Am 18. Januar erscheint mit
Schwerter und Giganten die letzet
Tharun-Publikation im Hause
Uhrwerk. Hier könnt ihr vorab einen ausführlichen Werkstattbericht über die Anthologie lesen – und zwar aus der Feder von
Arne Gniech persönlich.
Eine Idee wird geboren
Die ersten Vorstellungen zum jetzt erscheinenden Abenteuerband
Schwerter und Giganten haben wir bereits 2009 niedergeschrieben, als die Tharun-Renaissance – damals noch unter alten DSA-Redaktion bei Ulisses – ihren Anfang nahm. Wir – das sind
Stefan Küppers, der von Anfang an die Wiederauferstehung Tharuns begleitete und im Verlaufe des Projekts die Verantwortung immer mehr abgeben konnte und sich neuen Welten zuwandte (
Space: 1889),
Marcus Jürgens, der ebenfalls von Anfang an mit Geist und Feder dabei war und vor allem die komplexen Regeln für Tharun redaktionell betreut hat, und ich, der das Glück hatte, dank dem Uhrwerk-Team ein großes Stück „seines“ Tharun publizieren und viele leidenschaftliche Tharun-Autoren in das Projekt verwickeln zu können.
Im ersten Tharun-Exposé von 2009 sollte der Abenteuerband Teil einer umfangreichen „Tharun-Box“ sein, die – analog zu den
Dunklen Zeiten – das Setting komplett vorstellt. Zusammen mit Stefan Küppers hatte ich eine recht detaillierte Skizze für diese Box eingereicht und die Zusage für das Projekt bekommen – sogar mit Vertrag. Schon damals war klar, dass der Abenteuerband mehrere Beiträge enthalten sollte, u.a. auch eine Fortsetzung der „Götterkrieg-Kampagne“, die mit den DSAProfessional-Boxen aus den 1980er Jahren begonnen wurde. Für diese Box wurden schon 2010 die drei phantastischen Cover-Bilder von Marcus Koch gezeichnet, die ein gemeinsames Gemälde ergeben.
Unter fremder Sonne
Aus dieser „Frühphase“ stammt auch der erste Entwurf des Abenteuers
Unter fremder Sonne von
René Littek, das quasi eine Auftragsarbeit für ein klassisches Einsteigerabenteuer in die Hohlwelt ist. Stefan und ich hatten René ein paar Stichworte genannt, die wir gern drin haben wollten (u.a. –
Vorsicht Spoiler! – Nanja, Gigant, Morguai und Hadumar von Wiesen-Ostreich) und schon hat er das Ding in Windeseile niedergeschrieben und sich gleichzeitig als Autor für das Reich Lania empfohlen – denn dorthin sollte die abenteuerliche Reise nach Tharun führen. Dadurch dass René Abenteuer und Reichsbeschreibung aus einem Guss geschrieben hat, führt
Unter fremder Sonne die Helden nicht nur in die Hohlwelt, sondern auch in die eigentümliche Mythenwelt Lanias und lässt sie auf Fabelwesen und urtümliche Mächte stoßen. Außerdem ist es René gelungen, Anspielungen und versteckte Verbindungen zwischen den Welten weiterzuspinnen, die andere DSA-Autoren wie
Stefan Küppers oder
Thomas Finn in vergangenen Jahrzehnen in den DSA-Kosmos eingebracht hatten. Damit das Abenteuer auch als Expeditionsreise aus Myranor funktioniert, enthält es zusätzlich Hinweise für das Spiel mit myranischen Helden. Es ist vom Erlebnisfaktor her ein klassisches Entdeckungsabenteuer inklusive gefahrvollem Reiseteil, Lost in Translation, Rätselteil und Bösewicht-Finale. Auf dem Weg lernen die Helden viele Besonderheiten Tharuns kennen und fürchten – und am Ende müssen sie entscheiden, ob sie bleiben oder gehen. Für René ist es sicher eine spezielle Freude, dass sein Hohlwelt-Abenteuer nun endlich das Licht der irdischen Welt erblickt!
Denn bereits 2010 war Renés Abenteuer im Grunde fertig und kurz darauf von Ulisses abgenommen worden, als eine der ersten längeren Textarbeiten zur Tharun-Box – aber dann drehte sich der Wind und die alte DSA-Redaktion verließ Ulisses und somit auch alle unsere bisherigen Ansprechpartner. Als dann im Spätsommer 2011 der Uhrwerk-Verlag die Lizenz für Tharun erhielt, änderten sich die Pläne und aus einer Tharun-Box wuchs die Idee für zunächst drei Bände: Weltband, Regelband und Abenteuerband. Praktischerweise lagen die Cover ja schon vor, und die Publikationsreihenfolge war auch schnell klar: Zuerst der Weltband
Tharun – Die Welt der Schwertmeister (erschien Ende 2013), dann 2015 der Regelband
Wege nach Tharun. Und als dritter Band der nun endlich vorliegende Band
Schwerter und Giganten, mit der recht unerwartet die Tharun-Reihe bei Uhrwerk endet – denn seit Oktober 2017 liegt die Lizenz wieder bei Ulisses.
Die Jagd von Japen
Ursprünglich sollte
Schwerter und Giganten eigentlich
Schwingentänzer heißen, doch als 2013 die DSA-Publikation
Klingentänzer erschien, war klar, dass wir uns einen neuen Namen überlegen müssen. Zu diesem Zeitpunkt war neben dem schon erwähnten Einstiegsabenteuer von René, das mittlerweile mehrfach testgespielt und fortlaufend erweitert worden war, auch das zweite Abenteuer bereits fest geplant und umfangmäßig als Herzstück angelegt: Mit
Die Jagd von Japen sollte ein recht komplexer, von zahlreichen Intrigen und Ambitionen gekennzeichneter Abenteuerschauplatz im Reich Hashandra niedergeschrieben werden, den Marcus und ich mit unserer Tharun-Spielrunde etwa zwei Jahre lang in den späten 1990er Jahren bespielt hatten. Weil darin nicht nur die Schwertmeister eine große Rolle spielen, sondern am Rande auch die Kräfte der Giganten, lag der jetzige Titel
Schwerter und Giganten plötzlich auf der Zunge!
Der Schreibprozess für
Die Jagd von Japen, das zum Zeitpunkt unseres Spiels in den 1990er Jahren vor allem eine riesengroße Sandbox war, bestand vor allem aus Reduktions- und Verdichtungsarbeit, denn die zahlreichen Handlungsfäden ließen sich dank ausführlicher Spielprotokolle und gut erhaltener Spielleiternotizen zu sämtlichen Figuren sehr gut auslegen – es mussten jedoch etliche Figuren gekürzt und zusammengelegt werden, um den Rahmen nicht vollends zu sprengen. Anders als das Expeditionsabenteuer, bei dem vor allem das „phänomenologische“ Kennenlernen Tharuns im Mittelpunkt steht, sollte
Die Jagd von Japen den Schwerpunkt auf die rigide gesellschaftliche Ordnung Tharuns legen und die Zwänge und Despotien, unter denen ihre Protagonisten zu leiden haben, herausstellen. Es ist sowohl für bereits in Tharun gestrandete Weltenreisende aus Aventurien oder Myranor spielbar, aber eignet sich auch vorzüglich für tharunische Helden, die sich auf einen längeren Aufenthalt in der Inselgruppe einlassen. In der Vorstellung einer ganzen Reihe von Frauenfiguren, die alle auf verschiedene Weise mit der starren, zutiefst patriarchalen Geschlechterhierarchie hadern und sich ihr teilweise widersetzen, subversiv entziehen, sich in sie einfädeln oder sie bekämpfen, wird eine weitere konzeptionell-inhaltliche Klammer für den Abenteuerband erkennbar: die Sichtbarmachung der verschiedenen Geschlechterrollen (und der Spielräume, gegen sie zu rebellieren), die in Hashandra vollkommen anders sind als in Lania, wo Frauen einen ganz anderen Stellenwert einnehmen. Aber auch andere Aspekte der tharunischen Despotie finden in
Die Jagd von Japen Niederschlag: Brigantai tauchen ebenso auf wie die Wertlosigkeit des Lebens der unteren Kasten schmerzhaft vor Augen geführt wird. Natürlich gibt es zwischen all den Schatten auch Licht, eine Menge Dynamik und Zuspitzungen, die sich immer wieder entladen, sowie die Aussicht auf ein wirklich dramatisches Finale – mehr wird nicht verraten!
Im Fliederwald
Der Titel
Schwerter und Giganten gab auch den Rahmen vor, den auch das noch namenlose dritte Abenteuer ausloten sollte. Zuerst war angedacht, ein Abenteuer für explizit tharunische Helden im Reich Kuum zu veröffentlichen, weil das Reich aus Marcus Feder stammt und er als Autor gesetzt war, außerdem hätte der Geschlechterdualismus der kuumischen Horden die gesellschaftspolitische Betrachtung um eine weitere Facette bereichert. Doch wie es schließlich zu
Im Fliederwald kam, ist ein wirkliches Kuriosum. Denn als Anfang 2015 der Regelband
Wege nach Tharun erschien, waren wir Redakteure reichlich verdutzt, als wir auf dem Cover nicht wie von uns eigentlich beabsichtigt einen lohenden Shinxasa und eine Guerai (siehe Triptychon ganz rechts) sahen, sondern eine aventurische Heldengruppe (Triptychon mittig), die gegen gehörnte Arkanai kämpft (inklusive niedergestrecktem Flügelhelmkrieger, den wollten wir unbedingt als Hommage an die DSAP-Boxen der 1980er Jahre mit auf dem Bild haben).
Aufgrund eines Missverständnisses hatte man bei Uhrwerk schlicht das Cover des Abenteuerbands mit dem des Regelbands verwechselt – und wir hatten plötzlich einen neuen Abenteueraufhänger! Rund um die Idee „Shinxasa-Prüfung mit Guerai vor Schrein“ entstand dann die erste Plotskizze zu
Im Fliederwald, und weil man die kämpfende Person auf dem Bild aufgrund eines Brustansatzes durchaus als Frau lesen kann, wurde als Schauplatz das Reich Ilshi Vailen gewählt – dort gibt es anders als in allen anderen Reichen Tharuns radikale Geschlechtergleichheit (allerdings ein umso drakonischeres Kastensystem), also auch weibliche Guerai und Schwertmeister. Wir haben dann geschaut, welche tharunischen Besonderheiten die beiden anderen Abenteuer nicht drin haben und entschieden, ein Wettrennen zweier rivalisierenden Gruppen zum einem mystisch aufgeladenen Ort zu entwerfen, bei dem die Helden selbst entscheiden, welcher Fraktion sie sich anschießen, d.h. aus welcher Perspektive sie das Abenteuer erleben. Das Konzept der Perlenschnur hat Marcus bei der Anlage der Stationen inspiriert, an denen die verfeindeten Gruppen immer wieder aufeinandertreffen. In diese Grundidee einer konfrontativen Inseldurchquerung wurden viele mythologische und gesellschaftliche Aspekte Ilshi Vailens eingewoben und mit dem Fortgang der Reise, die immer mehr zu einer Transition wird, eine atmosphärische Verdichtung geschaffen, die am Schluss des Abenteuers kulminiert und einen vollkommen unerwarteten Ausgang nimmt. Das Rätselhafte der tharunischen Weltanschauungen kommt in diesem Abenteuer eindrucksvoll zum Ausdruck – das haben die beiden Testrunden ergeben, die es bis in den Fliederwald geschafft haben.
Regeln, Illus und Karten
Dass der Abenteuerband nun komplett regelfrei erscheint, hängt mit der Einführung von DSA5 zusammen, die dem tharunischen Regelband zum zweifelhaften Prädikat „letztes offizielles DSA4.1-Regelwerk“ verhalf. Eine Weile waren wir ratlos, ob der Abenteuerband nun überhaupt noch erscheinen kann, denn ohne zuerst neue DSA5-Regeln für Tharun zu entwerfen, wäre es ja nicht gegangen – bis die Entscheidung fiel, die Druckfassung ohne Regeln zu veröffentlichen und die Werte nach DSA4.1 in ein kostenloses Zusatz-PDF zu packen, dass es
hier zum Download geben wird, nachdem der Abenteuerband erschienen ist. Für dieses PDF und die zahlreichen Werteblöcke unserer vielen Figuren war Sean-David Schöppler einmal mehr eine unschätzbare Hilfe, der wohl mit Fug und Recht für sich in Anspruch nehmen kann, die Tharun-Regeln zu beherrschen wie kein anderer.
Weil das ursprüngliche Budget für Zeichnungen bereits fast vollständig von Welt- und Regelband aufgezehrt wurde, wiederholt der Abenteuerband einige Zeichnungen, die allerdings bereits bei der Beauftragung die Wiederverwendung im Hinterkopf hatten: So hat René für das Reich Lania im Weltband durchaus absichtsvoll Illustrationen beschrieben, die bestens zu seinem Abenteuer passen – allen voran den Schildkrötenreiter! Außerdem kam Marcus Jürgens aufgrund der ausgesprochen guten Zusammenarbeit mit dem Zeichner
Sven Dekubanowski, der einige wunderschöne Zeichnungen für
Wege nach Tharun gefertigt hatte, auf die Idee, für jedes der drei Abenteuer ein eigenes Innencover zeichnen zu lassen, um sie gestalterisch voneinander abzusetzen und das Thema der jeweiligen Geschichte in einer Art Gemälde zusammenzufassen. Das ist Sven hervorragend gelungen! Sehr begeistert waren wir auch von der Zusammenarbeit mit
Tomek Schukalla, der sich für die von uns zum Teil mit großer Akribie beschriebenen Illustrationen sehr viel Zeit und Detailfreude genommen hat – mit einem wirklich sehenswerten Ergebnis!
Das A und O von Abenteuern sind aber natürlich Karten und Pläne, und so haben wir einige Überzeugungskraft aufgewendet, um die drei bespielten Inseln auf großen Farbkarten zeigen zu können, die
Robert Altbauer in sehr produktivem Austausch mit unseren vielen Änderungs- und Ergänzungswünschen gezeichnet hat. Dieses gestalterische Bonbon sollte aus unserer Sicht den Standard für zukünftige Tharun-Regionalkarten setzen, eine unverkennbare Handschrift sozusagen. Nun werden sie vermutlich Unikate bleiben, für die wir dem Uhrwerk Verlag sehr dankbar sind. Roberts souveräner Arbeit verdanken wir auch die schwarz-weißen Ortskarten und Pläne, die entscheidende Stationen der Abenteuer zeigen. Sie werden zum praktischen Ausdrucken auch im DSA4-Regel-PDF enthalten sein.
Und nun …
Die doch recht lange Zeit, die die verschiedenen Unwägbarkeiten dem Abenteuerband abverlangt haben, gab uns Gelegenheit, alle drei Abenteuer durch kluge Hinweise einiger Lesender und Testrunden sowie das sehr sorgfältige Lektorat von Lena Richter zu überarbeiten und (vor allem) zu erweitern, sodass wir jetzt mit annähernd 200 Seiten einen auch vom Umfang her würdigen Abschluss gefunden haben. Vor allem aber hoffen wir, dass der Abenteuerband die Besonderheiten und speziellen Seiten des Spiels in Tharun aufzuzeigen in der Lage ist und die Faszination, die wir beim Spielen und Schreiben empfinden, spürbar wird und sich überträgt. Ob und wie es mit Tharun weitergeht, dazu können wir im Moment nichts sagen. Aber dass wir Bock haben, das ist dem Abenteuerband hoffentlich anzumerken. Vielen Dank allen Mitwirkenden, dem Uhrwerk Verlag und an alle, die uns begleitet haben – viel Vergnügen in den Tiefen der Hohlwelt mit
Schwerter und Giganten.
Schwerter und Giganten (A4, Hardcover, ca. 200 Seiten, schwarzweiß) kostet
34,95 € und wird am
18.01.2018 im Handel erscheinen –
Jetzt im Uhrwerk-Shop vorbestellen!
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