AW: Nackter Stahl: Doomstone Industrial Western RPG
Nachdem ja NS eh groß im Wegtreiben und Brandzeichen ändern sind, ist es hier auch statthaft einen meiner Weirdwest-Foren-Beiträge (natürlich mit geändertem Brandzeichen!) auf die Weide zu stellen:
*zisch* *brizzel* *nach verbranntem Fleisch stink* Hier mal ein paar weitere harte Informationen (und meinen DANK an Comstar, der sich wirklich mit Elan reinhängt mehr konkrete Informationen aus den NS-Leuten herauszuholen):
Antworten auf Comstars Fragen
Frage Comstar: Was genau darf man denn nun eigentlich zum 1.11.11 erwarten? Das Basisregel PDF?
Antwort Nackter Stahl: Erst das PDF, wie auf dem Flyer beschrieben.
Frage Comstar: Wird es auch eine Printausgabe geben?
Antwort Nackter Stahl: Ja.
Frage Comstar: Wird das PDF eine Art Betatest, oder ein fertiges Grundregelwerk? Wie umfangreich wird es sein? Sind noch weitere Erweiterungen/Quellenbände angedacht?
Antwort Nackter Stahl: Das PDF enthält die finalen Grundregeln (ist also kein Betatest), ein Kurzabenteuer und einige Charaktere. Im Gegensatz zu Arcane Codex und Frostzone ist es nicht umfangreich sondern bietet eine erste Möglichkeit, Doomstone zu spielen. Mit der Zeit folgen weitere Charaktere und Erweiterungen. Für 2012 ist die Royal Flush Edition geplant, die umfangreich ist und deutlich mehr als die Basisregeln enthält, vergleichbar mit AC und FZ.
Frage Comstar: Benutzt Doomstone ähnliche Regeln wie AC/FZ oder nur Pokerkarten?
Antwort Nackter Stahl: Nur Pokerkarten und Chips für den schnellen Showdown. Einen Ausblick habe ich weiter oben gepostet.
Und hier der Doomstone-Regelsystem-Ausblick
Weitergehende Informationen… Das Prinzip der Grundregeln ist beispielsweise schnell erklärt: Jeder Charakter hat 10 Eigenschaften: Behände, Charme, Cowboy, Eiskalt, Kämpfen, Schießen, Schlau, Schnell (vor allem für Initiative), Stark, Wachsam. Es gibt sonst keine zusätzlichen Fertigkeiten oder Attribute, dafür aber Spezialfähigkeiten und besondere Ausrüstung. Die Eigenschaften haben Werte von 0 bis 5.
Die Namensgebung der Kerneigenschaften liest sich wie eine SCHLECHTE deutsche Übersetzung aus einer anderen Sprache, aber nicht wie eine Namensgebung durch einen deutschen Muttersprachler. Da purzeln Adjektive (Schlau, Schnell) und Infinitive (Kämpfen, Schießen) und Substantive (Charme, Cowboy) leider ziemlich sprachgefühllos durcheinander. Das am Spieltisch zu SPRECHEN ist der HORROR für jeden der deutschen Zunge mächtigen Rollenspieler.
Die überschaubare Anzahl an Kerneigenschaften finde ich hingegen gut (ähnlich wie bei Warhammer/WH40K, wo ich diese Kerneigenschaften auch gut gewählt finde). Der Wertebereich sieht knapp aus, aber das muß sich erst im Spiel zeigen, wieviel Differenzierung damit tatsächlich möglich ist - bzw. auf welchen ANDEREN Charakter-Elementen eher differenziert werden wird, als auf den Kerneigenschaften (siehe Warhammer oder Savage Worlds - dort geht das ja auch auf anderen Wegen bzw. bei knappem Wertebereich über andere Charakter-Elemente).
Um eine Probe abzulegen gibt der Geber (SL) sich und jedem Spieler zwei Karten plus eine Karte für jeden Punkt in der Eigenschaft, die der Spieler oder Geber bei der Probe benutzt, z.B. 4 Karten bei einem Wert von 2 (weniger Karten bei einem Malus). Jeder Spieler und der Geber behalten nur zwei Karten und werfen die anderen ab, die wieder in den Stapel gemischt werden. Dann können die Spieler und der Geber ihre Entwicklungschips auf ihr Blatt setzen. Der Geber deckt 5 Karten auf. Der mit dem nach Texas Hold’em Regeln besten Blatt gewinnt und kriegt die Chips des Gegners. Wer bei entgegengesetzten Proben nicht mitgeht verliert automatisch. Das gilt nicht für den Kampf. Hier werden die gesetzten Chips aber zum Schaden addiert.
Das sieht in der Abwicklung ziemlich langwierig aus.
Wenn ich mir die Savage-Worlds- oder Deadlands-Classic-Kritiker vergegenwärtige, die sich wortreich das Maul darüber zerrissen haben, daß man hier Pokerkarten für Initiative bzw. Zauberwirken austeilt, daß dies so langwierig sei, soviel Zeit kosten würde, so umständlich sei, usw. - dann würde ich gerne mal deren Meinung über dieses rein auf Texas-Hold'em-Poker basierende Handlungsabwicklungssystem sehen wollen.
Handlung ankündigen - Karten austeilen - Chips setzen - weitere Karten aufdecken - höchstes Blatt bestimmen - Chips verteilen - ERFOLG der Handlung als FAKT in der Spielwelt bestimmen.
Das dauert schon ein wenig länger als selbst vergleichende Würfelwürfe in Roll&Keep-Systemen.
Effektiv wird ja eine ganze Runde Texas Hold'em Poker gespielt. Und das bei JEDER Handlung!
Offene Fragen für mich:
- Welche GRANULARITÄT hat hier die Handlungsauflösung? Oder ist es eine Konfliktauflösung? - Wie detailliert wird hier gehandelt? Jeder Schuß oder jeder Fausthieb einzeln nach obigem Muster abgewickelt, oder der gesamte Kampf (Konflikt) mit EINEM Durchgang des Kartenspiels entschieden?
- Wie kommt hier die Initiative rein? Wer handelt zuerst?
- Wie wird das Vorgehen z.B. von zwei Charakteren gegen einen NSC abgewickelt?
- Welche "Manöver", also Optionen bei der Handlungsausführung in der Spielwelt, sind möglich, und wie fließen sie in die Handlungsauflösung ein? (Nur mehr Karten oder anders?)
- Wie genau sieht das Bieten/Mitgehen mit den Chips aus? Welche Optionen gibt es hier?
Ein Problem sehe ich aufgrund der zu erwartenden langsamen Abwicklungsgeschwindigkeit aufkommen: Die Handlungsabwicklung ist so "involviert", drängt sich so in den Vordergrund (trotz an sich einfach gestrickter Charaktermodellierung), daß die Spielgruppen es VERMEIDEN werden irgendwas nach den Regeln zur Handlungsabwicklung aufzulösen und es lieber gleich handwedeln, um nicht den Spielfluß jedes Mal bei Ketten von Handlungen abzuwürgen. - So geschieht es bei Systemen, die zu langsam, zu aufwendig, zu sehr aus der Spielhandlung herausreißend sind. - Es bleibt zu sehen, ob dies bei Doomstone auch der Fall sein wird.
Bei Duellen setzen die Spieler direkt Lebenschips. Wie bei Texas Hold’em wird diesmal erst der Flop, dann der Turn, dann der River vom Geber aufgedeckt. Jedes Mal können die Spieler setzen oder aussteigen. Der Verlierer erleidet den Waffenschaden plus die gesetzten Chips als Schaden. Beim Niederstarren ist das Duell nicht so tödlich. Die Spieler setzen dann nur Entwicklungschips.
Das ist ziemlich ähnlich zur Deadlands: Reloaded-Duell-Regel.
Bei DL:R wird ein derartig aufwendiges Kartensystem aber nur für die SELTEN vorkommenden Duelle verwendet, nicht für JEDE erdenkliche Handlung (siehe oben, das Handlungsabwicklungssystem).
Am Ende des Abends lassen sich übrig gebliebene Entwicklungschips für die Charakterentwicklung nutzen.
Das bringt die gleichen Probleme mit, die man auch schon bei Deadlands Classic 2nd Ed. mit den Fate-Chips hat: Sind solche Ressourcen für den Erfolg IM SPIELVERLAUF wichtig UND sind sie gleichzeitig für die Möglichkeiten der Charakterweiterentwicklung NÖTIG, dann hat man eine gekoppelte Funktion, die unterschiedliche "Bewahrungsstrategien" erzwingt, welche man für ein meta-gaming-unbeschwertes Charakterspielen NICHT haben möchte.
Bei DL Classic 2nd Ed. gibt es die gängige Methode wieder zur 1st Ed. Regelung zurückzugehen. - Solche Systeme wie HeroQuest 2.0, die ähnliche Kopplungen aufweisen, brauchen da schon elaboriertere Hausregeln, um diese Ressourcen-Inkongruenz loszuwerden.
Beim nächsten Abend erhält jeder Spieler wieder 10 EC. Wer stirbt oder keine Chips mehr hat, kann einmalig sein „Goldnugget“ als Rebuy einsetzen.
Ein Auffrischen auf 10 EC - interessant. - Auf welchen "Durchsatz" pro Spielsitzung ist der EC-Fluß denn ausgelegt? (Bei Fate ist der Fate-Punkte-Durchsatz meist sehr hoch, es werden ständig Fate-Punkte in alle Richtungen geschoben. Bei Cortex+ ist es mit den Drama-Punkten ähnlich. Bei Deadlands Classic fließen die Chips weniger schnell als die Bennies bei DL:R.)
Dazu hätte ich gerne mehr Informationen. - Und zum "Rebuy" ebenfalls.
Die Charaktertypen haben jeweils eigene Kräfte, eher wie bei Frostzone. Bestimmte mystische Kräfte können nur in der jeweils vorgesehenen oder weniger mystischen Zone, entweder dem Diesseits, der Halbwelt (Zwischenstufe zwischen Jagdgründen und Diesseits) oder den Jagdgründen angewandt werden. Die Kräfte der Jagdgründe sind dabei stärker und mystischer, als beispielsweise die der Halbwelt oder die im Diesseits anwendbaren. Die Kräfte des Diesseits können also in allen Zonen eingesetzt werden. Die der Halbwelt in der Halbwelt und den Jagdgründen. Die der Jagdgründe nur in der gleichnamigen Zone.
So kann sich das Rabenmädchen, ein Agententyp der Ravenfall Union, im Diesseits mittels ihres Mechanischen Unionsgürtels beispielsweise eine zusätzliche Aktion verschaffen, während sie in den Jagdgründen die Geisterform annimmt und sich in Gegnern materialisieren kann, die sie dadurch aufplatzen lässt (birgt allerdings auch das Risiko dabei selbst draufzugehen). Es gibt keine separaten Magieregeln. Alle Fähigkeiten ob Spezialkräfte oder quasimagische Effekte werden mit dem gleichen Mechanismus eingesetzt und als Spezialfähigkeit angesehen. Die Charaktere beherrschen also eher einzelne Zauber als eine Magieschule.
Das muß sich zeigen, ob es - vor allem mit dem Kartenmechanismus zur Erfolgsbestimmung - glatt genug läuft, liest sich aber schon mal durchaus reizvoll.
Meine Sicht nach dieser doch etwas mehr Klarheit schaffenden System-Kurzpräsentation:
Doomstone hat vornehmlich im Setting viel von Deadlands übernommen. Das ist schade, aber nicht jeder hat es halt drauf ein eigenständiges, inspirierendes Setting selbst von Grund auf zu entwickeln. Da liegt es nahe sich bei den BESTEN zu "bedienen".
Das Regelsystem von Doomstone ist hingegen überhaupt nicht mit Deadlands Classic verwandt. Das Texas-Hold'em-Pokersystem ist zwar auch schon bei Deadlands: Reloaded für die Duell-Regeln verwandt worden, aber es ist ein so gängiges Pokersystem, daß ich hier keine Deadlands-spezifische Belegung sehe. - Das System mit dem Bieten und Mitgehen hat durchaus seinen Reiz. Wenn es sich im Spiel nicht als - wie von mir befürchtet - sehr langsam und langwierig in der Abwicklung von Handlungen erweist, dann könnte das etwas sein, daß ich auch gerne mal spielen würde. Stimmungstragend ist solch ein Kartensystem mit Chips-Setzen allemal.
Ich sehe daher aktuell die Alleinstellungsmerkmale bei Doomstone eher im Regelsystem und weniger im Setting.
Manche im NS-Forum haben ja geschrieben, daß sie das Deadlands-Setting zwar mögen würden, aber nicht die Deadlands-Regeln. Dabei blieb unklar, ob sie die Deadlands Classic Regeln, die Deadlands: Reloaded Regeln, die Deadlands D20 Regeln , die GURPS Deadlands-Regeln oder andere Deadlands-Regeladaptionen wie FUDGE Deadlands nicht mögen. - Es gibt ja vier offizielle Regeladaptionen von Deadlands, die für sehr unterschiedliche Regel-Geschmäcker etwas bieten.
Wenn das Doomstone-Regelsystem etwas taugen sollte, dann wäre eine Conversion des Deadlands-Settings denkbar (wenn auch ein Herkules-Akt an Aufwand). Dazu bräuchte man natürlich die Deadlands-Quellenbände, was bedeutet, daß sich Uhrwerk/Spielzeit! auch über einen neuen Bedarf daran freuen könnte.
Mit dem Mehr an Information sehe ich Doomstone zwar immer noch als Setting-"Paint-Job", aber ich bin neugierig auf das Regelsystem. Und das ist doch schon mal was!