Rollenspieltheorie Pro-Simulationismus

Er ist auch in zwei Sprachen gebräuchlich: Englisch... und Rollenspielforendeutsch. :aargh:

Im wörtlichen Sinne wird der Begriff im Deutschen natürlich auch anderswo anzutreffen sein. Mein Problem damit ist ja auch nicht, dass es sich um einen Anglizismus handelt, sondern dass es sich um einen sprachlich grauenvollen Anglizismus handelt. Das ist ungefähr, als würde man nicht "Railroading" sondern "Bahnfahren" sagen.
 
Doch, das ist eine offensichtliche (und ästhetisch wie inhaltlich katastrophale) Übertragung eines englischsprachigen Begriffes, die ich in dieser Form nur in Rollenspieldiskussionen erlebt habe. Ein verdeckter Anglizismus wie "Sinn machen", "etwas erinnern" etc.
Das verrät natürlich ein unsinnig präskriptives und restriktives Verständnis davon, wie Sprache funktioniert, welche Funktion sie hat und wie sie sich entwickelt. Aber das ist in Deutschland sogar heute noch erstaunlich verbreitet. Aber eher unter Laien und Literaturwissenschaftlern, nicht unter Linguisten. Unter denen also, die tatsächlich wissen, wovon sie reden.
"Erinnern" in seiner transitiven Form ist übrigens älter, als du offenbar glaubst.
 
1. Hast Du irgend eine Art von linguistischer Ausbildung genossen? Ich schon.
2. Die Feststellung, dass "Handwedeln" nur im Rollenspielerjargon in dieser Form benutzt wird, ist aber sowas von deskriptiv, das glaubst Du gar nicht. Was ich persönlich allerdings von diesem Begriff halte (Finger auf Schiefertafel), ist von solchen Erwägungen gar nicht berührt.
3. a) In Deinem Beispiel wird "etwas erinnern" gar nicht im modernen, aus dem Englischen übernommenen Sinne verwendet...
b) ... und diese moderne Verwendung hat mit früheren transitiven Verwendungen auch ersichtlich nichts zu tun.

Schließlich und endlich habe ich gegen Anglizismen, wenn sie ästhetisch akzeptabel und sprachlich brauchbar sind, gar nichts.
In dem Sinne fälle ich mal ein Urteil darüber, ob Dein hochtrabendes Posting über die Funktion von Sprache an dieser Stelle Sinn macht: Nicht wirklich. :meh:
 
1. ich auch. :)
2. Die Feststellung ist deskriptiv. Das stimmt. Aber damit hast du nicht angefangen und auch nicht aufgehört.
3. Stimmt. Transitiv ist es trotzdem.

Und welche Anglizismen "ästhetisch akzeptabel und sprachlich brauchbar" sind, entscheidest natürlich - ganz präskriptiv - du. Und nicht etwa die Sprecher, die diese Anglizismen tatsächlich verwenden und ganz offenensichtlich sowohl ästhetisch akzeptieren als auch sprachlich produktiv gebrauchen.
Ich beispielsweise habe gegen "handwedeln" nichts einzuwenden. Und gegen "Sinn machen" auch nicht.
 
Sinn machen ist dann sinnvoll, wenn es Sinn ergibt. Wenn nicht, dann handwedel ich mit einer wedelnden Handbewegung den fehlenden Sinn herbei oder hinweg - je nachdem. Somit steht in jedem Falle das Ergebnis vorher fest, auch wenn dies einigen doch recht railroadig erscheinen mag. Aber ich fahre gerne Eisenbahn.
 
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2. Die Feststellung ist deskriptiv. Das stimmt. Aber damit hast du nicht angefangen und auch nicht aufgehört.
Nein, ich erlaube mir doch tatsächlich ohne wissenschaftliche Begründung, Worte und andere Dinge schön oder unschön zu finden.

Und welche Anglizismen "ästhetisch akzeptabel und sprachlich brauchbar" sind, entscheidest natürlich - ganz präskriptiv - du.

Original: https://www.youtube.com/watch?v=G2y8Sx4B2Sk

Dieses kleine Zitat kann man auf viele Arten auf diese Situation anwenden.

P.S.: Übrigens Gratulation zur Erlegung des eigentlichen Themas durch Einschießen auf eine Randbemerkung zur Ästhetik eines Begriffes. Ein weiterer Grund, warum man über Realismus (und etliche andere Begriffe) in Rollenspielforen nicht reden kann - irgendwer, der sich nicht zu schade ist, die Diskussion durch derartige Nörgeleien zu zerfasern, findet sich eigentlich immer.
 
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Ach... hättest du an anderer Leute Begriffen nicht genörgelt, hätte ich ja an deinem Genörgel nicht nörgeln müssen. Ist ja nicht so, dass du von deinem persönlichen Geschmack geredet hättest. Du hast ganz allgemein behauptet, bestimmte Worte seien "sprachlich grauenvoll", nicht "ästhetisch akzeptabel und sprachlich brauchbar". Hättest du nur erwähnt, dass du persönlich sie nicht magst oder aus irgendwelchen sachlichen Gründen für sachlich oder methodisch unpassend hältst, hätten wir kein Problem gehabt. Hast du aber nicht.

Und wie man Präskriptiv im Deutschen schreibt, musste ich tatsächlich googeln. Ich befasse mich sonst mit der englischen Linguistik. Und das hat mich dann zum Fetischobjekt deutscher Sprachbesserwisser, dem Duden geleitet, der auch präskripiv sagt. Was war da jetzt also dein Punkt?
 
Was Du zu "müssen" glaubst, machst Du besser mit Dir selber aus, und um die Rechtschreibung ging's nicht.
 
Mann, mein Popcorn wird alle.
Aber mal ernsthaft, geht das nicht per PN?
 
"Wenn du möchtest, kannst du darauf in irgendeiner Form Bezug nehmen und wir können eine normale, vernünftige Diskussion führen. Auf weitere Mätzchen deinerseits lasse ich mich nicht ein."

Dann will ich das mal vernünftig probieren; erstmal zum Diskutieren/Terminologie, etc.

Ich schaue hier rein, wenn ich Zeit und Lust habe, das ist nicht meine Arbeit. Ich schreibe aus dem Bauch heraus und versuche nicht wasserdichte Abhandlungen zu verfassen, gegen die die Foren-Platzhirsche dann hoffentlich anrennen.
Ich vermeide nicht seit vier Seiten eine Diskussion, bzw. weiche ihr aus (?!), sondern hab die Beiträge (auch deine Rocky) eher als interessante Denkanstösse, andere Sichtweisen für mich wahrgenommen. Da liegt für mich der von dir angesprochene Erkenntnisgewinn.
Jeder kann seinen persönlichen Beitrag dazu bringen, auch wenn dieser sich nicht zwingend und detailliert auf vorangegangene Thesen/Aussagen bezieht. Schöner ist das natürlich, aber keine Grundvoraussetzung, um sich zu beteiligen. Das kannst du natürlich anders sehen.
Manchmal gehört auch leichte Provokation ("Haha Erwischt") dazu, aber es soll immer noch Spaß machen, schließlich gibt es jenseits der Foren wenig Gelegenheit, mit anderen Interessenten über das Hobby und die eigenen Vorlieben Austausch zu betreiben. Auch du provozierst, denke ich gekonnt und gern.
Dies sehe ich jedoch eher als ein Anstacheln, das zum Diskutieren der verschiedenen Sichtweisen zu anregen soll, was ich auch deinen Posts entnehme. Und so was ist – in Maßen – eher produktiv.

Deine (und die anderer Teilnehmer) Hinweise bzgl . der Definitionen sind bestimmt korrekt und werden zur Kenntnis genommen. Aber mich interessiert mehr, warum es heute sowohl im RSP, als auch in anderen Medien scheinbar zunehmend "abgefahrener" zu sein scheint, wenn man einen SC spielt, der ein normaler Mensch ist.
Und viele haben ihre eigenen Erfahrungen (die sich in einigen Fällen deutlich von meinen unterscheiden) mitgeteilt, und darum ging es mir hier. Austausch eben, kein Erringen von Recht/Definitionshoheit, o.Ä.

Zum Ned-Stark-Beispiel:
Punkte 1) bis 4) kann ich so unterschreiben (insbesondere Punkte 3 & 4).
An dem (vielleicht weniger unglücklich gewählten) Beispiel aus "Die Hard", kannst du evtl. eher erkennen, worauf ich hinauswollte.
Das ich als SL meine Spieler auch nicht "zu Tode simulieren will", bzw. mir Mühe gebe eben kein "Arschloch-SL" zu sein, habe ich aber auch schon mal geschrieben.

Ich hatte vor einigen Jahren mal das Glück bei einer Gruppe mitspielen zu können, in der der SL eine Kampagne im Stil von "Sharpes Rifles" (schon wieder Sean Bean...) leitete.
Wir waren alle normale Typen mit umständlich zu ladenden Musketen, litten unter Ausfallserscheinungen wegen Gewaltmärschen, Schlafmangel, etc.
Und mir hats irgendwann (durch eine gegenerische Salve/Volleyfire) einfach den Kopf weggesprengt, während der Rest über meine Leiche marschiert ist.
Dennoch haben Gruppe und SL es gemeinsam hinbekommen, das dies für mich spannend und interessant war. Ein richtig gutes "Abenteuer".

Es hat mich angeregt viel über die Geographie/Geschichte der bespielten Region nachzulesen, über die damalige Kriegsführung und die gesellschaftlichen Barrieren der Zeit.
Der Tod meines SC fühlte sich an, als wenn dein Lieblingsbuch zu einem unerwarteten Ende kommt, nicht als wenn der SL dich verarschen wollte.
Bis dahin konnte ich einen überzeugenden Ausschnitt aus dem Leben einer fiktiven, „geschichtlichen Figur“ simulieren, und was ich tun würde, wenn ich wohl in dessen Stiefeln stehen würde.

Ein anderer SC starb in Kriegsgefangenschaft und dies wurde in zeitlich gerafften Monatsperioden (Würfe für Gesundheit/Überleben, Kontakte, Begegnungen innerhalb des Gefangenenlagers, mögliche Aufstände/Ausbrüche/vorzeitiges Kriegsende und –Entlassung)zusammengefasst. Ich hatte den Eindruck das dies auch für den Spieler, in der von diesem SL vorgestellten Art, mehr als akzeptabel war.)

Ein Weiterer überlebte die Kampagne und schaffte sich eine Schweine-Farm (aus dem Entlassungs-Sold/Pension) an.

Simulation (eine Positiv-Definition, nicht als negativer Kampfbegriff gegen andere Spielarten).
 
Aber mich interessiert mehr, warum es heute sowohl im RSP, als auch in anderen Medien scheinbar zunehmend "abgefahrener" zu sein scheint, wenn man einen SC spielt, der ein normaler Mensch ist.
Das ist eine interessante Frage. Ich wollte zuerst damit argumentieren, dass es im Interesse der Geschichte notwendig sei, dass etwas passiert, das über das im Alltag plausible hinausgeht. Und in gewissem Maß stimmt das sicher auch. Aber dennoch kann ich mir natürlich auch Geschichten vorstellen und habe solche Geschichten auch schon gelesen und gesehen, die einen Aspekt des gewöhnlichen Lebens simulieren. In Vampire hatte ich mal eine Liebesgeschichte zwischen Erzeugerin und Kind, die wirklich schön war, und bei der der Fakt, dass beide Vampire waren, völlig nebensächlich war. Die Geschichte hätte genau so auch unter zwei normalen, sterblichen Menschen in einer völlig normalen Welt funktioniert. Aber das war wirklich ein Glücksfall, dass die Beziehung zwischen den Spielern funktioniert hat und der Spieler und ich auch genügend vertrauensvoll und intim miteinander umgehen konnten. Das klappt sicher nicht auf einem Con. Und ich glaube, dass zu viel Zufall (im Sinne von Sozialwürfen oder so) da eher kontraproduktiv ist. Was also das Rollenspiel angeht, glaube ich, könnte die Antwort einfach darin bestehen, dass ernsthafte soziale Beziehungen (und das ist ja das spannendste Abenteuer "normale" Abenteuer, das ich mir so vorstellen kann) wirklich schwierig und vorraussetzungsreich darzustellen sind.
Breaking Bad ist ja vor allem deshalb so interessant, weil es dort diese ganzen sozialen Beziehungen gibt. Hank ist ja nicht nur irgendein Bulle, sondern auch noch Walters Schwager. Und weil es natürlich so enorm gut geschrieben ist. Für The Wire oder Fargo oder The Shield (mal als Beispiele für richtig gute fiktionale Werke) gilt da selbe. Die sind einfach richtig tight geschrieben. Das kann man im Rollenspiel so nicht darstellen. Zumindest nicht ohne extremes Eisenbahnfahren. Und das will ja keiner. Und auch in fiktionalen Werken ist es natürlich leichter, über Knalleffekte Spannung zu erzeugen. Was nichts schlechtes ist. Aber das erklärt vielleicht ein Bisschen, warum John McClane in späteren Teilen zum Superhelden mutiert ist. Das kreative Gewicht hat sich eben verschoben. Spätestens in Teil vier waren Selbstrefrenzialität und generell metafiktionale Spielereien wichtiger als innerweltliche Plausibilität. Was einfach ne Designentscheidung ist, die ich nicht verurteilen würde. Aber das folgt dann eben einer anderen Logik und führt logischerweise zu anderen Effekten. Und es ist vorhersehbarer. Bei einer dicken Explosion sieht der Produzent die dicke Explosion und weiß, dass auch die Zuschauer eine dicke Explosion sehen werden. Wenn der Film nun vielleicht noch von Michael Bay oder James Cameron ist, dann ist vorher klar, dass die Leute nicht wegen der plausiblen Geschichte, der guten Dramaturgie oder der tiefen Charaktere im Kino sitzen, sondern wegen der dicken Explosionen. Das ist leichter abzuschätzen.
Wenn dagegen ein Regisseur eher auf nuancierte Emotionen und gute Dramaturgie setzt, dann kann der Produzent nicht sofort sehen, ob das beim Publikum auch so ankommen wird. Daher erscheint ihm das dann als größeres finanzielles Risiko. Das Publikum ist mit den Explosionen auch beschäftigt genug, deshalb muss man keine Zeit darauf verschwenden, ein gutes Drehbuch zu schreiben. Und deshalb gibt es so wenig gut geschriebene, plausible Blockbuster und deshalb wird in Blockbustern Explosion auf Explosion gestapelt, um möglichst viele Momente des Staunens auszulösen. Das wäre so mein Erklärungsversuch für Filme/Serien.
Und für Rollenspiel eben, dass auch hier spektakuläre Momente vermeintlich einfach zu kreieren und sichere Garanten für Spannung sind, während tiefes Charakterspiel (was ja das ist, was übrig ist, wenn man die Explosionen weg nimmt) nicht unbedingt mehr Mühe verlangt, aber definitiv eine gewisse Intimität unter den Spielern. Und mehr Konzentration als die meisten (verständlicherweise) nach ner harten Arbeitswoche in ihrer Freizeit aufbringen wollen.
Und wieder würde ich behaupten, dass da zufallsintensive Regeln eher im Weg stehen als dass sie helfen.

Zum Ned-Stark-Beispiel:
Punkte 1) bis 4) kann ich so unterschreiben (insbesondere Punkte 3 & 4).
An dem (vielleicht weniger unglücklich gewählten) Beispiel aus "Die Hard", kannst du evtl. eher erkennen, worauf ich hinauswollte.
Das ich als SL meine Spieler auch nicht "zu Tode simulieren will", bzw. mir Mühe gebe eben kein "Arschloch-SL" zu sein, habe ich aber auch schon mal geschrieben.
Gut. :)

Ich hatte vor einigen Jahren mal das Glück bei einer Gruppe mitspielen zu können, in der der SL eine Kampagne im Stil von "Sharpes Rifles" (schon wieder Sean Bean...) leitete.
Wir waren alle normale Typen mit umständlich zu ladenden Musketen, litten unter Ausfallserscheinungen wegen Gewaltmärschen, Schlafmangel, etc.
Und mir hats irgendwann (durch eine gegenerische Salve/Volleyfire) einfach den Kopf weggesprengt, während der Rest über meine Leiche marschiert ist.
Dennoch haben Gruppe und SL es gemeinsam hinbekommen, das dies für mich spannend und interessant war. Ein richtig gutes "Abenteuer".

Es hat mich angeregt viel über die Geographie/Geschichte der bespielten Region nachzulesen, über die damalige Kriegsführung und die gesellschaftlichen Barrieren der Zeit.
Der Tod meines SC fühlte sich an, als wenn dein Lieblingsbuch zu einem unerwarteten Ende kommt, nicht als wenn der SL dich verarschen wollte.
Bis dahin konnte ich einen überzeugenden Ausschnitt aus dem Leben einer fiktiven, „geschichtlichen Figur“ simulieren, und was ich tun würde, wenn ich wohl in dessen Stiefeln stehen würde.
Da hatte der SL ja dann diese Carte Blanche, von der ich weiter oben gesprochen habe. Es war halt allen beteiligten vorher klar, wie das Spiel funktioniert. Bei dem hypothetischen Spieler (verkörpert durch den hypothetischen Leser) von Ned Stark war das anders. Die Szene schockt ja genau deshalb so doll, weil der Leser bis zu dem Moment (und bei mir damals sogar noch etwas länger) nicht damit rechnet, dass Ned wirklich stirbt bzw. tot ist, weil er ja im Stil der Fantasyliteratur bis zu jener Zeit als der Held des Buches aufgebaut wird. Die Szene wirkt gewissermaßen nur deshalb so stark, weil GRRM die Leser verarscht. Das lasse ich mir als Leser genau ein Mal gefallen. Wenn ich dagegen ein Buch lese, in dem von vornherein klar ist, dass die Welt tödlich ist und es auch den Helden erwischen kann (ironischerweise nicht die Sharpe's-Reihe, weil Cromwells Protagonisten schon ziemlich Mary-Sues sind. Und Sharpe ist da einer der schlimmsten^^), dann weiß ich eben, was mich erwartet und dann ist es auch okay.
Mein Rollenspielgegenbeispiel war eine Dark Heresy-Runde, in der unser Tech-Priest ohne so richtig guten Grund (der Spieler fand es "lustig") an seinem internen Reaktor rumgefummelt hat. Der SL hat ne Probe verlangt, der Spieler hat sie vergeigt und alle waren tot. Und das hat mich tierisch aufgeregt und mich auch dazu gebracht, die Runde zu verlassen. Warum soll mein mit Mühe erstellter und hochgezogener Charakter sterben, weil ein anderer Spieler augenscheinlich das Spiel nicht ernst nimmt und scheiße baut? Der SL hat sich an der Stelle natürlich genau auf den verkackten Wurf herausgeredet. Ich als SL hätte den Spieler zur Seite genommen und mit ihm ein ernstes Wort geredet. Und wenn er sich völlig beratungsresistent gezeigt hätte, hätte ich was gehandwedelt, was dafür sorgt, dass nur der Charakter des "lustigen" Spielers daran stirbt. Seitdem habe ich eine Allergie gegen Würfelwürfe als SL-Absolution.
 
@ TomBot:
Das klingt mal nach einer ungewöhnlichen und interessanten Kampagne.
Ich habe manchmal schon "Probleme" (großes Wort - so schlimm isse eigentlich nicht), wenn ich "Alter Schule" spiele und meinen Spielern eröffne, dass es sehr gefährlich werden kann und dass man tatsächlich ins Gras beißen kann.
Ja, auch ohne etwas "falsch" gemacht zu haben.
Ja, auch ohne großen Heldentod.
Einfach so.
Zur falschen Zeit am falschen Ort den RW nicht geschafft, einen TP zu wenig gehabt, einen Treffer nicht ausgeteilt oder zuviel eingesteckt, 10 cm vor der Ziellinie.
Und ohne Absicht von mir.
Habe bloß gewürfelt.

Da ist dann schon immer ein wenig (bevor noch was passierte) der Gnatz mit am Tisch: "Ich würde lieber was langes spielen, so mit Held und so und langer Kampagne."
Ja, mache ich auch gerne.
Aber manche Sachen sind einfach nicht dafür gemacht, dass man die lange spielt und der Charakter reich und berühmt wird.
Manchmal überlebt man nur den Krieg und wird Schweinebauer.
Und hat GEWONNEN!
Und manchmal stirbt man als Schütze Arsch im vordersten Glied und bekommt nicht mal ein seichtes Grab am Wegesrand.
Und hat dennoch eine GROßARTIGES ABENTEUER erlebt!

Echt, die Kampagne, an der du mitgespielt hast, hört sich toll an!

@ Rocky:
Dein Dark Heresy-Beispiel ist dann so ziemlich das Gegenteil davon und ich kann dir nur zustimmen, dass das eine total bescheuerte und spielzerstörende Aktion war.
Denn es geht ja bei "realistischen" Settings (und auch bei Old School) nicht darum, dass man möglichst oft und bescheuert draufgeht, sondern das soll ja gerade vermieden werden.
Daraus entsteht ja die Spannung, der Triumpph des Erfolgs und die Tragik der Niederlage:
"Können wir es schaffen trotz der tötlichen Gefahr?
- JA! Geschafft! Ned kam durch und wurde Schweinebauer!
- Oh nein! Bill ist in Gefangeschaft an Lungenentzündung und TB gestorben - und er war erst 22 und hatte noch so viel vor im Leben!"

Wenn die sich da ständig gegenseitig Granaten in die Hose stecken, weil's so schön rummst, dann ist das wirklich unrealistisch und sinnlos.
 
Zuletzt bearbeitet:
@Roter Baron: Genau, bei guter Abstimmung und etwas Glück fühlt es sich so an, wie du es beschrieben hast.

Wobei ich ergänzen möchte, das man auch hierbei durchaus längere Abenteuer, die sich zu Kampagnen auswachsen können, spielen kann.
Meine letzte Twilight 2000-Runde lief knapp 2 Jahre, fast genauso lang funktionierte eine Outlaw (Western-) Runde. In beiden Fällen haben die Spieler vorsichtshalber jeweils einen zweiten SC gebastelt, falls ihr erster SC vorzeitig stirbt, oder länger wegen Verletzung/Krankheit ausfällt. Bei Car Wars/Autoduel haben wir Mitglieder von Organisationen (der Mob/ein Transportunternehmen/ ein Kurierdienst) gespielt, aus denen man im Bedarfsfall neue Mitglieder als SC rekrutieren könnte.

Aber es wurde tatsächlich selten gestorben, da die Spieler (aufgrund von taktischen Erwägungen, oder auch Würfen für Kampfmoral) Kämpfe vermieden. So wie echte Menschen in der Regel auch nicht jubelnd von Gefecht zu Gefecht hetzen um XP zu kassieren.
Dennoch wurde häufig gekämpft, es waren immer eindeutig Action-orientierte Szenarien, bei denen jedoch immer das Leben aller Beteiligter auf dem Spiel stand. Da wurden dann auch tote Gegner nicht in Hundertschaften gezählt. Stattdessen spielten auch Aufgaben für z.B. "medizinische Diagnose" vor Versorgung einer Wunde eine genauso große Rolle, wie die Kampfregeln.

Runeslinger sagt in dem 2.Video (zur Charaktererschaffung und –entwicklung) etwas, das sich sinngemäß so zusammenfassen lässt;
Man entwirft ein Charakterkonzept. Aber danach ist es nicht garantiert das z.B. ein Schwertkämpfer zum Champion der Arena wird, sondern man lässt sich gemeinsam (Spieler und ein hoffentlich wohlmeinender SL) auf dessen Reise ein und entdeckt dessen Werdegang während des Spiels.

Das ist eine grundlegend andere Haltung, als die selbsterfüllende Prophezeiung des Spielers, der seine Figur schon vor Spielbeginn als „Held“ einordnet.
Was nicht ausschließt, das ich zu Spielbeginn einen SC habe, der in der Vergangenheit bereits Heldentaten begangen hat. Aber ob er sich auch in unserem gemeinsamen Spiel als solcher behauptet, ist eben diese Entdeckungsreise, die man zunächst mal „open-minded“ angehen könnte. Das geht auch mit kompetenten SC, die natürlich regeltechnisch bessere Chancen haben, ihren Anspruch ans Heldentum durchzusetzen.
Meine Formulierung "eine Lanze zu brechen" bezieht sich aber darauf das dies kein verbissen-verteidigter Anspruch, sondern eine Hoffnung ist, deren Nicht-Erfüllung nicht Streit in der Runde, oder sogar in deren Zerbrechen, mündet.
Bei CoC ist dieses Denken öfter verbreitet (wenn auch für mich der fatalistische Ansatz "der SC krepiert eh bald" zu verbreitet ist).

@Rocky: Dein Beispiel ist wahrscheinlich das, was viele wohl Spieler darunter verstehen, wenn sie Simulation negativ einordnen. Altbackenes, durch Regeln endlos in die Länge gezogenes zu Tode würfeln, bzw. gnadenloses SC´s killen (d.h. der SL denkt sich immer neue Schweinereien aus, mit denen die Spieler weiter in den Dreck getreten werden). Dazu hätte ich keine Lust, bzw. würde abgeschreckt werden (von wegen „open-minded“), wenn ich bis dato keine guten Erfahrungen gemacht hätte.
Und ja, es erfordert eine Menge gemeinsamen, guten Willen, Vorbereitung, ein System das allen Beteiligten passt, sowie die o.g. Grundannahme der Entdeckungsreise, die ggf. auch sehr
kurz verlaufen kann. Ich habe ursprünglich Ned Stark als Beispiel gewählt, für einen mächtigen SC, dessen Spieler jedoch in einer dramatischen Situation verloren hätte.

In einer Western-Runde spielten wir mal eine Gruppe Outlaws, die nach dem Überfall auf eine Bank miteinander in Streit über die Beuteverteilung gerieten (ein Thema, das der Stoff zahlreicher Westernfilme ist).
Das hätte zum Ende der Gruppe (als Spieler) führen können. Mit der simulationistischen Grundannahme haben wir es aber zu einer spannenden Geschichte werden lassen, und es lief auf einen verzweifelten Showdown zwischen den SC hinaus. Es überlebte nur einer von vieren, und der verlor sogar noch das Geld in der Wüste.
Aber durch die Bereitschaft aller Spieler, auch dies im Rahmen einer spannenden Geschichte (die am Schluss auf einen taktischen PvP-Kampf hinauslief) zuzulassen, war es extrem unterhaltsam und keiner war sauer. So ein Szenarioverlauf wäre sonst nicht denkbar gewesen.


Nachtrag:
Was du bzgl. sozialen Beziehungen und TV-Serien geschrieben hast (z.B. Walther Whites Schwager); genau solche Dinge finde ich auch sehr spannend und die lassen sich durchaus in ein RSP einbauen.
Wir verwenden (neben den Traveller-Regeln für die Fertigkeiten, Charakteristika, etc.) für
die psychologische Ausrichtung/Hintergrund von SC/NSC gern die alten „Central-Casting“ Hintergrundbücher (Heroes of Legend/Now/Future).
Damit entsteht praktisch so was wie ein Skript für einen Schauspieler. Ob der Spieler dies dann so im Detail verwendet, bleibt ihm überlassen, aber fast alle tuns, weil es oftmals eine
interessante „Rolle“ ergibt. Daraus gehen oft viel interessantere SC hervor, als spontan-erdachte 0815-"Krieger"-Klischees. Solche SC weisen zwar oftmals Limitierungen auf, es finden sich aber auf einmal überzeugend wirkende Motivationen, denen man nachgehen könnte.
Walther White ist ein Chemielehrer, der anfänglich ein spießbürgerliches Leben führt. Klingt unspannend. Echt kein Held. Aber dann führen ihn Krebsdiagnose und Geldmangel, sowie seine Angst, seine Familie mittellos zu hinterlassen, auf seine Reise...

Will z.B. ein altruistisch-orientierter SC einen Gefangenen foltern, weil er dessen Informationen dringend braucht um eine gefährdete Person zu finden/retten, muß er schon eine schwierigere Probe für „Willenskraft“ bestehen, als ein zutiefst verdorbener Wegelagerer.
Tut er es trotzdem erhält er evtl. die notwendigen Infos, verändert aber auch (%-Werte für Charaktereigenschaften) seine psychologische Ausrichtung/Gesundheit.
Ja, eine „Shit-Geoffrey-does“-Tabelle könnte tatsächlich vorkommen, aber nicht als SC-Tötungsmechanismus. Sondern als Vorbereitung des SL, wie er den eisigen Sadismus des kranken Boy-Kings nach und nach präsentiert.
Max Rockatansky wird vom lebensfrohen Familienvater-Cop langsam zum ausgebrannten Einzelgänger..
So „simulieren“ wir z.B. auch oftmals die Härte von Entscheidungen, die zwar dem Spieler leicht fielen, nicht aber dem jeweils betroffenen SC. Auch das kann man simulieren, wenn der Spieler dies nicht von vorne herein als Einschränkung begreift. Was er tun will, und was sein SC sich traut, müssen nicht das Gleiche sein. Wie im realen Leben. Ich mach auch nicht alles, was ich tun möchte/sollte/Richtig ist.


Finde ich sehr schön, das ihr bereit seit, meine Sichtweise als Möglichkeit der Bereicherung (nicht als einzig-seelig-machende Spielart) zuzulassen. Danke für eure Beteiligung !
 
Zuletzt bearbeitet:
Runeslinger sagt in dem 2.Video (zur Charaktererschaffung und –entwicklung) etwas, das sich sinngemäß so zusammenfassen lässt;
Man entwirft ein Charakterkonzept. Aber danach ist es nicht garantiert das z.B. ein Schwertkämpfer zum Champion der Arena wird, sondern man lässt sich gemeinsam (Spieler und ein hoffentlich wohlmeinender SL) auf dessen Reise ein und entdeckt dessen Werdegang während des Spiels.

Das ist eine grundlegend andere Haltung, als die selbsterfüllende Prophezeiung des Spielers, der seine Figur schon vor Spielbeginn als „Held“ einordnet.

Kein Point Buy System macht aus Deiner Figur zwangsläufig einen Helden.
Die durchgeführten/unterlassenen Aktionen, die Miß-/Erfolge. Das bestimmt ob die Figur letztlich als Held wirkt oder nicht.

Bei Erwürfelsystemen haben wir auch häufig gesagt:
Fangen wir auf Stufe 5 an. Oder, bei Ersatz-SCs fange eine Stufe unter dem Gruppenschnitt an.
Wie kompetent, ausser bei Traveller, das f**** Dich ggf. gleich am Anfang, Dein SC ist, ist also durchaus verhandelbar.
Ob der SC darüber hinaus zum Helden wird ist durchaus Spielersache und auch bestimmt durch das was er halt macht.

Der GROSSE Unterschied ist das ein SC nicht in Bereichen schlecht ist die man nicht so im Charakterkonzept will.
Mein tatsächlicher Gripe mit Klassenbasierten/Life-Path, etc., Systemen ist das man kein Mix&Match machen kann, die Systeme veschlanken künstlich die Bandbreite der Möglichkeiten.

Würde man eine Pizza die nach einem Zufallssystem bestückt ist probieren, aufessen oder gar bezahlen wollen?
Mag sein das ab und an Kombinationen vorkommen die ein vollkommen neues Geschmackserlebnis erlauben. Super.
Und mag sein das Leute die nur, wenn sie wählen könnten, Pizza Margerita essen, dadurch neues kennenlernen. Auch toll.

Spielst Du das gerne, fein.

I

Nachtrag:
Wir verwenden (neben den Traveller-Regeln für die Fertigkeiten, Charakteristika, etc.) für
die psychologische Ausrichtung/Hintergrund von SC/NSC gern die alten „Central-Casting“ Hintergrundbücher (Heroes of Legend/Now/Future).

Dir ist schon klar das das diese Bücher einfach nur ziemlich "Strange" SCs entstehen lassen?
Kann natürlich ein guter Ersatz für die Fantasie der Spieler sein.
Als Werkzeug ganz nett.

Das ist nichts weiter als die "Da gibt es eine Tabelle für, würfeln wir es aus" Mentalität der alten Tage.

Damit entsteht praktisch so was wie ein Skript für einen Schauspieler. Ob der Spieler dies dann so im Detail verwendet, bleibt ihm überlassen, aber fast alle tuns, weil es oftmals eine
interessante „Rolle“ ergibt. Daraus gehen oft viel interessantere SC hervor, als spontan-erdachte 0815-"Krieger"-Klischees. Solche SC weisen zwar oftmals Limitierungen auf, es finden sich aber auf einmal überzeugend wirkende Motivationen, denen man nachgehen könnte.

Du unterschätzt zum einen Die Phantasie der Spieler. Lass die nur machen, die überraschen dann einen meist.
Zum anderen was ist falsch am 08/15 Krieger?
Der Spieler will da nach Feierabend oft nur die Sau rauslassen und sich keinen Kopf über den SC machen wollen.
Ist was falsch dran?

Hmm. Natürlich ist die Central Cating Chose als Krücke ganz gut. Warum aber nicht gleich ein vollwertiges System nehmen?
In einer Kampagnensituation ergeben sich SC-Hooks, wo kommt der nächste SC als Ersatz denn logischerweise her? häufig von ganz alleine.

Man kann das Traveller Setting mögen, ohne dem System viel abgewinnen zu können.
Ging mir mit Vampire ähnlich.

Schade das die GURPS Traveller Lizenz erlischt. Auch schade für Traveller.
 
@ TomBot:
Sehr guter Beitrag. Deshalb ist rollenpsielen auch nach über 30 Jahren für mich noch interessant: Man wird durch die Interaktion als SL oder auch als Spieler überrascht vom End e des Abenteuers - oder vom Weg zum Ende. Oder vom Schicksal der eigenen Figur.
Und wenn ein Szenario heißT "Verhindert den Weltuntergang" und die SC bauen Scheiße oder ahben Pech - nun: Dann sollte die Welt schon "untergehen". Der Erfolg oder das Versagen müssen einen Effekt haben. Tatsächlich und Wahrhaftig und nicht nur als "Der SL dreht es am Ende so, wie er es braucht - mehr ja hinter dem Schirm keiner." - Dann kann ich das Spiel ja auch lassen.

Und wer sagt, dass der Untergang der Welt immer einen Explosion des Erdkerns darstellt? Und vielleicht geht sie ja auch wieder auf? Alles bespielbar!
 
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