Auf deinen Post habe ich gewartet Arlec.
Das dachte ich mir
hab dir gerne die Bühne dafür gegeben.
Daher kann ich dir das (ernst gemeint und ein wenig verbittert) beantworten: Weil ein Grossteil der sogenannten Rollenspielentwickler und Rollenspieler so wenig mit Spieldesign und notwendiger Stochastik zu tun haben, wie der Quaterback einer High-School Mannschaft. Für die ist Mathe so "iih, doof, brauch' ich nicht" wie z.b. theoretische Modelle zum RPG (und damit meine ich nicht in erster Linie Forge, wobei die zumindest etwas hemdsärmelig praktisches produziert hat und ein gewisses Bewusstsein). Dementsprechend wissen die meisten RPGler nicht, wo der Schuh drückt, wenn die Runde nicht optimal läuft und versuchen sich irgendwie mit Handwedeln oder Würfeldrehen selbst daraus zu helfen. Das läuft dann alles mehr oder weniger unter Gentlemen agreements weiter. Wo kein Problembewusstsein ist, kann ja auch kein Handtuch geworfen werden.
deswegen finde ich es gut, dass Ioelet solche Leute, aber auch solche, die nur Auffrischen wollen, abholen will.
unsere Runde hatte bis mittlerweile schon vor 10 Jahren auch lange Zeit im Dunkeln getappt, bis dann durch Recherche, ein offenes Ohr und der Hilfe vieler, schlauer Leute klar wurde, dass die systematische Aufarbeitung der Prozesse uns viel weiter hilft, als die Ratschläge von Besserrollenspielern und Erzählonkeln.
Diese Einstellung schimmert ja eigentlich immer mal wieder bei dir durch, wenn über Rollenspielthemen diskutiert wird. Du sprichst gleich zwei sehr wichtige Punkte an:
1. Ein Großteil der Rollenspieler- und Entwickler sind blind für diese Erkenntnis und "tappen deswegen im Dunkeln", haben Probleme ohne es zu wissen (kein Problembewusstsein) und stolpern deswegen ein wenig hilflos durch die Gegend. Ein bisschen wie kleine Kinder, die nicht verstehen, was ein Stromausfall ist und deswegen glauben, dass der Schalter kaputt ist, der sonst Licht macht. Wenn dann kein Techniker vorbeikommt arrangieren sie sich halt mit der Dunkelheit, immer hin können sie sich selbst ja nicht helfen.
2. Das war bei dir in der Runde ja auch so, Gott sei Dank habt ihr irgendwann den Techniker gerufen. Wenn es mehr Leute gibt, die diese Einsicht haben, würde es den ganzen im Dunkeln tappenden Rollenspielrunden viel besser gehen.
Wir haben eine ganz klare Heilsbotschaft (der Fehler liegt im System, ohne Stochastik und Statistik und dem nötigen Verständnis davon basiert das Spiel auf fehleranfälliger Handwedelei und Erzählonkelei), einen Heilsbringer (Leute, dies verstehen und Leute, die selbst aus der Dunkelheit ausgebrochen sind und nun versuchen, andere zu belehren) und natürlich - ohne wärs ja gar nicht möglich - eine desolate Mangelerscheinung auf der anderen Seite (eigentlich haben die meisten Rollenspieler ein Problem. Ja auch die, die es leugnen, sie wissen es nur nicht, ihnen fehlt das Bewusstsein).
Herzlichen Glückwunsch, du erfüllst alle Kriterien um eine Sekte aufzumachen. Die darf dann munter durch die Foren dieser Welt hoppeln und bekehren und verdammen was das Zeug hält. All die Jahre, in denen die dummen und selbstgerechten Blinden dir nicht zuhören wollen werden endlich gerächt, dein Name wird mit anderen ganz Großen genannt, wenn sie flüstern "weißt du noch, damals? Die haben ohne Stochastik gespielt, die wussten gar nicht warum ihr Spiel nicht funktioniert!" - ein gewisser Schauspieler formulierte es auch so "I imagine a world, where people would be like "what is an sp?", you know, like they can't even image a world full of these people.
Aber mal im Ernst: wirklich? Bereits die Grundannahme basiert auf einer ziemlich abgehobenen Selbstwahrnehmung, die dich in irgendeiner Form auf der Erkenntnisschiene weit vor all die im Dunkeln tappenden Amateurrollos wirft, von denen du hoffst, dass sie sich durch deine Eingebungen oder solche Artikel selbst erleuchten. Das allein ist schon Problem genug, wenn auch auf rein sozialer Ebene.
Darüber hinaus schließt du von deiner Gruppe natürlich auf alle anderen, machen viele. Ich weiß, du hast bestimmt ganz viele Diskussionen miterlebt wo die Menschen einfach nicht wussten, wie sie sich zu helfen hatten und wo für dich ganz klar war, wenn sie einsehen würden, was du eingesehen hast, ginge es ihnen viel besser. Die Realität ist aber leider so: du kennst nicht "die meisten Rollenspieler", selbst wenn du von einem Problem in Rollenspielrunde X hörst, muss das trotz deiner persönlichen Wahrnehmung nichts mit dem zu tun haben, was du hineininterpretierst. Annahmen über "die meisten Rollenspieler" sind per sé ziemlich haltlos.
Du hattest ein Problem in deiner Runde. Ihr habt hilflos rumgestöpselt. Du bist im Internet auf "die Forge" gestoßen und die haben "so etwas wie ein Bewusstsein" für das Problem entwickelt, das du schon längst erkannt hast (aber natürlich erhebst du dich auch über sie). Ein Problem, dass für dich allgegenwärtig ist. Es ist ja auch bequem und gibt dir das Instrumentarium, um so ziemlich über alles zu meckern und dich selbst immer wieder mit dem label des neutralen, wissenden und "ich habs euch ja gesagt"-Schild bewaffneten Beobachters auszuzeichnen. Eigentlich weißt du es besser als die Meisten, die da draußen rumlaufen (bis auf den Einen mit seinem in dieser von den Blinden da draußen kaum wahrgenommenen Nische auftretenden Spiel, das alles beinahe richtig macht) aber irgendwie will das Niemand einsehen. Auf die Idee, dass andere dieses Problem gar nicht haben, ja das die "Behelfsmittel" deiner Defintion vielleicht gar nicht aus einer Notdurft heraus entstanden und deshalb nicht so fehlerbehaftet sein könnten, wie du es glaubst, kommst du nicht. Natürlich haben sie ein Problem. Sie
müssen ein Problem haben, du hattest schließlich auch eins. Und alle die du kennst.
Ne, sorry, Boyscout. Ich persönlich glaube, dass du da einem ziemlich großen, auf persönlichen Affekten und Etablierungsbewusstsein basierenden Bock aufsitzt. Aber wer bin ich schon?
Bringen diese Artikel von Ioelet was? Ja, natürlich. Theoretisch bringt jede Information etwas, vor allem denen, die einen Mangel bei sich festgestellt haben. Deswegen habe ich auch nichts dagegen, ich persönlich habe was gegen diese elitäre Grundhaltung (die ich aber Ioelet nicht wirklich unterstelle), gegen das Unterschieben von Denk- und Verhaltensweisen weils gerade passt. Betrifft mich das im Spiel oder am Tisch? Nein. Aber in Foren wie diesen geht es mir genug auf den Sack, um mal meinen Senf dazu abzulassen. Da dank ich auch schön für die Vorlage deinerseits.