AW: Rückblick auf das ARS-Manifest von Skyrock
Ein kurzes Zwischenfazit:
Auch wenn es wohl viele nicht erwartet hatten, entspricht die Diskussion in diesem Thread bis auf das "Anti-Heul-Bashing"-Geheulbashe von Alexandro, ziemlich genau dem hart-umkämpften sarkastisch-rauen Klima, dass ich mir erwünscht hatte.
Vielen Dank.
Und dennoch bezieht D&D ein Großteil seiner XP Vergaben aus dem Niedermetzeln von Gegnern. Sicher kann man mit Hausregeln viel tun, aber dieses System hat nicht Grundlos irgendwas um die 8 Monsterbände.
Ich war mir nicht sicher gewesen, ob das nur mein Vorurteil gegenüber dem System war (erinnere mich auch an einige Magiebücher gegenüber einem ausreichenden kleinen Büchlein bei DSA).
Wenn das aber wirklich so ist, dann sage ich hiermit, dass das wohl bekannteste "Rollenspiel" der Welt in meinen Augen kein Rollenspiel ist - aber viele Systemmechanismen "echter Rollenspiele" darauf basieren oder davon inspiriert wurden.
Ein System, dass mir (bzw. dem Charakter) fast ausschießlich dann Erfahrungspunkte gibt, wenn er den tödlichen Stoß ausführt, erschwert mir in extremen Maße das Ausspielen einer Rolle, außer ich will einen Massenmörder ohne Moralvorstellung spielen - da man ja sogar XP für das Schlachten beinahe wehrloser Tiere erhält (sehe ich richtig oder?), wage ich auch daran zu zweifeln, dass sie ein reales Lernverhalten nachzuahmen sollen, sondern eher ein Belohnungssystem für taktischen Erfolg darstellen.
Eine solche "ich bin genau dann ein guter Spieler, wenn ich viele Feinde töte"(man betrachte das genau dann wenn als beidseitige logische Folge)-Mentalität schränkt die Möglichkeit des Ausspielens individueller Rollen stark ein.
Wie aber bereits erwähnt:
Wenn die Spieler sich bewusst dafür entscheiden, eine Gruppe von wilden Barbaren zu spielen, deren oberstes Ziel es ist, möglichst viele Leben zu beenden - dann ist das Rollenspiel.
Wenn aber eine pazifistische Elfe, ein weltfremder Magietheoretiker und ein edler Krieger (scheinbar im faschistischen Rassenwahn!?) 100e unschuldige Orks niedermetzeln oder bereits besiegten Gegner vollkommen unmotivierte Todesstöße versetzen um XP zu erhalten, dann hat das mit Rollenspiel nichts zu tun.
Wenn es wirklich in extremen Maß einschränkend ist, geht der Aspekt des Spieles verloren. Leider gibt es in der deutschen Übersetzung nur einmal das Wort "Spiel", also weiche ich mal auf englisch aus:
ARS (oder die oben erwähnte D&D-Spielweise, wenn man es so spielt) ist auf jeden Fall ein Game. Da man verschiedene Arten von Charakteren übernimmt, vielleicht sogar eine Art Role-Game.
Simulatives Rollenspiel (und im absoluten extrem würde Storytelling zu solchem werden) ist lediglich Role-Playing, aber kein game.
Ein Role-Playing-Game ist ein Spiel (game) in dem es primär um das Ausspielen (playing) der Rollen (Role) geht.
Versuch nicht, eine Geschichte zu erzählen. Spiel einfach!
Vielleicht drücke ich mich hierbei auch etwas unklar aus. Ich sehe Storytelling als Spielleiter-Philosophie: Der Spielleiter erzählt eine Geschichte, genauer gesagt den Anfang und ein Setting in dem sie spielt und das Storytelling entwicklet sich durch Charakterspiel der Spieler und "Story-Inputs" des SLs.
Wie bereits erwähnt, würde ich meine eigene Art zu leiten nicht als reines Storytelling beschreiben, da ich auch als Spielleiter starken Wert auf Spielleitercharakter-Spiel lege.
Aber im Zweifelsfall entscheide ich mich lieber für die Story, als für Taktik oder Leveldesign. Bei mir wird die Stärke der Gegner nicht an die der Spieler angepasst, eine Aufgabe muss nicht lösbar sein und es gibt keine festen Ziele. Die Spieler müssen weglaufen, umdenken, planen, sich Ziele setzen, dafür kämpfen und das Spiel ist nicht fair. Genausowenig wie das Leben.
Nicht jeder Bauer ist stark genug um die Prinzessin zu retten.
Aber die meisten Bauern sind intelligent genug stattdessen das Schaf zu retten, dass in ein Erdloch gefallen ist. Und wenn irgendwo da draußen ein Werwolf lauert und der Bauer ein Feigling ist?
Na dann bleibt der halt zu Hause und findet am nächsten Morgen einen zerfetzten Kadaver. Mit den eigenen Entscheidungen leben zu dürfen und zu müssen ist meiner Meinung nach einer der Hauptgedanken des Rollenspiels.
Und das widerspricht deiner Aussage kein bisschen: Auch der Spieler des Bauern weiß, dass die Geschichte wohl spannender ist, wenn er raus geht - aber das ist egal. (Fast) Genau diese deine Sätze gebe ich Rollenspiel-Neulingen ebenfalls mit in ihr Abenteuer:
Versuch nicht, eine Geschichte zu erzählen. Spiel einfach (deine Rolle, wie du sie dir vorstellst)!