AW: Maskerade vs. Requiem
Hmm, also das meintest du mit...
Genau
Persönlichen Horror halte ich für total unabhängig vom System. Das ist eine Frage in wie weit man auf seine Spieler eingeht.
Soweit korrekt. Genau wie Humor. Und Spannung. ABER: Es gibt Systeme die Unterstützen dich bei deinem Unterfangen und welche die behindern dich eher dabei. Ein genügend begnadeter SL macht aus "Toon" einen Horrorschocker, aber dass System an sich ist eher zum lachen. Genauso kann man aus Hârnmaster etwas lustiges machen. Aber es eignet sich nicht wirklich dafür.
Das Problem mit Maskerade ist da weniger plakativ, aber dazu kommt das das System nach eigenem Selbstverständnis dazu geeignet sein soll. Ist es aber nicht wirklich. Die Welt steuert auf eine Apokalypse zu, das Regelwerk ergeht sich in erster Linie darin wie geil es doch ist Vampir zu sein und das Grauen ein Monster zu sein findet sich unter den ganzen Pfaden sowieso nicht mehr wieder.
Örtliche Intrigen hatten wie glaube ich vor 20-25 Seiten schonmal diskutiert. Requiem hat mehr Bünde, Maskerade hat mehr Clans war glaube ich das Ergebnis.
Auch hier gilt: Klar KANN man das mit Maskerade. Aber beim Hintergrund as written ist Maskerade eher global. Requiem bietet eine Paralellgesellschaft einer Stadt und auch NUR einer Stadt.
Für mich persönlich spielt dieses Persönliche Horror Element keine so große Rolle, weil es im Gruppenspiel mit 4-5 Leuten nur selten Zeit dafür gibt, eine Charakter rauszunehmen und 1-2 h seinen Schmerz und seine Leiden zu rekapitulieren.
Hmpf. Da kann ich natürlich schwer gegen argumentieren. Natürlich saugt sowas ganz unglaublich. Ausschlaggebend ist da auch eher Stimmung und Atmossphäre des Spiels. Requiem ist herrlich schwermütig und wehmütig. Für mich ist das eben das, was den "Gothic" Horror ausmacht.
Würde mich aber schon interessieren, wieso das Requiem besser unterstützt.
Persönlicher Horror: Es gibt nur Menschlichkeit, keine Pfade. Nichts was dich ablenkt, nichts durch das du dich selbst betrügen kannst. Tust du was Vampire tun geht es langsam aber sicher den Pfad bergab. Virtues/Vices belohnen das sogar Regeltechnisch - Lass deinem Zorn freien lauf, besauf dich Hemmungslos, tu was dir Spaß macht, pfeif auf die Konsequenzen und du bekommst dafür sogar noch etwas. Es gibt im Hintergrund keine Rettung, keine Erlösung (Wie Pfade) - es gibt nur die (vagen) Heilsversprechen zweier Bünde die mehr als nur eine Schraube locker haben. Du brauchst Blut. Und zwar echtes Blut. Wenn du Macht willst, dann auch machtvolles Blut. Du MUSST töten. Du kannst nicht mehr von Ratten leben, wie bei Maskerade, du brauchst schlußendlich das Blut anderer Vampire. Du bist allein. Du bist kein soziales Wesen, du bist ein Raubtier. Du tötest andere, du gerätst in Raserei bei der leisesten Provokation und wenn du andere deiner Art nur SIEHST überkommt dich der Zorn.
Das perfideste ist aber: Du kannst als Mensch durchgehen. Ein oft unterschätzer Punkt von Requiem ist der, das man sein Leben weiterführen KANN wenn man es will. Man fällt nicht unbedingt auf. Man kann Sex haben. Richtigen. Man kann essen, trinken, Körperwärme haben. Nur vor Spiegeln sollte man sich HÜTEN. Aber man ist eine Gefahr für jeden Menschen an dem man hängt.
Die Möglichkeiten sind hier weitaus höher als bei Maskerade - es sind nur Dinge dazu gekommen, keine Weggefallen. Die Erfahrung lehrt mich: Mehr Möglichkeiten für Plots = besser.
Intrigen: Bei Maskerade leben die Städte in einem wunderbaren Netz der Ruhe vor sich hin. Die Prinzen herrschen mit eiserner Faust, die Camarilla hält schützend die Hand darüber. Wird jemandem das Gastrecht verwehrt? Ein Archont ist da. Stürzt ein Prinz? Da rafft sich möglicherweise gleich der Justikar selbst auf. Ein Prinz, eine Stadt - keine Variantionen in der Camarilla. Innerhalb haben sich die Clans zusätzlich noch an etwas das wie "globale Clanspolitik" wirkt zu halten. Das muss man natürlich nicht so machen, ist aber mal wieder as written.
Bei Requiem (und in etwas anderer Form bei der frühen 2nd Edition, die im Feeling viel näher an Requiem als an der 3rd ist) gibt es keine globale Politik. Es gibt nur den Glauben und die Flagge der einzelnen. Wenn in EastMcBloodtown die Lancea Sancta den Ordo Dracul jagt, haben sie in in WestMcBloodtown möglicherweise eine Allianz. Die Bünde geben dem einzelnen eine Identität, mehr als es die Clans jemals konnten. Da keine Archonten dauernd aufkreuzen kann hier der SC auch etwas in der Politik erreichen. Neugeborene können zu Fürsten werden, Alter ist keine Errungenschaft mehr, was zählt ist Cleverness und die richtigen Allianzen. Ich gebe zu das der Punkt sehr schwammig ist - Maskerade konnte das eigentlich AUCH, aber aus den Clans wurden allzu schnell Studentenverbindungen. In dem man aus der Not in Requiem eine Tugend machte (durch die Bünde) erlaubt Requiem ein dichteres Netz ohne unglaubwürdig zu werden. Die Lancea Sancta kann man verraten. Die Tremere nicht. Den Bund kann man nämlich wechseln, das Blut niemals.
Horror: "THE OLDEST and strongest emotion of mankind is fear, and the oldest and strongest kind of fear is fear of the unknown." - H.P. Lovecraft.
Nachdem ich den armen Mann für meine persönlichen Zwecke zitiert habe - Maskerade hat eine schwer beackerte Welt. Es gibt einen Metaphysischen Überbau. Die Kainsgeschichte zweifelt offplay eigentlich keiner an, sie wird durch die Regeln gestützt. Man weiß wie Magie funktioniert, es gibt wissenschaftliche Abhandlungen über Disziplinen, die Giovanni haben Geister erforscht. Es gibt ganz wenig unbekanntes und das bisschen DAS es gibt ist Lovecraft'scher unnennbarer Schrecken.
Requiem hat die Welt offen angelegt. Es gibt VII über die man NICHTS weiß. Es gibt Belial's Brut über die man NICHTS weiß. Es gibt Geister über die man nur vage Gerüchte kennt. Gut, die Werwölfe haben leider ein eigenes Buch bekommen (Damals, in der 2nd, waren das noch Mördermaschinen die sich bei Vollmond verwandelten... hach). Die ganze Welt ist mysteriöser, kleiner, Unbekannter. Reist man 30 Meilen in die nächste Stadt könnte da schon wer weiß was herrschen. Man weiß es einfach nicht. Bei Maskerade war die Karte ja aufgeteilt - Im Osten Kue-Jinn, in Afrika Afrikanische Vampire, der Rest der Welt die Kainskinder.
Bei Requiem kann man noch gruselige Geistergeschichten machen. Bei Requiem kann man unbeschreibbare Dinge auftauchen lassen. Nichtmal der Kuss funktioniert immer. Maskerade hat zwar in den letzten Jahren VERSUCHT das Ruder herumzureissen, aber an sich war die Metaphysik so dermaßen festgeschrieben...
Darum gewinnt Requiem in allen 3 Kernpunkten des Vampirspiels. Beim Rest darf Maskerade gerne besser sein, das Spiel verliert es trotzdem