Regelmechaniken - Warum, Wieso, Weshalb?

Rinas

Wizard
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Ab und an mache ich mir Gedanken wie mein eigenes Regelwerk aussehen könnte.
Welche Würfelmechanik sollte es haben?
Wie resultiert daraus das Kampfsystem?
Wie wird Initiative gehandhabt?
Was hat es mit Schaden und Heilung auf sich?

Halt die üblichen Fragen die man sich dazu stellt. Persönlich mag ich Prozentsysteme sehr. Sie mögen auf den ersten Blick kalt und berechnend wirken, sind aber klarer und oft eindeutiger Strukturiert (ich mag es einfach im Vorfeld zu wissen wieviel % Chance ich anhand meiner Fertigkeit habe).

Was mich an Kampfsystemen beeindruckt hatte war das eingestellte Rollenspiel Aera von den Machern von Degenesis. Für den Nahkampf hatte es drei Werte gehabt auf die man Würfeln konnte und mittels seiner eigenen Kampftechnik konnte man bestimmen gegen welchen Wert man kommt und wer gerade im Kampf die Kontrolle hat und wer als nächstes Angreifen darf.

Als Initiative gefiel mir sehr gut das einfache Kartensystem von Savage Worlds. Es hat genau das gemacht was es sollte, jeder hat gesehen wann man dran war und durch das mehrfache Karten ziehen konnte man auch schnellere Charaktere spielen. Allerdings finde ich Aktionspunktesysteme auch nicht schlecht, wo man eine Tabelle hat die angibt wieviel Punkte eine Aktion benötigt und man dann einfach hochzählt bis der Kampf beendet ist.

Gut finde ich persönlich Schadensysteme die den Schaden separat vom Fertigkeitssystem abwickeln also eine zweite Probe fordern um den Schaden zu ermitteln anstatt das zusammen zu machen. Ich erinnere mich an einige Shadowrun Runden wo der Anfänger mit der Maschinenpistole kaum Schaden gemacht hat während der Profi mit der Holdout seine Gegner mit einem Schuss umgenietet hat.

Wie seht ihr das? Welche Systeme bzw. Subsysteme in Rollenspielen findet ihr den gut oder welche waren in einem bestimmten System für euch herausragend?
 
Für mich sind Systeme nur ein Werkzeug und grobes Gerüst, was zum Einsatz kommt wenn Rollenspiel nicht ausreicht.
Für Anfänger sind sie jedoch meist recht hilfreich um über sie ins eigentliche ROLLENSPIEL zu kommen.

Gut sind Systeme die bei Würfelergebnissen genug Spielraum zur Interpretation zum Ausgang der geplanten Aktion lassen.
Schwierigkeitsgrade die nicht erreicht werden, müssen nicht immer zum gänzlichen Misserfolg führen.

Dinge die definitiv über Rollenspiel gehen können sind sicher Kampfaktionen oder Parcour.
Dabei stellt sich wieder die Frage, will ich lange aussagekräftige und epische Kämpfe, oder sollen die Kämpfe eher schnell ablaufen und ausreichend anschaulich sein.
Sollen sie eher realistisch oder lieber cool sein.
Dabei ist es oft der Fall das manchmal Kämpfe nicht so wichtig sind,sondern Mittel zum Zweck werden, aber manche wiederum sollen Mittelpunkt der Geschichte werden.
Ich denke das perfekte Systeme für alles lässt sich schwer ausmachen, man sollte gucken welches system zu welchem Fluff passt und was soll mein Abenteuer für eine Geschichte werden, und dann entsprechend das passende system benutzen.
 
Qin fand ich sehr herausragend. Die YinYang-Würfel haben zusammen mit den stimmungsvollen Attributen ein sehr rundes System ergeben, das man sogar erstaunlich gut um waffenlose Techniken erweitern konnte, dank der Kampftechniken und Taos. Dass Qi die einzig relavente Ressource für alle drei Teilbereiche, vom Kampf bis zur Magie war, hat das Ganze auch möglichst übersichtlich und schlank gehalten. Kann ich sehr empfehlen, da einen Blick reinzuwerfen, wenn man ein ähnliches Feeling erzeugen möchte.
 
Genau genommen war das Kampfsystem von Vampire schon ziemlich fein.

Nicht wegen der Ini, nicht wegen der Würfelregeln.

Über die Disziplinen lagen vielseitige Interaktionsmöglichkeiten vor. Fast jede davon mit Storytellingpotential.

Und was ich persönlich noch viel schöner fand: Man hatte eigene Ressourcen, wie zB Blutpunkte, die man hierfür einsetzen konnte. So schwächte man sich einerseits selbst, löste damit aber auch andererseits starke Effekte aus. So macht man spannendes und selbstbestimmtes Ressourcenmanagement!

Meiner Meinung lässt sich sowas aber auch noch wesentlich schlanker und puristischer umsetzen.
 
In der WoD kenne ich das Kampfsystem nur in selbst zugeschnittener Form, aber im Gurnd hat @Skar recht.
Ich weiß nicht zu 100% was bei uns anders war als im GRW, aber ich weiß das wenn man wollte konnte ein Kampf recht zügig von statten gehen, ebenfalls war es möglich die ganze Sache recht anschaulich und spannend zu gestalten.

Ebenfalls finde ich ein System, bei dem man lediglich nur einen Würfel benötigt (zb. einen W20), durchaus extrem attraktiv, WENN das System ausreichend Spielraum lässt, zum interpretieren des Ergebnisses.
 
Ich hab die AERA-Regeln geschrieben. Würde ich heute nicht mehr so machen und ist mir immer ein bisschen peinlich.

Ich würde bei der Frage viel früher ansetzen: WOFÜR braucht mein Spiel Mechanismen? Braucht es überhaupt ein Kampfsystem? Braucht es Werte, um das Können von Charakteren zu beschreiben? Wenn ja, welches Können? Braucht es innerhalb des Kampfsystems Regeln, um Gegnern Verletzungen beizubringen?

Wenn man das dann weiß, ist die nächste Frage, ob die Sache durch feste Werte, durch Ressourcen und/oder mit Zufallsexperiment passiert. Alternativ könnte man natürlich auch Darts spielen.

Zu beachten ist auch, dass nicht jede Regel Mechanik in dem Sinne ist, dass sie Zahlen beinhaltet. Die Tatsache, dass ich meinen Charakter spiele und sonst niemand, ist eine Regel, aber kein Mechanismus. Möglicher Weise ist es also günstig eine Sache zwar zu regeln, aber nicht mit Zahlen. Anders herum kann man natürlich auch Sachen, die meistens nicht mit Zahlen gemacht werden, in Zahlen fassen. Ob ich einen Charakter spielen darf oder wer die Schwierigkeit für eine Probe festsetzt.
 
Ich würde bei der Frage viel früher ansetzen: WOFÜR braucht mein Spiel Mechanismen? Braucht es überhaupt ein Kampfsystem? Braucht es Werte, um das Können von Charakteren zu beschreiben? Wenn ja, welches Können? Braucht es innerhalb des Kampfsystems Regeln, um Gegnern Verletzungen beizubringen?

Wenn man das dann weiß, ist die nächste Frage, ob die Sache durch feste Werte, durch Ressourcen und/oder mit Zufallsexperiment passiert. Alternativ könnte man natürlich auch Darts spielen.
Ich denke auch, dass das Ergebnis ein besseres ist, wenn man ausgetretene Pfade in Frage stellt und sich genau darauf konzentriert, was mein Spiel braucht, um das machen zu können, was mein Spiel ausmachen soll.

Allerdings ist das eine theoretische Herangehensweise und man verlässt damit vielleicht auch den Pfad etablierter Konventionen und hat dann das Problem, dass die tollen Regeln/Mechaniken bei unserer Gewohnheitstier-Gattung keinen Anklang findet. Hat man dann auch nix bei gewonnen.
 
Natürlich ist das eine theoretische Herangehensweise. De facto arbeitet auch niemand exakt so. Historische Pfadabhängigkeit gibt es immer. Allerdings ist das allemal eine reflektiertere Herangehensweise als: Welche Mechanismen gefallen euch?

Das kann man zweifellos fragen, ist dann aber naiv.

Das ist z.B.ein rapides Problem bei AERA, das hier angeführt wurde. Ich habe keine Ahnung, was man damit spielen soll. Und ich hab den Regeltext eben geschrieben. Die Regeln (oder was man damals davon hielt) wurden völlig ohne Konzepte wie etwa Core Story entwickelt.

Da waren Gedankengänge wie: "Körper, Geist und Seele ist für die Welt voll wichtig, lass das mal in die Regeln tun." - "Drei ist also ne schöne Zahl, lass mal ganz viel Dreien in die Regeln tun." - "OK. Dann nehmen wir W12, weil 12 ist auch durch drei teilbar."

Das ist irgendwie nachvollziehbar, ist tanzt aber um den Brei herum. Spielregeln regeln die Tätigkeit der Spielenden. Dazu muss man wissen, was die Spielenden tun sollen. Das wussten die Kern-Entwickler nicht oder falls sie es wussten, waren sie sich der Wichtigkeit dieser Sache nicht bewusst.
 
Wenn man Regelwerke nur in dem Zweck sieht die Zeit bis zum "Rollenspiel" zu überbrücken sollte man meiner persönlichen Meinung nach darüber nachdenken vom Spieldesign absehen.
Das heißt Rollenspiel gestaltet sich meiner persönlichen Meinung prägend und elementar durch die verwendete Spielmechanik. Schließlich macht es auch einen Unterschied ob man ein Brett mit 8x8 Feldern mit Schach, Dame oder Go Regeln versieht. Obwohl alles drei strategische Brettspiele sind.

Ich persönlich habe hinsichtlich der Systeme einige die mir gut gefallen sowie ein paar die ich für interessant halte.

Derzeitige Favoriten:
-) Powered by the Apocalypse
Die Fragestruktur ermöglicht eine Welterstellung die wesentlich weniger Meta ist als die Gestaltung bei Fate und in das Spiel eingebunden ist.
Die Charaktererstellung fühlt sich hierbei bereits als Teil des Spiel an und macht dementsprechend Spaß.
Zudem machen die dreistufigen Würfelergebnisse mit dem Effekt das immer was passiert Spaß.

-) Blades in the Dark
Kombiniert flexibel anwendbare Attribute wie sie schon bei PbtA-Spielen angeregt werden mit einem sehr funktional erscheinenden System für Fraktions-Standing sowie Veränderungen.

-) Dungeons & Dragons 5 Edition
Bietet ein sehr einfaches Kampfsystem das recht schnell ist obwohl es eine Vielzahl von Handlungsmöglichkeiten bietet.

Weiterhin Interessant:
-) Mob Justice
Bietet die auf dem Papier überzeugendste und vollständigste Einbindung von Texas Hold'em Poker.
Das heißt das Reizen sowie Mitgehen wurde an entsprechende Rollenspielhandlungen gebunden. Das Spiel scheitert nicht daran das man zuviele Karten auf die Hand bekommt.

-) Tenra Bansho Zero
Aufgrund des Konzept der Intermissions / Pausen innerhalb der Runde in denen der Charakter gestaltet wird.
Wegen des Kreislauf von Aiki, Kiai sowie Karma Punkten.

Daneben finde ich es reizvoll zu überlegen wie man vorhandene Mechaniken aus Gesellschaftsspielen wie z.B. Scrabble für Rollenspiel nutzen kann.
Das heißt bei Scrabble würde es sich z.B. anbieten die gelegten Wörter in das Geschehen einzubringen. Ebenso hat man über die Wertigkeit der Steine sowie deren Positionierung eine Möglichkeit eine numerische Komponente mit einfließen zu lassen.
Dazu muss natürlich der Rest vom Spiel passen damit man auch Lust und eine Grundlage hat die Regeln einzubringen und anzuwenden.


Ansonsten gibt es daneben durchaus Systeme von denen ich Abstand nehmen würde, gerade von einigen Teilbereichen.
Das heißt wenn ich als Beispiel V:tM nehme so ist meines Erachtens das Poolsystem als solches sowie die Mechanik hinsichtlich Patzern mit einigen Anpassungen(Spezialisierungen als Erfolgsdopplung, Entmüllung der Attribute, Fertigkeiten) durchaus gelungen.
Andere Bereiche wiederum sind nett gedacht versagen jedoch großflächig.
Darunter Sachen wie die Hintergründe die ohne System auskommen, Menschlichkeit das von der Idee her nett ist, die Gestaltung der Disziplinen oder das Kampfsystem. Gerade das Kampfsystem hat Schwachpunkte wie die Initiative, die Trennung des Ansagen und des Ausführen, die recht komplizierten Mehrfachaktionen, der Umstand das eine reguläre Handlung ohne alles bis zu vier Schritte benötigt (Angriff, Ausweichen, Schaden, Soaken), eintönige Manöver sowie die fehlende sinnvolle Einbindung der Disziplinen. Sei es das Geschwindigkeit vollkommen übermächtig im Vergleich zu allen anderen wird oder das die Regeln jenseits der körperlichen Disziplinen (z.B. für Präsenz, Beherrschung, Irrsinn) schlicht nicht gegeben werden.
 
So wirst du wohl nur die jeweiligenVorlieben oder Problemsichten der Leute nach ihren jeweiligen individuellen Geschmäckern hören.
Letztlich schreibst du das System ja vermutlich wohl, weil die bisherig bekannten Systeme irgendwo nicht ausreichend/passend sind.

Diese Analyse wäre dann wohl der Startpunkt um zu sehen, was benötigt wird, was man gut von woanders adaptieren kann und was ggf neu gemacht werden muss.
 
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