Rollenspieltheorie Warum ich mit RAW und Abenteuerspiel im RPG nichts anfangen kann

AW: Warum ich mit RAW und Abenteuerspiel im RPG nichts anfangen kann

Das Spiel ist seit 2002 draußen... Da kann man locker schon 2-3 Kampagnen damit gespielt haben.
 
AW: Warum ich mit RAW und Abenteuerspiel im RPG nichts anfangen kann

die meiner Erfahrung nach gegen eine Tauglichkeit für LÄNGERE bzw. WIRKLICH LANGE (10+ Jahre) Kampagnen sprechen.

Wie viele sagtest du, Skyrock? Zwei bis drei? 2002 ist schon zwanzig bis dreißig Jahre her? Ich brauche einen neuen Kalender.

mfG
bdd
 
AW: Warum ich mit RAW und Abenteuerspiel im RPG nichts anfangen kann

Da redet Zornhau von einer langen Kampagne - und zehnjährige Kampagnen sind (zum Glück) nicht gerade die Norm. Normale Kampagnen von 1-2 Jahren Dauer wären mit TRoS hingegen schon ein paar drin gewesen.
 
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In einer langen Kampagne, also tatsächlich 10 Jahre und mehr, zeigt sich zum einen, ob das verwendete Rollenspiel tatsächlich kampagnenfähig ist (denn was 10 Jahre durchhält, das hält auch bei zwei bis drei Jahren für kurze Kampagnen), und zum anderen, ob der "Wiederspielwert" hoch genug ist, daß das betreffende Rollenspiel nach dieser Zeit noch gespielt werden mag.

Mein Eindruck von so manch einem Rollenspiel - nicht nur, aber eben auch Forge-Spielen - ist der, daß man der dortigen "innovativen" Inhalte und Spielweisen sehr bald überdrüssig wird. - Sehr bald natürlich aus Midgard- oder D&D-Sicht gesehen.


Noch einmal mein Eindruck von der "Kampagnentauglichkeit": Wenn sich ein Rollenspiel explizit das Hervorheben der individuellen Zielsetzungen des Einzelcharakters vor allem anderen vorgenommen hat, dann liegt da eine "Bewegung" weg vom Team, weg von der Gruppe vor, die - meist ja auch regeltechnisch unterstützt, attraktiv gemacht, forciert - den Charakter nur auf sich und nicht auf die Gruppe ausrichten.

Diese Betonung des ICH vor dem WIR der "old school"-Abenteuerergruppe stellt sich bei mir als das Haupthindernis für eine echte Kampagnentauglichkeit dar.
 
AW: Warum ich mit RAW und Abenteuerspiel im RPG nichts anfangen kann

2-3 Jahre = kurze Kampagne? Ich nehme an, bei einem regelmäßigen Rhythmus von mehrmals im Monat spielen? Oh Mann, wir leben echt auf zwei unterschiedlichen Planeten...
 
AW: Warum ich mit RAW und Abenteuerspiel im RPG nichts anfangen kann

Ich hoffe bei dir ist noch ein Plätzchen frei, Frank.

Auch bei Shadowrun, Magus, Vampire, Gurps, Changeling und womit ich meine Jugend sonst noch so verbracht habe, war der Widerspielwert bei mir nie so hoch, dass die Kampagnen länger als 10 Sitzungen geworden wären.
 
AW: Warum ich mit RAW und Abenteuerspiel im RPG nichts anfangen kann

Auch bei ..., war der Widerspielwert bei mir nie so hoch, dass die Kampagnen länger als 10 Sitzungen geworden wären.
10 Sitzungen sind bei uns noch nicht einmal eine Kampagne, sondern ein etwas längeres Szenario. Quasi ein ausgedehnter One-Shot, wenn dieses Szenario nicht innerhalb einer Kampagne eingegliedert gespielt wurde.

MEINE Kriterien hinsichtlich Wiederspielwert bzw. Dauerspielwert und hinsichtlich der Kampagnentauglichkeit liegen zeitlich gesehen deutlich jenseits dem für meinen Geschmack doch eher sehr begrenzten Format von ein oder zwei Handvoll Spielsitzungen.

Und das ist ja auch einer der "Knackpunkte": Nach 8 oder 10 Spielsitzungen sind in den ausschließlich charakterzentrierten Rollenspielen alle interessanten Punkte des Charakters FERTIGGESPIELT. Die Kicker, Issues, whatever sind aufgelöst, erledigt, haben ihre fatale Wirkung entfaltet, was auch immer. - Das Spiel ist hier am Ende.

Das KANN auch bei anderen, nicht-charakterzentrierten Rollenspielen der Fall sein. Dann hat man das, was ich oben als ausgedehnten One-Shot bezeichnet habe.

Aber diese anderen, nicht nur auf die persönlichen Befindlichkeiten des Charakters, sondern auf das Wirken der Gruppe insgesamt innerhalb und auf die Spielwelt ausgelegten Rollenspiele, SKALIEREN eben weit über dieses "Kurzgeschichten"-Format hinaus. Die Geschichten dort sind nicht so schnell fertigerzählt. Sie sind sogar eventuell NIE fertigerzählt (so wie in vielen Heftchen-Roman-Serien).

Und das geht nur, wenn diese Spiele kampagnentauglich sind.

Kampagnentauglichkeit erweist sich eben ganz offensichtlich am High-End der Skalierbarkeit eines Rollenspiels. Dann taugt das Rollenspiel auch für geringere Ansprüche an Kampagnendauer.

Wenn aber die Skalierbarkeit schon bei ausgedehnten One-Shots ihre Grenzen erreicht, dann ist ein solches Rollenspiel für MICH und das, was ICH von einer Kampagne erwarte, nicht tauglich.

Was nicht heißt, daß es keinen Spaß machen kann nur eine oder zwei Handvoll Spielsitzungen bis zum Ende der Geschichte zu spielen. Es ist halt nur die "Kompaktklasse" für geringere Ansprüche. Fahrspaß kann die auch bieten, nur weniger Raum. Eventuell ZU WENIG Raum um seinen Charakter langsam und organisch WACHSEND sich entwickeln zu lassen.

Mir kommen manche dieser sehr charakterzentrierten Rollenspiele so vor als würden sie die Charakterentwicklung, die Auswirkungen der psychischen Eigenheiten des Charakters WIE IM ZEITRAFFER durchhetzen lassen. - Da bleibt für mich das "Natürliche Tempo" auf der Strecke.

Bevor man Zeit hatte sich in seinen Charakter (wie in ein paar neue Schuhe) einzufühlen, ihn "einzutragen", da kommen schon alle möglichen Komplikationen, die den Charakter in seinen Grundfesten betreffen, und er muß neu besohlt werden, die Schnürsenkel reißen und er wird eventuell unbequem zu tragen. Und dann schmeißt man ihn weg.

Ich sagte ja schon: Auch Rollenspiele sind Kinder des herrschenden Zeitgeistes.

Die Auslutschen-und-Wegschmeißen-Einstellung, die heutzutage überall vorherrscht, macht auch nicht vor Rollenspielen Halt.

Charaktere werden da auf schnellen "Verbrauch" ausgelegt, gleich von Anfang an mit "Altlasten" bestückt, so daß man nur noch beim Siechtum zusehen muß, welches wie in Greenaways Film "Zoo" wie im Zeitraffer passiert.

Das war früher nur bei Paranoia und - auch nicht immer - bei Call of Cthulhu üblich und dafür waren diese beiden Rollenspiele auch als EXOTEN bekannt. Fast alle anderen Rollenspiele hatten einen weitaus weniger verschleißenden Charakterumgang, der es einem erlaubte mit seinem Charakter als Alter Ego lange Jahre Spaß zu haben.

Mir ist klar, daß das heute - insbesondere in Forge-Kreisen - nicht mehr so gewollt ist. Da MUSS man dann das Schnelllebige MÖGEN. Wer das nicht mag, der spielt schlecht. - Schon OK. Das ist auch der Zeitgeist.

Ich MAG es, wenn eine Kampagne nach drei oder vier Jahren eine vorab nie vorhersehbare Wendung nimmt und man noch zehn Jahre nach Abschluß der Kampagne mit den damaligen Spielern darüber redet, was da alles vorgegangen ist. Das sind die "ruhmreichen Zeiten", von denen man gerne erzählt (und von denen ich von anderen Spielgruppen gerne höre und lese).

Welchen Eindruck machen denn schon McCampaign-Huschhusch-Runden, wenn man von denen im Jahr locker zehn durchspielen kann?

Klar hat man dann zehnmal "Die Welt verändert". Schon klar.

Das ist so, wie mit den Filmen, wo man statt EINES Monsters mit ein wenig, aber beeindruckenden Special Effects, nun Hunderte computeranimierter Monster gleichen Typs auftauchen läßt, und meint, daß man über diese Quantität dann entsprechend viel mehr Spannung und Spaß erzeugt.

Das geht aber im Film wie im Rollenspiel nicht auf.

Bei mir bleiben One-Shots zwar als nette Erinnerung erhalten, aber als GENIALE Rollenspielerfahrungen blicke ich nur auf echte Kampagnen zurück, worin sich die Charakter UND DIE SPIELER mit der Zeit weiterentwickelt haben.

Action und Persönlichkeitsentwicklungen bedürfen deutlich unterschiedlicher Zeiten. Für Action kann es nie schnell genug gehen. Für das Entwickeln und Ausleben der Persönlichkeit eines Charakters braucht es hingegen ein langsameres Tempo.

Wenn man versucht beides gleichzubehandeln, alles Schlag-auf-Schlag passieren zu lassen, dann bekommt man nur ein Gestörten-Hektik-Szenario mit Knallchargen als Charakteren, die mittels "Overacting" jede noch so subtile Charakterfacette auf den Seziertisch der Regelmechanismen ziehen.

Mich läßt das eher kalt.

Da habe ich genauso wenig davon, wie wenn ich einen Cheeseburger esse. Das macht meinen Rollenspielhunger nur für einen viel zu kurzen Moment satt. Und es bleibt kein wohliges Gefühl zurück.
 
AW: Warum ich mit RAW und Abenteuerspiel im RPG nichts anfangen kann

Andererseits frage ich mich wie man eine zehnjährige Kampagne führen kann ohne entweder den Quark möglichst breit zu treten ("Nicht zuviel Spaß auf einmal, er muß noch 5 Jahre lang halten!"), Charaktere zu wechseln oder einen neuen Handlungsstrang zu beginnen (was beides für mich keine geschlossene Kampagne mehr wäre).

Auch bei meinen Klassikern wie DSA3, SR und Midgard hätte ich _nie_ so viel Wiederspielwert finden können dass ich es länger als 3 Jahre durchgehalten hätte. Außer der extrem langsamen Charakterverbesserung wo man sich erst einmal ein paar Jährchen hochzuspielen hat bis man endlich ein HELD statt einem helden ist und endlich etwas Spaß haben darf, aber so etwas ist in meinen Augen kein effektiver Anreiz für Langzeitspiel, in meinen Augen ist es im System verankertes Quark-breit-treten. Ehe ich mir nochmal ein halbes Jahr mit erschlagenen Ratten und einarmigen Goblins gebe spiele ich in der Zeit lieber eine McForge-Campaign die es schafft _jetzt_ zum Knackpunkt zu kommen.
 
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aha. Darf ich das was der Herr Zornhau da so ergüssig von sich gab in einem kürzeren Rahmen zusammenfiltern?

"One Shots sind manhcmal schön aber nicht das Wahre. Richtig schönes Rollenspiel gibts nur in einer Kampagne."

Ja warum setzt man/ich sich dann überhaupt noch hin und schreibt One Shot- Szenarien?


gruß

Soma

das verwirrte Kaninchen
 
AW: Warum ich mit RAW und Abenteuerspiel im RPG nichts anfangen kann

Das is das Problem beim zusammenkürzen, oft vergisst man etwas Wichtiges! Eine bessere Kurz-Version wäre z.B.
"One Shots sind manchmal für mich schön, aber nicht das Wahre. Richtig schönes Rollenspiel gibts für mich nur in einer Kampagne.Ich weiß, daß viele Leute heute das anders sehen!!!"
 
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Kampagne = Handlungsbogen (und- wichtig- auch Spannungsbogen) einer TV-Serien-Staffel.

One-Shot = Handlungs und Spannungsbogen eines Abendfüllenden Spielfilms bis hin zum TV- Dreiteiler.

Eine Staffel versuche ich innerhalb eines Jahres durchzubekommen. Sonst wird's irgendwie... Künstlich lang. Ein One-Shot sind 3-5 Sitzungen.
 
AW: Warum ich mit RAW und Abenteuerspiel im RPG nichts anfangen kann

Andererseits frage ich mich wie man eine zehnjährige Kampagne führen kann ohne entweder den Quark möglichst breit zu treten ..., Charaktere zu wechseln oder einen neuen Handlungsstrang zu beginnen (was beides für mich keine geschlossene Kampagne mehr wäre).
Wenn man die Einschränkung auf "geschlossene Kampagnen" machen will.

Davon war aber hinsichtlich Kampagnenfähigkeit nicht nur NIE die Rede, sondern das ist auch ein Indiz für eine reine Individualcharakterfixiertheit. Eine Sicht eben, die durch die Forge-Spiele geprägt ist, die aber bei Nicht-Forge-Rollenspielen eben nur EINE VON VIELEN verschiedenen Sichtweisen auf Kampagnen ist.

Wenn in einer Kampagne die GRUPPE das tragende Element ist, dann sind Zugänge und Abgänge zur Gruppe (neuer Spieler macht mit, alter Spieler ist mit der Uni fertig und zieht weg - ganz normale Gründe für solche Wechsel, die in 10 Jahren und mehr Spielzeit tatsächlich vorkommen WERDEN) etwas ganz Normales.

Das muß eine Kampagne ab können.

Kann sie das nicht, dann ist sie viel zu Charakterfixiert und geht ein, wenn auch nur ein Charakter oder - schlimmer noch - ein Spieler sie verläßt. - Klar daß so etwas nicht lange halten kann.

Bei MEINER Erwartung an die Kampagnenfähigkeit steht "HELDEN Jetzt!" IMMER im Vordergrund. Also kein "Spaß-Verdünnen", damit es über die Zeit reicht.

Das ZIEL ist NICHT 10 Jahre zu spielen, sondern JETZT und HIER etwas Besonderes zu erleben. (Das ist noch kein Unterschied zum One-Shot.) Das Ziel ist aber auch das Erleben des Besonderen GEMEINSAM in einer KONTINUIERLICH FORTGESCHRIEBENEN Heldengeschichte zu erspielen.

Es ist nicht eine Ansammlung an Leuten die jeder für sich an ihrem Charakter herummasturbieren, sondern Leute, die MITEINANDER sinnliche Spielerfahrungen machen, die man ALLEINE NIE so machen könnte (aus "charakter-anatomischen" Gründen).

Nicht nur die Charaktere gehen bei einer Kampagne durch Dick und Dünn, sondern auch die Spieler. Der eine wird arbeitslos, hat viel Zeit aber kein Geld. Der nächste hat Streß im Job und kämpft sich zeitlich jeden einzelnen Spieltermin frei, weil es ihm wichtig ist. Der nächste arbeitet auswärts und kommt NUR FÜR DIE KAMPAGNE hergefahren, weil sie ihm etwas bedeutet.

Da "stört" das wirkliche Leben, der Alltag, weit mehr als ein Regelsystem stört.

Und es stimmt natürlich, daß solche Regelsysteme mit angezogener Handbremse bei der Charakterkompetenzentwicklung wie Midgard dann auch irgendwann in eine enorme Frustzone fahren. Gerade bei Midgard wird eine lange Kampagne irgendwann von solchen "Features" des Lernsystems torpediert wie Charakter A muß zweieinhalb Jahre Lernen um seine Kurzschwert-Fähigkeit um +1 zu steigern. Charakter B lernt aber "nur" 6 Monate. Was machen wir nun? Wartet B zwei Jahre Däumchendrehend auf A, bis der fertiggelernt hat, um endlich wieder was Spannendes zu erleben?

Das ist aber ein Midgard-eigenes, hausgemachtes Problem, welches ich den Midgard-Autoren ankreide, aus deren Tastatur im Midgard-Forum auch schon mal solche Sache zu lesen waren, wie daß Midgard für SPIELER-Charaktere nur bis vielleicht Grad 8 oder so gedacht sei, während die "saftigeren" Grade eh nur für NSCs vorgesehen seien. - So ein Scheiß! Eine Zweiklassen-Kompetenz, die - anders als bei Mook- oder Extras-Regeln, wo die SC KOMPETENTER als die Dutzendgegner sind - hier die Kompetenz der SCs künstlich kleinhält.

Dieser Kleinhalte-Vorwurf ist, so meine Erfahrung GERADE aus langen Midgard-Kampagnen, für Midgard absolut gerechtfertigt. - Für D&D, RuneQuest, und andere überhaupt nicht.

Außer der extrem langsamen Charakterverbesserung wo man sich erst einmal ein paar Jährchen hochzuspielen hat bis man endlich ein HELD statt einem helden ist und endlich etwas Spaß haben darf, aber so etwas ist in meinen Augen kein effektiver Anreiz für Langzeitspiel,
Umgekehrt. - Gerade wenn man die seit D&D-Anfängen typische AUFSTIEGS-Geschichte vom Tellerwäscher zum Master of the Universe als CHARAKTERBEZOGENEN Kompetenzentwicklungsweg spielen WILL, und deshalb spielt man ja z.B. ab Level 1 und nicht schon ab Level 10, was ja immer schon möglich war (ja, auch im alten AD&D 1st Ed. war das verbreitet), dann ist GENAU dieser Aufstieg, bei dem man ganz bewußt jede Sprosse der Leiter aus eigener Kraft, mit eigenem Geschick, mit eigener Findigkeit erklimmen WILL, einer der Anreize für ein Langzeitspiel. - Hier kann man sich etwas erarbeiten, was man anderswo GESCHENKT bekommt.

Das ist wie mit dem Krafttraining oder mit Stretching. DER WEG IST (bei diesen Kampagnen) DAS ZIEL (für den einzelnen Charakter bzw. dessen Spieler).

Aber die Langzeitspielmotivation nur auf die Aufstiegsgeschwindigkeit der Charakterkompetenz zu reduzieren, geht an den eigentlichen Motivationsträgern völlig vorbei. Diese Reduktion kommt meinem Eindruck nach aus eine viel zu sehr charakterfixierten Sichtweise.

Die ist natürlich Forge-genährt.

Wenn ich mit einem HELDEN starten will, und Geschichten spielen will, wo der HELD auf dem Gipfel (oder nahe dran) seiner Kompetenz ist, dann sind das etwas andere Geschichten mit weit WENIGER ÄNDERUNGEN IN DER KOMPETENZ als dies bei den Aufstiegsgeschichten vom inkompetenten Anfängen (mit dem sich wohl jeder schnell identifizieren kann) zum Excellent Universal Overlord (dessen ausgemaxte Intelligenz- und Charisma-Werte nicht mehr im menschlich möglichen Vorstellungsbereich liegen dürften).

Conan, um mal ein klassisches Beispiel heranzuziehen, erfährt sehr, sehr viel WENIGER Charakterkompetenzänderungen (sprich: Verbessern von Kampfwerten, von Charakteristiken) im Laufe seiner Abenteuer, als z.B. Pug in Pug&Thomas (Midkemia), der tatsächlich vom inkompetenten Zauberlehrling (weil er für eine andere Lehre zu ungeschickt war!) zum Bad-Ass-Mega-Mage im Laufe der Romane wird.

Conan erlebt auch Entwicklungen. Aber diese hängen nicht mit seiner stets als hoch angelegten Kompetenz als Kämpfer zusammen, sondern mit den Leuten, denen er begegnet, den Ländern, die er bereist, etc.

Man kann somit Charakterentwicklung auf vielen anderen Ebenen als nur im Angriffswert und in den Hitpoints betreiben.

Und das unabhängig, sogar parallel und überlagert den vom Regelsystem vorgegebenen Entwicklungs-Vektoren.

Solche Charakterentwicklung ist aber eine, die in einem ANDEREN TEMPO erfolgt, als die der Kampffertigkeiten. - Und bei der Frage nach dem angemessenen Tempo für Entwicklung z.B. von Verantwortungsgefühl, da sind die Forge-Spiele zu sehr mit der Vorspultaste zugange. - Ich meine hier auch nicht einen Charakter, der VON ANFANG AN ein hohes Verantwortungsgefühl hat. Da entwickelt sich, analog einem von Anfang an kompetenten Kämpfer, zu wenig merkbar weiter. Sondern ich meine einen Charakter, der z.B. als verantwortungsloser, in den Tag hinein lebender Söldner, Geldverschwender und Beziehungsunfähiger startet, der sich aber - durchaus geprägt durch kritische Ereignisse in der Kampagne bzw. durch das VORBILD(!) anderer Charaktere (und Spieler) - in eine Richtung entwickelt, wo er zu einem verantwortungsbewußten Truppenführer, einer echten, verbindlichen, loyalen Führungspersönlichkeit wurde. Das war weder vorher geplant, noch konnte man das an irgendwelchen Charakterwerten vorher festmachen. Es gab kein "Verlangen" in dieser Richtung bei der Charaktererschaffung, sondern der Charakter wurde so erschaffen "wie er nun einmal war". Und dann begann das Spiel, die Kampagne und die änderte DIE WELT. Die Charakter veränderten sich (bewußt und - häufiger - unbewußt), die Welt wurde von ihnen stark geprägt und dies wirkte auf die Charaktere zurück.

Man schaue sich einmal die sehr kompetenten Charakter bei Babylon 5 an. Da sind kaum jüngere Charaktere darunter (keine in wichtigen Rollen). Die Charaktere dort änderten über 5 Staffeln hinweg das Universum. Sie trafen die Entscheidungen, die Weichen für die Zukunft stellten. - Und es gab hier auch Charakterentwicklung (Garibaldi z.B., oder Londo Mollari und erst Recht G'Kar). - Aber war das jetzt eine typische Aufstiegsgeschichte, wo G'Kar anfangs Level N hatte und am Ende Level N+10 oder so?

Nein. Natürlich nicht. (Und deshalb paßt auch die D20-Herangehensweise bei B5 so schlecht.)

Eine Charakterentwicklung passiert wie das schon erwähnte "Eintragen" eines neuen Schuhs. Noch vor der allerersten Spielrunde mit einem neuen Charakter kann ich nicht sagen, wie er denn nun wirklich sein wird. Ich habe Vorstellungen, Ideen, Wünsche, aber da ich diese NICHT ALLEIN DURCHSETZEN kann und will (denn sonst würde ich über diesen Charakter eine Geschichte schreiben, wo ich alle Randbedingungen selbst beeinflussen kann), sondern ZUSAMMEN mit anderen Spielern IN DER GRUPPE meinen Charakter zu seinem Leben erwecken möchte, kommt es öfters anders heraus, als ich es je erwartet hatte.

So spielt mein Charakter bei einem anderen Charakter (eines anderen Spielers) unerwartet gegen den Strich. Die beiden haben ständig Reibereien, die ich nie vorher erwartet hatte und die ich auch nicht gewollt hatte. Die ich aber zu akzeptieren und von da weiterzuspielen bereit bin.

Gerade diese Unberechenbarkeit im Rollenspiel MITEINANDER ist es ja, die für mich die Glaubwürdigkeit von Charakterinteraktionen im Rollenspiel darstellt. Im wirklichen Leben gerät man auch immer mal mit jemandem aneinander, freundet sich mit einem anderen an, zerbrechen Freundschaften etc. - So etwas braucht, damit es nicht aufgesetzt, gezwungen wirkt, SEINE EIGENE ZEIT.

Und die bekommt man hier nicht:
spiele ich in der Zeit lieber eine McForge-Campaign die es schafft _jetzt_ zum Knackpunkt zu kommen.
Da bekommt man JETZT den dünnen Abklatsch auf den Tisch, zieht den durch, schmeißt ihn weg, und meint, man hätte jetzt etwas Besonderes erlebt, wo man nur ein hohles Gestell, nur Pappkameraden, nur Knallchargen erlebt hatte.

Kampagnenspiel, wie ICH es mag, das ist wie "Slow Food". Das kann man genießen, da hat man jede Menge Spaß bei ALLEM, was da in der Zeit passiert. Nicht nur bei der "Reader's Digest"-Version mit den "Besten Szenen aus Midkemia auf 20 Seiten".

Das ist nicht nur Fast Food (was auch schmeckt und seinen genußvollen Zweck erfüllt - eben für One-Shots, bei denen man auch nicht mehr erwartet, als man davon bekommen kann), sondern das ist eine "Mogelpackung", weil einem etwas vorgegaukelt wird.

Bei einem knappen One-Shot (mit vorgefertigten Charakteren auch noch!), da kann man etwas erleben. Spaß haben. Und sich im bewußten Annehmen der vorgefertigten Charaktere und der vorgesetzten Umgebung arrangieren und mitspielen. Und das ist toll.

Bei einer Kampagne nimmt man sich mehr Zeit füreinander. Und das wirkt. Das Engagement der Spieler (siehe oben: die Alltags-Effekte auf eine Langkampagne) ist hier allein schon aufgrund des "Commitments" für die nächsten Jahre miteinander spielen zu wollen, viel größer. - Manche Kampagnen haben Spieler erlebt, die während der Kampagne geheiratet haben, Kinder bekommen haben, und geschieden wurden. Und die Kampagne gab/gibt es immer noch. Und jeder persönliche Schicksalseffekt hatte seine Spuren im gemeinsamen Spielen hinterlassen.

Wie gesagt: Ich mag es, wenn eine Gruppe Spieler mit ihren Charakteren zu einem SUPERTEAM zusammenwächst.

Ich mag auch meine 5-Minuten-Team-Terrinen.

Von beiden erwarte ich UNTERSCHIEDLICHES. - Und ich halte es für DUMM mit exakt DENSELBEN Erwartungen an diese unterschiedlichen Tiere heranzugehen.
 
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Hi,

mal eine Sache zu Midgard:

Ich spiele seit 16 Jahren in einer Midgard-Runde, die sich einmal monatlich trifft. Einige Spieler sind seit Anbeginn dabei (u.a. auch ich), einige wurden ausgewechselt durch Veränderungen im RL. Ein Charakter ist seit dem Anfang dabei und mittlerweise auf grad 8, einige durch Charaktertod ausgewechselt, einige durch den schon erwähnten Spielerwechsel.

Frustationen kamen bisher nicht auf, weder am Anfanf noch jetzt. Zwar gab es mal Diskussionen mit den Lernzeiten, aber bisher nie erste Probleme, entweder langes Lernen wurde vom SL ermöglicht, oder es wurde nicht gelernt. Für niemanden ein ernsthaftes Problem. Auch ein Charakterwechsel zur Überbrückung wurde angedacht.

Wi spielen die Midgard-Kaufabenteuer, keine selbstgeschriebenen, also auch keine langen geschlossenen Kampagnen. Aber wir sind alle noch mit Spaß, ohne Langeweile oder Frust dabei.

Ich denke hier ist es wie bei allen Rollenspielen, jeder hat seine Favoriten, seine Vorlieben und seine Abneigungen bei einem System.
 
AW: Warum ich mit RAW und Abenteuerspiel im RPG nichts anfangen kann

aha. Darf ich das was der Herr Zornhau da so ergüssig von sich gab in einem kürzeren Rahmen zusammenfiltern?
Nein. Das muß so lang sein. Kürzer geht nicht, da ich es sonst kürzer geschrieben hätte.

"One Shots sind manhcmal schön aber nicht das Wahre. Richtig schönes Rollenspiel gibts nur in einer Kampagne."

Ja warum setzt man/ich sich dann überhaupt noch hin und schreibt One Shot- Szenarien?
Falsch.

Das is das Problem beim zusammenkürzen, oft vergisst man etwas Wichtiges! Eine bessere Kurz-Version wäre z.B.
"One Shots sind manchmal für mich schön, aber nicht das Wahre. Richtig schönes Rollenspiel gibts für mich nur in einer Kampagne.Ich weiß, daß viele Leute heute das anders sehen!!!"
Auch nicht.

Das kommt eben davon, wenn man versucht etwas so knapp, wie ich es stets zu tun pflege, Abgefaßtes noch stärker einzukürzen: da bleiben wichtige Punkte auf der Strecke.


In Kurzform:

Ich mag One-Shots für die Geschichten, die kurz und bald abgeschlossen sind. Eben für One-Shot-Geschichten.

Ich mag Kampagnen für die Geschichten, die einfach mehr Zeit brauchen und nicht von vorneherein abgeschlossen sein müssen, sondern "nach oben offen" sein sollen. Eben für Kampagnen-Geschichten.

Dazwischen gibt es Langszenarien, die nur genau eine, abgeschlossene, aber umfangreiche Geschichte behandeln, und deren Durchspielen durchaus schon mal 10 oder mehr Sitzungen erfordern kann.

Und es gibt abgeschlossene Kampagnen, die man irgendwann durchgespielt hat, bei denen das Durchspielen aber nicht nach einem Dutzend Sitzungen vorbei ist, sondern durchaus ein paar Jahre Spielzeit bedeutet.

ALLE haben ihren Platz.

ALLE gehören zu meinen geschätzten Spielrunden.

Das Geheimnis: JEDES schmeckt am Besten!

Doch schmecken sie alle anders. Und manchmal darf es ein Cheeseburger sein, manchmal muß es ein Käsefondue sein und ein anderes Mal Chips mit Käse-Dip für nebenbei.

Doch sollte man eben nicht DIESELBEN Maßstäbe und Erwartungen, die man für EINEN dieser Punkte auf einem echten Kontinuum, welches zwischen dem kürzesten One-Shot und dem "Ewigen Spiel" aufgespannt ist, verwenden mag, für ALLE Punkte heranziehen. - Nach den Kriterien für ein Käsefondue ist der Käse-Dip für meine Chips ein sehr schlechtes Fondue. Und nach den Kriterien für einen Cheeseburger fallen Käse-Fondue und Käse-Dip völlig durch.

Nur ist es nicht gerade schlau solche Unflexibilität bei den Kriterien an den Tag zu legen.

Ich mag meine Langzeitkampagnen und ich habe dafür MEINE Kriterien für die Kampagnentauglichkeit eines Rollenspiels.
Ich mag meine Kampagnen mit festen Endebedingungen und habe dafür auch MEINE Kriterien zur Tauglichkeit eines Rollenspiels für solche Kampagnen (welche nur eine Abschwächung der Kriterien für Langzeitkampagnen darstellen plus Kriterien zur Endebedingung).
Ich mag Langzeitszenarien zur Entfaltung eine einzelnen, komplexen Geschichte und ich habe dafür MEINE Kriterien an die Tauglichkeit eines Rollenspiels für Langzeitszenarien (z.B. sind Erfahrungssysteme ärgerlich, die nur EINMAL pro SZENARIO als Ganzes XP vergeben und Steigerungen zulassen - bei einem Langzeitszenario ist so etwas ziemlich frustend. Da ist z.B. Learning-by-Doing geschickter.)
Und ich mag One-Shot-Szenarien und ich habe dafür MEINE Kriterien an die Tauglichkeit eines Rollenspiels für One-Shots (z.B. darf die Charaktererschaffung nicht länger dauern als das Szenario!).


Hier ging es um die Kampagnentauglichkeit von Rollenspielen.

Es gibt Rollenspiele, bei denen ich aus eigener Erfahrung weiß, daß sie 10 Jahre und mehr mit Spaß in derselben Kampagne gespielt werden können (AD&D, RuneQuest). Es gibt Rollenspiele, bei denen ich beim langjährigen Kampagnenspiel gemerkt habe, daß der Spaß mit der Zeit stark nachläßt, weil das Regelsystem als Spaßbremse fungiert (Midgard).

Es gibt Rollenspiele, bei denen ich MEINE Kriterien für eine Kampagnentauglichkeit nicht erfüllt sehe (die aber für One-Shots oder Kürzest-Kampagnen (unter 1 Jahr Spielzeit) taugen können).

Die Rollenspiele, die ich für nicht-kampagnentauglich halte, haben eines gemeinsam: sie stellen den EINZELNEN Charakter über alles und sind regeltechnisch FÜR den EINZELNEN, aber GEGEN die GRUPPE ausgelegt. Das verhindert das Wachsen einer Gruppe von Gleichgesinnten und bedeutet grundsätzlich die Unmöglichkeit von langem Kampagnenspiel, da nur die Individualziele binnen Kurzem erreicht oder aufgelöst werden, aber kein sonstiges, kein ÜBERGREIFENDES Ziel und keinen übergreifenden Antrieb, den eine Langzeitkampagne braucht, übrig bleibt. - Somit untauglich für Kampagnenspiel in meinem Sinne.
 
AW: Warum ich mit RAW und Abenteuerspiel im RPG nichts anfangen kann

Meiner Erfahrung nach deckt beispielsweise eine 2-3jährige DSA-Kampagne oftmals nicht viel mehr Handlung (im Sinne von Ereignissen, die für die Charaktere oder deren Umgebung etwas verändern) ab, als 10 Sitzungen mit einem „Wegwerf-Rollenspiel“. Die Skalierung bezieht sich also nicht auf die verstreichende In-Game-Zeit, sondern eher darauf, wie detailliert die einzelnen Dinge ausgespielt und abgebildet werden.

Im Übrigen ist ja, nur weil ein einzelner Charakter nach 10 Sitzungen „ausgelutscht“ ist, noch nicht zwangsläufig das Spiel selber ausgelutscht. Dann gibt’s eben neue Charaktere. Genau so, wie es in einer „klassischen“ Runde ein neues Abenteuer gibt, wenn alle Probleme des alten gelöst sind. Dazu habe ich mir schon mal auf meinem Blog Gedanken gemacht.
 
AW: Warum ich mit RAW und Abenteuerspiel im RPG nichts anfangen kann

Meiner Erfahrung nach deckt beispielsweise eine 2-3jährige DSA-Kampagne oftmals nicht viel mehr Handlung (im Sinne von Ereignissen, die für die Charaktere oder deren Umgebung etwas verändern) ab, als 10 Sitzungen mit einem „Wegwerf-Rollenspiel“.
Das klingt jetzt, als sei dieser Handlungsbegriff irgendwie höherwertig. Ich halte ihn für baren Unsinn.
 
AW: Warum ich mit RAW und Abenteuerspiel im RPG nichts anfangen kann

Meiner Erfahrung nach deckt beispielsweise eine 2-3jährige DSA-Kampagne oftmals nicht viel mehr Handlung (im Sinne von Ereignissen, die für die Charaktere oder deren Umgebung etwas verändern) ab, als 10 Sitzungen mit einem „Wegwerf-Rollenspiel“.
Daß es in manche DSA-Runden zu einem Verzetteln kommt, mag sein.

In meinen Kampagnen gab es jedenfalls KEIN Ken-und-Barbie-gehen-Einkaufen-Problem.

Unsere aktuelle dreijährige Savage Worlds Fantasy-Kampagne hat alles, was in einer typischen "old school"-AD&D-Kampagne drin sein könnte, nur mehr und öfter. Und das ohne ein charakterfixiertes Spezialregelsystem zu verwenden.

Klar ist das Inhaltliche einer Kampagne und der zeitliche "Reibungsverlust" durch Anwendung des Regelsystems für die Qualität einer ganz bestimmten Kampagne interessant.

Man KANN auch mit Savage Worlds total öde Inhalte spielen. Und man kann auch mit Midgard sehr spannende (z.B. 16 Jahre währende - siehe obigen Beitrag von Kazander) Kampagnen spielen. - Das ist aber IMMER eine Frage der jeweiligen konkreten Kampagnengestaltung durch die Spielenden, weniger eine Frage des Regelsystems.

Die "Reibungsverluste" hingegen sind etwas, das bei den unterschiedlichsten Kampagnenstilen IMMER anfallen wird, solange man dasselbe Regelsystem verwendet. Sehr crunchlastige und/oder sehr langwierig Handlungen abwickelnde Regelsysteme kosten einem pro Stunde Spielzeit mehr Anteil, der für das Regelmechanische draufgeht, bei dem aber weder Resultat noch der Weg dahin interessanter ausfallen müssen, als bei schnelleren, einfacheren Regelsystemen.

Beim verwendeten Regelsystem hat man eine Einflußmöglichkeit, die für "mehr Durchsatz" bei prinzipiell demselben Handlungsumfang sorgen kann. Somit erhält man bei den (fiktiven) Verhältnissen der Handlungsdichte in einem Jahr Savage Worlds soviel an Handlungsdichte wie in drei Jahren D&D und in 6 Jahren Ken&Barbie-Shopping-DSA.

Unter diesem Gesichtspunkt kann ich verstehen, daß manch einer meine Auffassung, was denn eine adäquate Kampagnenlänge ist, nicht so recht teilen möchte. Nur wer erlebt hat, wie man wirklich Woche für Woche (z.T. an der Uni auch zweimal wöchentlich) in derselben (AD&D-)Kampagne wirklich was gerissen hat, es nie langweilig wurde, man sich mit wüstesten Parallelwelten etc. herumgeschlagen hat, der kann nachvollziehen, was ich daran so schätze.

Wer hingegen jahrelanges EXPLIZIT AUSGESPIELTES Mikromanagement unwichtigster Details über sich ergehen lassen hat, der ist natürlich (und für mich auch vollkommen verständlicherweise) davon wenig begeistert.

Hier liegen eben sehr unterschiedliche individuelle Kampagnenerfahrungen vor.

Doch kann ich aus meinen - ja auch nicht immer positiven - Langzeitkampagnen UND Kurzkampagnen-Erfahrungen meine Kriterien, insbesondere die Wichtigkeit der GRUPPENBILDUNG für eine Kampagne auch auf kurze, abgeschlossene Kampagnen anwenden.

Und hier bieten nun einmal die Forge-igen Rollenspiele nicht nur wenig Gruppenbildendes (HeroQuest ist die einzige, mir bekannte Ausnahme, wo so etwas angeboten wird und tatsächlich FUNKTIONIERT!), sondern sie haben als ihre KERNKONZEPTE GRUPPENBILDUNGSHINDERNISSE eingebaut. Damit erschweren oder verunmöglichen sie eine für eine Kampagne lebenswichtige Gruppenbildung und stellen so nur nebeneinander einzelne, kleine(!) Bühnen für lauter Einzel(selbst)darsteller-Charaktere.

Rollenspiele wie AD&D oder RuneQuest haben auch KEINE Gruppenbildungsunterstützung im REGELteil enthalten, gehen aber von GEMEINSCHAFTEN aus. AD&D hat in den Regeln die Implikation der "Fellowship" aus LotR in JEDEM SATZ enthalten. Das war damals auch eine solche Selbstverständlichkeit, daß man darüber auch kein explizites Wort zu verlieren brauchte. - Wer allein war, der kam um, der blieb namenlos, der starb unbeweint in der Fremde. Nur in der Gruppe konnte ein AD&D-Charakter zeigen, was er kann, weil er für die Zeiten, wo er eben mal nichts Passendes konnte, seinen Gruppenrückhalt hatte. Und durch dieses Sich-aufeinander-verlassen-müssen legte AD&D schon den auch im wirklichen Leben am Besten funktionierenden Keim für eine Gruppenbildung.

Im TSoY-Thread wurde hier auf einen Actual Play Thread verwiesen. Diesen hatte ich mir komplett zu Gemüte geführt und dann nach weiteren Ausschau gehalten. - Mich hatte dieser TSoY-Actual-Play-Thread erschüttert. Und zwar weil hier ALLE IMMER UND STÄNDIG GEGENEINANDER gespielt haben.

Bestenfalls daß ein Spieler/Charakter einen anderen für seine eigenen Zwecke BENUTZT hat. Aber miteinander ZUSAMMEN an etwas Größerem als den eigenen kleinlichen Zielen zu arbeiten hat KEIN EINZIGER auch nur versucht!

Das war für mich ein weit jämmerlicherer Rollenspiel-Aufschrieb als eine DSA-Shopping-Tour.

Man hat drei EGOISTEN-Charaktere, die zwar so in etwa in demselben Setting spielen, aber ALLE NEBENEINANDER HER.

Der Spielleiter baut DREI separate Bühnen auf. Jeder Charakter bekommt seine eigenen Bühnenbilder, seine eigene NSC-Interaktion und ab und an (SELTEN!) kommen mal zwei (noch seltener alle drei) SCs auf derselben Bühne für eine kurze Szene zusammen.

Das liest sich so, als ob der Spielleiter drei PARALLELE 1:1-Runden abhält (wie Blitzschach gegen mehrere Gegner). Die drei parallelen Runden sind lose miteinander verknüpft, aber es kommt WEDER zwischen den Charakteren NOCH zwischen den Spielern ein WIR-GEFÜHL auf.

Man spielt zwar in einem Fantasy-Endzeit-Setting, aber jeder spielt vor sich hin und nicht miteinander. Der Spielleiter darf dann die drei Individualisten auf eine gemeinsame Zeitline zusammenbiegen und sorgt per NSCs dafür, daß sie jeweils was zu tun haben, um ihre rein persönlichen, nicht gemeinsamen Ziele und Eigenheiten auszuspielen.

Das ist dreimal paralleles Torwandschießen, wo mal ein Ball abprallen kann und dem Nebenmann dessen Schuß abfälschen kann, aber das ist KEIN FUßBALL.

Das ist wie die - für mich - unerträglichsten der Free Jazz Konzerte, die ich früher in der Jazz-Matinee daheim zu besuchen pflegte: da spielten tatsächlich alle Musiker nebeneinander her, interessierten sich weder fürs Publikum noch für einander, sondern nur für sich selbst. Und das sollte man dann ganz toll finden, weil es ja soooo viel musikalische Freiheit darstellen sollte. - Andere gingen auf das Publikum und auf einander ein und spielten MITEINANDER und MIT DEM PUBLIKUM. Da waren Musiker UND Zuhörer in demselben TEAM.

Das oben verlinkte TSoY-Beispiel ist hingegen der genaue Gegensatz zu allem, was eine Kampagne (nicht ein sich selbst totlaufendes Rollenspiel-Blitzschach) am Laufen halten kann.

Wenn ich an meine Kampagnen denke, dann denke ich im Gefühl eines Teammitglieds. WIR haben ZUSAMMEN gespielt. - Wie man in den Mythen von Glorantha so schön sagt: "I fought. We won."

DAS macht eine Kampagne erst aus.

Bei TSoY sehe ich NICHTS von dem, was dieselbe Gruppe an Spielern mit denselben Charakteren über auch nur zwei oder drei Jahre KONTINUIERLICH ZUSAMMENHALTEN und weiterhin begeistert weiterspielen lassen kann.

Und das, was ich bei meinen Actual Play Safaris so registriert habe, das trifft auch auf Sorcerer Actual Plays und andere Forge-Rollenspiele zu.

Sie sind die McRoleplays, die einem zwar "Spaß Jetzt!" versprechen (und z.T. wohl auch bieten), wo aber das "Jetzt" leider nur ein verschwindend kurzer Augenblick ist, der so schnell vorbei ist (und dann ist "Schluß mit Lustig!"), daß man nicht einmal den Hauch des "Pausenlosen Spaß zehn Jahre lang" erhaschen kann, den einem andere kampagnentaugliche Rollenspiele zu bieten haben.
 
AW: Warum ich mit RAW und Abenteuerspiel im RPG nichts anfangen kann

@ Shub:

Werten tue ich das nur für mich persönlich, in wenig überraschender Weise. Wobei ich auch nicht die „reduce to the max“ Maxime einiger Fanatiker teile. Ein bisschen Zeit darf man sich schon nehmen. Das Umgekehrte „wir haben zehn Stunden gespielt und eigentlich ist gar nichts passiert“ finde ich allerdings auch nicht erstrebenswert, zumal ich nicht mehr so oft und auch nicht mehr so lange zum Spielen komme wie früher.

Ich anerkenne aber durchaus, dass auch „belanglose“ Szenen ihren Reiz haben und dem Spiel viel Tiefe verleihen können, die bei einer totalen Fixierung auf die zentralen Konflikte / entscheidenden Szenen verloren geht. Allerdings muss (für mich) jedenfalls eine Handlung da sein, der die „belanglosen“ Szenen Tiefe verleihen können. Ganz ohne Handlung finde ich es langweilig, und auch beim Verhältnis von Handlung und Rest habe ich gerne lieber etwas mehr Handlung und etwas weniger Rest.

Ich habe jedoch auch schon oft Gruppen erlebt, bei denen Handlung so gut wie gar nicht stattfand und die tatsächlich stattfindenden Sachen auch nicht dazu dienten, den Charakteren oder der Welt mehr Tiefe zu verleihen oder Atmosphäre zu schaffen, sondern nur ein zermürbendes Ringen um „was passiert als nächstes, muss davor nicht noch was anderes passieren, geht das überhaupt, und wenn ja wie“ war. Na ja, das führt jetzt zu weit vom Thema weg.
 
AW: Warum ich mit RAW und Abenteuerspiel im RPG nichts anfangen kann

@ Zornhau:

Und hier bieten nun einmal die Forge-igen Rollenspiele nicht nur wenig Gruppenbildendes (HeroQuest ist die einzige, mir bekannte Ausnahme, wo so etwas angeboten wird und tatsächlich FUNKTIONIERT!), sondern sie haben als ihre KERNKONZEPTE GRUPPENBILDUNGSHINDERNISSE eingebaut. Damit erschweren oder verunmöglichen sie eine für eine Kampagne lebenswichtige Gruppenbildung und stellen so nur nebeneinander einzelne, kleine(!) Bühnen für lauter Einzel(selbst)darsteller-Charaktere.

Das ist sicher richtig, wobei ich das als Alternative zum klassischen Party-Play eigentlich sehr erfrischend finde. Man muss sich ja nicht immer gleich gegenseitig die Schädel einschlagen. Aber es müssen halt auch nicht immer alle Charaktere das Gleiche machen, sondern jeder macht irgendwie sein eigenes Ding, und weil es alles recht schnell geht und meistens die anderen Spieler sogar irgendwie noch Einfluss haben, wird trotzdem keinem langweilig. It’s a feature, not a bug!

Ich mag übrigens Player vs. Player sehr gerne, vor allem für One-Shots. Einige meiner intensivsten Rollenspiel-Erlebnisse, z.B. mit KULT und Unknown Armies, hatte ich bei solche Closed Room Szenarien wo sich die Charaktere am Ende gegenseitig an die Gurgel gehen.
 
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