Opus Anima ist fertig!

AW: Opus Anima ist fertig!

OK, hier wie versprochen mal die ersten paar Seiten des Spiels durch die Augen eines Lektors betrachtet.

Das fängt an mit dem Untertitel des Spiels. Nicht weil er sprachlich schlecht ist, sondern weil er ... wie soll ich sagen ... Vampire anyone? Leute, da hätte euch schon was anderes (eigenes) einfallen können!

Die einleitenden Worte:
Ihnen wurde das Wertvollste genommen, das Sie besaßen: Ihre Seele. Sie fühlen sich leer, ausgebrannt, spüren im Innern eine nagende Kälte, die Ihr Herz umklammert hält und Ihnen den Atem raubt. Nur ein Traum, hoffen Sie? Vielleicht. Der schlimmste Albtraum Ihres Lebens, aber zum Glück nur ein Traum, oder? Mitnichten. Sie werden nicht erwachen. Im Gegenteil: Ihre Odyssee hat gerade erst begonnen.

Wieso die erste Frage hier mit "vielleicht" beantworten, um dann die selbe Frage nochmal zu stellen und mit "nein" beantworten? Das ist nicht nur redundant sondern auch völlig unlogisch und damit völlig unnütz. Nur ein Traum, hoffen Sie? Vielleicht. kann man hier komplett streichen.

In den folgenden vier Absätzen findet man dann gleich zweimal das Wort "überfordert". Das muß nicht sein. Und es ist an der Stelle eine recht unglückliche Wortwahl. Denn wenn dem Leser hier schon unterstellt wird, sich überfordert zu fühlen, was erwartet ihn denn dann erst auf den nächsten 400 Seiten? (Ja, ich weiß, hier wird eigentlich die Spielfigur angesprochen. Aber das ist einfach nicht gut genug gelungen, um nicht doch wieder diese Assoziation auszulösen.)

Als nächstes bin ich über züchtige Sitten und strenge Etikette gestolpert. Strenge Sitten und Etikette hätten es vielleicht auch getan. Züchtig bedeutet ja schon "den guten Sitten gemäß". Das verwendet man einfach nicht so. Oder zumindest nicht mehr in den letzten 500 Jahren. ;)

Das ist auch ein Zeichen für das größte Manko der Sprache in diesem Spiel. Man versucht hier ein möglichst gutes Deutsch zu schreiben, indem man eine möglichst hochgestochene Sprache verwendet. Aber das ist kein gutes Deutsch, schon gar nicht, wenn man nicht geübt darin ist, einen solch elaborierten Code zu verwenden. Dann passieren eben sehr schnell viele kleine Fehler beim Sprachgebrauch, die ein ungutes Bauchgefühl beim Leser hinterlassen. Der weiß nämlich auch oft nicht, was da falsch ist. Er weiß nur, daß etwas falsch ist, denn Sprache hat viel mit Gefühl und Rhythmus zu tun.

Deshalb wird auf der nächsten Seite bei Die Würfelprobe von einer Schwelle gesprochen, statt einfach "Wert", "Erfolgswert" usw. zu verwenden. Und eine Schwelle knackt man auch nicht, man überschreitet sie. Das wird nicht mal durch die Anführungszeichen gut oder lustig.

Statt Regelgeflecht hätte ich lieber "Regelwerk" oder (besser weil schlichter) "die Regeln" gelesen.

Und so geht das munter weiter.

Sehr positiv ist, daß der Text wirklich gut auf Rechtschreibung und Zeichensetzung Korrektur gelesen wurde. Mir sind auf Anhieb nur ein Kommafehler und ein Komma, das ich anders gesetzt hätte, aufgefallen (nach der neuen Rechtschreibung ist man da ja recht flexibel). Das bekommt ein gewisser deutlich größerer Verlag längst nicht so gut hin.
 
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Danke für deine konkreten Anmerkungen, das hilft deutlich weiter.

Einige Sachen sind immer noch Geschmackssache, z.B. das Regelgeflecht.

Die "Schwelle" ist durchaus beabsichtigt als regeltechnischer Begriff, kommt ja auch im Regelwerk vor als Anzahl der Teilerfolge, die man erzielen muss, um eine Herausforderung zu schaffen.

Mit Klaus Mann habe ich uns übrigens nie verglichen, ich habe nur zum Ausdruck gebracht, dass diese "verwende möglichst wenig Adjektive"-Regel, die heutzutage sehr populär ist und in den meisten Büchern zum Kreativen Schreiben auftaucht, noch vor Jahrzehnten eben nicht angesagt war. Habe da Klaus Mann nur als Beispiel gebracht, weil ich zufällig gerade ein Buch von ihm lese und mir da mal wieder stark aufgefallen ist, wie anders man noch vor wenigen Jahrzehnten geschrieben hat. Auch habe ich nie die Unfähigkeit anderer Autoren als Entschuldigung angeführt, selbst schlecht zu schreiben, sondern einfach nur als Anmerkung, dass "nicht unfähiger Rollenspielautor, sondern toller veröffentlicher Belletristik-Autor" zu sein noch lange kein Qualitätsmerkmal ist. :)
 
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In anderen Spielen heißt das einfach "Anzahl der Erfolge, die man braucht, um eine Herausforderung zu schaffen". Ist ja nicht so, daß das Konzept von "ich sammle X Erfolge, um Fakt Y zu erreichen" irgendwie neu wäre. ;)
 
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Das stimmt, aber "Schwelle von X" liest sich knackiger als "du brauchst X Teilerfolge, um die Herausforderung zu schaffen", vor allem, wenn das häufiger vorkommt im Text.
 
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Hier gibt es ein Interview mit Ch. Loewenthal (Verlagsleiter Prometheus Games) zum Thema Opus Anima.

Ansonsten, ich werd es mit auf der SPIEL in den Rucksack stecken.
 
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OK, hier wie versprochen mal die ersten paar Seiten des Spiels durch die Augen eines Lektors betrachtet.
Sei mir nicht böse Sturmschwinge, aber so etwas fällt wirklich nur einem Lektor oder einem Korinthenkacker auf. ;)
Immerhin reden wir hier von einem RSP-Regelwerk und nicht von Prosa.
Ich denke man sollte froh sein, dass die Regelwerke heutzutage ein ordentliches Korrektorat durchmachen, aber ein Stillektorat kann man ja wirklich nicht erwarten. Ein guter Lektor kostet im übrigen sehr viel Geld und das ist etwas, das sich bei den meisten Rollenspielen einfach nicht rentiert.

Ich kann deine Kritikpunkte verstehen, aber als jemand der mit Sprache arbeitet, hast du einfach einen ganz anderen Blickpunkt auf solche Geschichten. Glaub mir, dem Durschnittleser fallen die meisten Sachen, die du anmerkst gar nicht auf. Solange die Texte nicht missverständlich sind oder vor Rechtschreib- und Grammatikfehlern strotzen, ist man meiner Meinung nach im grünen Bereich.

Und das sagt dir jemand, der sonst selber gerne Korinthen kackt. ;)
 
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Wie schon gesagt, nur weil andere auch schlechte Texte abliefern, ist das kein Grund selbst schlechte Arbeit zu machen. Und das Deutsch ist einfach ... schlecht, so leid mir das tut. Ich bedaure das bei einem Spiel, dessen Hintergrund mit gefällt. So werde ich nämlich nicht zum Kauf weiterer (wohl geplanter) Werke motiviert.

Ehrlich gesagt finde ich diese allgemeine Grundhaltung, die sich in der deutschen Rollenspielszene breit zu machen scheint, daß die Texte aussehen können wie sie wollen, solange die Rechtschreibung halbwegs stimmt, schrecklich und überhaupt nicht nachvollziehbar. Da füllt man ein Buch mit 400 Seiten Text und wie der Text aussieht ist ... wurscht? Was ist das denn für eine Einstellung? Und was ist das für eine Haltung dem Kunden gegenüber? Lies oder laß es bleiben, der Text ist auf Hauptschulniveau aber besser bekommen wir es nicht hin.

Und nein, ein guter Lektor kostet lange nicht so viel Geld wie er wert ist. Aber doch deutlich mehr als ein RPG-Verlag auszugeben bereit sein dürfte. ;)
 
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Und nein, ein guter Lektor kostet lange nicht so viel Geld wie er wert ist.
Aus wirtschaftlicher Sicht schon.

Aber doch deutlich mehr als ein RPG-Verlag auszugeben bereit sein dürfte. ;)
Eben. Ein echter Lektor kostet - günstig veranschlagt - 1€/1000 Zeichen. Bei den besagten 800-900.000 Zeichen macht das ca 850 €.

Bei Verkauf über einen Vertreib bleibt dir aber vielleicht ein Reingewinn von max 8,50 €. Sind also 100 verkaufte Regelwerke. Springen 100 Käufer ab, nur weil sie adjektivdurchsetzte Sprache nicht mögen?
 
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Ehrlich gesagt finde ich diese allgemeine Grundhaltung, die sich in der deutschen Rollenspielszene breit zu machen scheint, daß die Texte aussehen können wie sie wollen, solange die Rechtschreibung halbwegs stimmt, schrecklich und überhaupt nicht nachvollziehbar.
Was erwartest du von so einer Nischenbranche, die zu 90% aus Hobbyschreibern besteht?
Wäre Rollenspiel ein Milionengeschäft, wäre sicher auch Geld da für professionelle Schreiberlinge und Lektoren, aber mit dem Geld was man mit Rollenspielen verdient, kann man das knicken.
 
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Wenn man etwas sowieso schon nicht wegen des Profits sondern mehr oder weniger aus Liebhaberei macht, wieso es dann nicht so gut machen wie möglich?
 
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Wenn man etwas sowieso schon nicht wegen des Profits sondern mehr oder weniger aus Liebhaberei macht, wieso es dann nicht so gut machen wie möglich?
Ich denke, das hat das OA Team gemacht. Schreiben ist ein Handwerk, dass man lernen muss. Es ist nichts, was man so einfach kann.

(Eigentlich ist das aber ein Thema für sich, oder? Skar, walte deines Amtes! ;) )
 
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Wenn man etwas sowieso schon nicht wegen des Profits sondern mehr oder weniger aus Liebhaberei macht, wieso es dann nicht so gut machen wie möglich?

Weil Lektorat selten Liebhaberei ist und man niemals etwas schafft, wenn man alles immer so gut wie möglich machen will. Man findet immer etwas, was man verbessern kann.
 
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Eben. Ein echter Lektor kostet - günstig veranschlagt - 1€/1000 Zeichen. Bei den besagten 800-900.000 Zeichen macht das ca 850 €.

Bei Verkauf über einen Vertreib bleibt dir aber vielleicht ein Reingewinn von max 8,50 €. Sind also 100 verkaufte Regelwerke. Springen 100 Käufer ab, nur weil sie adjektivdurchsetzte Sprache nicht mögen?
Wenn man lieb fragt finden sich unter Umständen ein oder zwei zukünftige Fans die der deutschen Sprache mächtig sind und das für eine namentlich Nennung im Regelwerk und eine Freiausgabe übernehmen.
 
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Wenn man lieb fragt finden sich unter Umständen ein oder zwei zukünftige Fans die der deutschen Sprache mächtig sind und das für eine namentlich Nennung im Regelwerk und eine Freiausgabe übernehmen.
Es ist aber ein gewaltiger Unterschied, ob man der deutschen Sprache mächtig ist, oder ob man professionell lektoriert. Sprachlicher Stil ist etwas das man lernen muss. Die Arbeit eines Lektors darf man nicht mit "Ich-kann-Deutsch-weil-ich-Germanistik-studiere" verwechseln. :opa:
 
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Kritik ist auf jeden Fall angebracht - aber auch Verständnis. Das Schöne an unserem Hobby ist ja, dass irgendwelche Leutchen wirklich was auf die Beine stellen können, indem sie es einfach tun. Und dabei lernen, wie man's richtig macht.

Und grade Jungautoren im Rollenspielbereich tun sich schwer mit der Erkenntnis, dass sie noch lange nicht perfekt sind - und man kann nun mal erst an seinen Fehlern arbeitern, wenn mak erkennt, dass es da Handlungsbedarf gibt.

Darum braucht's Kritik. Und halt auch Verständnis: Denn jetzt gilt für die Autoren: besser werden und weiter an sich arbeiten. Und davon hat jeder etwas - die Schreiber genau wie die Leser.
 
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Wenn man lieb fragt finden sich unter Umständen ein oder zwei zukünftige Fans die der deutschen Sprache mächtig sind und das für eine namentlich Nennung im Regelwerk und eine Freiausgabe übernehmen.
Hab ich auch nichts gegen. Aber Sturmschwinge wollte es ja professioneller haben.
 
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Es ist aber ein gewaltiger Unterschied, ob man der deutschen Sprache mächtig ist, oder ob man professionell lektoriert. Sprachlicher Stil ist etwas das man lernen muss. Die Arbeit eines Lektors darf man nicht mit "Ich-kann-Deutsch-weil-ich-Germanistik-studiere" verwechseln. :opa:
Es gibt einige kostenfreie Hobbyprodukte, die erheblich professioneller lektoriert sind als das was mancher Verlag produziert. Auch wenn das nur irgendwo in der Mitte zwischen Ist-Zustand und Soll-Zustand liegt, ist es noch immer eine deutliche Steigerung, die letztendlich allen nutzt.
 
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