AW: Warum ich mit RAW und Abenteuerspiel im RPG nichts anfangen kann
Ich frage mich, warum es so klingt als wäre ARSiges "using rules by the book" so etwas neues wäre?
Ich denke, grundsätzlich haben alle Runden so angefangen, dass man sich das Spiel (Rollenspiel) gekauft hat und nach den Regeln gespielt hat, die im Buch stehen. (Okay, das leidige DSA, dass schon Schummeln by the book erfand, lasse ich mal weg, nicht jeder hat mit dem Schummel DSA angefangen).
Wir haben mit DSA 1984 angefangen. Und wir haben es hardcoremäßig "by the book" gespielt. Letztendlich war es ARS (mit begrenzter Ressourcenverwaltung) pur...
Es war auch kein Problem einen Charaktertod hinzunehmen, denn wir haben das Spiel nie so ernst genommen und ein Charakter war schnell gemacht.
Danach haben wir MERS, Cyberpunk 2020, Traveller, Shadowrun und noch etliches anderes gespielt. Und wir spielten immer sehr ARSig...
DSA 3 und WoD und dergleichen haben wir elegant umgangen...
Tja, inzwischen ist sehr viel Zeit vergangen. Ich bin 37, habe Automatisierungstechnik studiert und sitze in der technischen Kundenberatung eines unternehmens und bin 40 Stunden in der Woche nur damit beschäftig, strategische Entscheidungen zu treffen, Ressourcenmanagement zu betreiben und Leute zu beraten, wie sie am effektivsten zu ihrem Ziel kommen...
Und ehrlich gesagt: ARS geht mir inzwischen meilenweit am ARSe vorbei!
ARS ist eine tolle Art zu spielen - wenn man Lust dazu hat.
Aber ich will am Freitag Abend (und wir spielen seit 20 Jahren so gut wie jeden Freitag Abend) einfach nicht mehr strategische Entscheidungen zu treffen, Ressourcenmanagement zu betreiben und zu beraten, wie man am effektivsten zum Ziel kommt.
Und noch was ganz ehrlich: Nach fast 25 Jahren ARS und was dazu gehört muss ich ehrlich sagen: Och nö, nicht noch so ein Dungeon, nicht wieder eine zu infiltrierende Burg, nicht schon wieder einen Shadowrun.
So ab und zu mal, ist das ganz nett, aber hey, das mache ich jeden Tag.
Besondere Erfolgserlebnisse bei "besonderen Aufgaben" verspüre ich einfach nicht mehr.
Glücklicherweise geht es meinen Mitspielern sehr ähnlich, da wir 3 Informatiker haben und einen Steuerfachangestellten haben, die den ganzen Tag nur strategische Entscheidungen treffen, Ressourcenmanagement zu betreiben und zu beraten, wie man am effektivsten zum Ziel kommt.
Sicherlich zocken wir auch mal DnD hardcore by the book, aber das ist inwischen wirklich die Ausnahme. Wir spielen auch mal übelstes Stimmungsspiel, aber auch das ist die Ausnahme.
Meistens spielen wir, das was wir spielen wirklich "by the book". Es wird offen gewürfelt, schummeln tut schon seit jahrzehnten keiner mehr, und man kennt sich gut genug, um zu wissen, was der andere will.
Wenn ich mir die ganze Diskussion bisher betrachte, dann muss ich wirklich mit Monty Pythons "Leben des Bryan" vergleichen. Irgendwann hat Bryan mal auf ner Mauer gestanden und was seltsames gesagt. Es klang wie "Rollenspiel ist toll..."
Das hat eine Menge Leute begeistert, weil es total unverständlich war. Und die rannten ihm dann hinterher, ob er es wollte oder nicht. Und auf der Flucht verlor er erst seinen ARS Schuh und warf dann die Storytelling Flasche weg. Und sofort bildeten sich zwei Sekten, die eine folgte dem Heiligen ARS Schuh und die andere der heiligen ST Flasche.
Und gegenseitig verbrannten sie sich dann immer mal wieder gern als Ketzer.
Wenn ich oben lese, dass "man dem Spielleiter mit der goldenen Regel auf gedeih und verderb ausgeliefert sei", dann wird mir etwas mulmig...
Was spielt Ihr denn für Rollenspiele? so mit anketten und auspeitschen?
Wir nutzen die goldene Regel nicht, denn sie ist bei uns unnötig.
Aber wenn ich an einem Tisch säße, wo mir das Spiel gefiele und der Spielleiter würde lieber mit der Regel in gold spielen, dann darf er das auch gern. Aber deswegen bin ich doch nicht ausgeliefert.
Wenn sich der Typ als unfähig erweist und völlig schlechtes Rollenspiel liefert, dann stehe ich auf und gehe. Das gleiche gilt, wenn irgend ein Mitspieler nur noch Mist baut und mir den Abend versaut.
Und das hat nichts mit der "Regel in Gold" zu schaffen.
Wenn ich ARS zocke, und der Spielleiter ist taktisch eine Null, so dass man ihm alle Konflikte in der Luft zerfetzen kann, dann spiele ich da auch nicht weiter - und wenn er die Herausforderungen unlösbar macht, weil er sich dran aufgeilt, es den Leuten mal so richtig gezeigt zu haben, dann "hasta la vista, baby!"
Bei dem ganzen Gestreite hier gehen alle immer davon aus, dass der Spielleiter scheisse ist und die Spieler dann unter der goldenen Regel leiden.
Stimmt!
Aber das ist im ARS auch nicht anders, wenn der Spielleiter scheisse ist!
In beiden Fällen wird der Typ nicht lange am langen Ende des Tisches sitzen.
Deswegen ist die ganze seierei ziemlich unrelevant, denn hier werden GAU Szenarien bequatscht, die keine sind, einfach weil jeder Spieler jederzeit aufstehen und gehen kann. Oder dem Spielleiter den Vogel zeigen und die Meinung geigen kann.
Ich persönlich brauch die goldene Regel nicht. Ich spiele am liebsten so wie im Buch. Wenn ein Rollenspiel Hausregeln braucht, dann ist es in meinen Augen schon mal nicht wirklich wertvoll. Dann könnte es nur noch wegen einem außergewöhnlichen Setting punkten.
Im Moment sind mir Systeme wie Savage Worlds oder Uni am liebsten, eben wegen den von Zornhau erwähnten features.
Diese ganze ARS / Storytelling (Stimmungsspiel - diesen Namen finde ich sowas von daneben) Diskussion hier und auch überall anders finde ich aber ziemlich für den Eimer.
ARS ist ein bestandteil vom Rollenspiel und auch kein Kleiner. ARS ist wichtig und unterhaltsam und bei der ganzen PRO-Storytelling (das einzig wahre
) Predigt der letzten Jahre war es auch wichtig, dafür ein Faß aufzumachen um zu zeigen "das geht auch und ist kein quent schlechter".
Aber inzwischen weiss jeder, dass das Fass offen ist. Und jeder konnte sich gedanken machen, ob ARS was für ihn ist.
Und inzwischen geht die PRO-ARS Predigt den gleichen beschissenen Weg, den die PRO-ST Predigt auch gegangen ist - in Richtung "alles schlechtmachen, was nicht ARS ist".
Voll daneben!
Frank
der gern ARS zockt.
der gern ST zockt.
der gern Rollenspiel zockt.
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