Wenn Fantasy immer geht, aber SciFi nicht, dann hat das ja einen Grund. In den meisten Fällen lässt sich das auf einen einzigen Grund herunterbrechen: die Einstiegshürde. Da ist dann sowas wie der Verbreitungsgrad des Genres drin enthalten.
Einstiegshürde? - WO DENN?
Star Trek - kennt JEDER! Einstiegshürde: Null.
Firefly - kennt JEDER! Einstiegshürde: Null.
usw.
Das sind Sci-Fi-Serien-Settings, die wirklich SEHR bekannt sind. Bei Star Trek kann man sogar von Herr-der-Ringe-Bekanntheitsgrad ausgehen, so allgegenwärtig und vertraut ist das.
Einstiegshürden haben eher Settings - Sci-Fi, aber auch Fantasy - die mit EINZIGARTIGEM Weltenbau aufwarten.
Und das kommt bei Sci-Fi-Settings öfter vor als bei Fantasy-Settings, da Fantasy für die Mehrheit offenbar EDO-Fantasy ist und jenseits von Elfen, Zwergen und Orks nichts erwartet wird.
Und dann die Sache mit den Helden... Natürlich können wir Deutsche Helden spielen. Wenn einer Helden(sagen) kennt, dann ja wohl die Deutschen.
Heldensagen waren GESTERN, genauer: VORVORGESTERN. - Und spätestens mit der Entnazifizierung war und ist es in Deutschland extrem verpönt sich mit "heldischen Vorbildern" germanischer Heldensagen zu "schmücken".
Klar KONNTEN die Deutschen Heldensagen. - Das hat propagandamäßig dem Dritten Reich beste Dienste geleistet, ist aber eben heutzutage kein Thema mehr, das außerhalb des Giftschranks der Geschichte noch gerne gesehen wird.
Für allmächtige (Super)Helden ist es aber wirklich schwerer passende Herausforderungen zu basteln, wenn es mal nicht gerade um die Nemesis geht.
Absoluter QUARK!
Das schaffen die Comic-Verlage wie Marvel, DC, Image, usw. JEDE WOCHE in JEDEM HEFT problemlos!
Und das klappt auch bei echten(!) Superheldenrollenspielen (also nicht gerade Scion oder solch ein Kram) auch JEDE WOCHE in JEDER SITZUNG.
Aktuell spiele ich kontinuierlich über zwei Jahre in einer laufenden MHR-Kampagne. Da gab es nicht ein einziges Mal ein "Herausforderungsproblem".
Das einzige Problem sind SLs, die in "vom Tellerwäscher zum Super-Tellerwäscher Level unendlich"-Aufstiegssystemen einfach den Überblick über die Vielzahl an Fähigkeiten der NSCs und SCs verlieren und nicht mehr mithalten können. Nicht das System an sich versagt, sondern die mäßig befähigten SLs.
Bei Marvel Heroic Roleplaying, MHR, ist das eh anders. Da steigern sich die Fähigkeiten der SCs ohnehin kaum merklich, denn die SCs - meist ja gut eingeführte Marvel-Charaktere, aber auch der eine oder andere selbsterstellte Charakter ohne direkte Vorbild - sind VON ANFANG AN sehr kompetent. Und die Gegner natürlich entsprechend auch.
Ich spiele in dieser Runde im Troupe-Play-Modus vornehmlich Gambit, aber auch Captain Marvel (Carol Danvers), Jessica Jones und Howard the Duck. Diese Charaktere können auch mal zusammen in derselben Szene auftauchen oder sogar gegeneinander in Konflikt geraten. Das funktioniert mit MHR alles bestens und bringt Geschichten im Spiel hervor, wie man sie aus den besten Comic-Events kennt.
Gambit war als Charakter auf der Erde aktiv (als eine Art "Dirty Avenger" im Team u.a. mit Deadpool), im Weltraum (als Space Pirate, hat sich mit Thanos angelegt und es überlebt), in der Hölle (bei Mephisto, und ist wieder rausgekommen), und in Asgard (hat Lady Sif um den Finger gewickelt) und wieder auf der Erde (hat ein Raumschiff gestohlen, mit dem er sein altes Piratenraumschiff wieder zurückkapern will). Das klappt alles bestens, weil man im Superhelden-Modus einfach die (typisch deutsche) Klein-Klein-Denke abschalten muß.
Nicht nur die Helden müssen MUTIG und ÜBERLEBENSGROSS sein, sondern auch der SL muß seine Herausforderungen mutig und überlebensgroß darbieten.
Immerhin gibt es ja in Superhelden-Settings mehr als genug Gegner, die einzeln oder in Gruppen oder gar in Horden den Helden unterschiedlicher Kompetenzniveaus herausfordernde Opposition bieten können. Wenn einem SL gar nichts mehr einfällt, dann kann er ja immer noch Galactus auftauchen lassen, oder eine alternative Erde voller Zombie-Versionen der Superhelden auf die Erde der SCs loslassen, usw. - haben letztlich die Comic-Autoren auch schon alle gemacht.
Und MHR hat noch einen weiteren großen Vorteil: Es braucht KEINERLEI "Balancing" zwischen den Charakteren. Man kann Howard the Duck (kann nichts, ist eine Ente) in einer Gruppe mit The Thing (ultrastarker, unverwundbarer Brocken) agieren lassen, ohne daß der Spieler von Howard the Duck sich über mangelnde Teilhabe und mangelnden Einfluß auf die Story beklagen kann. Das liegt daran, daß das MHR-System, Cortex Plus Heroic, sich von selbst im Spielverlauf reguliert. - Da passen dann auch Hawkeye und Thor oder Hulk in eine Gruppe. Das gäbe bei herkömmlicheren Superheldenrollenspielen nur noch Probleme, weil natürlich Thor oder Hulk jederzeit den "unsuperen" Hawkeye nach simulativ-orientierten Spielwerten in den Schatten stellen werden. Bei MHR jedoch nicht.
Wenn der Spielleiter mit Superhelden-Comics vertraut ist und dieses Genre KENNT und MAG, dann klappt das problemlos - vor allem mit einem auf die "Comic-Logik" zugeschnittenen System wie MHR.
Wenn der SL aber einfach nicht weiß, wie Superhelden-Comic-Geschichten funktionieren, dann geht das in die Hose - egal mit welchem System.