AW: was mich an der alten WoD nervt
Hi.
Also mich stört das "Würfelpool"-System kein bisschen; weder bei der oWoD noch bei Shadowrun stört es mich. Ich spiele beides immernoch mal mehr mal weniger aktiv. Ich bin sogar in der Lage, nebenher auch noch DSA zu spielen und da meinen Spaß zu haben. Zwar unterscheiden sich die Würfel- und Regelsysteme von DSA, Shadowrun und den oWoD-Systemen erheblich, aber ich sehe darin keinen Nachteil. Ich bin zwar kein Mathematiker, aber ich habe zum Beispiel das Gefühl, dass ich in meiner DSA-Runde deutlich weniger patze als in der Shadowrun-Runde (Dass 2 von 3 Würfeln eine 20 zeigen ist meiner Meinung nach auch irgendwie unwahrscheinlicher, als dass, z. B. 3 von 6 Würfeln eine 1 zeigen, aber dafür hat ein Patzer bei DSA häufig auch schlimmere Folgen als ein Patzer bei Shadowrun [ich rede jetzt vom normalen, nicht vom kritischen]).
Aber was mich wirklich wirklich an der oWoD gestört hat - und immernoch stört - ist diese furchtbare Inkonsequenz in Bezug auf die Hintergrundgeschichte. Erst heißt es "Vampire aus der alten Welt" ist ein völlig eigenständiges System. Schön und gut. Warum tauchen dann 50% der Namen der Obervampire aus "Vampire: Die Maskerade" dann in "Vampire aus der alten Welt" auf (ich will gar nicht anfangen, die Namen aufzuzählen, sie fangen bei Absimilliard an und enden bei Zillah)? Das ist ja sogar noch schlimmer als bei Shadowrun und Earthdawn.
Ich meine, bei der nWoD hat es doch auch geklappt: Da haben sie gesagt "die nWoD wird ein eigenständiges System und nichts mit der oWoD zu tun haben" - und es klappt. Gut, dass sie die "Malkovianer" eingebaut haben (und als Stammclan "Ventrue"?!), finde ich geschmacklos und dämlich, aber das ist eher nebensächlich.
Ein weiterer Störfaktor war für mich auch, dass die Autoren bei F&S offenbar sehr viel Spaß daran hatten, mit unglaublich mächtigen Vampiren aufzuwarten - und ihnen dann auch noch Werte zu geben. Ganz ehrlich: Wenn man "Hort der Verborgenen" liest, kann einem durchaus schlecht geben. Man fragt sich, wozu die den achso heftigen Mega-Dämon überhaupt brauchen mit zwei der mächtigsten Ventrue-Blutmagier, zwei uralten Koldunischen Hexern und einem Brujah auf dem Machtniveau von Troilus' Kind im Boot? Das Ganze wirkt für mich auf eine abstoßende Weise an den Haaren herbei gezogen. Die ganzen Romane (ganz ehrlich, wer sich den Mist mit dem Gehenna-Roman ausgedacht hat, gehört geteert und gefedert) haben sicherlich auch ihren Teil zu der Verwirrung beigetragen.
Dann das Kampfsystem. Ganz ehrlich, da unterscheidet sich das stundenlange Attacke- und Parade-Würfeln kein bisschen vom stundenlangne "Angriff - Parade - Schaden - Absorbieren - Gegenangriff - Schaden - Absorbieren" zu würfeln (allerdings ist den DSA-Autoren diese Schwäche wenigstens bewusst). Die ganze Idee mit dem schwer heilbaren Schaden fand ich auch ziemlich daneben - Schlagschaden und Tödlicher Schaden reicht doch absolut aus. Dadurch wird eine Stufe 2 - Disziplin zur ultimativen Vernichtungswaffe, womit wir beim nächsten Punkt sind:
Spielgleichgewicht.
Ich würde mich persönlich als Stimmungsrollenspieler bezeichnen. Mir ist es wichtig, dass die richtige Stimmung aufkommt. Und ich habe auch überhaupt kein Problem damit wenn ein Klüngel aus vier Toreador und einem Brujah besteht. Dann muss der Brujah eben die Arbeiten "für's Grobe" übernehmen. Aber die Clansschwächen und auch die Disziplinen der Clans wirken auf mich so dermaßen willkürlich, das geht auf keine Kuhhaut. Zum Beispiel mal die Clansschwäche der Nosferatu oder der Malkavianer mit der Clansschwäche der Tremere oder Lasombra (oder Tzimisce) verglichen: lächerlich! Oh nein, der Tremere ist an seine Obersten gebunden, was für eine enorme Einschränkung. Der Tzimisce muss des nachts in der Erde seiner Heimat schlafen - zugegeben, eine fluffige Idee, aber als Clansschwäche viel zu schwach. Der Gangrel kriegt im Gegensatz dazu ein (meistens offensichtliches) Tiermerkmal dazu und ist nach einer Hand voll Rasereien nur noch in Kutte und Kapuze unterwegs. Da hätte man mehr auf Balancing achten müssen.
Und jetzt kommt das Beste: Ich spiele es trotzdem gerne - und zwar nicht, weil ich einen untoten Superhelden spielen will, sondern weil das Rollenspiel Vampire - meiner Meinung nach - das beste Potenzial für richtig schöne atmosphärische Horror-Situationen bietet - noch vor "Call of Cthulu" und "Kleine Ängste". Denn wenn man den Spruch "Ein Spiel für den persönlichen Horror" mal wörtlich nimmt, bzw. sich daran orientiert, stellt man fest, dass in jedem Menschen ein Vampir steckt (und allein wegen dieser Erkenntnis hat das Rollenspiel sein "Horror"-Etikett zu Recht).
LG
Sleipnir