AW: [04.05.2008] Zurück zu Hause ?!
Das hier war etwas anderes als ein unvermittelter Wutausbruch. Der arme Kerl. Es musste höllisch weh tun. Annas Augen weiteten sich, als er die Duschstange aus der Wand heraus riss und sie ging wirklich einen halben Schritt zurück. Aber nur für einen Moment. Er schien sich unter Kontrolle zu haben. Grade so eben noch. Ihre Hand legte sich zwischen seine Schulterblätter. Durch die warme Lauge war die Hand sogar recht warm, wenn auch der Handschuh den direkten Hautkontakt verhinderte. Ihre Mutter hatte ihr immer ihre Hand dort aufgelegt, wenn sie sie trösten wollte. Es war fast wie ein Reflex, dass sie es auch bei Max tat, nur stand vor der Umsetzung der Handlung noch die bewusste Entscheidung dafür. Es war in Ordnung. Auf andere Weise konnte sie kein Mitgefühl zeigen. Sie bezweifelte auch stark, dass er überhaupt welches von ihr wollte. Aber dennoch war sie da, diese Geste von dieser kühlen ruhigen Tremere. Im Zweifelsfall würde sie sich immer damit heraus reden können, lediglich die beruhigende Wirkung dieser Geste erzielen zu wollen. Mitgefühl zeigen unter Kainiten? Unter Tremere? Das war ihr anders bei gebracht worden. Sie wusste nicht mal, ob er ihre Hand überhaupt spürte.
Da stammelte er etwas. Erst beim zweiten mal verstand sie ihn. Oh je. Tja, jahrelanges Training hatte seine folgen. Sie hätte heulen können, wie sie ihn jetzt dort sah, so sehr ging es ihr an die Nieren. Warum berührte es sie so? Sie hatte schon Menschen getötet und war wesentlich souveräner damit umgegangen.. und nur, weil sie auf ihren persönlichen Vorteil bedacht gewesen war, weil sie ihr Blut brauchte.. Das war faszinierend und aufwühlend. Und es durfte nie an die Oberfläche gelangen. Niemals. Aber blutige Tränen traten schon lange nicht mehr in ihre Augen. Ihre Augen schlossen sich nur in einem langsamen Blinzeln. Er war mutig, das musste sie ihm lassen.
„Das schlimmste ist jetzt vorbei.“, sagte sie leise. „Kannst du aufstehen? Ich will nicht, dass noch einmal etwas in die Wunde kommt...“ Sanft würde sie ihn dabei unterstützen, in dem sie ihn am Ellenbogen stütze, wenn er es zu ließ.
Danach begann sie mit der restlichen Reinigung. Die Hälfte der Lauge war noch im Eimer. Sie begann bei seiner Schulter an der unverletzten Seite, wusch den Arm ab, gründlich jeden einzelnen Finger... immer mit dem halb fest ausgewrungenen Waschlappen, den sie immer wieder von neuem in die Lauge tunkte. Sie wusste aus eigener Erfahrung, dass es etwas unangenehm auf der Haut spannte, aber es war kaum zu merken. Und im Vergleich zu seinen anderen Schmerzen war es wahrscheinlich eh nichts. Der zweite Arm erfuhr die gleiche Behandlung. Dann folgten Brust und Bauch, dort, wo es etwas weiter von der Wunde entfernt war. Sorgfältig achtete sie darauf, keine neue Lauge in die Wunde fließen zu lassen.
Wieder tauchte sie den Waschlappen ein. Wenn sie ihm die Wahl ließ, würde er seinen Intimbereich mit Sicherheit selbst waschen. Aber es würde ihm weh tun. Seine Schamgrenze war mit Sicherheit eh schon weit überschritten, in dem er in seiner Verletzlichkeit vor ihr war. Also fragte sie nicht. Sie wusch ihn einfach. Gründlich, sanft, mit allem was dazu gehörte, aber ohne unnötige Berührungen.. zu mindest, wenn er ihr den Waschlappen dabei überließ.
Auch sein Gesicht wusch sie sanft und gründlich inklusive seiner Ohren. Wenn er wollte, konnte er ihr jetzt leicht ins Gesicht sehen und würde dort nur einen ruhigen und konzentrierten Ausdruck vorfinden. Dann ging sie zu seinen Beinen über. Auch hier war sie sehr gründlich und ließ keinen noch so winzigen Flecken Haut aus. Also wusch sie auch die Zehen und die Zwischenräume. Für die Fußsohlen berührte sie nur leicht seine Füße und übte einen leichten Zug aus... wenn er es nicht bemerkte, konnte sie ihn immer noch ansprechen und ihn kurz bitten den Fuß anzuheben.
Dann kam ein angenehmerer Part. Zu nächst erneuerte sie die Lauge, damit sie frisch war, aber auch warm. Sanft bedeutete sie ihm sich umzudrehen und widmete sich nun seinem Rücken. Hier wusch sie mit sanftem Druck und unter anderen Umständen wäre dieser Teil sogar für wohlige Gefühle verantwortlich. Aber hier und jetzt? Dann wurde es wieder intimer, intimer, als es sich eigentlich gehörte, denn sie wusch auch seinen Po mit kreisenden Bewegungen, und ja, auch die Spalte wurde nicht ausgelassen. Sei war wirklich gründlich.
Das einzige, was jetzt noch fehlte, waren seine Haare. Leg bitte deinen Kopf zurück, damit ich deine Haare waschen kann, ohne mit Lauge in deine Wunde zu kommen.“ Obwohl es jetzt weit weniger schlimm war, hatte sie das Gefühl am ganzen Körper zittern zu müssen. Aber da war nichts. Sie verrichtete einfach ihre Arbeit.
Dann, gerade als Max seinen Kopf zurück lehnte, traf es sie wie ein Hammerschlag und fast ging sie in die Knie. Sie kannte diese Schmerzen nicht, ja? Oh Gott, wie gut hatte sie verdrängt. Ja, sie war noch nie von einem Werwolf angegriffen worden und sie hatte die Wunden immer heilen können mit Blut, so bald er sie entlassen hatte. Aber ja, sie kannte Schmerzen. Schmerzen, die diesen hier sehr ähnlich sein mussten. Wie oft waren ihre Hände nur ein Haufen Trümmerbrüche gewesen oder ihre Rippen nach harten Tritten gebrochen. Wie oft hatte ihre Haut in Fetzen von ihrem Rücken gehangen? Sie konnte es nicht zählen. Sie musste inne halten und schloß die Augen. Zwei, drei Sekunden geschah gar nichts in Max's Rücken. Ob er es überhaupt bemerkte? Mit aller Macht sperrte sie die Bilder weg und die Gefühle, die auf sie einstürmten. Sie hatten hier nichts zu suchen. Oh Gott, wie sehr er es genossen hätte, sie zu verätzen. Salzwasser hatte er oft genug verwendet und sie war sich sicher, dass anderes nur nicht zum Einsatz kam, weil er einen bleibenden Schaden befürchtete, etwas, was nicht so schnell zu heilen ging und weshalb man ihn gemaßregelt hätte.
Sie biss sich im Inneren auf die Wange. Dieser kleine Schmerz half ihr irgend wie wieder zur Besinnung zu kommen. Sie nahm den Eimer mit der noch warmen Lauge auf und spülte Max's Haar aus, ebenso gründlich und sorgfältig wie zuvor seinen Körper.
Den leeren Eimer nahm sie und spülte ihn am Waschbecken aus. "Jetzt müssen wir nur noch die Lauge von deiner Haut bekommen. Vorne werde ich wieder den Waschlappen nehmen. Der Rest sollte mit der Brause gehen." Sie zwang sich, ihre Bewegungen ruhig auszuführen und nicht voller Kraft und Wut. Sie zwang die Spannung aus ihrem Köper, gab ihr nicht nach. Und wieder würde etwas unangenehmes kommen... Klares Wasser in seiner Wunde. Im Vergleich zu den Qualen vorher würde es nichts sein, aber immer noch genug. Sie wollte nicht mehr für seine Schmerzen verantwortlich sein. Sie wollte aufhören. Jetzt. Sofort. Auch wenn sie es nur tat um ihn zu helfen. Also hörte sie nicht auf. Mit einem neuen Waschlappen und klarem Wasser kümmerte sie sich wieder um seine Brust, seinen Bauch, die Wundränder...
Dann regelte sie die Brause ein. Auf einen ganz weichen Strahl. „Drehst du dich wieder um?“, bat sie ihn leise. Sie zögerte es heraus. Sie tat es mehr für sich als für ihn, aber sie spülte gründlich seine Haare und wusch sie auch noch einmal mit Shampoo, damit sie später nicht so strohig wurden... als ob ihn das interessieren würde. Aber sie tat es, wenn er sie nicht hinderte... und zum Schluß begegneten ihre Augen wieder den seinen. „Sie sollte auch noch einmal mit klarem Wasser gespült werden....“ Sie fing nicht an. Sie wartete auf seine Reaktion. Und irgend wie hoffte sie, er würde es selbst machen. Aber wie alles andere zuvor würde sie ihm selbstverständlich auch diesen Dienst erweisen, wenn er nur einfach nicht die Brause forderte und sich einfach wieder zu ihr umdrehte.