Rollenspieltheorie Warum Rollenspieltheorie?

Agroschim

mit Nero in Disneyland.
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Warum? Kann's mir jemand erklären? Ich kenne keine Schule die mehr abgeworfen hat, als ein paar Trivialweisheiten (mein Lieblingsbeispiel ist der Gruppenvertrag) und einige mehr oder weniger brauchbare Rollenspiele (Sorcerer gut, Breaking the Ice doof). Wozu also die ganzen Dispute? Ausser um mich zu ärgern, versteht sich.
 
AW: Warum Rollenspieltheorie?

Falls du ihn noch nicht kennst, dann empfehle ich dir den Eingangspost dieses Grofafo-Threads: Wozu Theorie?

Ansonsten bleiben mir nur meine übliche Gegenfrage zu stellen: Machst du dir Gedanken darum wie du mit Rollenspiel Spaß haben willst, wie du diesen Spaß erreichst, wie du verhinderst dass du keinen Spaß hast und tauschst dich mit anderen über diese Ideen und Erkenntnisse aus? Wenn ja, dann betreibst du bereits Rollenspieltheorie und kannst dir diese Frage selbst beantworten.
 
AW: Warum Rollenspieltheorie?

Ansonsten bleiben mir nur meine übliche Gegenfrage zu stellen: Machst du dir Gedanken darum wie du mit Rollenspiel Spaß haben willst, wie du diesen Spaß erreichst, wie du verhinderst dass du keinen Spaß hast und tauschst dich mit anderen über diese Ideen und Erkenntnisse aus? Wenn ja, dann betreibst du bereits Rollenspieltheorie und kannst dir diese Frage selbst beantworten.

Das ist trivial und genau mein Vorwurf. Nur weil ich mir überlege, ob ich nächsten Sonntag lieber ausschlafe oder in die Kirche gehe, bin ich noch kein Theologe. Die Rollenspieltheorie wie sie betrieben wird ist ein einziger Eiertanz um immer die selben unausgeprochenen Weisheiten, darüber hinaus haben die Theoretiker noch die Dreistigkeit zu behaupten, sie würden irgendetwas verbessern, dabei nimmt sie eigentlich keiner war.
 
AW: Warum Rollenspieltheorie?

Wenn dein ganzes Nachdenken über Rollenspiel sich darauf beschränkt dass du überlegst, ob du lieber ausschläfst oder zum Spieltermin erscheinst und dort dann unwählerisch nimmst was man dir vorsetzt, dann betreibst du wirklich keine Rollenspieltheorie, und ich wüsste nicht wo ich mit einer Erklärung ansetzen soll.
 
AW: Warum Rollenspieltheorie?

Dummer Vergleich, mea culpa. Aber selbst Du musst zu geben, und dieser Groffi Beitrag bestätigt, was ich behaupte, Rollenspieltheorie ist im Grunde nur der Versuch eine Systematik in das Thema zu bringen, mehr kann sie nicht leisten. Demnach sind alle Forge Rollenspiele nur Versuche Archetypen der einzelnen Kategorien zu entwickeln.
 
AW: Warum Rollenspieltheorie?

Was sollte eine gute Rollenspieltheorie denn Deiner Meinung nach leisten?
 
AW: Warum Rollenspieltheorie?

Ja, das ist eben das was die Forgies versuchen - systematisieren, gemeinsame Begriffe schaffen und so den Austausch erleichtern. Dabei betone sogar ich als jemand, der der Schmiede relativ positiv gegenüber steht, das versucht, denn da ist auch einiges in die Hose gegangen und wurden Begriffe geschaffen unter denen drei Theoretiker mit gleichem Wissensstand fünf verschiedene Sachen verstehen (Stichwort Gulasch, Nudeln und Salat; mit Hybriden, Kongruenzen etc. mal gar nicht erst angefangen). Es hat schon seinen Grund dass das GNS-Board seit etlicher Zeit geschlossen ist und das Thema auch auf den einschlägigen Blogs kaum noch angesprochen wird.

Wenn wir uns darauf einigen können, dann treffen wir uns genau.
 
AW: Warum Rollenspieltheorie?

@Roland: Bezug. Bezug auf Existentes. Die Rollenspieltheorie von The Forge hat keine Wurzeln, sie versucht alleine für sich zu stehen. Warum bekomme ich Begriffe wie Gruppenvertrag vorgesetz, den ich doch schon aus den Sozialwissenschaften kenne? Ich kann nur mutmaßen, aber so böse will ich noch nicht sein. Was hindert die Rollenspieltheorie daran, zum Beispiel den Medienwissenschaften zu entwachsen? Sie ist kein Teil davon, wiewohl ein Rollenspiel ein interessantes weil exotisches Medium ist. Es gibt tausende Dinge, auf die man Bezug nehmen könnte, bevor man mit einer eigenständigen Theorie anfängt. Eine Theorie ist ein Werkzeug. Untersuchen wir Rollenspiele doch lieber erstmal mit dem Werkzeug, das wir zur Verfügung haben, bevor wir uns in neuen Theorien verrennen.
 
AW: Warum Rollenspieltheorie?

Bezug auf echte Wissenschaften als Hilfswissenschaften passiert doch. Die RPG Design Patterns wurden etwa nach einem ähnlichen Prinzip aus der Informatik strukturiert.
Ron Edwards selbst hat wohl einiges aus seinem Fachgebiet Biologie gezogen (Verhaltensforschung etc.), aber mangels Fachkenntnis kann ich das nicht beurteilen.
 
AW: Warum Rollenspieltheorie?

Das hier, ist Rollenspieltheorie, die ich ernstnehmen kann. Das Geblubber, von wegen aus der Informatik entlehnt, zeigt doch nur, wo unsere Theoretiker ihr Handwerk gelernt haben. Für mich gehört Rollenspieltheorie zu Medienwissenschaften bzw. Philologien, nicht in die Hände verkappter Informatiker und Biologen (die offensichtlich noch nicht mal Grundzüge der Soziologie mitbekommen haben).
 
AW: Warum Rollenspieltheorie?

Weil es Spaß macht. (Manchen jedenfalls - aber das reicht ja eigentlich als Grund vollauf aus, oder?)

Ausser um mich zu ärgern, versteht sich.
Nicht ganz. Sie wollen nicht Dich ärgern, sondern sie wollen MICH ärgern. Du bist nur Kollateralschaden. :D

Rollenspieltheorie ist die Beschäftigung mit Rollenspielthemen neben dem (und bei manchen nach meinem Eindruck sogar ANSTATT des) Rollenspielen in der "Praxis".

Das, was gerne als "Theorie" gehandelt wird, ist eigentlich nur die rollenspielerische Beschäftigung, die nicht direkt während einer Spielrunde erfolgt bzw. nicht der Vor-/Nachbereitung einer Spielrunde direkt dienlich ist.

Theorie ist hier als Begriff natürlich völlig daneben, aber - wie so viele natürlicherweise verständliche Begriffe - dieser Begriff hat von den selbsterschaffenen Theoretikern eben eine andere Bedeutung bekommen, als dies in einem wissenschaftlichem Umfeld der Fall ist.

Ich kenne keine Schule die mehr abgeworfen hat, als ein paar Trivialweisheiten (mein Lieblingsbeispiel ist der Gruppenvertrag)
Das, was Du als "Trivialweisheiten" abwertend bezeichnest, sind durchaus Punkte, die bei Nichtbeachtung das KONKRETE SCHEITERN von Rollenspielrunden zur Folge haben. - So trivial kann das garnicht sein, wenn sich kaum ein Spielleiter, kaum eine Spielergruppe dieser "Weisheiten" BEWUSST sind.

In dieser Hinsicht ist es hilfreich bestimmte Aspekte unseres Hobbys mal ein wenig BEWUSSTER zu machen. Man kann alle möglichen Hobbys einfach so, d.h. ohne wirklich daran interessiert zu sein, zu verstehen was man da alles gerade so tut, betreiben. Das ist wie ein Blindflug. Das geht auch bei ansonsten gutmütigen Umgebungsbedingungen gut. Und wenn es mal nicht gut ging, dann ist immer jemand "sehr überrascht" (und dann findet man u.a. hier im Forum solche jammervollen Threads, in welchen sich Spielleiter (öfter als Spieler) ausweinen, daß sie selbst doch alles richtig gemacht hätten, und wie undankbar und fies ihre Spieler doch seinen, jammer, jammer, jammer...).

JEDES bewußtere Tun ist meiner Meinung nach ein Gewinn für den Ausübenden. Warum trainiere ich nun schon über zwanzig Jahre Tai Ji Quan? Mich fasziniert es mit jedem Jahr, mit jeder Woche mehr und mehr. Durch bewußteres Tun, welches zum einen die PRAKTISCHE AUSÜBUNG braucht und zum anderen das VERSTÄNDNIS um Zusammenhänge, und zum dritten den WILLEN und die BEREITSCHAFT sich darauf einzulassen, ist die Erfahrung der eigentlichen Ausübung, der PRAXIS also, rein qualitativ BESSER geworden (wobei es schwerfällt zu definieren, was hier "besser" heißen mag, da es ein sehr individuelles "besser" ist, kein absolutes "besser").

Ob beim Rollenspiel oder beim Sex. Mit Jahren Erfahrung, mit den Eindrücken aus dem Ausprobieren und den nachfolgenden Überlegungen und Folgerungen erlebt sich das eigentliche Tun bewußter und BEFRIEDIGENDER.

Und das hat überhaupt nichts mit Theorie zu tun. Schon garnicht mit dem Theoriebegriff der Wissenschaften, der für solche Hobby-Bewußtheitsgewinne eh völlig verfehlt ist.

Wer das nicht begriffen hat, der verfällt leicht in die Schiene, in welcher mit "wissenschaftlichen" Methoden argumentiert wird, aber de facto etwas völlig unwissenschaftlich Entstandenes, nie für "Wissenschaftlichkeit" Geeignetes GEMEINT ist.

Alle Begrifflichkeit der "Theoretiker" ist nichts anderes als deren MEINUNG in sprachlich nicht mehr jedem Leser leicht erschließbare Form gegossen. - Warum diese Sprachverdunkelung sein muß, darüber habe ich so meine eigene Meinung, die leider wenig Charmantes über die entsprechenden "Verdunkeler" beinhaltet.

und einige mehr oder weniger brauchbare Rollenspiele (Sorcerer gut, Breaking the Ice doof).
Das ist sehr interessant - vor allem, weil ich bei Sorcerer der Meinung bin, daß es sich um ein sehr verunglücktes "Laborexperiment" handelt, welches eigentlich in die Kadaverbeseitigung gehört (d.h. GRUNDSÄTZLICH überarbeitet und vom Kopf auf die Füße gestellt gehört).

Was die sich selbst in beständigem gegenseitigem Rechtgeben vom Rest der Rollenspielerschaft abseparierende "Theoretiker"-Gruppe an tatsächlich faßbaren Erzeugnissen hervorgebracht hat, sind Rollenspiele.

Es sind Rollenspiele, die aus "normalen" Rollenspielautorenkreisen wohl kaum jemals entstanden wären.

Es sind Rollenspiele, die in "normalen" Rollenspielerkreisen auch kaum jemand kennt.

Es sind Rollenspiele, die selbst in "unnormalen", d.h. "Theoretiker"-Kreisen kaum einmal gespielt werden.

Es sind Rollenspiele, deren WIEDERSPIELWERT verglichen mit Klassikern wie DSA, D&D, etc. geradezu rasant gegen NULL geht.

Woran mag das liegen?

Das liegt daran, daß diese Rollenspiele erst in zweiter Linie Rollenspiele zum SPIELEN sind, sondern in allererster Linie Rollenspiele als EXPERIMENTE, als PROTOTYPEN, die nur besondere Ansichten (in den Autorenkreisen auch "Theorie" genannt) herausstreichen sollen.

So nimmt sich ein Autor ein ganz bestimmtes sprachliches Jargon-Konstrukt (oder auch zwei oder zwanzig) her, bastelt GENAU UM DIESEN JARGON als eine Art reverse-engineering ein Rollenspiel, und stellt dies dann SEINER BEZUGSGRUPPE vor, die in allgemein zustimmendes Feedbackverhalten verfällt.

"Reverse engineering" trifft es übrigens besser, als man vielleicht meint. Die Jargonbegriffe sind aus Beobachtung von VOR dem Jargon existierenden Rollenspielen "in der freien Wildbahn" entstanden. Sie sind das Ergebnis des Sezierens der einzelnen Rollenspiel-Exemplare. - Und wie beim Sezieren, so liegen in den Jargon-Begriffssammlungen nun (oft noch zusätzlich durch Abstraktion unkenntlich gemacht) die einzelnen "Organe" der Rollenspiele in einzelnen Schalen herum. - Kommt nun ein Dr. Frankenstein der Rollenspiel-"Theorie" daher und möchte - vornehmlich seinen "Kollegen" - aufzeigen, daß Rollenspiele mit Jargon-Begriff X sich nach Jargon-Begriff Y verhalten müßten, und nimmt ein paar dieser Schalen, die zu X und Y passen, und bastelt aus diesen paar Elementen ein Rollenspiel zusammen, welches er mit ein paar kleinen experimentierfreudigen Testrunden unter Laborbedingungen die ersten Schritte gehen läßt, und zu welchem er dann seine Labornotizen ("Actual Play" genannt) aufzeichnet. - Und fertig ist das Indie-Forge-Rollenspiel! Juchu! - Ähm, Heureka! (In diesen Kreisen lieber gesehen, da es zur "Wissenschaftlichkeitsdarstellung" besser paßt.)

Das ist klassisches reverse engineering zu ANALYSE-Zwecken, zu "proof-of-concept"-Zwecken. Um darzulegen, daß man Recht hat mit seiner Meinung, seiner Ansicht, seinen Vorstellungen.

Mehr nicht.

Daher auch kein Rollenspiel, welches sich länger und öfter als für eine Handvoll "Laborexperimente" zu spielen lohnt. - Außer natürlich für die sich selbst als "Wissenschaftler", als "Theoretiker" wahrnehmenden Laborkollegen. Die probieren wie die "Mad Scientists" bei Deadlands auch ständig die irren Erfindungen ihrer Kollegen aus, diskutieren miteinander und sind so losgelöst vom Rest der Welt, daß sie nicht merken, wie weit sie eigentlich schon weg von dem sind, was sie ursprünglich mal als den KERN, den GEGENSTAND, die REALIE ihrer "Untersuchungen" herangezogen hatten: D&D, WoD, GURPS, etc. - eben die NORMALEN Rollenspiele, die immer noch in der freien Wildbahn ihre ökologischen Nischen haben bzw. sogar äußerst erfolgreich zur dominanten Art geworden sind.

Die Laborexperiment-Rollenspiele sind an sich zu Untersuchungszwecken ganz in Ordnung.

So etwas kenne ich auch vom Langbogenbauen. Da gibt es ja eine ganze Reihe überlieferter Herstellungsmethoden, Materialien usw. Und um WIRKLICH zu verstehen, wie sich die unterschiedlichen Hölzer nun verhalten, bauen Bogenbauer auch ab und an Bögen mit Hölzern, die historisch nie für Langbögen Verwendung fanden. - Warum? - Um zu lernen!

Man lernt aus einem Bogen der erwartungsgemäß nicht der Belastung standhält, wo die wirklichen Grenzen des Materials sind. Man lernt aber ab und an auch Materialien kennen, die eventuell historisch hierzulande nicht verfügbar waren (z.B. exotische Hölzer aus Amerika, Afrika oder Asien), welche sich sogar eventuell BESSER als die einheimischen Hölzer zum Bogenbau eignen.

Aus solchen Experimenten LERNT der Bogenbauer viel dazu. Klar könnte er auch materialkundliche Werke studieren, doch ist das Wissen darin erst dann für einen PRAKTIKER eine verwertbare INFORMATION, wenn er Hand anlegen kann.

Und dann - so kann man hoffen - hat er gelernt BEWUSSTER seine Bögen zu bauen. NICHT BESSER!

Er hat durch Beachten alter, überlieferter Prinzipien und seinen eigenen Vorlieben als Bogenschütze vielleicht auch vor seinen Experimenten sehr gute Bögen gebaut.

Doch das geschah nicht mit sehr viel Bewußtheit, sondern nach "Rezept". Nach Fremderfahrung.

Und hier wird es wieder sehr interessant für die Frage nach "Warum Rollenspieltheorie?".

Rollenspieltheorie ist, wie schon festgestellt, NIEMALS geeignet sich mit dem wissenschaftlichen Theoriebegriff und mit wissenschaftlichen Methoden mit dem Rollenspiel zu befassen.
Für mich gehört Rollenspieltheorie zu Medienwissenschaften bzw. Philologien, nicht in die Hände verkappter Informatiker und Biologen (die offensichtlich noch nicht mal Grundzüge der Soziologie mitbekommen haben).
Das ist offensichtlich genauso daneben, wie das "Theoretiker"-Selbstverständnis der Rollenspiel-"Theoretiker".

Klar kann sich die Soziologie, die Pädagogik, die Informatik, die Biologie, die Humanethologie, die Literaturwissenschaft, die Medienwissenschaft und wer auch immer mit Rollenspielthemen befassen.

Doch werden diese ganzen (universitären) Bereiche NIE so etwas wie eine ROLLENSPIELTHEORIE aufstellen.

Dazu sind die Disziplinen, welche sich mit Rollenspielfragestellungen befassen könnten, ohnehin viel zu zersplittert, stehen kaum in einem nennenswerten Austausch miteinander, und haben kein Interesse Rollenspiele, also insbesondere die Hobby-Rollenspiel-SPIELE, zu einem Kerngebiet ihrer Forschungsarbeiten zu machen.

Wer hier meint, daß Soziologie mehr "Recht" hätte, sich mit Rollenspielfragen zu befassen, als Informatik, der nimmt das "Theorie"-Etikett viel zu unkritisch als wahr an.

Wie oben schon gesagt, bezeichnet "Theorie" bei Rollenspielen nur die Beschäftigung mit Rollenspielfragen, die nicht direkt einer Spielrunde dienen. Indirekt können sie durchaus einzelnen Spielrunden über die Individuen darin und deren erweckte Bewußtheit der Ausübung ihres Hobbys etwas geben, aber eben nicht direkt (direkt hat eigentlich nur Charaktererschaffung/-entwicklung, Szenarien-Vor/Nach-Bereitung etwas damit zu tun).

Wenn man Kampfkunst/-sport betreibt, so gibt es in den allermeisten dieser Ausprägungen Prüfungen der Ausübenden bzw. der Trainer. In der Trainingslehre werden THEORETISCHE Kenntnisse abgeprüft. In den Gürtelprüfungen von allen möglichen Kampfkünsten gibt es immer einen Theorieteil.

Was ist denn da mit "Theorie" gemeint?

Welche Wissenschaft befaßt sich da denn mit den einzelnen Aspekten der jeweiligen Kampfkunst, die jenseits der praktischen Ausführung des Bewegungsgutes dieser Kampfkunst liegen? - Die Sportwissensschaft? Fehlanzeige. Da sind Kampfkünste jenseits der olympischen Kampfsportarten praktisch nicht existent. - Oder wo sind denn bitte die seriösen, die kritisch-wissenschaftlichen Untersuchungen über den Chi-Begriff der Chinesischen Kampfkünste, der in ALLEN chinesischen Stilen von fundamentaler Bedeutung ist? - Den Beitrag der Sportwissenschaft zu solchen Kampfkünsten kann man vergessen.

Den Beitrag der Soziologie zum Rollenspiel-Hobby übrigens auch.

Welchen Beitrag hat die Soziologie als eine der erwähnten "seriösen" Wissenschaften denn für das Rollenspiel in den letzten 36 Jahren geleistet?

Da machen manchmal gelangweilte Studis ihre (früher Diplom-) Abschlußarbeit zu Rollenspielthemen, basteln Fragebögen und werten die nach Schema F aus. Und was kommt davon in die Rollenspiel-Szene ZURÜCK?

Nichts.

Welchen Einfluß haben die tatsächlich vorhandenen Untersuchungen von Wissenschaftlern (bzw. solchen, die es werden wollen) über Rollenspielthemen auf die Autoren und die Spieler von Rollenspielen?

Keinen.

Gibt es dazu überhaupt Untersuchungen?

Natürlich nicht, weil zum einen praktisch nichts - verglichen an der Fülle von Material der Rollenspiel-"Theoretiker" aus Forge-Kreisen - publiziert wird. Da geht das universitäre Material zum einen aufgrund mangelnder Präsenz unter. Zum anderen verwenden universitäre Texte eine FACHSPRACHE, die GENAUSO UNVERSTÄNDLICH für den gemeinen Rollenspieler ist, wie der Forge-Jargon (eigentlich sogar noch unverständlicher, weil hier PROFIS in puncto Begriffsverschleierung am Werke waren).

Somit merkt kein einziger Rollenspieler, OB es überhaupt eine universitäre, wissenschaftliche Beschäftigung mit Rollenspielen gibt.

Warum also dann Soziologie oder Medienwissenschaft herausstreichen, wenn sie genausowenig (oder sogar weniger!) Einfluß auf das Rollenspiel haben wie Hethitologie oder Jura?

Diese Einstellung ist total abwegig und kommt daher, daß das WESEN dessen, was Rollenspieler unter Theorie VERSTEHEN(!) nicht wahrgenommen wird (aufgrund mangelnder Bewußtheit übrigens!).



Das Wesen der Rollenspieltheorie ist einfach: Es ist die Beschäftigung mit dem Rollenspiel an sich. Losgelöst von der aktuellen, eigenen Runde. Losgelöst von den konkreten, direkten Bedürfnissen für das eigene Spiel oder das Spiel anderer. Eine Art zweckfreier, LUSTVOLLER Beschäftigung mit den Dingen, die WAHRGENOMMENE Bestandteile des Hobbys sind.



Dabei kommt man zunächst mit seiner eigenen Wahrnehmung und seiner eigenen Meinung als Rüstzeug daher. Man untersucht das, was man kennt. Und man entdeckt MUSTER. Man entdeckt Elemente, die immer wieder so ähnlich aussehen. Man vermutet dahinter Zusammenhänge. Man abstrahiert. Man tauscht sich mit anderen aus. Man redet aneinander vorbei. - Man hat MEINUNGSVERSCHIEDENHEITEN aufgrund von WAHRNEHMUNGSVERSCHIEDENHEITEN.

Wozu also die ganzen Dispute?
Weil man sich über Fragestellungen jenseits des eigentlichen Spiels hervorragend entzweien kann entlang der klassischen Linie "Ich habe recht."-"Nein, ICH habe recht.". - Und da es Spaß macht sich mit anderen zu rangeln, liefert die Rollenspiel-"Theorie" ein geradezu ideales Umfeld für "RPG-Cage-Matches", "Grudge-Matches" und "Royal Rumbles".

Grundsätzlich sind es die individuellen Meinungen, die hier aufeinanderprallen. Aber wenn mehrere Leute merken, daß sie (unabhängig voneinander) dieselben Muster erkannt, dieselben Abstraktionen vorgenommen haben, dann bringt dieser Austausch einen echten Erfahrungsaustausch. - Das ist dann so ähnlich wie auf den Messerforen, wo die unterschiedlichen Messermacher einander Tips zur Bearbeitung geben, Vorschläge, Kritik, Anregungen(!) etwas Auszuprobieren(!), usw.

Und hier kommt dann auch der eigentliche BRENNPUNKT der Theoriediskussionen im Rollenspiel so langsam zum Vorschein, der oftmals unter den "Ich habe Recht"-Diskussionen verschwindet:

Rollenspieltheorie dient in erster Linie den ERSCHAFFERN von Rollenspielen ihr Rollenspielschaffen BEWUSSTER zu gestalten.

Rollenspieltheorie WIRKT manchmal wie ein Beschäftigen mit sich selbst. Und das IST es auch oft. Und das ist es auch, was ich an den "Theoretikern" so scheiße finde.

Wenn ein Bogenbauer sich um ein besseres Verständnis für seine Materialauswahl und Bearbeitungsfertigkeit kümmern möchte, dann geht er nicht zum Biologen, der ihm genau erzählen kann, wie eine Eibe so wächst, wie sie Entwicklungsgeschichtlich einzuordnen ist, etc. - Dieses theoretische Wissen NUTZT NICHTS. Es schafft kein erhöhtes Bewußtsein für den GEGENSTAND der beabsichtigten theoretischen Beschäftigung.

Geht er aber zu einem Materialkundler oder einem Archäologen, der sich mit der Konservation von Holzfunden befaßt hat, so kann er Sachen lernen, die er tatsächlich als ANREGUNG etwas auszuprobieren verwenden kann.

Und dann probiert er mal. Und stellt seinen neuen Bogen seinen Freunden vor. Probiert ihn selbst aus. Und dann bricht der Bogen unerwartet früh. Und dann schaut er sich die Bruchstellen genau an. Und er überlegt, ob eine etwas andere Bearbeitungsart diesen Bruch vermeiden hätte helfen können. Und dann baut er noch einen Bogen. Oder zehn. Und er hat etwas gelernt.

Und seine "normalen" Bögen, die er sonst während seiner Experimente weitergebaut hat, die hat er nun mit mehr ECHTEM, NICHTTHEORETISCHEM Verständnis gebaut. Die schießen nicht besser als die alten. Es sind aber bessere Bögen, weil er sich besser aufs Bauen versteht.

Und das ist bei den GROSSEN Rollenspielautoren auch so.

Namhafte Autoren, die sich durch viele, z.T. SEHR unterschiedliche Rollenspielsysteme bekannt gemacht haben, sind so geworden, nicht weil sie einen Theoriejargon auswendig kennen, nicht weil sie Soziologie studiert haben, sondern weil sie Rollenspiele GEBAUT haben. Viele. Und immer und immer wieder neue. - Und viele davon waren MIST. Zum Wegschmeißen (was sie hoffentlich auch öfter gemacht haben, als sie zu veröffentlichen).

Und aus diesen haben sie ihr HANDWERKSZEUG gelernt.

Das kann man NICHT aus Theorieartikeln lernen. Und nicht aus "Creative Writing"-Kursen. Das ist ERFAHRUNGSSACHE. Und Reflektion über die eigenen Schöpfungen. Somit eine theoretische Auseinandersetzung über die eigene Autoren- und Spielpraxis. Das eine befruchtet das andere.

In dieser Hinsicht ist es hilfreich ein paar der Indie-Rollenspiele zu kennen, da diese bestimmte Aspekte der Analyse, des Sezierens (nach dem jeweiligen "Theoretiker"-Meinungsfilter, der es vorgenommen hat) besonders gut sichtbar herausheben (wie unterm Mikroskop).

Wenn man sich da mal einen Haufen unterschiedlicher Indie-Rollenspiele anschaut, dann stellt man eine Gemeinsamkeit fest: Sie fokussieren auf REGELMECHANISMEN, nicht auf Settings.

In vielen wird das Setting nur angerissen, oder es gehört gar zum Mechanismus sich während des Spiels das Setting zu erzeugen.

Settingelemente werden sogar als "Farbe" (Color) abgetan. - Das ist beim Bogenbauen ähnlich. Die Farbe des Holzes hat keinen Einfluß darauf, wie sich der Bogen beim Schießen verhält.

Ein Rollenspiel "verhält" sich beim Spielen über seine Regelmechanik. Diese ist es, die von ALLEN Spielenden gleichermaßen ANGEWENDET (durch Handlungen, durch das Anwenden der Regeln) und GESPÜRT (durch die Konsequenzen für den eigenen Charakter oder die NSCs) wird.

Wenn man also eine von allen Spielenden SPÜRBARE und ANWENDBARE Eigenschaft eines Rollenspiels ändern oder einführen will, dann läßt sich diese weniger leicht, weniger merkbar über den Setting-Fluff einführen, da es keine SPÜRBAREN Auswirkungen hat, ob Elfenpfeile nun weiße oder grüne Federn haben. Das ist "Farbe" ohne "Wirkung".

Ein Rollenspielautor aus Forge-Kreisen konzentriert sich bei seinen (ich sage hier einfach mal) EXPERIMENTELLEN Rollenspielen auf das möglichst klare Herausstellen dessen, worauf er bei seinem Rollenspiel heraus wollte. Und das liegt in den allermeisten Fällen in bestimmen Regelmechanismen, die bestimmte Eigenschaften aus den "Sektions-Schalen" zusammenkleben und zum spielerischen "Leben" erwecken sollen.

Will man die Beziehungsgeflechte eines SCs mit anderen SCs und NSCs nicht im Unklaren oder im Improvisierten belassen (wie in vielen sehr erfolgreichen Rollenspielen der Fall), sondern will man sie mehr in den Brennpunkt der Aufmerksamkeit der Spieler bringen (warum auch immer), dann fällt das leichter, wenn sie durch Regeln, die zum Funktionieren dieses Rollenspiels nicht optional sind, sondern zum Regelkern, also den STÄNDIG angewandten Regeln, gehören, geregelt werden. Somit braucht das Rollenspiel Beziehungsregeln mit ausreichend Crunch, daß Anwendungsbereiche und Konsequenzen aus der Anwendung klar genug für das eigentliche Spiel hervorgehen.

Ein Forge-Autor bastelt also sein Regelsystem so, daß die "Schlüsselbegriffe", nach denen er sein Experimental-Rollenspiel ausrichten will, regeltechnisch enthalten sind.

Regelsystem.

Regelmechanik.

Regeltechnisches.

(Number-)Crunch.

Wenn ich hier nocheinmal diese Entrüstung zitiern darf:
Das hier, ist Rollenspieltheorie, die ich ernstnehmen kann. Das Geblubber, von wegen aus der Informatik entlehnt, zeigt doch nur, wo unsere Theoretiker ihr Handwerk gelernt haben. Für mich gehört Rollenspieltheorie zu Medienwissenschaften bzw. Philologien, nicht in die Hände verkappter Informatiker und Biologen (die offensichtlich noch nicht mal Grundzüge der Soziologie mitbekommen haben).
Das Zitat enthält neben einer persönlichen Meinung natürlich nur groben Unfug.

NATÜRLICH ist eine Verwandtschaft zu allen KONSTRUIERENDEN Themenfeldern gegeben.

Dies umsomehr, als die Fragen des Systementwurfs, der Systemtechnik, der Abläufe innerhalb eines Systems KERNFRAGEN der Informatik (und anderer technischer und naturwissenschaftlicher Disziplinen) sind.

Rollenspiel-"Theorie", d.h. die Vertreter der "Theoretiker", die mit einem wissenschaftlichen Anspruch ihr eigenes Ego bauchpinseln wollen, ist völlig sinnlos. Diese "Theorie" brauchen nur die Bauchpinseler selbst.

Rollenspieltheorie (wie Bogenbautheorie, wie Fechttheorie, wie Fußballtheorie) ist etwas für die PRAKTIKER!

Und zwar im engeren Sinne die Praktiker, die neue Rollenspiele BAUEN oder bestehende VERÄNDERN (Hausregeln zählen da auch als Veränderung).

Und was wird da vordringlich gebaut oder verändert?

Das Regel-SYSTEM. Die Regel-TECHNIK. Die Regel-MECHANIK.

Und wer auch immer an Systemen mit Konstruktionsfragestellungen, mit Architekturfragestellungen, mit Konzeptionsfragestellungen herangeht, der kommt um allgemeingültige Prinzipien (nein, die sind alles andere als wissenschaftlich, sondern rein empirisch) nicht herum.

Dazu gehören ganz wesentlich MUSTER (auf gut denglisch: Patterns).

Wie viele Rollenspiele verwenden einen "Zielwert" oder "Mindestwert", der mit einem oder mehreren Würfeln zu erreichen ist, um über Erfolg, Mißerfolg oder Erfolgsqualitäten zu entscheiden?

Eine ganze Menge.

Je mehr Rollenspiel-SYSTEME eine bestimmte LÖSUNGSART für eine Aufgabenstellung, die ein Regelsystem erfüllen soll (hier die Frage, ob und wie gut eine Handlung ausgeführt wurde), aufweisen, desto leichter erkennt man hier MUSTER.

Solche Muster sind schon länger in der Architektur bekannt. Von dort haben sie massiv und mit klarem Erfolg Eingang in Informatik und andere "Konstruierende Disziplinen" erhalten. Auch in der Chemie, Biologie, Physik sind Muster erkennbar. - Diese zunächst rein auf Erfahrungswerten an Einzelbeobachtungen basierenden Musterfindungen lassen sich abstrahieren.

So bekommt man das Rollenspiel-Regelsystem-Muster "Mindestwurf" mit klarem Problembereich, für den es eine Lösung darstellt, mit Anwendungsbereichsgrenzen, mit Varianten der Umsetzung (Implementierung) des Musters (z.B. Würfelpool, alle Würfel über einem festen Mindestwurf sind ein Erfolg; oder 2W10, können bei einer 10 explodieren, alle 2 Schritte über einem variablen Mindestwurf sind ein weiterer Erfolg).

Diese Muster sind zunächst bei erfahrenen Autoren IMPLIZIT bekannt. Diese Autoren haben viel gesehen und selbst viel ausprobiert, so daß sie mehr oder weniger (meist weniger) bewußt wissen, wo die Anwendungsgrenzen einer bestimmten Regeltechnik (wie dem Mindestwurf) sind, und wo sie lieber einen anderen Mechanismus für die Lösung desselben Problems wählen sollten.

Werden diese Muster durch öffentliche Diskussion PUBLIK gemacht, bekommen viele Autoren mehr, als je durch individuelles Erfahrungssammeln möglich wäre, die ZUSAMMENHÄNGE dargelegt. Diese Zusammenhänge vertiefen das Verständnis und damit das bewußte Verwenden der Muster.

Muster sind nie etwas NEUES, sondern etwas ALTES. Etwas, das erfolgreich von vielen anderen Leuten eingesetzt wurde, und wo sich jemand die Arbeit gemacht hat, das Gemeinsame darin herauszuarbeiten, um anderen die Arbeit beim Entwerfen neuer Regelsysteme zu erleichtern.

DAS ist BRAUCHBARE Theorie. Theorie in dem Sinne, wie es die synthetische Seite benötigt, nicht die nur auf Analyse versessene Seite.

Wenn ich mir anschaue, was aus dieser synthetischen Seite der Rollenspieltheorie bewußt(er) gemacht wurde, so ist das EINIGES, was ein Autor (in spe) heutzutage kennen sollte, wenn er seine kreativen Leistungen bewußter einbringen will.

In den 70er und 80er Jahren konnte man noch sehr leicht seinen Nicht-einmal-ein-Heartbreaker-D&D-Klon basteln, weil einfach ohne Internet, ohne diese praxisORIENTIERTE Theoriearbeit jeder Autor eine Insel war. Jeder kochte im eigenen Saft. Und dabei kamen oft alles andere als originelle oder bewußt durchdachte oder auch nur verstandene Regelsysteme heraus.

Wenn ich mir heute aber die Möglichkeiten für Nachwuchsautoren anschaue, so gibt es einen gewissen theoretischen Erkenntnisstand über Elemente von Rollenspielen, deren Auswirkungen, deren Einsatzgebiete, deren Verwendungsgrenzen, so daß es jedem offensteht sich hier ANREGUNGEN zu holen und sich die Arbeiten anderer in komprimierter Form BEWUSST zu machen, ohne gleich hunderte Rollenspiele selbst gelesen haben zu müssen.

Wer als Nachwuchsautor diese Möglichkeiten nicht nutzt, der begibt sich geistig in die 70er Jahre - mit allen Konsequenzen.

In soweit sage ich, daß Autoren im Rollenspielumfeld (allen voran Regelsystemautoren) durchaus ein Verständnis für Elemente und Zusammenhänge von Rollenspielen BRAUCHEN.


Dies ist Rollenspieltheorie (ohne Anführungszeichen) im Sinne von Bogenbautheorie, von Schmiedetheorie, von Kampfkunsttheorie.

Diese hat KEINEN akademischen Anspruch, sondern einen PRAKTISCHEN.

Sie soll die Praxis (des Konstruierens von Rollenspielen) den Praktikern (Autoren) erleichtern.

Diese Rollenspieltheorie hat aber auch einen Nutzen für die Spieler: sie verstehen eher, warum sie ein Würfelpool-System gegenüber einem 1W%-roll-under-System bevorzugen. Sie können artikulieren, was ihnen an welchem System warum gefällt. Sie können abschätzen wie zufallsgetrieben ein Regelsystem daherkommt.

Und aufgrund dieser URTEILSKRAFT können sie leichter BEWUSSTE und INFORMIERTE Entscheidungen bezüglich der von ihnen gespielten Rollenspiele treffen, statt nur mit dem berühmten Bauchgefühl zu kommen (welches man natürlich immer noch zusätzlich hat).

Wenn mir nun ein Spieler sagt, daß er gerne für seinen Charakter mehr Sicherheit über dessen Kompetenz im akuten Einsatzfalle hätte, dann werde ich ihm nicht ein Regelsystem empfehlen, welches statt SICHERER Kompetenzzuwächse nur höhere WAHRSCHEINLICHKEITEN zu bieten hat (also statt eines höheren festen Bonus um den Mindestwert zu erreichen nur größere Würfel, bei denen man aber immer noch auch weit unterhalb des Mindestwertes bleiben kann).

Warum ist das überhaupt für den Spieler interessant?

Wie oben schon erwähnt: Der Spieler VERWENDET das Regelsystem ständig und er SPÜRT die Konsequenzen aus der Anwendung für seinen Charakter.

Wenn nun ein Regelsystem in seiner Verwendung und in den fühlbaren Konsequenzen nicht den Präferenzen des Spielers entspricht, dann ist er unzufrieden. Natürlich kann er sich immer noch mit dem Regelsystem abfinden, wenn ihm der Fluff interessant erscheint. Doch ist es ja so, daß man den Fluff NICHT SPÜRT, sondern nur sieht. Das Regelsystem wird also beständig weiter dem Spielgefühl in die Quere geraten.

Daher sollte ein Spieler sich BEWUSST machen, was er an manchen Regeln mag und WARUM. Dann findet er leichter heraus, ob ihm ein anderes Rollenspiel liegen wird, oder nicht.



Das alles ist eine theoretische Beschäftigung mit Rollenspielen, die ohne komplexen, separierenden Jargon daherkommt und keine "Theorie" mit irgendeinem anderen Anspruch als der Rollenspielpraxis zu dienen darstellt.

So fingen viele Forge-"Theoretiker" auch mal an.

Nur hat sich - vornehmlich durch das Verwenden des Begriffs "Theorie" - ein Anspruch in dieser Clique eingestellt, der mehr will, als die "Theorie" leisten kann. Und durch diesen Anspruch, die sprachliche Abtrennung von der Hauptströmung im Rollenspielbereich, und die nur unvollständig wirkenden, wiederspielwertarmen Experimentalrollenspiele als Produkte isolierte sich diese Gruppe und deren Themenbündel soweit, daß "normale" Rollenspieler von den Vertretern der "Theorie" befremdet sind.

Dabei müßte das nicht sein, wenn nicht Anspruchs- und Elite-Denken wären.



Machst du dir Gedanken darum wie du mit Rollenspiel Spaß haben willst, wie du diesen Spaß erreichst, wie du verhinderst dass du keinen Spaß hast und tauschst dich mit anderen über diese Ideen und Erkenntnisse aus? Wenn ja, dann betreibst du bereits Rollenspieltheorie
Die Frage zielt daneben. Sie suggeriert, daß es bei der Rollenspieltheorie, welche praxisbezogen Brauchbares liefern kann, um die ANALYSE des "Spaßhabens" ginge.

Das ist Unfug.

Das machen nur die Selbstverliebten unter den "Theoretikern".

Niemand bei klarem Verstand analysiert an seinem "Spaßhaben" herum.

Wenn man sich jedoch Gedanken macht, ob man z.B. einen gefühlten (klar, Regelmechanik fühlt man IMMER) Haken im System durch eine Hausregel abmildern oder vermeiden kann, dann ist man auf einem Weg, der durch Beschäftigung mit Rollenspieltheorie (der OHNE Anführungszeichen) kürzer ausfallen könnte, als wenn man ihn ganz alleine finden müßte.


...haben die Theoretiker noch die Dreistigkeit zu behaupten, sie würden irgendetwas verbessern, dabei nimmt sie eigentlich keiner war.
Die "Theoretiker" werden eigentlich schon viel zu sehr wahrgenommen, wie ja die immer wieder aufkochenden Diskussionsthemen zeigen.

Die Theoretiker, die wirklich Brauchbares liefern, die werden meiner Meinung nach noch viel zu wenig - vor allem von zu wenigen Nachwuchs-Rollenspielautoren! - wahrgenommen.

Es ist ein Jammer, daß in Zeiten, wo Rollenspiele eine breite Erfahrungsgrundlage von über 30 Jahren zu bieten haben, Leute immer noch wie die Kotlettenträger mit Schlaghosen aus den 70ern in ihren einsamen Zimmern ihre Rollenspiele ohne jeglichen Informations- und Erfahrungsaustausch alleine vor sich hingären lassen, diese dann stolz präsentieren und dann bitter essen müssen, wenn man ihnen aufzeigt, daß sie uns einen handgefertigten Daimler Zweitakter auf Kutschen-Chassis gebastelt hatten, wo sie lässig eine S-Klasse hinbekommen hätten, wenn sie nur einmal über ihren Editorfensterrand hinausgeschaut hätten.


Ja, das ist eben das was die Forgies versuchen - systematisieren, gemeinsame Begriffe schaffen und so den Austausch erleichtern.
Im Schaffen eines Begriffsschatzes, den die Mehrzahl der Rollenspieler VERSTEHT, sind die Forge-"Theoretiker" kläglich gescheitert.

Zum Vergleich: Die Begriffe im Bogenschießen, die ein Bogenbauer und ein Bogenschütze kennen sollte, das sind die Begriffe, die in der Bogenbautheorie Verwendung finden UND IN DER PRAXIS, weil sie in der Praxis VON BELANG SIND!

Und da fehlt es beim Rollenspiel-Jargon noch sehr.

Begriffe des Forge-Jargons sind für die Autoren (ohne die Forge-Autoren) UND die Spieler OHNE jeglichen Belang.

Was hingegen von Belang ist, sind FÜHLBARE und GREIFBARE (= anwendbare) Elemente des Rollenspiels.

Ich kann mit einem Bogenschützen über Spine-Wert, Auszugslänge oder Wurfarmlänge reden.

Ich kann mit einem Rollenspieler über Trefferlokation, Erfahrungspunkte oder Magiesysteme reden.

Klar unterscheiden sich die Begriffe in den Spezifika bestimmter Rollenspielsysteme ebenso, wie ein Compound-Bogenschütze andere Begriffe verwenden wird gegenüber einem Langbogenschützen (vor allem weil bei ihm der "Crunch", d.h. die Teile des Bogens mehr und andere sind). So ist das bei Rollenspiele ja auch: In einem gibt es mehr und anderen Crunch als im anderen. Und doch verstehen sich zwei Rollenspieler, weil es ums ROLLENSPIELEN geht, was zunächst einmal unabhängig vom Crunch dieselbe Sache ist. Erst im Detail kann es sein, daß sie aneinander vorbei reden. Aber das ist ja ganz normal - unabhängig von Thema Rollenspiel.


Ich kann verstehen, daß manche gerne, wie es andere Hobbies vormachen, eine eigene Fachsprache verwenden würde. Und die gibt es im Rollenspiel durchaus. Jedoch ist sie eben nicht belastbar genug, nicht eindeutig genug, um das, was man meint, ohne noch viel mehr Kontextinformation mitzugeben, verstehen zu können.

Allein das Begriffsfeld Abenteuer/Szenario/Modul/Episode/Queste/Mission/Savage Tale/Auftrag/Heft/... ist schon begrifflich sehr schwammig, bezeichnet jedoch IMMER DASSELBE! Jeder versteht, wenn jemand sagt: "Das Abenteuer gestern war ziemlich spannend." oder "Das letzte Modul in dieser Trilogie ist nicht so gut durchdacht." oder "Die Mission, die wir nächstes Mal spielen werden, führt Euch weit in den Norden."

Man versteht sich.

Auch ohne Jargon.

Das ist ein Verständnis, welches nichts mit Theorie zu tun hat, sondern aufgrund der Häufigkeit der - s.o. auch synonym verwandten - Begriffe herrührt.

...

So gerne ich auch "hart am Mann" geführten Diskussionen und "Diskussionen" nicht abgeneigt bin, so wenig reizen mich die "Schön, daß wir übers Rollenspielen geredet haben"-"Theorie"-Diskussionen. Da kommt für das aktive Spielen weit weniger heraus, als aus konkreten Fragen in Foren wie z.b. "Wie erzeuge ich eine beunruhigende Stimmung?".

Solche Fragen sind "How to ... "-Fragen, die auf die PRAXIS, die praktische ANWENDUNG abzielen, während die jargonintensiven "Theorie"-Runden nur auf der Stelle treten, ohne den Kern dessen, was Rollenspiel ausmacht, das AKTIVE SPIEL, zu begreifen.

Und hier kann man tatsächlich ein wenig aus der universitären Ecke übernehmen: eine Theorie kann immer nur THEORETISCH sein. Das Maß für die Verifikation in Dingen, die eine praktische Verifikation ermöglichen, kann immer nur die PRAXIS bzw. die Anwendbarkeit in der Praxis sein.

Das habe ich in der Chemie in sehr schöner Weise erleben und erfahren können.

Das KANN man in solchen "weichen" Disziplinen wie Soziologie nicht, weil sich deren Gegenstände einer echten Verifikation durch Experiment und Praxis entziehen.

Rollenspieltheorie kann nur dort wirklich sinnvoll sein, wo man eine praktische Überprüfung und Anwendung vornehmen kann: im Regelsystembereich.

Geht man darüber hinaus, so wird das Terrain sehr "sumpfig". Man gelangt in soziologische, psychologische, pädagogische Bereiche, wo man prinzipiell alles mögliche behaupten kann, ohne einen harten Beweis antreten zu können.

Das bringt außer einer Selbstbeschäftigung nichts für das eigentliche Rollenspiel. Das Beste, was dabei herauskommen kann, sind "Hauruck-Psychologische Tips" für Spielleiter oder Spieler.

Und dabei sind diese Spielleiter-Tips ja eine gute Sache - nur eben nicht im Geringsten aufbereitet, sondern ROHE ERFAHRUNGEN und ROHE EMPFEHLUNGEN die einzelne aussprechen, für die jene, in den Tips beschriebene Vorgehensweise, eventuell funktioniert hat.

Und Spielerkategorisierungen nach Method Actor sind genauso belastbar wie das Chinesische Horoskop oder eine Enneagrammzuordnung. - Und taugen letztlich für das Spiel in einer Rollenspielgruppe nichts.

Das heißt nicht etwa, daß sich die "weichen" Wissenschaften nicht mit Rollenspielen beschäftigen sollen. Es heißt nur, daß es nichts nützt, wenn sie es tun. Es bringt nur eine weitere Abschlußarbeit, ein weiteres ohne mehrjähriges Soziologiestudium unlesbares Dokument ohne jegliche Auswirkung auf den "Normalrollenspieler". - Das ist genausogut wie die Rollenspiel-"Theorie". Nur Gelaber ohne Belang.

Da sind die Rollenspielregelsystem-Entwurfsmuster etwas mit Hand und Fuß. Das ist Theorie mit Belang und Nutzen.

Wenn es keinen Einfluß auf die Rollenspielszene insgesamt hatte/hätte, dann könnte man alles Theoretische auch bleiben lassen und jeder spielt vor sich hin im unbewußten Dunkel ohne Urteilskraft und ohne Verständnis.

Einflüsse SIND DA.

Nur stehen und fallen die Einflüsse mit EINZELPERSONEN der Szene.

Eine Breitenwirkung zumindest auf die Autoren, die Nachwuchsautoren, ist nicht zu bemerken. - Auf die Spielleiter nicht und auf die Spieler schon gleich garnicht.

Nur wenn man den Belang und Nutzen DARSTELLEN kann, werden sich mehr Leute mit den Fragestellungen zum Rollenspiel an sich befassen wollen und so mehr über sich, ihre Vorlieben, ihr Hobby erfahren können. - Aber das ist etwas, was nicht in den muffigen Gängen von Soziologie-Fakultäten passieren wird, sondern überall da, wo tatsächlich gespielt, gehausregelt, geschrieben wird.
 
AW: Warum Rollenspieltheorie?

Meiner Meinung nach ist der größte Teil der Rollenspiel"theorie" nur heiße Lust und gegenseitige Masturbation. Ich meine, es reicht doch schon, wenn man sich folgendes vor augen führt:

Es gibt erfolgreiche Rollenspiele und ihre Designer. Und es gibt die Theoretiker und Ego-Narren aus dem dunstkreis der Forge.
 
AW: Warum Rollenspieltheorie?

Es gibt erfolgreiche Rollenspiele und ihre Designer.

Wenn man Cook und Tweet als Beispiel nimmt, haben die beiden (oder zumindest Tweet) zwar andere gute Spiele entwickelt, die waren aber alle nicht besonders erfolgreich.

Das erfolgreichste deutsche Rollenspiel glänzt weder durch gutes Design, noch können die Autoren irgend einen anderen Erfolg vorweisen.
 
AW: Warum Rollenspieltheorie?

Ars Magica würde ich jetzt nicht unbedingt als "Nicht erfolgreich" bezeichnen. Und was ist mit Steve jackson? Mark Rein-Hagen?
 
AW: Warum Rollenspieltheorie?

Ars Magica ist, so sympathisch ich es finde, ein "ferner liefen" System. Steve Jackson führt seit langem ein einigermaßen gut gehendes Rollenspielunternehmen, hat aber auch nur ein erfolgreiches System im Lebenslauf.

Ähnlich sieht es mit Rein-Hagen aus.


Was ich damit sagen will - Erfolg hatte in der Vergangenheit selten etwas mit guten Designern und/oder gutem Regeldesign zu tun.
Wichtig ist, den Zeitgeist zu treffen, ein massenkompatibles Setting zu haben und genug Möglichkeiten zum Powergaming zu bieten.
 
AW: Warum Rollenspieltheorie?

Wichtig ist, den Zeitgeist zu treffen, ein massenkompatibles Setting zu haben und genug Möglichkeiten zum Powergaming zu bieten.
Und genau das ist es, was bei der Rollenspieltheorie oft fehlt. Erster Ansatzpunkt ist der spätere Spieler und das Spielthema. Der vorgeschaltete Markt bleibt aber meist unbetrachtet.
 
AW: Warum Rollenspieltheorie?

Wichtig ist, den Zeitgeist zu treffen, ein massenkompatibles Setting zu haben und genug Möglichkeiten zum Powergaming zu bieten.

Und das tut keiner der "armchairdesigner" des Forge-Kreises. Die meisten von denen spielt doch selbst gar nicht mehr. Die einzigen, die ein Rollenspiel haben wollen, das entwickelt wurde um eine Philosophie oder einer Theorie zu "beweisen" sind doch solche designer und ihre Jünger, die jeden dünnschiss dieser "designer" für manna vom himmel halten.

ICH als rollenpieler will ein Spiel das mir SPASS macht. Ein spiel, das mich innerhalb von drei sätzen bei den eiern packt und sagt "SPIEL MICH!" Und die finde ich nicht im Forge-Kreis. Die sehe ich im real existierenden Rollenspielmarkt. Die sehe ich in spielen wie D&D, DSA, SR, nWoD, Warhammer RPG, Rollmaster, Fading Suns, LUG Star Trek, Rifts, etc, ad absurdum. Die sehe ich nicht in solche designstudien wie sorcerer.

An dem Tag, an dem ein solcher erztheoretiker ein spiel entwickelt, das genau so erfolgreich (Am MARKT / bei den SPIELERN) ist, wie eines der oben genannten, an dem tag fange ich an, die theoretiker ernst zu nehemn. Vorher nicht.

(Was mit ein grund ist, warum ich immer wieder die updates zu Adam Drey's "VERGE" bekomme - ich gebe ihm das feedback eines SPIELERS).
 
AW: Warum Rollenspieltheorie?

An dem Tag, an dem ein solcher erztheoretiker ein spiel entwickelt, das genau so erfolgreich (Am MARKT / bei den SPIELERN) ist, wie eines der oben genannten, an dem tag fange ich an, die theoretiker ernst zu nehemn. Vorher nicht.
Und wenn jeder das so macht, kann das Spiel erst gar kein Erfolg werden. :D
 
AW: Warum Rollenspieltheorie?

Das Problem bei den Forge-Spielen ist das Fehlen eines interessanten Settings. Das macht es für Otto Normalspieler so interessant wie Theodor W. Adorno für die gelangweilte Hausfrau.

Ausserdem, ich denke das geht aus Zornhaus Erörterng heraus, sollten wir den Begriff der Theorie überdenken. Ich wäre für Praxis Analyse.
 
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