Zornhau
Freßt NAPALM!
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AW: Langbogenpfeilen ausweichen?
Ein Lösen eines Schusses mit dieser Zughaltung ist genauso leicht und genau (für manche Bogenschützen sogar leichter und daher generell unabhängig von der Bogenstärke präferiert) wie ein Lösen aus dem ersten Fingerglied.
Man verwendet zur Jagd deshalb keine Kriegsbögen, weil sie TEURER(!) sind, weil sie schneller VERSCHLEISSEN(!), und weil man einen Pfeil nicht DURCH EIN KARNICKEL DURCHSCHIESSEN muß, um es für den Mittagstisch zu töten.
Die Jagdbögen waren generell billiger, aus "nicht-wehrtechnischem" Material und auf 40 bis vielleicht 60 Pfund ausgelegt. - Im Kriegsfalle wurden in manchen Regionen diese Jagdbögen einfach in den Wurfarmen eingekürzt, was nochmal 10 vielleicht 20 Pfund mehr Zug bringt und erlaubt schwerere Pfeile (eben mit Kriegsspitzen diverser Art) auf akzeptable Reichweite zu schießen.
Jedoch: Ein direkter, gezielter Schuß war auch (und gerade!) mit Kriegsbögen neben dem Massenbeschuß eine vollkommen normale Kampfesweise. Der Massenbeschuß hat seine Zeit und seinen Ort. Der gezielte Einzelschuß auch. Ein Kriegsbogen, der dafür nicht taugen würde, wäre in jeder Beziehung schlechter als eine Armbrust gewesen und militärisch eigentlich UNTAUGLICH.
Ansonsten kann man das nämlich SEHR SCHLECHT erkennen, was bzw. wen der Bogenschütze nun meint.
So wird das aussehen.
Bevor man von totalem Stopp eine Ausweichbewegung als REAKTION (also fechterisch im Danach) hinbekommt, fallen Reaktionszeit auf einen visuellen Reiz und Schrecksekunde an.
Schau Dir mal die Reaktionszeituntersuchungen zum Autofahren an oder von Handballtorwarten. Handballtorwarte haben eine verdammt gut austrainierte, schnell anspringende Muskulatur und können ihren Körper sehr schnell herumwerfen. Und doch fallen Tore - gerade beim 7-Meter.
Wenn in Deiner Konstruktion das Ziel so austrainiert ist, wie ein Handballtorwart, den Schuß erwartet und eine Reaktionszeit wie ein Formel-1-Pilot hat, dann wird er mit einem Kriegsbogen auf 75m immer noch getroffen, bevor seine Muskeln seinen Schwerpunkt aus der Bahn verlagern können. Eventuell wird er an einem anderen Körperteil als dem vom Schützen gewollten getroffen, aber wirklich ausweichen ist schlecht möglich.
Wie sieht denn das Ausweich-SIGNAL aus?
Das Ziel sieht den Bogen des Bogenschützen von vorne. Dieser spannt den Bogen, der Ellbogen bewegt sich nach außen und dann sieht man von der Zugbewegung von vorne eigentlich KEINE Veränderung der Silhouette. Und dann löst der Schütze. Der Bogen wird im Blick von vorne in seinen dünnen Enden der Wurfarme etwas länger (auf 100m fällt das überhaupt nicht auf). Und der eh schon sehr dünne Pfeil wird etwas seitlich ausglenkt, fängt das Schwingen in zwei Ebenen und die Rotation an (kein traditioneller Pfeil fliegt ja so kerzengerade wie die modernen Sportpfeile aus Hightech-Materialien). Das sieht man auch schon auf 25m nicht mehr richtig.
Und dann ist der Pfeil schon bei 60m oder mehr und das Ziel hat NOCH NICHTS VOM ABSCHUSS GEMERKT!
Das ist es, was an der Konstruktion so ungeschickt ist. - Man SIEHT den Abschuß von VORNE kaum.
Nicht nur das Eintreffen des Pfeils ist hier ausschlaggebend, sondern WANN denn die Ausweichbewegung anfangen kann. - Daher ist das ERKENNEN des Abschusses essentiell um die gesamten MINDESTZEITEN für Schrecksekunde, Mobilisierung, Richtungsentscheidung, usw. erst draufpacken zu können. - Und den Pfeilabschuß frontal erkennt man sogut wie nicht. (Das weiß ich aus eigener Erfahrung, da wir uns bei der Langbogenausbildung auch mal hinter Scheibe und Pfeilfang aufgestellt hatten und den Schuß auf die Scheibe vor uns beobachten sollten. Da gehört schon ein SEHR geübtes Auge dazu, den Moment des Lösens des Schusses zu erkennen.
Mit ganz modernen Compound-Bögen, die man im ausgezogenen Zustand leicht länger halten kann (und die dabei im Gegensatz zu einem Langbogen auch nicht kaputt(!) gehen) ist das Zielauffassen und Lösen so schnell, daß es schon eine SEHR WEITE und SEHR UNGEWÖHNLICHE Bewegung sein müßte, daß das Ziel nichts mehr abbekäme. - Bei einem Langbogen ist es eher so, daß er nie ausgezogen gehalten werden kann, da sonst das Bogenholz massiv Schaden nimmt (bei Kriegsbögen sogar verdammt schnell - aber die waren ja auch als Verbrauchsmaterial gedacht). Da ist Ausziehen, Zielen, Lösen ein einziger Vorgang. Hier könnte ein herumhopsendes Ziel durchaus sich wesentlich schwerer zu treffen machen.
Andererseits darf man auch die Erfahrung des Schützen nicht unterschätzen: Ich habe noch nie auf Menschen geschossen. - Ein Schütze, der das gewohnt ist, der weiß, wie weit ein Ziel mit welcher Konstitution, Körpergröße etc. hopsen kann, der erreicht garantiert höhere Trefferquoten als ich.
Seit bald 25 Jahren praktiziere ich Waffenkampf, mit stumpfen Waffen auch regelmäßig im Vollkontakt. Dort wirkt sich die Erfahrung so aus, daß man weit seltener getroffen wird und daß man mit schöner Regelmäßigkeit anderen harte Treffer setzt, die jüngere und agilere nicht erwartet hätten. Erfahrung ist hier, wie auch beim Bogenschießen ein wichtiger Faktor.
Wenn ein erfahrener Bogenschütze, ein knallharter Langbogenschütze aus den englischen Armeen der Kriege in Frankreich, sich auf diesen "Spaß" des Schießens auf einen in freiem Feld stehenden Menschen einließe, dann kann man getrost von einem satten Treffer ausgehen, EGAL wie sehr der Ziel-Mensch herumhampelt.
In europäischer Schießtechnik werden Kriegsbögen, die - zumindest nach den Erkenntnissen der letzten 30 Jahre - im Mittelalter und bis der Langbogen aus der Mode kam ÜBER 100 Pfund Zugkraft (im Mary Rose Fund ergab sich nach Rekonstruktion 130 Pfund!) hatten, mit den zweiten Fingergliedern, aber immer noch mit drei Fingern gezogen.Ich habe von zwei unabhängigen, Langbogenmachern gehört, dass brachiale Kriegsbögen mit 70 bis 100 Pfund Zugkraft nur zum ballistischen Schießen besonders schwerer Pfeile benutzt wurden und nicht zur Jagd, weil die Schützen den nur mit drei oder vier Fingern gerissen haben und mit so einer Technik und dieser Zugkraft auch mit viel Übung eher kein gut gezielter Schuss möglich war.
Ein Lösen eines Schusses mit dieser Zughaltung ist genauso leicht und genau (für manche Bogenschützen sogar leichter und daher generell unabhängig von der Bogenstärke präferiert) wie ein Lösen aus dem ersten Fingerglied.
Man verwendet zur Jagd deshalb keine Kriegsbögen, weil sie TEURER(!) sind, weil sie schneller VERSCHLEISSEN(!), und weil man einen Pfeil nicht DURCH EIN KARNICKEL DURCHSCHIESSEN muß, um es für den Mittagstisch zu töten.
Die Jagdbögen waren generell billiger, aus "nicht-wehrtechnischem" Material und auf 40 bis vielleicht 60 Pfund ausgelegt. - Im Kriegsfalle wurden in manchen Regionen diese Jagdbögen einfach in den Wurfarmen eingekürzt, was nochmal 10 vielleicht 20 Pfund mehr Zug bringt und erlaubt schwerere Pfeile (eben mit Kriegsspitzen diverser Art) auf akzeptable Reichweite zu schießen.
Jedoch: Ein direkter, gezielter Schuß war auch (und gerade!) mit Kriegsbögen neben dem Massenbeschuß eine vollkommen normale Kampfesweise. Der Massenbeschuß hat seine Zeit und seinen Ort. Der gezielte Einzelschuß auch. Ein Kriegsbogen, der dafür nicht taugen würde, wäre in jeder Beziehung schlechter als eine Armbrust gewesen und militärisch eigentlich UNTAUGLICH.
Wenn Du mit mehreren Leuten stehst und ein Bogenschütze richtet sich in eure "generelle Richtung" aus, so wirst Du NICHT erkennen, ob er DICH oder jemand anderen meint. - Der Schuß erfolgt ja nicht in Richtung des Pfeiles, sondern der Pfeil WINDET sich um den Bogen herum. Daher kann man nicht wie beim Gewehr davon ausgehen, daß dort, wohin der Pfeil zeigt, auch der Pfeil landen wird. - Eher im Gegenteil.Zornhau, Du sagst, das Schützen intuitiv mit dem ganzen Körper schießen. Die gängigste Spanntechnik dabei ist, dass der Schütze den Bogen leicht unten hält und ihn beim Spannen/Zielen nach oben zieht. Das sollte der Zielperson doch genügend Sichtbarkeit geben, dass auf sie geschossen wird.
NUR, wenn man diese extrem konstruierte Situation herstellt: Ziel allein, ohne Deckung auf freiem Feld, dann dürfte ohnehin klar sein, daß der Bogenschütze, der sich in die generelle Richtung des Ziels orientiert, wohl auch auf das Ziel schießen wird und nicht auf ein (ja in der Konstruktion nicht vorhandenes) weiteres Ziel.Oder ist dieses Szenario des Ausweichens (ohne Deckung auf freiem Feld) zu konstruiert?
Ansonsten kann man das nämlich SEHR SCHLECHT erkennen, was bzw. wen der Bogenschütze nun meint.
Der Bogenschütze löst den Pfeil. - "Schrecksekunde" des Ziels - Das Ziel fängt mit der Bewegung an und wird gleichzeitig getroffen.Wenn so ein Pfeil 150 - 200 km/h hat, dann heißt das so um die 50 - 60 m/sek., was bei 50 bis 75 m Entfernung immerhin heißt, dass der Pfeil eine ganze Sekunde unterwegs ist. Eine Sekunde, die das Ziel darauf verwenden kann, sich aus dem Stand bis zu 3 m zu bewegen.
So wird das aussehen.
Bevor man von totalem Stopp eine Ausweichbewegung als REAKTION (also fechterisch im Danach) hinbekommt, fallen Reaktionszeit auf einen visuellen Reiz und Schrecksekunde an.
Schau Dir mal die Reaktionszeituntersuchungen zum Autofahren an oder von Handballtorwarten. Handballtorwarte haben eine verdammt gut austrainierte, schnell anspringende Muskulatur und können ihren Körper sehr schnell herumwerfen. Und doch fallen Tore - gerade beim 7-Meter.
Wenn in Deiner Konstruktion das Ziel so austrainiert ist, wie ein Handballtorwart, den Schuß erwartet und eine Reaktionszeit wie ein Formel-1-Pilot hat, dann wird er mit einem Kriegsbogen auf 75m immer noch getroffen, bevor seine Muskeln seinen Schwerpunkt aus der Bahn verlagern können. Eventuell wird er an einem anderen Körperteil als dem vom Schützen gewollten getroffen, aber wirklich ausweichen ist schlecht möglich.
Wie sieht denn das Ausweich-SIGNAL aus?
Das Ziel sieht den Bogen des Bogenschützen von vorne. Dieser spannt den Bogen, der Ellbogen bewegt sich nach außen und dann sieht man von der Zugbewegung von vorne eigentlich KEINE Veränderung der Silhouette. Und dann löst der Schütze. Der Bogen wird im Blick von vorne in seinen dünnen Enden der Wurfarme etwas länger (auf 100m fällt das überhaupt nicht auf). Und der eh schon sehr dünne Pfeil wird etwas seitlich ausglenkt, fängt das Schwingen in zwei Ebenen und die Rotation an (kein traditioneller Pfeil fliegt ja so kerzengerade wie die modernen Sportpfeile aus Hightech-Materialien). Das sieht man auch schon auf 25m nicht mehr richtig.
Und dann ist der Pfeil schon bei 60m oder mehr und das Ziel hat NOCH NICHTS VOM ABSCHUSS GEMERKT!
Das ist es, was an der Konstruktion so ungeschickt ist. - Man SIEHT den Abschuß von VORNE kaum.
Und ob das mit dem Pfeil vergleichbar ist. - Das Ausweichen erfolgt aufgrund rein visueller Auslöser. Und diese sind bei einem Abschuß frontal nur sehr schwer erkennbar. - Und es erfolgt nicht einmal ein akustischer Reiz, der über weite Strecke (d.h. über 100m oder auch nur 75m) hörbar wäre (je nach Umgebung - ein Schuß in einem schallisolierten Studio könnte sicher deutlicher gehört werden, als eine draußen auf der Wiese mit Blätterrauschen und dergleichen).Man sieht ja nicht wie der Schütze schießt, ... Ab dieser Zeit hat man weniger als eine fünftel Sekunde Zeit zum Ausweichen - utopisch. Ist mit einem Pfeil nicht vergleichbar, weil die Kugel deutlich schneller eintrifft als ein Mensch reagieren kann.
Nicht nur das Eintreffen des Pfeils ist hier ausschlaggebend, sondern WANN denn die Ausweichbewegung anfangen kann. - Daher ist das ERKENNEN des Abschusses essentiell um die gesamten MINDESTZEITEN für Schrecksekunde, Mobilisierung, Richtungsentscheidung, usw. erst draufpacken zu können. - Und den Pfeilabschuß frontal erkennt man sogut wie nicht. (Das weiß ich aus eigener Erfahrung, da wir uns bei der Langbogenausbildung auch mal hinter Scheibe und Pfeilfang aufgestellt hatten und den Schuß auf die Scheibe vor uns beobachten sollten. Da gehört schon ein SEHR geübtes Auge dazu, den Moment des Lösens des Schusses zu erkennen.
Wenn es wirklich eine UNVORHERGESEHENE Bewegung ist und der Schütze so "modern" schießt, daß er lange zielen muß, bevor er etwas trifft, dann vielleicht.Gesetzt den Fall der Schütze zielt auf das noch stehende Ziel und dieses bewegt sich danach unvorhergesehen (weicht aus), dann gibt es doch eigentlich nur noch die verschwindende Chance eines Zufallstreffers.
Mit ganz modernen Compound-Bögen, die man im ausgezogenen Zustand leicht länger halten kann (und die dabei im Gegensatz zu einem Langbogen auch nicht kaputt(!) gehen) ist das Zielauffassen und Lösen so schnell, daß es schon eine SEHR WEITE und SEHR UNGEWÖHNLICHE Bewegung sein müßte, daß das Ziel nichts mehr abbekäme. - Bei einem Langbogen ist es eher so, daß er nie ausgezogen gehalten werden kann, da sonst das Bogenholz massiv Schaden nimmt (bei Kriegsbögen sogar verdammt schnell - aber die waren ja auch als Verbrauchsmaterial gedacht). Da ist Ausziehen, Zielen, Lösen ein einziger Vorgang. Hier könnte ein herumhopsendes Ziel durchaus sich wesentlich schwerer zu treffen machen.
Andererseits darf man auch die Erfahrung des Schützen nicht unterschätzen: Ich habe noch nie auf Menschen geschossen. - Ein Schütze, der das gewohnt ist, der weiß, wie weit ein Ziel mit welcher Konstitution, Körpergröße etc. hopsen kann, der erreicht garantiert höhere Trefferquoten als ich.
Seit bald 25 Jahren praktiziere ich Waffenkampf, mit stumpfen Waffen auch regelmäßig im Vollkontakt. Dort wirkt sich die Erfahrung so aus, daß man weit seltener getroffen wird und daß man mit schöner Regelmäßigkeit anderen harte Treffer setzt, die jüngere und agilere nicht erwartet hätten. Erfahrung ist hier, wie auch beim Bogenschießen ein wichtiger Faktor.
Wenn ein erfahrener Bogenschütze, ein knallharter Langbogenschütze aus den englischen Armeen der Kriege in Frankreich, sich auf diesen "Spaß" des Schießens auf einen in freiem Feld stehenden Menschen einließe, dann kann man getrost von einem satten Treffer ausgehen, EGAL wie sehr der Ziel-Mensch herumhampelt.