Oder ist der Grund nicht eher aus ganz anderer Motivation herrührend?
Ich halte das gar nicht für unwahrscheinlich, dass hinter dieser Geschichte eigentlich ein Marketing-Gag als Motivation im Hintergrund steht und nicht Moral oder/und PC. Dazu müsste man sich mal die Verkaufszahlen des Verlags anschauen über die letzten Jahre, meine ich so.
Jedenfalls ist es müßig, darüber
auf die Art zu diskutieren, wie es überall (hier eingeschlossen) gerne getan wird. Es gibt in dieser Diskussion nicht zwei Parteien (Pro-Änderung und Contra-Änderung) sondern vier (Pro-Änderung weil rassistisch, Contra-Änderung weil nicht rassistisch, Pro-Änderung weil keine Zensur, Contra-Änderung weil Zensur), und damit ist das Kommunikationsproblem vorprogrammiert. Alles wird vereinfacht, die Pro und Contra Gruppen reden (wie so oft) aneinander vorbei („Das ist Diskriminierung!“ - „Nein, das ist Zensur!“). Plötzlich sind dann alle auf „der gegnerischen Seite“ entweder Rassismusbefürworter oder Faschisten, die Bücherverbrennung fordern und beide der drolligen Extremfraktionen kommen zu dem gleichen godwin'schen Fazit: Der muss ein Nazi sein!
Bravo! Das alles hat für mich beinahe schon Monty Python Charakter. Die judäische Volksfront gegen die Volksfront von Judäa. Beide eigentlich keinen Grund, miteinander zu streiten, alle aus Judäa, alle finden Römer doof, niemand widerspricht grundsätzlich dem anderen (Diskriminierung Scheiße zu finden ist NICHT dasselbe, wie Zensur zu befürworten und anders herum, nein, nein. Warum so diskutieren, als ob?), aber alle labern wie im Rausch aneinander vorbei. Hauptsache Gib ihm!
„Wehret den Anfängen.“ funktioniert sowohl in die eine (Diskriminierung), als auch in die andere (Zensur) Richtung. „Mir hat das auch nicht geschadet.“ ist bei Licht besehen eine der schwammigsten Rechtfertigungen auf unserem Planeten (hier geht’s nicht um „mir“, hier geht’s bestenfalls um „alle“ - und auch das stimmt nicht ganz; siehe unten) und kann genauso als „Argument“ für beide Seiten verwendet werden. Eine Naziparodie abzufackeln, um möglichst spitzfindig und pointiert gegen die Änderung eines Arschlochwortes wie „Neger“ zu argumentieren – obwohl man eigentlich bloß (zu Recht) der Political Correctness eine mitgeben wollte und man nur des „Kollateralschadens“ wegen das Wort „Neger“ befürwortet -, hat seinen ganz eigenen Charme.
Dass wir hier so lockere Aussagen treffen können und ich Zornhaus Beitrag beispielsweise auch geliked habe, weil ich schlicht und ergreifend abfeiern konnte und mich seine Parodie unterhalten hat, funktioniert auch bloß hier blendend, weil wir im Grunde alle mehr oder weniger wissen, von wem es kommt und wie's gemeint ist. Kontext ist halt wichtig. Nachdenken und Reflektion sind wichtig. Und weil wir das wissen, regt viele von uns – mich eingeschlossen -, das Wort „Neger“ in Pippi Langstrumpf auch nicht so auf, bzw. würde es uns reichen, wenn – wie im überarbeiteten schwedischen Original von Pippi -, ein kleiner Vermerk im Vorwort stünde, dass Pippi Langstrumpf kein Kind des 21sten Jahrhunderts war. Meine elitäre, moralische Seele hätte damit jedenfalls bereits Ruhe. Drolligerweise aber betrifft es ganz viele von uns
überhaupt nicht!
Letztlich müssten alle, die nicht direkt unter den Worten „Neger“ oder „Zigeuner“ zu leiden haben, erstmal schön die Fresse halten und in der zweiten Reihe Platz nehmen. (Der weiße Teil unserer Rollenspielforum-Elite miteingeschlossen.) Wenn überhaupt jemand abwägen kann, ob solche Worte die Gefühle genug verletzen, um eine Zensur in diesem Fall zu rechtfertigen, dann doch bitte ein Gremium ausgewählter, intelligenter Menschen, die Teil der Menschengruppen sind, um die es da geht*. Der Rest – ob nun judäische Volksfront oder die Volksfront von Judäa -, sollte sich wirklich
dreimal überlegen, dahingehend die Schnauze zu weit aufzureissen. Die haben nämlich eigentlich Sendepause.
Ich hatte noch viel mehr im Kopf, was ich gerne geschrieben hätte. Unter anderem, warum Political Correctness und Religion dumme Hurensöhne sind (ich entschuldige mich an dieser Stelle für alle Söhne, deren Mutter tatsächlich eine Prostituierte ist oder war und die damit in der Schulzeit oder auch später gesellschaftlich zu kämpfen hatten) und eine fiktive Abhandlung darüber, wie im Zuge der PC zukünftig wohl Filme über den Holocaust aussehen werden (Nazis waren Aliens!). Aber ich werde mich stattdessen jetzt an meiner eigenen deutschen, weißen Nicht-Zigeunernase fassen und tunlichst die Schnauze halten. Streitet ihr dann einfach weiter.
*Ich würde eine Art Konzil, bestehend aus den klügsten und weisesten Köpfen verschiedener betroffener Gruppierungen - mit einem Samuel L. Jackson an der Spitze -, bevorzugen.