Rollenspieltheorie Plotten ist Mist

@Wellentänzer: Ich halte ehrlich gesagt von dieser Strukturierung und Systematisierung nicht (mehr) viel. Wie du selbst sagst: RPG ist keine Wissenschaft.

sieh' mal so: Es ist bis heute noch nicht einmal geglückt, ein RPG zu entwickeln, das zwei Runden ohne Einführung mit demselben Regel- und Spielweltset gleich spielen. Bei Brettspielen ist das überhaupt kein Problem, sogar mit Leuten, die sich gar nicht leiden können.
Aus meiner Sicht existiert RPG als Spiel demnach so oder so nicht (und wenn doch, dann bin ich mir sicher, dass schonmal jemand vor Arneson in den letzten 5000 Jahren darauf gekommen wäre), und das liegt natürlich daran, dass ein RPG ohne Spieler(SL)input kein vollständiges Spiel ist. Eine Probenmodtabelle z.B. modifiziert Situationen nicht von alleine, da braucht es jemanden, der eine Situation bewertet und eine auftreten lässt (Stichwort: Gängelung).
Aber durch den Input wird es eben zu unendlich vielen RPG Spielen, die alle nicht vergleichbar sind.
Das ist die berühmte Spielleiterwillkür.

Ich weiss nicht, ob man die unterschiedlichen Gründe und Gewichtungen (es reicht z.B. nicht aus Langeweile zu sagen, es gibt große und niedrige Toleranzen gegenüber Langeweile, die wiederum vollkommen unterschiedliche Gründe haben können) jemals strukturieren kann, weil das buchstäblich alles ankratzt (z.B: Allgemeinbildung, Erinnerungsvermögen, such' dir was aus). Und selbst wenn: Das bringt maximal die Erkenntnis, das jeder (und auch jeder in jeder Runde) ein RPG anders spielt, ohne etwas dagegen tun zu können.

m.E. und meiner Erfahrung nach funktioniert Rollenspiel nicht deswegen, weil alle am Tisch dasselbe Spiel spielen, sondern weil sie Kompromisse eingehen und ihre Ansprüche senken. Oder ihre Ansprüche gegenüber ihren Mitspielern durchsetzen (mit welchen Methoden auch immer).
 
Naja, die Persönlichkeit von Menschen ist auch vielschichtig und multikausal. Trotzdem ergeben Beschreibungen wie beispielsweise "extrovertiert" und "gewissenhaft" einen gewissen Sinn, um Verhalten beschreiben, erklären und vorhersagen zu können. So ist das mit Rollenspielen halt auch. Dass man nicht jegliche Varianz zwischen Gruppen/SL/Spielern alleine aufgrund recht einfacher Klassifikationen erfassen kann: geschenkt. Insofern verfängt Deine Argumentation meiner Ansicht nach aber nicht hinreichend.
 
Den letzten Satz verstehe ich nicht.

Naja, ich will nur sagen, dass, was immer da am Ende rauskommt, wird halt nur ein Wischi-Waschi-Schubladisieung sein, wir es ja auch schon mit RPG-Theorie versucht wurde.
Aber RPG muss wohl Wischi-Waschi sein. Wem's hilft. Imho wird es Probleme machen. Macht es ja jetzt schon. Der ganze Thread basiert auf der willkürlichen Definition was im RPG Vorbereitung ist und was nicht. Und selbst wenn IOElet mit mathematischen Argumenten die Trennlinien schärft, wird das immer noch nicht akzeptiert (oder verstanden?).
 
Theorie bringt einen nur bedingt weiter. Die beste Theorie hilft nix, wenn man in der Praxis versagt.

Man kann vieles diskutieren und daraus seinen Mehrwert rausziehen aber schlussendlich entscheidet die Praxis, ob ein Spiel gut oder schlecht ist.

Ich habe mir beim Leiten nie die Gedanken gemacht über Gegängele, Railroading, Sandboxing, Hartwurst und was es sonst noch für Begriffe gibt, über die ich mich immer wieder wundere woher sie kommen.
Ich leite nach Gefühl und probiere gerne neue Sachen aus und rede mit den Spielern was sie wollen. Manche Runden müssen anfangs an die Hand geführt werden und andere wollen lieber die volle Entscheidungsfreiheit und daran mache ich es eher fest und wenn den Spielern was nicht passt bekomme ich es spätestens in der Nachbesprechung ab und mache mir darüber meine Gedanken. Wurde damals fies ins kalte Wasser geworfen und meine anfänglichen Runden waren nett gesagt eine Katastrophe aber dann findet man etwas wo man stark ist und baut auf, denkt über das nach was man vorhat, schreibt sich NPC Listen, Abenteuer, bemerkt das die Spieler das alles über den Haufen werfen, weil sie nen ganz anderen Gedankengang hatten wie man selbst, man ärgert sich und arbeitet weniger strikt aus und lässt sich Lücken und irgendwann habe ich damit angefangen alles zu improvisieren. Okay das liegt daran das ich ein fauler Mensch bin und mich nicht dazu aufraffen kann mehr als die wichtigen Details für eine Kampagne zu notieren aber bisher hat es wunderbar geklappt, einfach weil es die Praxis zeigt.

Ich finde Rollenspieltheorien spannend, unnütz weil sie wenig Mehrwert haben, weil ein unerfahrener SLer sich einfach nur erschlagen fühlt und vlt die Gedanken hat, dass er das studieren muss und summa cum laude abgeschlossen haben muss oder man drei Jahre bei einer anderen SL in die Lehre gehen muss um sich danach selbst Meister zu nennen. Hmmm....Meister....
Ne man muss mit Gefühl rangehen, von anderen lernen, abkupfern, fehler machen und am Ball bleiben.
 
Theorien, die in der Praxis nicht funktionieren, sind eigentlich ein Zeichen für eine schlechte und/oder oberflächliche Theorie. "Praxis" ist oft nur ein Wort für "wir wissen selber nicht, warum es funktioniert", von daher bilde ich mir auf Praxis nicht allzuviel ein.
 
jaja, schon klar, aber wenn die Theorie dann versagt, dann ist es vielleicht mal an der Zeit, die Theorie zu überarbeiten.
Wissenschaftliches Prinzip und so weiter.. ;)

klar, man kann natürlich weiter "nach Gefühl" spielen, aber davon haben ja andere nichts.
 
Ich formuliere meinen Post mal anders ^^

Wir machen uns hier Gedanken über Rollenspieltheorien und diskutieren Sie und kommen sicher auf das eine oder andere Ergebnis.

Wenn du jetzt ein Anfänger bist und ich dir sage, du musst dir erstmal alle Rollenspieltheorien zu gemüte ziehen bevor du leitest, weil diese Theorien sind nach unserer Meinung der Stand aller Dinge. Der Anfänger denkt sich nur WTF ich soll mich 7 Forenbeiträge mit über 20 Seiten durchlesen oder eine recht detaillierte Zusammenfassung....
Klar die Spielleitersektionen in den Regelbüchern oder Bücher ala Robin Laws Gutes Spielleiten kann einen weiterhelfen aber eigentlich musst du ihn ins kalte Wasser werfen, damit er selbst seine Erfahrungen sammelt und die Spieler müssen ihm helfen, durch Kritik, Lob und Anregungen sein Spiel zu verbessern. Ich halte von praktischer Ausübung mehr als von der Theorie.
 
Wenn du einen Sport lernen sollst, bist du als Anfänger mit der Theorie dahinter auch überfordert. Das ändert aber nichts daran, dass es eben diese ist, welche man später braucht um auftretende Fehler und Probleme richtig angehen zu können.
Mir hat es zumindest damals erheblich geholfen die ersten GDS-Texte zu lesen und danach eine Ahnung zuhaben, warum diverse Gruppen immer wieder zusammenbrachen mit der Leitmelodie "Du spielst falsch", die eigenen Wünsche danach genauer formulieren zu können und auch zu erkennen was die anderen denn da wohl im Kern wollen. Und zumindest mit der Mehrheit der Mitspieler waren plötzlich konstruktive Kompromisse möglich.
 
Für das ARS in Reinkultur ist das aber meiner Ansicht nach nicht ganz so offensichtlich und vor allem in seinen Risiken und Nebenwirkungen auch deutlich vielfältiger. Hier mal eine Auswahl: Horroraufwand für den SL in der Vorbereitung, nicht zu bewältigende Komplexität am Spieltisch,
Möglicherweise ist das tatsächlich eine Gefahr, aber für mich war es das Gegenteil: Es hat Vorbereiten einfacher und schneller gemacht - einfach weil ich mir nicht im Vorhinein überlegen muss, wie SC reagieren und was da dann genau passieren soll, wenn ...

Das meinte ich damit, dass ich weiß, wovon Bathora sprach, als er sagte, dass seine Vorbereitung nun fix von der Hand geht, seit er nicht mehr plottet.
 
Jo, werter Greifenklaue, das kann tatsächlich so sein. Andererseits kann ich mir ja ganz gut vorstellen, wie Du präferierter Weise so spielst:

- Eher oldschoolig
- Es darf auch mal ein Dungeon sein, gerne vielleicht sogar zwei
- Charaktere, bei deren Hintergrundgeschichte halbe Romane eher unerwünscht sind, sterben desöfteren
- Zufallstabellen helfen bei der Modellierung der Welt willkommener Weise
- Rulings not rules ist ein wichtiges Element
- Herausforderung geht vor Narration
- Drama Queens als Spieler werden tendentiell als nervig angesehen
- Gefühle gibt es bei Spielern und (N)SC, aber bitte schön in Maßen und zivilisiert
- Würfel werden auf keinen Fall gedreht

Und so weiter. Passt das ungefähr? Das kann man selbstredend wunderbar machen und beliebig lange sehr viel Spaß haben. Auch bin ich mir sicher, dass bei Dir und Deinen Gruppen etwaige Nachteile und Schwierigkeiten dieser Präferenzstruktur kaum zum Tragen kommen, eben weil Eure Vorlieben so gestrickt sind, dass sowas gar nicht oder kaum ins Gewicht fällt. Viele Rollenspieler würden aber, da bin ich sicher, schreiend fliehen, wenn sie mit Euch am Spieltisch konfrontiert würden.

Früher gab es in Deutschland ja eine sehr starke, DSA-beeinflusste Strömung von selbsternannten Besserspielern, die ausgesprochen abschätzig auf Deine fast klassisch zu nennenden Spielvorlieben herabgeblickt haben. Da fielen dann einerseits so despektierlich gemeinte Begriffe wie "Hack´n´Slayer" oder "Powergamer" und andererseits wurden offenkundig in deren Augen positiv besetzte Aspekte wie "Atmosphäre" und "Story" und "Plot" genannt, bei deren Nennung Du vermutlich am liebsten sofort das Weite suchen würdest.

Gut, dass wir es heute tatsächlich besser wissen (das meine ich tatsächlich so - mit "wir" sind dabei vor allem diejenigen gemeint, die den Diskurs halt schon lange begleiten, etwa Du, Greifenklaue oder BoyScout oder 1of3 etc.). Es ist und bleibt allerdings Verdienst der ARS-Bewegung, das sozial akzeptierte Spektrum von Spielstilen in Deutschland zumindest in den Online-Diskussionen erheblich erweitert zu haben. Die Tonalität, Vehemenz, Arroganz, Ignoranz, Hinterhältigkeit, Verlogenheit und Intoleranz zentraler Vertreter dieser Bewegung finde ich zwar bis heute wahnsinnig abstoßend. Aber vielleicht brauchte es auch eine solche ... Chuzpe, um das Anliegen in die virtuelle Breite zu tragen (ich habe mir von denen eine gewisse Robustheit im Ton übrigens durchaus abgeschaut; im wirklichen Leben versuche ich mich jedenfalls deutlich weniger als arrogantes Arschloch zu gerieren).

Die ARSkrampen waren mit ihren Botschaften jedenfalls teilweise sogar so erfolgreich, dass sich die Diskriminierungen heutzutage häufig sogar umgekehrt haben und nun auf einmal "Railroader" schwer gedisst werden, "Plots" auf einmal böseböseböse sind, jegliche auf Emotionalität zielende Hobbyausübung etwa in Gestalt von Indie-Games ebenso kategorisch wie hirnrissig abgelehnt wird ("Forge ist scheiße") und so weiter. Andererseits hat sich solch ein Quatsch ehrlicher Weise auch schon wieder erheblich gemäßigt und wird nur noch von einigen wenigen Ignoranten ernsthaft vertreten.

So nehme ich den aktuellen Diskussionsstand wahr und habe den Eindruck, dass der Drops damit weitgehend gelutscht ist. Man könnte sich noch, siehe oben, über die Dimensionalität der Vorliebenstruktur unterhalten, aber das sind nach meinem Eindruck eher Nebenschauplätze. Die zentralen Fragen

- Wie unterscheiden sich Spielvorlieben?
- Nach welchen Kriterien funktioniert die Bewertung von Vorlieben?
- Welche Vor- und Nachteile gehen mit den jeweiligen Präferenzen einher?

scheinen mir ganz gut geklärt. Mehr Detaillierung brauche ich persönlich für mein Verständnis nicht. Da sind die Geschmäcker aber wohl verschieden. Einige wollen mehr Details, anderen ist solch ein Gedankengang wie der oben skizzierte bereits erheblich zu theoretisch. Denn, um es mal wieder aufzugreifen: RPG ist keine Wissenschaft ;)
 
Jo, werter Greifenklaue, das kann tatsächlich so sein. Andererseits kann ich mir ja ganz gut vorstellen, wie Du präferierter Weise so spielst:

- Eher oldschoolig
- Es darf auch mal ein Dungeon sein, gerne vielleicht sogar zwei
- Charaktere, bei deren Hintergrundgeschichte halbe Romane eher unerwünscht sind, sterben desöfteren
- Zufallstabellen helfen bei der Modellierung der Welt willkommener Weise
- Rulings not rules ist ein wichtiges Element
- Herausforderung geht vor Narration
- Drama Queens als Spieler werden tendentiell als nervig angesehen
- Gefühle gibt es bei Spielern und (N)SC, aber bitte schön in Maßen und zivilisiert
- Würfel werden auf keinen Fall gedreht
Das trifft es schon ganz gut. Nur den dritten Punkt möchte ich herausgreifen: "Charaktere, bei deren Hintergrundgeschichte halbe Romane eher unerwünscht sind, sterben desöfteren".

Das ist ein altes Vorurteil gegen offen Würfeln und ARS. Dem ist mitnichten so. In meinen festen Kampagnen, immerhin locker 5 (dreimal PF und zweimal WH) ist keiner meiner Charaktere gestorben, in den letzten Jahren. Warum? Wenn man weiß, dass offen gewürfelt wird, handelt man entsprechend umsichtig. Nicht verstohlen-vorsichtig, wie wenn man einen Despoten-SL hat, der einem gezielt was reinwürgen will, so dass man sich nicht mehr vor die Haustür traut, aber eben auch nicht "Ohh, ein feuerspeiendes Monster! Frontalangriff! Onwards!!!".

@Charaktergeschichte - das bring ich schnell auf den Punkt: "Heroes were made not born.". Also der Hintergrund entsteht erst durch das Spiel.

Und so weiter. Passt das ungefähr? Das kann man selbstredend wunderbar machen und beliebig lange sehr viel Spaß haben. Auch bin ich mir sicher, dass bei Dir und Deinen Gruppen etwaige Nachteile und Schwierigkeiten dieser Präferenzstruktur kaum zum Tragen kommen, eben weil Eure Vorlieben so gestrickt sind, dass sowas gar nicht oder kaum ins Gewicht fällt. Viele Rollenspieler würden aber, da bin ich sicher, schreiend fliehen, wenn sie mit Euch am Spieltisch konfrontiert würden.


Ja, passt Pi mal Daumen. Trotzdem muss es eben ab und an mal erwähnt werden. ;) Klar kann ein übermäßiges Vorbereiten eine mögliche Folge sein, aber auch das Gegenteil ist möglich (und in meinen Augen nicht weniger wahrscheinlich).

Du beziehst ja ARS im wesentlichen auf die Sandbox, auch Kaufabenteuer jeglicher Couleur kannst Du ARS-ig spielen, man muss ggf. bereit sein, dass Schema F aufzubrechen (oder um auf den Ausgangsbeitrag zurückzukommen, ein wenig) den Plot über Bord werfen und auf die Spieler eingehen. Das mindert dann auch die Gefahr, dass es langweilig wird wie in einer Sandbox, wo aber keiner was tun will.

Ansonsten kann ich Dich beruhigen, ich bin ein so höflicher Mensch, dass ich zwar meine Meinung zu etwas mitteilen kann, aber keinen in die Flucht schlage, nur weil er andere Spielpräferenzen hat. In OneShots zum Beispiel bei unserem Rollenspielding freu ich mich auch immer über andere Spieler, die nicht zu meinen Spielpräferenzen passen, aber in lange Kampagnen würde ich in der Tat nur noch gehen, die wesentliche Punkte meiner Spielpräferenz teilen. Gibt es aber zum Glück genug, die fünf erwähnten Gruppen haben z.B. außer mir nur wenig personelle Überschneidung.

Zuguterletzt: Manchmal spiele ich auch was anderes und durchbreche eigene Präferenzen und spiele Western City, Fiasco - oder ganz groß - Capes, Cowls and Villain Fouls.

So, das war ja mal völlig Offtopic, ich hoffe, trotzdem informativ ;)
 
Alles wunderbar. Herzlichen Dank, Senor Greif. Wenn ich Dich schon als Beispiel gewaltsam heranzerre, wollte ich Dir halt ungerne obendrein auch noch quasi als Zugabe ans Bein pinkeln. Gut, dass das verhindert werden konnte ;-)

Hervorragend gefallen hat mir ansonsten Dein: "Heroes were made not born." Das verdeutlicht doch ganz klar den Unterschied zu den - in Ermangelung eines besseren Begriffs nehme ich mal die im Tanelorn übliche, leicht despektierliche Wendung - Barbiespielers, der im Vorfeld und zwischen den Spielabenden enormen Aufwand in die vornehmlich nicht-regelseitigen Aspekte des Charakters steckt :)
 
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