AW: Settembrini Leser aufgepasst
Wer braucht eigentlich diese ganzen neumodischen Begriffe, wie Stimmungspiel oder ARS?
Brauchen? - Niemand.
Aber genauso braucht niemand die GNS-Begriffe und anderen "Theorie"-Jargon.
Genau wie bei ARS (zu dem ich immer noch nicht verstanden habe, was das ganze in diversen "Erläuterungen" zum Kürzel Stehende denn bitteschön mit ABENTEUERN zu tun haben soll) sind auch Begriffe wie "Gamist" völlig unnötig.
Sie alle dienen nur dazu einer kleinen Gruppe von (oftmals Ex-)Rollenspielern eine Bühne zu bereiten UND diese Gruppe sprachlich von dem Rest der Rollenspieler abzugrenzen. So schafft sich über die gemeinsame NEUE Sprache, die nicht mehr von jedem Ausübenden in unserem Hobby verstanden wird (werden KANN!), eine Elite von eigenen Gnaden.
Wenn es den Jargon-Verwendern tatsächlich um begriffliche Klarheit ginge, dann wären die Begriffe ja KLAR und nicht trotz langwieriger Erläuterung immer noch mißverständlich, extrem interpretations- und geschmacks-abhängig und schlichtweg UNKLAR.
Das Gemeinsame, was durch den gemeinsamen Jargon geschaffen wird, ist nur, daß man "dazugehört", wenn man die betreffenden Vokabeln verwendet.
Der Jargon schafft nämlich KEINE Gemeinsamkeiten, KEIN gemeinsames Verständnis und stellt auch KEINE Theorie dar. (Allein für letzteren Punkt ist ja der Jargon viel zu beliebig, unspezifisch und geschmacksbegründet, als daß man hier von Theorie sprechen könnte.)
Ich kann verstehen, daß manche gerne, wie es andere Hobbies vormachen, eine eigene Fachsprache verwenden würde. Und die gibt es im Rollenspiel durchaus. Jedoch ist sie eben nicht belastbar genug, nicht eindeutig genug, um das, was man meint, ohne noch viel mehr Kontextinformation mitzugeben, verstehen zu können.
Allein das Begriffsfeld Abenteuer/Szenario/Modul/Episode/Queste/Mission/Savage Tale/Auftrag/Heft/... ist schon begrifflich sehr schwammig, bezeichnet jedoch IMMER DASSELBE! Jeder versteht, wenn jemand sagt: "Das Abenteuer gestern war ziemlich spannend." oder "Das letzte Modul in dieser Trilogie ist nicht so gut durchdacht." oder "Die Mission, die wir nächstes Mal spielen werden, führt Euch weit in den Norden."
Man versteht sich.
Auch ohne Jargon.
Das ist ein Verständnis, welches nichts mit Theorie zu tun hat, sondern aufgrund der Häufigkeit der - s.o. auch synonym verwandten - Begriffe herrührt.
In meinem Reden und Schreiben über Rollenspiele kommen Guts-Check, Erfolgswurf, Smarts-Roll, Schleichen-Probe, etc. vor. - GEMISCHT. - Manchmal, je nach Kontext (also ob ich über Deadlands oder Midgard rede), durchaus sortiert. Manchmal aber völlig unsortiert. - Und das wird verstanden.
Hingegen verstehe ich, wenn mir zwei Leute etwas von und über ARS erzählen, nicht, was sie meinen, da sie - so mein Eindruck nach Lesen diverser Blog-Einträge und Forenbeiträge unterschiedlicher ARSler - JEDER ETWAS ANDERES MEINEN.
Damit KANN dieser Begriff überhaupt nicht zur Theorie gehören, sondern er ist - je mehr Leute, umso deutlicher voneinander differierende Auffassungen, was ARS ist, haben - für eine praktische Kommunikation BEDEUTUNGSLOS.
Das ist auch manchen Theorie-Predigern bewußt, weshalb es für viele Begriffe kanonische Auslegungen gibt, an die sich zu halten aber sogar jenen, welche diese Auslegungen selbst getroffen haben, nur schwer möglich ist.
Für mich ist bei aller Konzentration auf die (uneindeutigen) Begriffe im Rahmen von "Theorie"-Diskussionen und -Artikeln stets der Text UM DIESE BEGRIFFE HERUM wichtiger als die Begriffe selbst. Die Begriffe sind durch die Elite der Jargon-Abgrenzungsanhänger effektiv ohne Bedeutung verblieben. Aber wenn mir jemand zu erläutern versucht, was er denn unter ARS (z.B.) versteht, und ich lese seine Sätze, nehme die jargon-freien, wirklich gehaltvollen Passagen auf, dann kann ich tatsächlich verstehen, was GENAU DIESER EINE Autor meint. Und zu genau diesem Artikel kann ich dann auch meine Stellung prüfen. - De facto habe ich mich in manchen Passagen, mancher ARS-Artikel durchaus wiederfinden können. Jedoch nie in auch nur einem Artikel vollständig. Nie zu solch einem Maße, daß ich mich als ARS-Vertreter fühlen würde. Und NIE in solch einem Maße, daß mit dem Bestandteil "Abenteuer" in den ARS-Erläuterungen dasselbe hätte verbinden können, was ICH unter Abenteuer verstehe. Und ich verstehe unter Abenteuer nichts, was ich zerreden will. Doch wie der Begriff "Abenteuer" bei den ARS-Erläuterungen verwandt wird, da kann ich KEIN Abenteuer erkennen.
Damit will ich nicht einmal sagen, daß die Erläuterungen falsch wären, sondern nur, daß ARS ist, was jemand, der zu der Gruppe der ARS-Leute gehören will, MEINT, was ARS FÜR IHN sein SOLL. ARS ist einfach die Präferenz desjenigen, der ein ARSler sein will.
Und damit alles andere als ein Beitrag zu einer "Rollenspieltheorie".
Wann immer Rollenspieler "Theorie" in den Mund nehmen, glaube ich nicht, daß sie dasselbe unter Theore verstehen, wie das, was ich als Theoretischer Chemiker kennengelernt habe.
Theorie ist für Rollenspieler eigentlich ALLES, wo es darum geht ÜBER DAS SPIELEN ZU REDEN, STATT aktiv zu spielen, oder aktiv Spielvorbereitungen zu treffen. - Wer ein Szenario schreibt, wer Figuren anmalt, wer Charaktere erschafft, der macht NICHT "Theorie". - Wer darüber redet, wie er anders spielen könnte (statt es zu tun, es auszuprobieren), der macht schon nach dem rollenspielerischen "Theorie"-Begriff "Theorie".
So gerne ich auch "hart am Mann" geführten Diskussionen und "Diskussionen" nicht abgeneigt bin, so wenig reizen mich die "Schön, daß wir übers Rollenspielen geredet haben"-"Theorie"-Diskussionen. Da kommt für das aktive Spielen weit weniger heraus, als aus konkreten Fragen in Foren wie z.b. "Wie erzeuge ich eine beunruhigende Stimmung?".
Solche Fragen sind "How to ... "-Fragen, die auf die PRAXIS, die praktische ANWENDUNG abzielen, während die jargonintensiven "Theorie"-Runden nur auf der Stelle treten, ohne den Kern dessen, was Rollenspiel ausmacht, das AKTIVE SPIEL, zu begreifen.
Insoweit kann man sich fragen:
BRAUCHT MAN ÜBERHAUPT ROLLENSPIEL-"THEORIE"?
Wer braucht wirklich die "Theorie"?
Und wer MEINT, daß er die Theorie braucht, der soll sich mal fragen WOZU? - Wenn die Antwort: "für mein praktisches Spiel" lautet, dann braucht er KEINE Theorie, sondern er braucht PRAKTISCHE TIPS.
Interessant ist dabei, daß es viel, viel weniger heißblütige "Diskussionen" und bösartige Anfeindungen gibt, wenn es um praktische Tips "von Rollenspieler zu Rollenspieler" geht. Aber gerade diese praktischen Tips sind es, was das eigene Rollenspiel zu verändern, evtl. zu verbessern WIRKLICH geeignet ist.
Niemand spielt besser, spaßiger, glücklicher, WEIL er die GNS-Einstufungen kennt.
Vor allem lassen einen die "Theoriemacher" bei der praktischen Anwendung ganz schnell im altbekannten Regen stehen. Sie sind, was Fragen nach der Praxis anbetrifft, oftmals erstaunlich schnell blank. Das ist umso enttäuschender, als sich manche Interessierte ja mit Rollenspiel-"Theorie" befassen wollen, um mehr über ihr Hobby zu erfahren, es bewußter praktizieren und genießen zu können. - Denen wird nicht geholfen mit selbstgemachten Elite-Schützengräben verbaler Natur.
Wenn ich nur ab und zu mal "just for fun"(!) Bogenschießen gehe, dann weiß ich nicht genau, was ich da eigentlich tue. Ich lasse mich "animieren", lasse mir die Handgriffe zeigen, und mache einfach ganz natürlich und so, wie ich bin, mit. Und habe meinen Spaß dabei. - Das ist Bogenschießen für Gelegenheits-Bogenschützen, die z.B. im Club-Urlaub einen Sportbogen in die Finger bekommen. - Das macht Spaß, auch wenn man nicht so genau weiß, was man alles tut, und was wovon abhängt.
Wenn ich mit mehr Ernst (aber nicht weniger Spaß!) an das Bogenschießen herangehe, wenn ich mir mehr Informationen über Historie, Schießstile, Bogenarten, Pfeilarten, generell Materialkunde, Schießtechnik, etc. aneigne, dann kann ich (eventuell, aber nicht sicher) mein eigenes Schießen mit einem anderen, aufgrund soliderer Information vertieftem Grundverständnis betreiben. Ich genieße anders und anderes an im Prinzip DEMSELBEN Schuß, den ein Gelegenheitsschütze macht. - Und ich kann beim Zusehen bei den Gelegenheitsschützen auch den einen oder anderen für mich nach meinem Verständnis besonders gelungenen Schuß erkennen und loben, auch wenn dieser die Scheibe weit verfehlt hat.
Warum? - Weil ich ANDERE Kriterien eines Schusses als das bloße Treffen der Mitte der Scheibe aufgrund meiner näheren Beschäftigung mit dem Bogenschießen für gleichberechtigt oder gar interessanter halte. Z.B. ist mir als TaiJiQuan-Anhänger die entspannte, flüssige Bewegungsabfolge unabhängig davon, ob ein Ziel getroffen wurde, bei einem Bogenschuß viel wichtiger, da ich nur dann den Bogen und den Pfeil nicht als fremde Gegenstände, als Fremdkörper, wahrgenommen habe, sondern sie mit mir zusammen zu einem Teil eines Ganzen wurden, welcher nur für einen Moment, den Moment des Schusses bestand. - Das finde, nach Jahren aktiver Praxis, ICH nun besonders wertvoll.
Aber das ist KEINE Theorie.
Und im Bogenschießen maßt sich niemand an über die Hintergründe, die technischen Zusammenhänge, die geistige Haltung mit Ernst eine eigene, noch nie dagewesene Bogenschieß-THEORIE aufzubauen. - Klar gibt es theoretische Themen wie Materialkunde, sportwissenschaftliche Betrachtungen etc., doch ist da der Bogen, bzw. das Bogenschießen nur EINE Ausprägung von vielen anderen Sportgeräten, bzw. Sportarten, die mittels BESTEHENDER Theoriegebilde und ZUGEHÖRIGER ANALYSE-Methoden untersucht werden.
Wie ist das auf die Rollenspiel-"Theorie" zu beziehen?
Ganz einfach.
Wenn man Rollenspiele (die Produkte) und das Rollenspielen (die Aktivität) mittels bestehender Theoriegebilde und deren zugehörigen Untersuchungsmethodiken angeht, DANN kann man meiner Meinung nach von Rollenspiel-Theorie (ohne Anführungszeichen) sprechen.
Eine rollenspiel-EIGENE Theorie hat bislang noch niemand aufgestellt, und die braucht auch niemand.