Rollenspieltheorie Plotten ist Mist

Ich will ja nichts sagen, aber: man könnte sich den an sich überflüssigen und uninteressanten Teil der Diskussion sparen, wenn man vorher genau definiert, was man denn nun meint.

"Plot" ist ein typisches Beispiel für einen schwammigen "Fachbegriff". Die Definitionen gehen da auseinander. Manche meinen damit ein Grundgerüst, auf das das eigentliche Spiel aufsetzt, andere ein ausgearbeitet Drehbuch, dem die Spieler brav zu folgen haben. Und jeder meint natürlich, seine Definition ist die einzig Richtige und auch die, die andere verwende, isdochganzklar.

Also, Bathora, wenn du einen einzigen Satz hinzugefügt hättest ("Unter Plot verstehen ich ein klar durchstrukturiertes Drehbuch, dem die Spieler folgen."), und dann vielleicht noch einen Disclaimer. ("Nehmt bitte für diesen Thread diese Definition als gegeben an.") dann wäre allen viel Drama erspart worden.


... und selbst unter diesen Vorzeichen wäre die Antwort gewesen: "Jein. Es kommt halt immer drauf an, was die Spieler erwarten und woran sie Spaß haben." Langweilige Antwort, aber so ist es nun mal.
 
Er schreibt doch was er meint:
"Mit Plotten meine ich jede Form von vorgeplanter Handlung."

Finde ich, ist eine eindeutige Aussage. Der in der Schlussfolgerung ich widerspreche.
 
"Jede Form von vorgeplanter Handlung" umfasst auch die Vorbereitung von Setting, NSCs, Pläne der NSCs usw. Das ist für Bathora aber kein Plot. Klar, in dem Punkt verheddert er sich in Widersprüche, denn auch das ist "vorgeplante Handlung", wenn man es genau betrachtet.

Und trotzdem wäre eine saubere Definition hilfreich gewesen.
 
Meine Definition ist sauber. Du machst sie unsauber weil du zeug reinstopfen willst, das darin nichts verloren hat. Ein Hintergrund hat nichts mit einem Plot zu tun. Um anderes zu behaupten muss man sich schon bewusst um sprachunschärfe bemühen.
 
Und warum haben sich dann die ganzen Mißverständnisse ergeben? "Jede Form von vorgeplanter Handlung" ist und bleibt unsauber, wie man im Verlauf der Diskussion gesehen hat. Denn es würde bedeuten, daß man nichts vorplanen darf. Kein Auftritt eines NSCs, kein Ereignis wie eine Naturkatastrophe, einen Bürgerkrieg, einen Überfall, nichts was Dinge in Gang setzt. Und an der Stelle setzte ja dann auch die Kritik an. Das war vorhersehbar.

Aber abgesehen davon ist "Plot" (welcher Definition man denn nun auch folgen mag) ein Werkzeug. Es ist weder inhärent böse noch gut. Deine generelle Ablehnung mag für dich OK sein, aber als Verallgemeinerung taugt die Aussage nichts.

Viel interessanter ist die Frage, wie man mit dem Werkzeug umgeht.
 
Bathora findet es ja auch nicht gut einen Auftritt eines NSC zu planen (also seine Handlung).
Der NSC darf durchaus geplant werden.

Er hat auch geschrieben das er dagegen ist Naturkatastrophen, Bürgerkriege, Überfälle oder auch nur eine Terrain Gestaltung (mit einem Sumpf, durch den die Spieler müssen oder sonst zu lang brauchen) zu planen.
 
Ich denke man sollte unterscheiden, zwischen "Plots" und "Geschichten".

Beziehungsdiagramme sind z.B. bereits Plots. "Minister A hasst König B und will ihn ermorden lassen" ist ein Plot. So lässt sich ein Film beschreiben, ohne zu spoilern. Das sagt aber noch nichts über den genauen Verlauf der Geschichte aus - wenn man den Plot kennt kann man durchaus noch vom Film/Buch/Serie/Computerspiel überrascht werden. Und wenn der SL einen Plot hat, bedeutet dass noch lange nicht, dass die Umsetzung desselben in der Spielrunde bereits feststeht.
 
Ich glaube das Ausgangsargument ging aber weiter als das. Nämlich darum, dass WENN man sich als SL im Vorfeld überlegt, dass der Minister den König umbringen lassen will, dass man dann dazu neigt, den Spielern diesen Handlungsstrang nahezulegen oder aufzudrängen. Wenn man sich aber vorher sowas gar nicht zurechtlegt, vllt. in deinem Beispiel nur "Minister A hasst König B" ausformuliert und den Plot-Teil weglässt, dann ist man nicht so sehr angehalten das auch einbauen zu wollen.

Denn er hat schon Recht. Je mehr Zeit man als SL in ein Element investiert, desto eher möchte man dass es dann auch vorkommt...
 
@Altansar: Jetzt nähern wir uns doch dem ganzen an.
Ich bin so weit absolut bei dir. Auch deine Richtig-/Falsch-Liste würde ich so stehen lassen.

Wir brauchen natürlich eine Kulisse, wir brauchen eine Besetzung.
Und ja, auch Beziehungen zwischen NSC (und Pläne von NSC!) sind für mich ein wichtiges Element und gehören zu der Grundausstattung. Wenn ich mir bewusst bin, wie ein NSC auf eine bestimmte Situation reagieren würde, dann kann ich unverkrampft in Szenen einsteigen und einfach machen.
Für die erste Sitzung noch einen Kicker, damit die Spieler irgendwie in die Handlung gezogen wird. Und der Rest kommt von ganz allein.

Eine Kulisse: Ein Krieg zwischen Sabbat und Camarilla
das ganze hat weniger politischen Hintergrund, sondern eher einen persönlichen, der aus der Geschichte des Prinzen und des Erzbischofs hervorgeht.
Die Besetzung sind eben die wichtigsten Kontrahenten (Prinz, Erstgeborene, Erzbischof, Prisci, Templer....)

Die Beziehungen werden eben noch ein wenig ausgearbeitet, wie sich Prinz zu Erstgeborenen A und soweiter verhält.

Die Charaktere sind gebastelt und die Spieler werden durch einen Kicker ins geschehen geworfen. Wie der Kicker dann aussieht, kann ja Bathora definieren

Die Frage ist jetzt: Wird die Situation von dem Hintergrund/Kulisse weiter eskalieren (desto mehr Zeit vergeht, desto schlimmer wird es) oder wird die Situation nur von den Aktionen der SCs beeinflusst?
 
Denn er hat schon Recht. Je mehr Zeit man als SL in ein Element investiert, desto eher möchte man dass es dann auch vorkommt...

Das ist mir schon klar, doch ich frage mich: gewinne ich durch "nichts vorbereiten" wirklich mehr Freiheit? Wenn ich z.B. keine Plots am Königshof vorbereite, sondern darauf warte dass ein Spieler aktiv nach Intrigen Ausschau hält und DANN mit "Übrigens, Minister A will König B ermorden lassen" angeschissen komme. Ist eine Spielwelt, welche sich nur nach den SC richtet, wirklich besser als eine Spielwelt, bei welcher sich die SC nach dieser zu richten haben (das was Bathora dem Plot-Vorbereiten vorwirft)? Wenn ich einen Plot vorbereite habe ich die Freiheit diesen zu ignorieren oder im Hintergrund laufen zu lassen, wenn kein SC sich dafür interessiert (was die Konsistenz und Glaubwürdigkeit der Welt erhöht). Umgekehrt habe ich diese Freiheit nicht. Gehört natürlich etwas Selbstdisziplin dazu, den einmal vorbereiteten Plot nicht auf Krampf ins Spiel zu drücken, aber es ist einfacher, als es hier dargestellt wird (wenn der Plot nicht verwendet wird, kann man die Idee sicher auch irgendwann in einer anderen Runde "recyclen", die Arbeit war also nicht vollends überflüssig).

Ich merke außerdem immer wieder bei improvisierenden Spielleitern, dass sie im Grunde sehr viele Plots nach dem "Schema F" bringen: wenn wenig Zeit zwischen der Idee und ihrer Umsetzung liegen, dann kann man sie natürlich auch nicht kritisch hinterfragen.
 
@ Tybalt: Du hast recht, Werkzeuge sind nicht gut oder böse. Sehr wohl aber gut oder SCHLECHT. Oder einfach nicht für den Zweck geeignet, für den ich sie brauche. Ich kann mit einem Nuedlsieb Wasser schöpfen. Ich kann mit einem Nudelsieb einen Nagel einschlagen. Irgendwie. Aber es gibt sicherlich Werkzeuge, die für meine Zwecke besser geeignet sind. Ein Hammer zum Beispiel. Für mich ist der Plot beim Rollenspiel das Nudelsieb.

@ Alexandro: Hesha hat recht. Wobei mir ein "Der will den König ermorden." (ergebnisoffen) noch recht ist, ein "Der wird versuchen, den König zu ermorden" (weniger ergebnisoffen) schon nicht mehr ganz so gut gefällt. Ich weiß, der Unterschied mag klein erscheinen, aber ich nehme ihn als stark wahr. Denn im ersten Fall habe ich schon eine implizite Szene, dass es zu einem Attentatsversuch kommt. Aber vielleicht passiert ja im Spiel was, was mir viel besser in den Kram passt.

Beispiel aus meiner aktuellen Kampagne: Ich hatte einen NSC in der Hand, einen klassischen Strippenzieher. Rechte Hand des Sommerkönigs (wir spielen CtL). Seine Motivation ist "ein stabiles Dublin erschaffen". War eigentlich als vage feindselig gegen die SC angelegt, weil diese doch eher dazu neigen, Unruhestifter zu sein. Und dann... hat sich herausgestellt, dass einer der SC ein viel besserer Sommerkönig ist als der aktuelle. Der NSC hat seine Vorgehensweise und seine Ziele um 180 Grad gedreht, ist sich dabei aber treu geblieben. Und hätte ich schon einen Plot mit einer ausgestalteten Intrige zur Hand gehabt, wäre das so vermutlich nicht passiert. Ich glaube, der psychologische Einfluss, den es hat, wenn man sich Arbeit mit etwas gemacht hat, wird hier kleingeredet. Niemandem ist es egal, wenn er sich den Arsch zur Vorbereitung einer Szene aufgerissen hat, wenn dann die Spieler kommen und sie einfach keine Lust auf den Mist haben. Man wird irgendwie versuchen, die Szenerie zu manipulieren, und sei es nur unbewusst, und das ganze dann meinetwegen als "Dramaturgie" kaschieren.

Ich leite nichts, was ich als Standardplots bezeichnen würde. Ich behaupte auch nicht, dass ich ein SL bin, der nur improvisiert. Ganz im Gegenteil. Ich bereite meine Runden akribisch vor. Nur eben keine Handlung.

@ Altansar: Ich sage nicht, dass die Welt völlig passiv ist und nur reagiert. Aber letztlich kann alles, was geschieht, von dem eingefärbt werden, was die Spieler tun. Das heißt, die Aktionen der Spieler werden niemals ins Leere laufen. Sie können gar nicht "den Plot verlassen". Sie machen den Plot.Wo sie sind, da ist der Plot.

Ich möchte hier auch nochmal drauf hinweisen (ich denke, das ging ein bisschen unter) dass ich nicht der einzige bin, der die Reaktionen und Aktionen der Umwelt beeinflussen kann. Auch meine Spieler können mir jederzeit Fetzen zuwerfen, neue NSC einführen, und so weiter. Wir diskutieren sowas auch am Tisch. Weil die Kreativität vieler im Zweifelsfalle cooleres Geschehen ergibt, als wenn einer am Tisch seine Idee auf den Tisch legt und die anderen sich daran abarbeiten können. Ich bin aber dabei immer noch Spielleiter, das heißt, bei mir läuft es zusammen. Ich behalte den Überblick.
 
Okay ich glaube langsam verstehe ich deine vorgehensweise

du kritisierst eigentlich nicht den Plot an sich, sondern die Starrheit des Plotes und das viele SLer ungern ihren Plot den Gegebenheiten anpassen sondern ihn lieber durchdrücken?
 
Dass eine Handlung passieren muss - na klar. Ohne Handlung kein Rollenspiel.

Letztlich das was du sagst. Ich gehe aber noch einen Schritt raus und sage, wenn ich Handlung vorbereite, werde ich sie irgendwie durchdrücken. Immer. Oder zumindest wird es meine Sicht auf das, was möglich ist, behindern.
 
Hmm also weißt du wo deine Schwächen liegen (Zwanghaftes Plotdurchdrücken) und das umgehst du für dich, wenn du einfach keinen Plot ausarbeitest, wenn überhaupt nur Plothooks?
 
Nimmt das "ich" aus der vorherigen Aussage und ersetzt es durch ein "man". Ich sehe das nicht als meine persönliche Schwäche (auch wenn ich da durchaus anfällig bin, klar). Ich habe es noch bei keinem anderen SL anders erlebt.
 
Letztlich das was du sagst. Ich gehe aber noch einen Schritt raus und sage, wenn ich Handlung vorbereite, werde ich sie irgendwie durchdrücken. Immer. Oder zumindest wird es meine Sicht auf das, was möglich ist, behindern.

Man umgeht den plottenden SL, der seinen Plot zwingend durchsetzen will und ersetzt ihn mit dem unflexiblen SL, dessen spontane Plothooks immer nach Schema F ablaufen und dadurch auf lange Sicht langweilig werden. Wo steckt der Mehrwert?
 
Man umgeht den plottenden SL, der seinen Plot zwingend durchsetzen will und ersetzt ihn mit dem unflexiblen SL, dessen spontane Plothooks immer nach Schema F ablaufen und dadurch auf lange Sicht langweilig werden. Wo steckt der Mehrwert?
Japp. Ist ganz gefährlich, aber es kommt natürlich auf das Ausmaß an Vorbereitung im "Nicht-Plotbereich" an. Wenn man die betroffenen NSC ausgearbeitet hat, kann man relativ leicht spontan und vor allem "organisch" einen Plot improvisieren der dann auch noch Sinn macht.

Ich glaube es läuft am Ende auf die Formel raus: Je weniger Plot man will, desto mehr Zeit muss man in Nicht-Plot investieren, um das Inhaltsdichteniveau einer Eisenbahnfahrt zu gewährleisten.
 
Klar, der Eingangpost ist etwas unklar und hört sich nach einer Sandbox sogar ohne Sand an.

Ich denke aber es ist eben gemeint, dass nach vorbestelltem Sandkasten die Spieler für ihre Charaktere keine weiteren Einschränkungen in ihren Handlungen haben außer denen, welchen sie selbst vorher spezifisch(z.B: durch Akzeptanz der Regeln, der Settingsbeschriebung, ggf. weiteren Beschränkungen aus dem Spielangebot wie keine Psychopaten, keine Sexinhalte, ihr bleibt innerhalb Grafschaft x, vielleicht aber auch ihr seit alle loyale Anhänger aus dem Junggefolge von Prinz z .... oder in Form ihrer Charaktererschaffung zugestimmt haben.
Danach sind sie in ihrer Charakterführung in diesem Rahmen frei und auch der Spielleiter ist an die Regeln und Ideale, welche er gesetzt hat gebunden.
Klar gehört zu einer guten Vorbereitung auch "Prefetching" - was würde kommen, wenn sich niemand einmischt, aber das darf dann halt nie Anlass sein das nicht wieder zu verwerfen, wenn sich jemand dann einschlägig einmischt.
Keine Vorbereitung halte ich übrigens auch für spielerentscheidungsschädigend, weil es in den meisten Fälle dann früher als notwendig zu einem Informations- und Kausalitätsdefizit kommt, welches ebenfalls Spielerentscheidungen schädigt.
Umgekehrt können Forderungen nach einem Spielerrecht zum willkürlichen Eingriff in diese Vorstrukturen dazu führen, dass der Spielleiter dieser Grundlage beraubt wird und so Schlüssigkeit und Konsistenz der Spielwelt wiederum nicht mehr halten kann.
 
Ernstgemeinte Rückfrage an den Threadersteller, da ich ebenfalls nicht weiß, ob die Begrifflichkeiten richtig verstanden wurden (zumindest von mir):

Frage 1: Wenn ich in meiner Runde die Borbaradkampagne leite und mich dabei an den offiziellen Abenteuern entlanghangle oder zumindest orientiere, ist das bereits Plotting?

Frage 2: Wie sieht es hingegen aus, wenn ich den Borbaradkonflikt, den ich mir durch das Lesen von Botenartikeln und offizieller Abenteuer als Kulisse erschlossen habe in den Raum stelle, also nur die Kulissen und NPCs bereit stelle, es aber auf die SpielerInnen ankommt ob und inwiefern sie mit den bereitgestellten Dingen in Kontakt kommen (möchten)? Ist das auch noch Plotting?


Ich finde die zweite Variante SEHR reizvoll, allein deshalb, weil ich Sandboxsettings liebe. Aber aus eigener Spiel- und Spielleitererfahrung möchte ich die Erlebnisse, die ich mit Variante 1 verbinde keineswegs missen.
 
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