AW: Dreckiges Aventurien - ein etwas anderer Spielansatz
Introtext
21. Peraine 1024
(AU aller Helden um 30 Punkte und LE um je 2 Punkte reduzieren)
Schmerz ist die einzige Empfindung, die euern müden Geist noch erreicht. Dabei ist es noch nicht einmal Praiosstunde.
Gleich in den frühen Morgenstunden seid ihr aufgebrochen, mit dem alten Gribow auf seinem Floß über den reissenden Bornstrom. Nimmer hättet ihr gedacht, wie wild Vater Born ist. Wohl saht ihr es hier und da schäumen, wohl taumelten, da ihr in Hulga am Ufer standet Baumtrümmer durch hohe Wasser – doch wie schlimm der Born wütet, wurde euch erst auf dem Wasser klar. Und warum euch der Gribow wie euer Packzeug festgeseilt hat mit Arm und Fuß und Leib.
“Glaubt’s nur net, dass ihr’s euch besser halten kinnst als der Ledersack da” hat der Alte gelacht durch seinen zahnlosen Mund, und mit diesem leicht irren Funkeln in den Augen hat er vorm Abstoßen Vater Born und Herrn Efferd ins Gesicht gelacht, hat gscherzt mit ihnen, dass er ja wisse, dass sein nasses Grab auf ihn warte, aber er wolle heuer doch noch ein Bier im Hangemann trinken, der Gaststube im Hamkeln, dem Städtchen jenseits des Wassers.
Ihr habt euch angesehen und nichts Gutes befürchtet. Dann traf euch die Strömung wie der grimme Fausthieb des Efferd selbst.
Das Floß drehte sich, wurde gewirbelt wie irr. Wasser schlug über die dicken Stämme, tunkte das Floß bald einen Meter unter, um es hernach auszuspeien. Wie irre lachte der Alte Fährmann, stieß sein Ruder in die Flut, unterdessen sich die Seile tiefer und tiefer in eure Haut gruben – und eure Fingernägel ins rissige Holz.
Ihr wisst nimmer, wie lange ihr geschaukelt seid. Hörtet den Alten fluchen, wenn eine Strömung ihn wieder weg vom Ufer brachte, auf die rasende Mitte des Born zurück. Bei Boronje riss das Seil, und mit aller Gewalt musste sie sich festklammern, und der Arve hätt sie bald nicht halten können, und auch ihm wurde grün um die Nase bei dem Toben des Bornstroms.
Als ihr endlich drüben ward, da habt ihr die Zwölfe gelobt und das nasse kalte Gras geküsst. Habt euch die Wunden besehen, die die Seile in eure Gelenke getrieben haben, habt das Blut abgewischt und eure Blässuren versorgt.
Weitab hinab hat euch das Wasser getrieben, doch euer Ziel war nun vor euch: Die Bornstraße, ein gerades Werk aus festem Stein und hartem Kies, der euch viele Tage früher als die dürren märkischen Karrenwege nach Festum bringen würde.
Nach kurzer Rast habt ihr Abschied nehmen wollen vom Fährmann Gribow, doch der hat nur glacht und gesagt, dass das junge Volk sich wohl gedulden müsste. Wie solle, ein armer Mann, sein Floß wohl heil nach Hamkeln bringen? Solle er etwa rudern gegen den Born?
Und so habt ihr das Floß genommen an den Enden, und seid nun nach Stund um Stund die Bornstraß lang hinaufgegangen, firuinwärts, weg von Festum, zurück nach Hankeln auf gleicher Höhe von Hulga.
Begegnet ist euch niemand. Die Äcker noch unbestellt, der aufkommende Regen und kalte Wind der einzige Begleiter. Immer schwerer wurde das Floß, aus 14 schlanken Stämmen gefertigt, und immer häufiger habt ihr absetzen müssen, unterdessen der Gribow euch drängte euch zu sputen, ers ziehe gewiss ein Unwetter auf.
Wie oft seid ihr am schlammigen Rand der Bornstraße ausgeglitten, weil nicht alle auf den Weg passten. Wie oft hat sich das Floß bald hierhin, bald dahin abgesenkt, weil einer nicht mehr konnte. Wie oft habt ihr euer Gepäck auf dem Floß beneidet, dass so sanft und scheinbar leicht den Weg entlang getragen wird.
Eure Hände sind mit Stoffstriemen umwickelt, und doch fühlt ihr das Blut zwischen euren Fingern fließen. Eure Füße sind schwer, eure Beine schmerzen und euer Rücken scheint euch schier umzubringen. Doch nimmer weit! Schon seht ihr im dichter werdenden Regen das Tor von Hamkeln auftauchen, ein altes Tor aus grauem Stein, und über der Stadt der Turm einer Burg.
Ihr setzt das Floß in den morastigen Vorplatz, unterdessen Gribow zum Tore geht und mit seinem Ruder dagegenschlägt. Drei, vier, fünf Mal ruft er, ehe ein Gesicht über der Zinne erscheint und hinabruft. Die Wache scheint Gribow zu kennen, lacht, was er denn noch immer außerhalb Efferds Grab mache, lässt euch aber ein.
Da ihr das Torhaus durchquert, seht ihr erst die Spuren im Gemäuer. Schartige Wunden. Flecken von Brandöl. Und die Schäden im Holz des Stadttores, das mehr schlecht als recht geflickt worden ist.
“Ist die Stadt im Urielssturm genommen worden?” fragt ihr denn Gribow, als ihr die Straße vom Tor zum Kai hinabgeht, vorbei an manch lererem Haus, an mancher Ruine, und manchem vergangenen Glanz.
“Ach, was denksts denn ihr? Der Urielssturm, des weiß ein jeder doch, der ist am Meer langgangen, im Süden. Dies hier ist doch die Bornstraß‘, und die war wohl der Grund, dass die Geflügelten zur Stelle waren, als die Schlacht vor Vallusa war. Müsst’s wissen, dass die Bornstraß geht von Festum nauch nach Ilmenstein, und von dort sin de Soldaten kommen, wo haben dem Uriel sein Herr geschlagen.”
Boronje senkt den Kopf grübelnd. Immer hat’s geheißen, dass das Land jenseits des Borns, das Festenland halt, im Herzen des Adelskrieges stand. Eine Karte hätte sie sich gewünscht nachzusehen, wo nun die Schlachten waren, die der Alte weiter erzählt. Die Plünderung Trallskys, und wie die Urielschen Neersand einnehmen wollten und es doch ließen, um im Gewaltmarsch schnell gen Festum zu stürmen, nur um es dann doch nicht anzugreifen.
“Nein, Kindchen, was hier gwütet hat war nach dem Krieg. Müsst wissen, es gab einen unter Uriels Vasallen, dessen Herz war so schwarz, dass gar die Warzensau selbst Angst hat ghabt von ihm. Aus dem fernsten Osten Seweriens kam der. Gleich zu Beginn. Und hat dem feisten Uriel seine Klinge angeboten. Aus einem Land so karg und schwarz wie die Hölle, und mit einer Pforte dahin mittendrin.”
Der Alte beugt sich verschwörerisch hinab, blickt sich nochmals um, dass ja keiner ihn hört.
“Grimjev heisst der Schwarze Mann, der unterm Dämonernbanner ritt und der Schlacht vor Vallusa entkam. Der Hamkeln mit seinen Schlagetots belagerte. Und fast die Burg einnahm. Grimjev von Nagrakoje, Graf des letzten Menschenorts vor der Klamm, in der der Nagrach entspringt”.
Ihr seid am Kai. Gribow heisst euch das Floß abzusetzen. So schnell eure müden Beine es noch vermögen lauft ihr in den Schutz eines Regendachs aus rissigem Leder, das vor einer Art kleinem Lagerschuppen hängt. Dort setzt ihr euch nieder, versucht euren Atem zu finden.
Gribow hockt sich nieder.
“De schwarze Graf und seine Mannen sind net lange blieben, ehe die Ilmensteiner kamen. Aber wie haben sie hier gewütet. Der alte Herr auf Burg Valkenstein” – und damit deutet er hinauf zum Burgturm, oder eher der Turmburg, denn diese scheint nur aus dem breiten, hohen Turm zu bestehen – “hat sich von der obersten Zinne in den Tod gestürzt, als er gsehen hat, was man Hamkeln angetan hat. Und auch die Ilmensteiner, trotzdem ums Doppelte überlegen in der Zahl, habens nur geschafft, den Schwarzen zu vertreiben, zu versprengen seine Leut in die Wälder hier, wo er wie man sagt noch immer lauert.” (leiser, vorgelehnt) “Einige Leutz hier wollen gar wissen, der Graf von Nagrakoje sei tot gewesen. Und dennoch reitet er um.”
Gribow setzt sich wieder auf, klopft sich auf die Schenkel und sagt – viel lauter, als es nötig wäre – “WOHL, keine Zeit zu verplempern. Ich muss nach dem Floß sehen, und ihr wollt bestimmt was Warmes in den Bauch, und was starkes dazu.”
Und er beschreibt euch den Weg zum Gasthof Hangemann, wo ihr für wenig Geld einen sicheren Platz ztum Schlafen, etwas kräftiges zu essen und mit etwas Beistand von Phex (dem sich Gribow scheints näher fühlt als Efferd) auch einen Pfeffersack auf dem Weg nach Festum findet.
Er komme dann später nach, sobald er das Nötigste am Floß gemacht habe und nach Ossjev gesehen habe. Und dabei deutet er durch den Schleier des Regens auf eine kauernde Gestalt auf der anderen Seite des Platzes, die vor einer ärmlichen Hütte hockt und scheints in aller Ruhe mittem im Regen Netze knüpft. Bei eurem ungläubigen Blick lacht Gribow auf, und sagt:
“Jaja, ihr jungen Leutz. Kennt eich ein Beispiel nehmen an uns Alten. Kein Wetter und kein Wind nich können Ossjew davon abhalten, nach den Netzen zu sehen. Er ist allweil immer hier, wann ich kumm, den wirft nix um, selbst Herre Boron nich!” Und schnalzend wendet er sich um und geht in Richtung Floß, dem Fischer – Ossjev? – eine Begrüßung zurufend.
Ihr aber schultert euer Zeug, bedauert, dass eure Reittiere in Hulga bleiben mussten, und mit noch immer schmerzenden Gliedern macht ihr euch auf, den Hangemann zu finden.
Die Legende vom Nagrakojer
Nun gut. Ihr wollt die Geschicht vom Nagrakojer hörn, den man hiesig auch den Blutgraf heisst. Ich werd’s euch erzählen. Denn wisst’s, ich war dabei, bei der Schlacht um Hamkeln, im grimmen Boron des Jahres 1021.
Euch Märkern sei’s gsagt, dass wir es hier im Festenlande mit der Leuin halten vor allem, wie’s schon die Herren vom Theater in Arivor taten. Ein Land von Burgen und Festen sind wir, von Knappen und Kämpen, und wo man den sewerischen Bauren wie einen Hasen weglaufen sieht, da holt der Festenländer Vaters Klinge hervor und gibt dem Feind was auf die Nase. So war’s alleweil und wird allzeit so sein.
(Wohl Wohl!)
Das ist hier net das arme Sewerien, oder die karge Mark, s’ist das Festenland, das Herz vom Bornereich, und wo immer man in den Liedern einen Heldenkämpen besingt, da kommt er aus dem großen Festenlande.
(Der Krämer: “Ja, sieht man mal vom Bären der Mark und der Adelsmarschallin Thesia ab, was?” Gelächter, er alleine.)
Hört’s zu Pfeffersack, kannst dich gleich auf der Straße wiederfinden. Wir lassen uns nicht von euch verulken, ebensowenig wie wir uns vom Norbarden über’s Ohr hauen lassen, dem elenden Diebesgesindel. Wer uns spottet, den jagen mer davon, oder knüpfen ihn gleich auf, dass ihr’s nur gleich wisst, da sei mein Leuineid drauf!
(Beruhigende Worte vom Wirt, Bitte fortzufahren, Krämer brummelnd).
Also. Als der Ruf zu den Waffen durchs Land erscholl, da haben viele im Festenlande Schild und Schwert geschnürt. Ja, hier in Hamkeln hat der Baron, der alte meine ich, Praijev von Hamkeln, nicht der verzärtelte Leuenteich, der wo jetzt auf Valkenstein hockt, die Bauren und Handwerksleut mit der Gerte zurück in die Stadt treiben müssen, dass die nit alle mitgehen!
Aber viele waren gegangen zu kämpfen, und die Ufer der Tobimora, die Steine der Trollpforte und die Vallusischen Weiden sind getränkt vom Blute vieler braver Hamkelner Kämpen, die für Leuin und Reich – für euch alle, auch euch Märkische, verdammt – ihr Leben lassen haben.
Wir hier fühlten uns sicher. Die Kämpfe tobten entlang der Küste, alle hatten dacht, dass Festum das Ziel der Plünderer und Mordbrenner sei – fei, den Pfeffersäcken hätts mancher ja noch gönnt, bei der Leuin – aber dann zog das Heer weiter gen Vallusa, und des ist dem Festenland so fern, dass wir schon dachten, es ginge an uns vorbei.
Aber nein.
Einen Heerführer gab’s in den Reihen der sewerschen Sau, der war noch verschlagner und böser als der Notmärker selbst. Graf Grimjev von Nagrakoje. De Blutgraf. De Schädelbronnjar. De Schwarze Jäger. Er hat die Zeichen im Wind über Vallusa früh erkennt, und trotzdem er böse ist wie die Nacht, hat er sein Leben net für den... (leise) Bethanier riskieren mögen.
Aus der wogenden Schlacht ist er ab, aber net gen Süden wie die anderen Schlagetots, sondern zurück ins Bornsche.
Vielleicht hat er denkt, mei, wo so viele tot gangen sind aus dem Borneland, und grad des Festenlands, da müsst man sich ein feines Reich bauen können. Vielleicht hat er auch soll’n eine schwarze Feste schaffen an der Bornstraß, um den Zug der Ilmensteiner und anderen Bronnjaren abzuschlagen. Vielleicht hat er auch was wollen aus Valkenstein, er und sein Schwarzhexer Meriban (KL!), den wo er aus Nagrakoje mitbracht hat.
Meriban? Ja freilich, ein übler Bursche. Ein Tulamid sei er sagen einge, ein Diener der Dämonenfeste an der Nachtsee oder ein Al’Anfaner gar sagen andre. Was ich glaub, ist des der von Maraskan kommt, wo der Bethanier naufkrochen ist und seinen Zug begonnen hat. Das Inselreich der Ungläubigen ist doch eh ein Quell des Bösen gewesen, immer schon, mit dem ganzen Hexerzeug was da rumkriecht, bei der Leuin un Herrn Praios. Aber lasst mich weitererzählen, zu jenem Schurken komme ich noch.
Jedenfalls kam sein Heerzug einer kalten Nacht die Bornstraß rauf. Wie lebende Schatten kamen sie, das Madamal war hinter Wolken verkrochen, und ein elend kalter Regen fiel, grad so wie heut, und der Wind sang ein Totenlied in den Wäldern.
Ich stand auf dem Torhaus, mit meinen Waffenbriedern, dem starken Tulkje und dem roten Venja, drei Leut nur, und dazu 12 Wachen in der Stadt, und der Rest fern am Kämpfen gegen die Dämonenhorden.
Unsere Anrufe blieben unerhört. Schweigend wie Boron kamen sie näher. Kein Glitzern von Waffen, kein Klimpern von Rüstteilen, denn alles war schwarz verkrustet vom Blut an ihrem Eisen. Nur ihr blakender Odem war zu sehen in der kalten Luft, als ob ein Nebel mit ihnen wandeln würde, oder die Feuer der Niederhöllen aus ihnen kommen wollten.
Wir riefen Alarm, und ich rannte nauf zum Baron, ihm Bescheid zu sagen und das Beinhorn zu stoßen, dass die Leute von Hulga unsre Not hören könnten und mit dem Kriegsboot, das dort vertäut ist, ans Ufer kämen. Uns zu schützen oder zu retten.
Als ich beim Baron ward, da war er bleich, denn er sah schon hinab in der Stadt das Morden. Geflügelte Schreckgestalten waren zu sehen, halb morgeile Aare, halb brünstige Huren, die stießen auf das Torhaus nab, unterdessen die ersten Sturmleitern hochkamen.
Das Beinhorn stieß ich, immer wieder, dann rannte ich hinab, um meinen Kameraden beizustehen. Leben oder Tod, das hat mich nicht gestört, und in mir hörte ich ein Grollen und Toben, dass mir heiß wurde, gleich als ob die Leuin in mein Blut gefahren wäre.
Doch unten, am Burgtor, da hat dieser fette Weibel, dieser elendge Büttel das Tor verschlossen. “Die Stadt ist schon verloren” schrie er “retten wir uns, die Leuin wird’s uns verzeihen, wir müssen ja da sein, dass das Banner net fällt an die Schwarzen”.
Ei, wie ist der gepurzelt, als ich ihn wegstieß. “Wohlan” schrie ich den Meinigen zu! “Wenn die Sach es will, dann soll es heut also sein. Aber wir verkriechen uns nicht, NIMMER!” und auf das Tor und raus waren wir. Und gut war’s!
Was immer in Hamkeln eine Waffe halten konnte, und sei’s ein Stumpen oder ein Stück Brennholz, es war auf den Beinen. Die Fischer bei die Boote, um die Kinder aufzunehmen, und andere beim Fliehen in den Valkenstein. Wir nach vorne, um den Unsrigen die Zeit zu kaufen, zu retten was zu retten ist, und unsere Zeche zu zahlen in Blut – aber dem Blut der Feinde, bei Rondra!
(Jubel)
Über unsren Schrei hinweg hallte das Bersten des Stadttors. Kein Rammen war da gewesen, kein Ächzen, nur dieser dumpfe Schlag, und dann war die Woge der Feinde heran. Ich schlug nach oben und unten, von links nach rechts. Stahl auf Stahl. Eisen in Fleisch. Der Kampf tobte Stunden. Immer wieder fanden Hamkelner Kämpen zusammen. Die Starken vor die Schwachen. Eilig gebaute Wehren. Die Spieße fertig – doch am Ende waren sie uns über.
Ich weiß noch, wie ich meine Hand verlor. Er war groß, größer als die anderen, und ritt auf einem Schwarzen Ross. Sein Rüstzeug war so fein wie das eines Edelmannes, aber schwarz und verworren gezeichnet, als sei der Lederer des Wahnsinns gewesen, der diese Muster gewoben hat. Vom Gesicht nichts zu sehen, nur der gehörnte Helm, einer unheiligen Fratze gleich, und das Brennen der Augen dahinter. Den alten Hossjaka ritt er nieder, spaltete seinen Schädel wie eine Zecke, dann war er bei mir.
Seinen ersten Hieb fing ich ab, aber brach in die Knie, als ob der Hieb von einem Troll geführt worden wär. Spaltete mir das Knie am Pflastersteine, doch gab nicht auf. Ich schrie ihm zu, er solle sich zurückscheren in die Hölle, aus der er gekommen, solange ich noch ein Schwert führen könne, werde er hier keine ernte halten.
(Schweigen, reibt den Stumpf, Träne, trinkt).
Er nahm mir die Schwerthand. Machte mich vom Recken zum Krüppel. Und verschloss mir der Leuin Hallen auf immer. Ich lag im faulen Stroh, im Kot der Schlacht. Der Gestank des Todes in der Nase, den Geschmack von Blut im Mund.
Ich sah mein Hamkeln brennen. Im Licht der Feuer sah ich die steinernen Ornamente des Valkenstein. Die Wasserspeier und Feuerfratzen, die gehörnten Gesichter mit den verborgenen Mordlöchern. Brennend Öl spien sie hinab auf die Feinde, und all lebend Volk war im Born oder im Valkenstein – nur ich war noch da, vergessen vom Kampf.
Und ich sah IHN. Den Hexer. Wie er seine Arme emporhob, ganz langsam, und die Fratzen der Burg ansang. Ein Ton wie Honig und faulendes Fleisch. Er buhlte die Gestalten, die steinernen Wächter des Valkenstein an.
Und ich sah einen, der ihm antwortete.
Zuerst dacht ich, der Kampfkoller wär über mir, aber dann sah ich deutlich, wie sich der große Wasserspeier am Haupttor zu regen begann. Schrecklich krachte es, als sein Flügel aus der Wand platzte, fürchterlich war das Knirschen, als er erst eine, dann die andere Pranke befreite, sich freiriss mit einer Macht, dass es den Valkenstein spaltete! 40 Schritt lang ist der Riss, könnt ihn euch selbst besehen!
Und wie er frei ist, da stürzt er hinab auf den Vorbau, wo die Verteidiger stehen, und es beginnt ein schauerliches Gemetzel, wie es schlimmer an der Tobimora auch nicht gewesen sein kann. Schwerter brechen. Speere splittern. Und seine Klauen reißen die Leiber entzwei wie die Gebetsrollen im Tempel, deren Verse keinen von uns beschwützt haben.
Und über dem Born sehe ich die Lichter von Hulga, die Fackeln der Leut, die am Ufer stehen, das lustig flatternde Wappen der Stadt, aber die märkischen Hunde tun NICHTS. Keine Hilfe, kein Boot. Keine Rettung.
(Schweigen)
Als der Herr Baron sich von der Zinne wirft, bin ich im Inneren schon gestorben. Und bin tot seitdem. Dass die Ilmensteiner kommen, habe ich gesehen, aber es war ja kein Herz mehr da, dass sich hätt freuen können.
Ich hört später, wie die schwarze Rotte zerschlagen wurde und in die Wälder floh. Und hört seitdem manches, was das närrische Volk sich so denkt, dass der Schädelbronnjar auf der Ruinenfeste Leuenteich haust oder gar im Stillen Korsigwacht erobert hätte, dass sein Hexenmeister ins Märkische gangen sei und dass der Wasserspeier nachts in Hamkeln umgeht.
Es ist mir auch wurscht. Das sind spinnerte Geschichtches.
Aber am 18. Boron des Jahres 1021 nach Bosparans Fall da tat sich hier, mitten in Hamkeln, das Maul der Hölle auf. Und holte sich meine Seele. Und nun harr ich hier nur noch auf den Tag, wo es seine schreckliche Fratze erneut zeigt, und bei der Leuin und meiner Schwerthand, dann steige ich hinab in diesen Rachen und hole sie mir zurück.
(Trinkt aus).