AW: Heredium
Inhaltlich hab ich erst die ersten 50 Seiten, was ich bisher gelesen habe gefällt mir aber gut.
Weichei. Geh mir aus den Augen.
Ahem.
Nachdem ich mir das Buch inzwischen zu Gemüte geführt habe (schön dran denken: Silver hat den Vorteil "Schnellleser" auf Maximalstufe
), kommen wir hier zur Ultrakurzzusammenfassung. Die ist ähnlich wie das Buch etwas voluminöser ausgefallen als ursprünglich geplant.
Das System hat sich nicht geändert. Basis ist immer noch (Attribut)W6 + Skill (das von 1-16 rangiert). Die meisten Proben werden wohl gegen Widerstand ausgeführt werden, es gibt aber auch eine Tabelle mit fixen Schwierigkeitsstufen.
Charaktererschaffung ist entweder Archetypbasierend (wenn's schnell gehen muß) oder ein einfaches Point-Buy-System; ähnlich wie bei SR vermitteln die Archetypen einen brauchbaren Eindruck, was im Setting so alles möglich ist.
Es gibt 5 "Völker" (nennen wir's einfach mal so...).
Die Nordallianz ist die unheilige Mischung aus Militär, Kirche und Industrie in ihren unappetitlichsten Erscheinungsformen; gleichzeitig auch die größte (und de facto erfolgreichste) Fraktion. Die Führungsriege hat eine gewisse "alles MEINS!"-Mentalität, die sich in der Vorgehensweise der Allianz niederschlägt...keine Guten Nachbarn, und sehr darauf bedacht die anderen Parteien entweder auszurotten oder zu unterbuttern. Optisch ist das ganze eine Mischung aus totalitärem Protz, gepaart mit gnadenlosem Kapitalismus und Religiosität der Marke "spanische Inquisition".
Die eigentlichen Bürger allerdings sind eher "normale" Zeitgenossen, problematisch werden die indoktriniertren Mitglieder der Kirche sowie das Führungspersonal; diese sind was Crossover angeht eher mit Vorsicht zu geniessen.
Das spezielle Leckerli der Nordallianz ist Ektoware, die im Vergleich zum Lightregelwerk nur noch aus einem leichten Exoskelett mit einer Unzahl an möglichen Bonusmodulen besteht. Power Armor, mit allem was dazugehört.
Dann haben wir die Hezekieliten. Diese Jungs und Mädels sind die "Abfallprodukte" eines Militärischen Nanotechnologie-Forschungsprogrammes, und bilden eine Art wassernahe Theokratie mit humanistischem Touch. Hezekieliten haben massive Probleme mit Technik (ihre körpereigenen Naniten lehnen das Zeug unter Todesstrafe ab...) und betreiben daher eine eher primitive Kultur, die sich primär von Ackerbau und Fischfang ernährt. Die Nanitenkräfte verleihen ihnen einiges an Kampfkraft sowie eine Dominanz über recht gefährliche Meereslebewesen. Hezekieliten sind tiefreligiös und davon überzeugt, das der Ursprung ihrer Macht in ihrem Glauben liegt. Leider sind sie extrem Missionarisch, und wer ihnen Quer kommt wird entweder von irgendwelchen bissigen Fischen verputzt oder von ihrer Kriegerkaste durch den Fleischwolf gedreht. Individuen sind verträglicher, aber der Overmind...öh, die Gesamtgesellschaft vertritt das Motto "konvertier oder stirb".
Das Leckerli der Hezekieliten sind ihre Nanitenkräfte.
Als nächsten haben wir die Bier-und-Partyfraktion, Raging Bull. Raging Bull kontrolliert die Meere; sie verfügen über eine funktionierende Schiffsflotte, vermieten Söldner, verticken erbeutete Gegenstände und Personen, und nehmen sich generell alles was nicht angenagelt ist oder sich verbissen wehrt. Raging Bull unterhält Geschäftsbeziehungen nach Temora (kommt noch) und zur Nordallianz. Die Hezekieliten sind beliebtes Ausflugsziel, das gleiche gilt für die Debellatoren.
Das Leckerli (oder auch nicht...) der Raging Bull sind Mutationen, bedingt durch ihr kontaminiertes Umfeld und ihre beschissene medizinische Versorgung. Die Mutationen sind eher "realistisch" gehalten; einen 3. Arm oder quietschbunte Tentakel hat keiner, aber Nickhäute, Kiemen und Knochensporne trifft man schon.
Die Debellatoren sind genetische Übermenschen mit PSI-Kräften; da der Rest der Menschheit vor dem großen Knall beschlossen hatte, sie auszurotten sind sie auf normale Menschen nicht besonders gut zu sprechen (allerdings sind sie eher gemäßigt und durchaus Kooperationsbereit, wenn man sich ihren Ideologien anschließt). Debellatoren leben eher Naturverbunden und sind zurückhaltend beim Umgang mit der Technik, da sie diese indirekt mit dem Untergang in Verbindung bringen.
Auch hier sind die Beziehungen zu den anderen Gruppen eher problematisch. Die Debellatoren hassen die Nordallianz wie die Pest, und betrachten die restlichen Gruppierungen mit Argwohn. Auch hier gilt das die Individuen massiv abweichen, aber Gnatsch mit der Allianz ist quasi vorprogrammiert.
Das Bonusleckerli der Debellatoren sind ihre PSI-Kräfte; auch hier ist eher maßvolles Understatement angesagt, man verfolgt eher klassische Pfade wie Telepathie und Telekinese.
Zuguterletzt haben wir noch Temora, die Hochburg längst verloren geglaubter Technologie. Temora besteht zum größten Teil aus einer nahezu überfüllten Kuppelstadt mit 8 Millionen Einwohnern, die von einem knappen Dutzend verschiedener Verbrechersyndikate regiert wird. In Temora tobt tatsächlich noch der Cyberpunk (mit asiatischem Einschlag, aber ohne geile Motorräder). Temoraner haben eine relaxte Einstellungen zu den anderen Gruppierungen und unterhalten rege Handelsbeziehungen mit der Nordallianz und den Raging Bull. Debellatoren werden als Mysterium angesehen, und Hezekieliten toleriert, solange sie die Finger von der Küste lassen. Sollte man Temora provozieren, so muß man feststellen das es bis an die Zähne mit übelsten Hi-Techkanonen bewaffnet ist.
Das Leckerli von Temora sind die exquisiten Designerdrogen, die man dort für seinen Körper maßschneidern lassen kann (ebenso wie eine zuverlässige Versorgung mit
Nutten und Koks High-Techspielzeugen und passender Munition).
Darüberhinaus werden noch einige Randgruppen vorgestellt; viele davon sind als durchaus spielbar einzustufen (z.B. die NRAF, eine Rebellenorganisation innerhalb der Nordallianz), andere wiederum sind reines NSC-Material/Kanonenfutter (z.B. die wild um sich kastrierenden religiösen Irren aus Ex-Italien, oder diverse Kannibalengruppierungen).
Das Kampfsystem ist weitgehend unverändert geblieben. Jeder Charakter hat 2 Trefferpunktepools, Vitalität (Kratzer und Beulen) und Substanz (schwerwiegende Verletzungen). Schaden wird zuerst von der Vitalität abgezogen, wenn die Leer ist geht es mit der Substanz weiter. Sollte die auch ausgehen, geht es mit der Charakterneuerschaffung weiter.
Die Verteidigungswerte sind statisch, allerdings kann man seine Aktionen dazu verwenden eine aktive Verteidigung durchzuführen. Die Differenz zwischen Angriff und Verteidigung, plus ein von der Waffen abhängiger Fixwert, ist der angerichtete Schaden, von dem die Rüstung abgezogen wird.
Einige Änderung gegenüber den Lightregeln gibt es: Bei einigen Nahkampfwaffen wird die Differenz zwischen Angriff und Verteidigung verdoppelt, bevor der Waffenschaden addiert wird. Inwieweit sich das auf die Balance auswirkt, wird erst ein Praxistest zeigen.
Ebenso sind Rüstungen der Einfachheit halber nur noch als "ganzes" zu bekommen, und nicht mehr nach Trefferzone aufgeteilt; ebenso ist die Rüstungsbehinderung nun ein konstanter Malus auf alle Aktionen.
Einige Modifikatoren (Schiessen bei strömendem Regen und absoluter Dunkelheit z.B.) und Spezialmanöver (entwaffnen, gezielte Angriffe) runden das ganze System ab.
Das Ausrüstungskapitel ist zwar recht gut bestückt, die Nutzung des Platzes allerdings ist eigenartig; die Waffen sind alle bebildert, besitzen aber keinen Beschreibungstext, was in einigen Einzelfällen für Verwirrung sorgen kann. Die verschiedenen Rüstungstypen sind alle beschrieben, ebenso wie die Grundlegenden Energiewaffentypen. Von 8 Typen Sprengstoff hingegen wird nur ein Typ näher beschrieben. Auch finden sich 8 verschiedene Munitionstypen für Schrotflinten...aber auf 4 Seiten Waffen findet sich exakt eine, die Schrotmunition verschiesst. (Zu allem Überfluss hat die auch nur 2 Schuss...willkommen in der Postapokalypse, die Pump-Action ist wohl mit Untergegangen...
).
Das größte Ärgernis hier findet sich allerdings beim Umgang mit Kollateralschäden: Es existieren keine konkrete Hinweise auf die Schadenskapazität von Hindernissen und Gebäuden. Deckung wird im Kampfsystem als unzerstörbar behandelt und gibt je nach Abdeckung des Ziels massive Abzüge auf den Trefferwurf.
Es gibt eine kurze Liste mit Fahrzeugtypen, aber keine Regeln dafür; sehr ärgerlich in Verbindung mit dem obigen Umstand. Alles was größer ist als ein Charakter ist in seiner Stabilität und Nutzbarkeit von der Spielleiterwillkür abhängig. Beim angepeilten Fokus des Spiels sicher verschmerzbar, dennoch ärgerlich.
Nachdem wir die Schwächen des Systems kräftig bearbeitet haben, kommen wir nun zu den angenehmeren Seiten: Es existiert eine hervorragende Weltbeschreibung, ein sehr amüsantes Bestiarium (plus einen "Laborbericht" mit Anregungen, was die possierlichen Racker da draußen so alles an "Extras" von Mutter Natur dazubekommen haben), einige Beispielcharaktere sowie Statblöcke für 08/15 Standardkanonenfutter. Ein Einstiegsabenteuer rundet das Ganze ab. Die Welt ist wärmer geworden, die Viecher bissiger, und die Landmasse weniger. Und der Mond sieht nicht mehr ganz so romantisch aus, aber bei all den blutsaugenden Riesenfledermäusen fällt das den frischverliebten nicht so sehr auf.
Die Steigerung von Charakteren erfolgt wie gewohnt: Man erhält Erfahrungspunkte, mit denen man seine Attribute steigern, Fertigkeiten verbessern oder neue Vorzüge erwerben kann. Der Charakterfortschritt geht recht flott voran, alle 1-2 Sitzungen sollte sich ein Aspekt des Charakters verbessern lassen.
Zuguterletzt findet sich noch ein neues Charakterblatt im Buch, DAS NOCH NICHT ALS DOWNLOAD BEREITSTEHT! Riesensauerei, wir hoffen auf baldige Nachbesserung der Autorenschaft. :motz:
Fazit: Besser als zuerst in diesem Thread befürchtet. Die Fraktionen sind in den meisten Fällen nicht "Kill on Sight" und decken intern eine Menge Standpunkte ab. Die Apokalypse ist nachvollziehbar und erst 10 Jahre her, was bedeutet das die Charaktere sich noch an die Zeit "davor" erinnern werden. Die Grundstimmung ist "ÜBERLEBEN!", gefolgt von "es gibt viel zu tun, packen wirs an/legen wir's um". Kein Mimimi, kein Gejammere, hier spielt die Evolution mit harten Bandagen und die Menscheit spielt dagegen. So macht der große Knall Laune.
Ansonsten solide Arbeit, mit einem für deutsche Verhältnisse sehr "leichten" Regelsystem und sauberem Artwork.
Anregungen für die Zukunft:
Regeln um Dinge kaputtzumachen (und nicht nur Lebewesen), oder zumindest einen Anhaltspunkt wieviel Schaden man denn nun anrichten muß, bevor das Auto auseinanderfällt wären hilfreich.
Mehr Viecher und Ortsbeschreibungen von kleineren Orten wären auch sehr nett, das GRW konzentriert sich fast nur auf auf die "Hauptstädte".
Zuguterletzt noch ein "wie läuft der Tag eines typischen Bewohners von XYZ ab". Das GRW gibt brauchbare Anregungen, aber die Freizeitgestaltung des "Normalbürgers" bleibt ein wenig unklar.
-Silver,
geht jetzt ins Bett.