Natürlich würfelt er. Wenn der Zufall nicht ins Spiel käme, würden so manche Pappnasen nicht mehr uns (mir) weilen, während ich mich darüber freuen könnte, daß einige Andere noch leben würden.
Als Wahrscheinlichkeitstheoretiker und Statistiker würde ich sagen, dass "Zufall" nicht zwangsläufig wirklich völlig systemlose Willkür des Schicksals bedeuten muss, sondern in erster Linie einfach mal nur ein Oberbegriff ist um all das zu beschreiben, wovon man keine Ahnung hat.
Insofern würfeln wir (oder zumindest ich) ja auch nicht nur einzig und allein deswegen, weil wir alle voller Überzeugung die Existenz von Schicksal, Bestimmung oder das frustrierende Konzept einer völlig deterministischen Welt ablehnen... wäre es so, wäre es ja auch wieder unsinnig zu würfeln, weils ja dann eh nicht zufällig wäre.
Wir würfeln, weil "Mach mal nen Angriffswurf." uns sinnvoller erscheint als "Beschreibe mir exakt die biochemischen Vorgänge in den Armen deines Charakters, ich gleiche das mit den Vorüberlegungen zum Ausweichmannöver des NSCs ab und dann trinken wir gemeinsam ein Bierchen, während der Computer ausführlich berechnet ob und wie fest dein Schlag trifft.", u.a. allein schon deswegen, weil vom Aufwand ganz abgesehen ja auch im RL die wenigsten Leute nun komplett genau wissen, warum der eine Schlag getroffen hat und der gefühlt selbe nächste Schlag nicht.
Das ist auch der Grund, weshalb ich ein nachkorrigierendes Würfeldrehen für sogar sinnvoll halte:
Wenn der Wurf ein Ergebnis anzeigt, dass offensichtlich im Sinne der abgesprochenen gewünschten Spielweltrealität völlig absurd ist (im Sinne von: "als du dem Riesen auf den kleinen Zeh gestiegen bist, hat ihn das getötet"), dann erfüllen die Regeln hier ihre simulative Funktion nicht und sollten (in meiner Gruppe) außer Kraft gesetzt werden.
Ich möchte betonen, dass dies aber natürlich wesentlich Folge daraus ist, dass ich Spielregeln in erster Linie nach ihrem simulativen Nutzen bewerte, während mir der gamistische Aspekt völlig egal ist.
In der narrativen Funktion hingegen soll der Würfel vor allem inspirieren. "Oh, ich könnte beim Klettern auch abstürzen? Interessant..."
Insofern kein Wunder, dass sich hier alle gegenseitig an den Kragen gehen... Leute, ihr spielt ja auch alle unterschiedlich.
Beim Schach will ich auch nicht, dass mein gegenüber Würfel dreht...
...ja, ich weiß.
Persönlich stört mich am Würfel drehen eigentlich der Aspekt der Unehrlichkeit. Ich will als SL nicht meinen Spielern etwas vormachen müssen. In der Rolle eines NSCs ist das eine Sache, aber ich mag es auch nicht, wenn meine Spieler außerhalb der Runde bei mir nach Spielgeheimnissen fragen.
Und ich hab absolut keine Lust mich in meiner Runde mit der Frage auseinandersetzen zu müssen, welcher Wurf denn nun echt und welcher gedreht war.
Abgesehen davon hab ich die Erfahrung gemacht, dass der Würfel meist viel spannendere Geschichten erfindet als ich - die sind so schön unberechenbar ohne wiederum durch ihre Konstruiertheit berechenbar zu werden.
Und spannender ist es für mich auch noch. Während die Spieler um den Erfolg ihres SCs fürchten, zittere ich um meine vorbereiteten Szenen...
(und um nochmal klarzumachen, was das jetzt mit dem Zitat zu tun hat: Es ist völlig egal, ob Gott würfelt oder nur irgendwas tut, was wir nicht verstehen und deshalb über Zufall simulieren)