stärker mit dem Hobby befaßt als viele der Rollenspieler "da draußen". Trotz Allgegenwart des Internets gibt es Vielspieler, die mit ihrem kleinen Spieler- und Freundeskreis daheim oder an der Uni zufrieden sind, und die praktisch NICHT in Foren schauen oder auf Cons gehen, und die nur eines oder nur sehr wenige verschiedene Rollenspiele spielen.
Und dann gibt es die Leute, die ständig irgendwelche neuen, anderen "Geschmacksrichtungen" im Rollenspiel ausprobieren müssen. Die sind verglichen mit den anderen sehr neugierig und Neuem gegenüber viel aufgeschlossener. Sie haben einen ganz anderen Zugang zum Hobby Rollenspiele.
Und wenn ich mir hier die meisten der Karussellfahrer anschaue, so sind dies eben die WENIGEN, die sich AUSSERORDENTLICH VIEL ZEIT ihres Lebens mit Rollenspiel in unterschiedlicher Form (Spielleiter, Autor, Spieler, Rezensent, etc.) befassen.
Dies sind für mich das Äquivalent zu den Profi-Sportlern. Sie erwarten sich MEHR in Bereichen des Rollenspiels, die für andere überhaupt nicht von Belang sind, weil das Spiel ja auch anders Spaß machen kann.
Und nun kommt ein zusätzliches Problem auf: Diese Profis sind in unterschiedliche LAGER gespalten, die in ihrer Sicht auf den Rollenspieldiamanten an völlig orthogonalen Stellen ihren Standpunkt aufgebaut haben. - Solange die Profis ihre Meinungs- und Wahrnehmungsverschiedenheiten unter sich austragen - wie in Karussell-Threads z.B. - habe ich da nichts dagegen.
Was mich aber schon ein wenig stört, ist das Menschenbild, welches hier bisweilen von den Profis implizit geäußert wird. Da wird eine Verhaltenskonsquenz vorausgesetzt, die zwangsläufig bei der großen Mehrheit der Rollenspieler, nein der MENSCHEN fehlen MUSS. Und es wird impliziert, daß jemand, der sich inkonsequent verhält weniger wert ist, als die konsequenten Profi-Spieler.
Diese Einschätzung ist nicht auf das Hobby Rollenspiel beschränkt. So etwas ist mir auch schon bei Bogenschützen oder Kampfkünstlern begegnet. - Und: ICH SELBST habe auch schon Leute für geringer geachtet, nur weil sie nicht so intensives Engagement im Training gezeigt hatten, wie ich selbst es arroganterweise für eine Selbstverständlichkeit gehalten hatte.
Da war ich aber DEUTLICH JÜNGER.
Mit dem Alter und den ersten Ausfallserscheinungen aufgrund der vielen Verletzungen, die man sich unweigerlich im Vollkontakt in der Jugend zugezogen hat, mußte ich zwangsläufig in manchen Trainingselementen kürzer treten. Das ärgert einen anfangs schon. Aber es ist unvermeidlich. Und dann überlegt man sich schon, was es denn ist, was einen überhaupt noch ins Training gehen läßt, auch wenn man mit den Zwanzigjährigen nicht mehr mithalten kann. - Und wenn man sein Hobby wirklich LIEBT, dann findet man etwas, daß einem den Spaß und die Freude daran NIE VERSIEGEN läßt. Und dann macht man es weiter, so gut es geht. OHNE LEISTUNGSANSPRUCH! Der geht nämlich als erstes über Bord, wenn das wirkliche Leben mit Beruf, Familie und Gesundheit ein paar Randbedingungen setzt, die man noch an der Uni nicht so hatte.
Das gilt auch fürs Rollenspiel.
Ich war vor ca. 10 Jahren beruflich MASSIV unter Wasser, daß ich FROH war, wenn ich ab und an mal an D&D-Runden oder Cthulhu-Runden mitspielen konnte. Das ging über ein Jahr, wo ich privat kaum noch Zeit fürs Training (mir auch SEHR wichtig) fand, und da mußte Rollenspiel eben kürzer treten.
So ist das.
Nicht jeder wird einmal ein Intensivspieler und bleibt das ewig.
Manche, vor allem die älteren Rollenspieler, müssen Kompromisse eingehen zwischen der Liebe zu ihrem Hobby und der Liebe zu ihrer Familie z.B. - Und so ist es für mich geradezu UNERTRÄGLICH, wenn auch nur implizit Leute herabgesetzt werden, die genauso zu unserem Hobby gehören, wie die Intensiv-Power-Gaming-Addicted-Über-Rollenspiel-Profis.
Ich weiß, daß ich HIER im Karussell-Thread GENAU DEN RICHTIGEN predige.
Ich erwarte mir etwas. Ich erwarte mir mindestens einmal den VERSUCH die anderen, die NORMALEREN Rollenspieler zu verstehen.
Und dann erwarte ich mir noch etwas. Das geht an die "Theorie"-Fraktion: Ich erwarte mir mindestens den VERSUCH den NORMALEN Rollenspielern ihr Spiel zu erleichtern. - Damit meine ich, daß mehr KONKRET BRAUCHBARES für die NICHT-Theoretiker herauskommen sollte. Auch der Ski-Breitensport hat von Entwicklungen der Ski-Profis profitiert. Warum nicht auch der "Otto Normalrollenspieler"?
Aber da muß das INTERESSE und die BEREITSCHAFT der Theoretiker da sein, diese NORMALOS auch als Zielgruppe für ihre Erkenntnisse zu erkennen und sie RICHTIG anzusprechen (also nicht erst fordern mal kurz einen Bachelor im "Big Model" zu machen, bevor man überhaupt als Mensch angesehen wird).
Mit großer und weitreichender Erkenntnis über Zusammenhänge in unserem Hobby, sollte auch das Bewußtsein um die Verantwortung der Kommunikation dieser Erkenntnisse in KONKRET nutzbarer Form für ALLE Rollenspieler einhergenen. - Und NICHT ein Menschenbild, welches andere als geringer implizierend darstellt.
Sagt was dazu! - Ihr sagt ja sonst auch immer zu allem was!