AW: Objektive Kriterien zur Beurteilung eines RPGs
Das wurd bestimmt schon mal gesagt, aber ich sags auch nochmal:
Sowas wie Objektivität kanns im RPG nicht geben, weils komplett subjektiv ist (genial, nicht?!
). Nehme ich als Beispiel die Liste von Skar (ist jetzt nicht bös gemeint, sie bietet sich gerade nur so schön an):
* Name
Die einen stehen auf englisch, die anderen auf deutsch, wieder andere finden Namen á la DSA toll, wieder andere kurze und prägnante Namen. Beispiel: Hunter vs. Jäger (ich würde IMMER zu Hunter tendieren, andere finden Jäger toll, weils deutsch ist). Oder die Befremdlichkeit bei Shadowrun einst "Walzer, Punks und Schwarzes ICE" - klingt wie DSA und sorgte für viel Wirbel. Ergo: Kein objektives Gütekriterium.
* Bindung
Bindung muss gut sein, da sind sich wohl alle einig. Sollte also nicht auseinanderfleddern. Aber dann: Hard- oder Softcover. Jeder bevorzugt da was anderes und ich steh irgendwo in der Mitte: Hardcover ist nicht prinzipiell besser in meinen Augen.
* Seitenanzahl
Wenn dann im Preis Leistungsverhältnis. Wenig schwarz/weiß Seiten und hoher Preis sind ein Ausschlusskriterium - zumindest für mich. Aber die Seitenzahl allein ist nichtssagend und muss korreliert werden.
* Seitenanzahl Fluff-Crunch-Ratio
Eine Möglichkeit, aber alles andere als ein objektives Kriterium. Regelfuchser wollen Crunch, Storyteller wollen Fluff und manche irgendwie beides.
* Farbe
Manches ist gut in bunt, manches nicht - kein Zwang, produkt- und Konsumentenabhängig
* anwendbare Genres
Also die "Hält es was es verspricht?" Frage? Ja, könnte objektives Kriterium sein - eines der wenigen. Müsste man überprüfen. (dazu später mehr)
* verwendete Würfel
Geschmackssache, aber sowas von. Einige wollen viele Würfel, andere am liebsten gar keinen. Dazu müsste man gewisse Bereiche klassifizieren, bevor man festmachen kann was objektiv gut und objektiv schlecht ist.
* Standardschwierigkeit normale Probe
Soll mir was sagen?
* Anzahl Würfe für Probe
Da bevorzugen auch unterschiedliche Leute unterschiedliche Anwendungen.
* Anzahl Würfe für Kampfrunde
Wieso nur in der Kampfrunde? Wieso nicht im Astralraum? Beim zaubern? Bei Social Skill Events?
* Sprache
Ein Spiel, welches fremdsprachig ist und nicht konsumiert werden kann von Individuen fällt für diese Individuen raus, kann also kein Kriterium sein. "Objektiv betrachtet ist es deutsch!" Das ist auch irgendwie keine Aussage.
* Preis
Preis/ Leistung - am ehesten, aber dann stellt sich die Frage, was soll es leisten? Was leistet es? Ich zum Beispiel finde, dass D&D 3,5 nicht die Anforderungen an ein Rollenspiel erfüllt, weil ich es subjektiv als Tabletop klassifiziere. Da widersprechen mir zig Tausend Leute (und ich will diese Diskussion hier nicht anregen, sondern einen Punkt klarmachen). Insofern fällt D&D 3,5 bei Preis Leistung bei mir durch und bei anderen ists ganz oben. Auch nicht objektiv.
* Verfügbarkeit (mit/ohne ISBN,PoD,PDF,vergriffen)
Das hat was mit der Qualität des RPGs zu tun? Delta Green Countdown ist vergriffen? Ist es deswegen besonders gut? Oder besonders schlecht (immerhin ists ja Out of Print, wird ja seinen Grund haben).
* Anzahl Quellenbücher
Einige wollen sowas, andere holen sich das Grundbuch und los gehts. Subjektiv
* Anzahl Abenteuer
Siehe Quellenbücher
* Zusatzprodukte
Siehe Abenteuer
So und das sind jetzt erstmal argumentative Grundlagen. Damit das einigermaßen Hand und Fuß hat müsste man das statistisch auseinanderklamüsern mit Faktoren- und vielleicht auch Clusteranalysen. Darüber hinaus gibts ja auch noch andere Punkte die interessieren. Nutzen wir die klassische Testtheorie, dann interessiert nicht nur die Objektivität, sondern auch die Reliabilität (die Items sollten Zuverlässig sein und nach Möglichkeit immer zum selben Ergebnis kommen) und die Validität (lässt sich das überhaupt feststellen, wäre ein Ergebnis gültig).
Nochmal:
"Ich finde D&D ist kein Rollenspiel!". Wäre das eine objektive Aussage (was es nicht ist, eben weil viele andere das anders sehen), müssten die meisten anderen (100% Übereinstimmung gibts nie!) das ebenso sehen und das ganze müsste irgendwie feststellbar sein.
Entsprechende Items (wie die von Skar vorgeschlagen wurden) müssen also nach und nach auf diese Kriterien hin untersucht werden, bevor man einen umfassenden Test zur Bewertung von Rollenspielen vornehmen kann und alle scheitern bereits an der Objektivität (= Das ist so unabhängig vom Beobachter - die "Wahrheit" könnte man meinen).
Insofern:
Das haut hinten und vorne nicht hin. Alles andere ist das was Spielezeitschriften bereits seit Jahren versuchen, uns glaubhaft zu machen sie könnten mit irgendwelchen hahnebüchenen Items ermitteln wie toll ein Spiel sei. Das ist auch der Grund für Worte wie "Overhyped" und warum hinterher zig Kunden enttäuscht sind wieso das Game durchgefallen ist. (von Marktrelevanten Einflüssen mal abgesehen - Schmiergeld, Androhung des Entzugs von Testmustern, etc. pp.)
Deswegen zitiere ich nochmal kurz Little Indian #5
Natürlich würden objektive Beurteilungkriterien nicht von der Pflicht entbinden, noch selbst einen Blick in ein Produkt zu werfen ehe man sein hart verdientes Geld dafür rausschmeißt, aber sie könnten vielleicht schon aufzeigen, bei welchen Sachen man gar keine ernsthaften Kaufüberlegungen anstellen muss.
Da reicht es das zu tun was man immer getan hat: Tests lesen, Mundpropaganda und hoffen, dass man die richtige Entscheidung getroffen hat.
Mal ehrlich: Egal wie objektiv ein Test zu D&D 3,5 auch wäre; ich würd dem Spiel keine Chance mehr geben, weil ICH es als Tabletop und nicht als Rollenspiel verstehe. Das würde auch so in einem Test von mir stehen, was ich gerade für Neulinge auch glaubhaft verkaufen könnte. Dann kämst meinetwegen du und schriebst das exakte Gegenteil ("Is doch ein Rollenspiel und der Erzengel hat ne Vollmeise!") und letztlich muss der Kunde sich selbst entscheiden. Gerade zwei so unterschiedliche Meinungen polarisieren, aber heben auch hervor was in so einem Spiel vorgeht, was es leistet negativ und positiv. Diese Entscheidung liegt allein beim Käufer. Was ich positiv finde findet jemand anders negativ und vice versa. Das könnte ein "objektiver Test" nicht leisten - zumal er das, was man aus dem Rollenspiel machen kann nicht darzustellen vermag. Herein spielen auch Faktoren wie: Was kann der SL, was kann die Gruppe, wie flexibel ist das Spiel?
Ein D&D was ich bei mehreren SLs erlebt habe ist womöglich die große Ausnahme dessen, was andere erlebt und gespielt haben - ich hatte scheinbar unfähige D&D SLs - oder die anderen hatten SLs, die das Spiel entsprechend zurecht gebogen haben. Wer hat jetzt Recht? (das ist ne rhetorische Frage!)