"Immer mit der Ruhe." seufzt sie, die Tiere müssen noch auf sie warten, denn mit ihren Maßnahmen zum Blutstillen ist sie noch nicht fertig. Ist sie denn tatsächlich die einzige, die sich überhaupt damit beschäftigt? Na toll... da ist sie, die Gangrel die unbedingt hineinstürmen und Fomorer zerfetzen wollte, und alle anderen ziehen an ihr vorbei zur Front weil sie die Menschen verbindet. Dass den Kuß jemand sieht, braucht Delilah wohl nicht zu befürchten... sie ist schließlich unsichtbar und auch Meyye wird davon etwas überrumpelt. Sie blinzelt in die gestaltlose Dunkelheit. "Okay... du auch. Und wenn du Ärger hast... ruf mich." sagt sie ihr.
Wahrscheinlich hätte sie sich nicht so von den anderen ablenken lassen sollen... als der Mann, an dem sie gerade zugange ist, schmerzerfüllt ächzt und zittert, schaut sie noch verständnislos zu ihm hinunter, was gleich darauf zu Entsetzen wird als sie merkt was los ist... gerade eben, mit einer unbedachten Bewegung hat sich eine ihrer Krallen in seine Haut gebohrt, nahe der Schußwunde. Jetzt ist ihr das lächerliche bißchen Blut doch egal. Weg mit euch, zurück! Gleich darauf ist sie krallenlos, aber das Verhängnis ist nicht mehr aufzuhalten. Hastig drückt sie ihren provisorischen Verband auf die starke Blutung. "Scheiße... hey, halt durch... halt bloß durch, Mann! Halt durch..." stößt sie halblaut hervor, während sie nach mehr von ihren Stoffstreifen tastet. Etwas zieht an ihrem Ärmel. "Helfen... helfen Sie m... sagen sie... meiner Frau..." hört sie vor sich eine heisere Stimme, voller Angst. Rot wie Arterienblut entflammen ihre Augen und sie sieht gerade noch, wie der Wachmann seine Augen verdreht, sich an ihrer Jacke festkrallt mit einem qualvollen Seufzen ausatmet. Dann ist es ungewöhnlich still.
Meyye verharrt ein paar Momente so. Dann reißt sie sich los, rappelt sich hoch und stolpert mit dem Rücken gegen die Wand. Alles ist taghell, sie sieht jedes Detail der starren, offenen Augen, der Boden ist blutverschmiert und etwas in ihr findet den Geruch einfach köstlich und wundervoll. Sie fühlt sich trotzdem, als müßte sie sich übergeben. Ein anderer Teil in ihr schreit andauernd: Mörderin! Hat es eigentlich jemand gesehen? Und wenn nicht, macht ihn das wieder lebendig? Du hast ihn getötet, mit deinen Waffen... bitte, du wolltest doch damit töten, jetzt hast du was du wolltest.
"Jemand anderer... muß weitermachen." bringt sie noch heraus, dann wendet sie sich ab. Sie ignoriert alles um sich herum, will jetzt keinem anderen Kainiten in die Augen sehen, nicht Ernest oder irgendwem anderen, will Delilahs Stimme nicht hören, sie geht einfach schnurstracks dem Trüppchen der Unsichtbaren hinterher und reagiert nicht. Sie will nur weg. Aber die Augen folgen ihr und sehen sie an, und die Stimme flüstert ihr beständig weiter ins Ohr, sie soll seiner Frau sagen... dass... das konnte er nicht mehr sagen. Oder doch? Hat er es gesagt? Sie strengt ihre Erinnerung an. Wenn er es gesagt hat, darf sie es auf keinen Fall vergessen, es ist wichtig... so geht sie weiter, und ob ihr irgendwelche Wächter die Waffe vor die Brust setzen oder sie gegen Unsichtbare prallt, wird sie wohl erst merken, wenn es soweit ist.