AW: Maskerade vs. Requiem
der Metaplot von V:tM mag ja nicht unbedingt den persönlichen Horror fördern, aber dem steht er auch nicht zwingend im Weg.
Das habe ich auch nie behauptet. Ausführliche Regeln für Verfolgungsjagden im Auto oder eine im GRW beigefügte Beschreibung einer beliebigen Domäne würden auch dem persönlichen Horror nicht im Weg stehen, sie FÖRDERN ihn aber auch nicht und erzeugen somit die GEFAHR, sich ablenken zu lassen.
Im Prinzip sieht man das ganz gut beim Übergang von VtM 1st Edition zu VtM 2nd und dann nochmal zu VtM 3rd: Je mehr die Hintergründe offenbart und detailreich erklärt wurden, desto größer wurde die Verführung, diese "großen" Hintergründe in das Spiel zu integrieren und z.B. aus der unbestimmten Angst vor unbekannten Clanen, über die keiner etwas weiß (1st) ein Auftauchen eines Assamiten in der Domäne zu machen (2nd) und diesen Assamiten dann auch noch der Camarilla beitreten zu lassen und ihn in den SC-Trupp aufzunehmen (3rd). Das Mystische und Unnahbare, Rätselhafte wird erst enttarnt und seiner Mystik beraubt, dann ins Spiel integriert und dadurch trivialisiert.
Persönlicher Horror – so meine Beobachtung – entfaltet sich am Besten und am Ehesten in der Tradition der Schauerromantik (die wieder auf der Packung von VtM und VtR steht) im Spannungsfeld zwischen dem einzelnen Vampir, seinem persönlichen Dämon (der Bestie) und seinen Opfern (Menschen) sowie – schon sekundär – im Spannungsfeld zwischen dem einzelnen Vampir und jenen Faktoren der Vampirgesellschaft, die ihn zum Bösen treiben bzw. es von ihm erzwingen (Erschaffer, Ahnen in der Domäne, die Boshaftigkit der Vampirgesellschaft an sich).
Alles, was davon abzulenken vermag, ist dem Spiel des persönlichen Horrors EHER hinderlich als förderlich. Da die Hintergründe über den Streit zwischen Set und Osiris im Regelfall ebenso wenig zu dieser Dimenson des Spiels beitragen werden wie die Beschreibung der Stadt Enoch, die von der Wahren Schwarzen Hand in die Welt der Totengeister versetzt wurde (um ein Extrembeispiel aus den diversen VtM Irrwegen herauszugreifen), kann man sagen dass WENIGER im Fall der Hintergründe deutlich MEHR ist.
Auch hier, again, geht VtR den im Sinne des persönlichen Horrors "RICHTIGEREN" weg, indem nämlich NICHT die Fakten beschrieben werden, wie die Dinge wahrhaftig entstanden sind, sondern nur Überlieferungen präsentiert werden, die sich die Vampire – die Spielfiguren HEUTE – erzählen. Was früher in Wahrheit war, ist für die Story die man erzählen will nämlich eigentlich VÖLLIG egal und befriedigt nur die Sammelgelüste derjenigen, die Quellenbücher kaufen und gerne lesen, aber tatsächlich selbst kaum spielen (eine im Rollenspielbereich leider rasend schnell wachsende Gruppe, die meiner Ansicht nach letztlich "schädlich" ist in dem Sinne, dass Verlage leider dazu tendieren überdurchschnittlich oft DEREN Interessen (Hintergründe, Details, Backstory, Geschwafel) statt die Interessen der Spielenden (Tipps zum Spielen, Werte vorbereiteter Charaktere, Karten, Plotansätze, vorgefertigte Abenteuer) zu vertreten).