Diese akademische Abhandlung fand ich ansonsten u.a. irrelevant. Das ist doch Quatsch, was da steht. Anita Sarkeesian ist offensichtlich weniger eine reine Wissenschaftlerin als vielmehr in erster Linie Aktivistin und danach Unterhalterin. Da muss man sich nicht an solchen Standards wie von dem Typen suggeriert messen lassen.
Anita Sarkeesian hat für ihr Projekt
Steuerfreiheit nach 501(c)(3) der Steuerbefreiungsrichtlinien des IRS gewährt bekommen. Diese Richtlinie untersagt direkte politische Einflussnahme, Lobbyarbeit und einen übermäßigen Anteil von politischer Aufklärung an der Gesamtarbeit der Organisation.
Insofern ist es nicht ganz uninteressant, mal einen Blick drauf zu werfen, inwiefern die Sachen akademisch fundiert sind und damit einen Bildungsauftrag erfüllen können, der FF als wohltätige Organisation qualifiziert, oder nicht doch nur Meinungsäußerung und politische Aufklärung i.S.v. des Kommentars zu 501(c)(3) sind. (Zumindest ein paar Leute von 8chan und KotakuInAction sind zu dem Thema - und den 160k$ vom Kickstarter von dem am Ende nur unter 50k$ in die Produktion von Videos gegangen sind - mit dem IRS in Kontakt...)
Auch dann wenn man kein Amerikaner ist, der sich dafür interessiert was mit seinem Steuergeld passiert, kann es ganz interessant sein sich mal genauer anzuschauen wie bei FF gearbeitet wird und inwiefern es sich um intellektuell brauchbare Kritik an Videospielen und inwiefern es sich um reine Meinungsäußerung handelt. Denn sonst endet man schnell
in einer intellektuellen Sackgasse und zudem in enorm unangenehmer Gesellschaft
Insofern verlinke ich nochmal die ganze Essayreihe von Caine J. W., in der er die gesamte Videoreihe unter die Lupe nimmt und jede einzelne Quelle, Schlussfolgerung, verlinkte Quelle und die zugrundeliegenden Studien unter die Lupe nimmt:
Dishonesty: Feminist Frequency, part #1 -
#2 -
#3 -
#4 -
#5
In Ergänzung dazu ist noch besonders interessant sein Essay zu
Kunstkritik und Videospielen, bei dem er die Kritik der Videospielpresse und die Metakritik von Sarkeesian mit den etablierten Standards der Kunstkritik vergleicht.
(Falls jemand besorgt ist, dass das das Werk eines Misogynerds ist: Caine ist ein Schwuler und von Beruf Sozialarbeiter, der mit Behinderten arbeitet.)
Das ganze scheint mir so VÖLLIG ausser jeder Proportion zu sein. So seltsam ich die autoritären Forderungen mancher Leute finde, so bekloppt ist der Zwergenaufstand der da gemacht wird, weil irgendeine Indie-Spieledesignerin mit irgendeinem Kotaku Redakteur geschlafen haben soll. Ich meine, das geht doch überhaupt keinen was an, wer mit wem in die Kiste geht.
Zoe Quinn ist völlig uninteressant und irrelevant, und der Blogpost von dem das ausging war rein emotionales Nachtreten von Ex gegen Ex.
Das Problem war und ist nicht in der Person von Quinn gelegen, das Problem war und ist in den Journalisten gelegen, die von ihr möglicherweise sexuelle Gefälligkeiten angenommen haben und damit einen Interessenskonflikt zwischen der beruflichen und der persönlichen Ebene ausgelöst haben. Mehr als ein Anfangsverdacht ließ sich mit dem Frustblogeintrag von Quinns Ex-Freund aber auch nicht begründen.
Insofern war der ganze Quinnspiracy-Fokus ein Fehler, und besonders die Vollidioten die ihr Drohungen geschickt haben haben dem ganzen #Gamergate-Anliegen einen Bärendienst erwiesen.
Problematischer an Quinn war ihre Feindseligkeit gegen das Projekt von The Fine Young Capitalists, jungen Indie-Entwicklerinnen das Kapital zu verschaffen um ein Spiel unter rein weiblicher Beteiligung zu entwickeln und zu promoten, und ihr Versuch das ganze Projekt abzusägen.
Dieses Kapitel an #Gamergate ist deshalb interessant, weil sich #Gamergate daran produktiv und konstruktiv beteiligt hat und gezeigt hat, dass es nicht nur Hetzen und Lebenszeit auf Twitter und /v/ vertrödeln kann, sondern auch dazu fähig ist durch schiere Masse binnen kurzer Zeit Geld aufzutreiben und in ein würdiges Projekt zu kanalisieren.
Dazu kam noch zusätzliche Aufmerksamkeit für das Projekt, und damit wahrscheinlich auch höhere Verkaufszahlen für das fertige Spiel wenn es rauskommt. (Zumindest ich bin bereits positiv gespannt auf
After Life Empire - das Konzept erinnert mich an den 16bit-Klassiker
The Haunting, von dem ich schon lange eine Aktualisierung vermisse, und ich begrüße generell die Vorgehensweise von TFYC *FÜR* das Hobby durch konstruktive, die Diversität steigernde Beiträge beizutragen und es zu bereichern, anstatt *GEGEN* mißliebige Spiele zu hetzen und zu versuchen, sie, ihre Entwickler und ihre Konsumenten zu gängeln.)
Sehr viel ergiebiger ist da ein Blick auf die kurz nach Quinnspiracy aufgedeckte Geschichte um Patricia Hernandez/Anna Anthropy, in der eine Journalistin die mit einer Indie-Entwicklerin zusammengelebt hat deren Werke lobgepriesen und in eigenen Artikeln hervorgehoben hat, ohne auf die persönliche Beziehung hinzuweisen.
DAS ist nachweisliche Korruption, und DAS ist eigentlich das #Gamergate angehen will: Journalistische Ethik im Videospielbereich, und die weit verbreitete Klüngelei, Vetternwirtschaft und Vorteilsannahme in dem Bereich.
(Die Drohungen, die die beiden im Gegenzug bekommen haben, waren dagegen wieder völlig kontraproduktiv, und zusätzlich unnötig da die aufgedeckten Beweise für die Vetternwirtschaft vernichtend genug waren.)
Das Problem an #Gamergate ist IMHO nicht das generelle Anliegen.
Das Problem sind die Trolle, die in seinem Kielwasser mitschwimmen und durch Doxxing und Todesdrohungen negativ auffallen, das eigentliche Anliegen nicht voranbringen und seinem Ansehen sogar schaden. Es ist ähnlich wie mit den Steineschmeißern und Brandstiftern, die im Kielwasser von Demonstrationen mitschwimmen. Wenn 1.000 anständige Leute marschieren, niemandem etwas böses tun und für ein gerechtfertigtes Anliegen eintreten, aber hinter ihnen 2 Vollidioten herlaufen die ein Fenster einwerfen und ein Auto anzünden, richten sich die Kameras sofort und ausschließlich auf die Vollidioten und geben ihnen mehr Rampenlicht, als sie verdient hätten. Und natürlich sind dann sofort die Rufe da: "Kuck dir mal die Leute an die für [Anliegen] eintreten, das sind alles Vollidioten die Steine schmeißen und Autos anzuzünden! Mit solchem kriminellen Chaotenpack kann man sich doch nicht gemein machen und unter ein Banner stellen!"
Dazu kommen noch Opportunisten, die eine Gelegenheit wittern aus der Angelegenheit Geld zu schlagen und nachträglich auf den Zug aufspringen.
Milo Yiannopoulos von der "Zeitung" Breitbart (lies: die Restekippe von Fox News, in der sie alles abladen was ihnen zu unfundiert und reaktionär für Fox News ist) ist dafür DAS Paradebeispiel, der sich wenige Wochen vor #Gamergate noch über Gamer lustig machte, schlagartig vom Saulus zum Paulus mutierte der voll auf der Seite von Gamern und journalistischer Ehrlichkeit steht und mit seinen (zugegebenermaßen handwerklich geschickt geschriebenen) Artikeln zum Meinungsführer eines nicht unbedeutenden Teils von #Gamergate aufschwang und dazu durch sein öffentliches Bekenntnis dazu schwul zu sein einen wichtigen Blitzableiter für -ismus-Vorwürfe gegen die Bewegung darstellt.
Win-win-win für alle: #Gamergate hat einen Lobbyisten der mit Worten umgehen kann und sich mit der Mainstream-Presse auskennt, #NotYourShield hat ein prominentes Aushängeschild (pun intended) das durch seine offensive Schwulheit viele Vorwürfe abfedert, Milo Yiannopoulos kennt auf einmal jeder und verfolgt jeder um ihn entweder zu lobpreisen oder zu verdammen - und ich wette, sein #Gamergate-Buch wird weggehen wie warme Semmeln und nicht das letzte Produkt sein das er rausbringt um seine neu gewonnene Berühmtheit finanziell auszuschlachten.
(Ich bin in Sachen Yiannopoulos ehrlich gesagt zwiespältig. Einerseits schafft er es Ideen, Meinungen und Standpunkte der #Gamergate-Seite in geschliffener, nachvollziehbarer Form zu Papier zu bringen und vermitteln - andererseits halte ich ihn für ein Arschloch, einen Pundit und einen verbogenen Karrieristen, der nur auf die neue Sau im Dorf aufgesprungen ist weil er merkt woher der Wind weht und wie man daraus Reputation, Klicks und bares Geld rausschlagen kann. Wenn sich in ein paar Monaten der Wind drehen und eine neue Sau durchs Dorf kommen sollte, wird er wahrscheinlich der erste sein der sein Fähnchen neu ausrichtet und der alten Sau das Messer in den Rücken rammt.)